Landesarbeitsgericht Düsseldorf

Schmerzensgeld für unrechtmäßige Arbeitnehmerüberwachung!

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Überwachung des Arbeitnehmers
unrechtmäßige Arbeitnehmerüberwachung

Überwachung des Arbeitnehmers

Die Überwachung des Arbeitnehmers durch einen Privatdetektiv kann in bestimmten Fällen zulässig sein. Diese Fälle sind aber auf wenige Ausnahmen beschränkt. Insbesondere muss ein entsprechender Anlass bestehen und dem Arbeitgeber darf es nicht möglich sein anders eine erhebliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers aufzuklären. Insbesondere bei der Begehung von Straftaten durch den Arbeitnehmer ist eine solche Überwachung durch eine Detektei denkbar. Auch eine offene Videoüberwachung kann zulässig sein. Gerichtlich wurde auch entschieden, dass in diesem Fall der Arbeitnehmer sogar die Kosten der Detektei unter bestimmten Voraussetzungen zahlen muss.

strenge Anforderungen an Detektivüberwachung

Wie aber bereits ausgeführt, ist es so, dass eine solche Überwachung die Ausnahme ist und im Normalfall eine Überwachung ausgeschlossen ist.

Wenn der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber – also unberechtigterweise – durch einen Privatdetektiv überwacht und ausspioniert wird, kann es sein, dass diese einen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Schmerzensgeld wegen der Verletzung seines Persönlichkeitsrechtes hat.

Entscheidung des LAG Düsseldorf zur Überwachung durch Privatdektiv

Einen solchen Fall hatte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil vom 26.04.2023 – 12 Sa 18/23) vor kurzem zu entscheiden.

kranker Arbeitnehmer wird überwacht

Nach diversen Streitigkeiten zwischen dem Arbeitnehmer und dessen Arbeitgeberin, insbesondere nach einer Kündigung nebst gewonnenen Kündigungsschutzprozess durch den Arbeitnehmer, einer Änderungskündigung und nebst weiteren Streitigkeiten, meldete sich der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber krank. Dies geschah kurze Zeit nach einem Streitgespräch mit dem Geschäftsführer der Arbeitgeberin. Der Arbeitnehmer gab an, dass er sich verletzt habe.

Arbeitsunfähigkeit

Die Arbeitgeberin zweifelte die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers an und beauftragte dann eine Detektei mit der zumindest stichprobenartige Überwachung des Arbeitnehmers.

Im folgenden Bewachung wurde durch den Detektiv die behandelnde ärztliche Praxis aufgesucht und auch das Wohnhaus einer ehemaligen Lebensgefährtin des Arbeitnehmers. Darüber hinaus wurde auch das Wohnhaus des Klägers an mehreren Tagen und auch die täglichen Fahrten des Klägers überwacht. Dabei ging es vor allem darum, ob die Verletzung des Arbeitnehmers beobachtet werden konnte oder ob diese nicht bemerkbar war und damit der Verdacht des Vortäuschens der Arbeitsunfähigkeit nahe lag.

Verdachtskündigung

Im Anschluss an diese Überwachungsmaßnahmen lud dann die Arbeitgeberinnen Klägers zu einem persönlichen Gespräch ein und konfrontierte dies mit dem Vorwurf der Vortäuschen der Arbeitsunfähigkeit.

Der Hintergrund ist der, dass die Arbeitgeberin eine Verdachtskündigung aussprechen wollte und dazu ist die Anhörung des Arbeitnehmers zwingend erforderlich.

Daraufhin hörte die Arbeitgeberinnen den Betriebsrat wegen einer beabsichtigten außerordentlichen Verdachtskündigung an und daraufhin wurde das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers außerordentlich und fristlos gekündigt.

Kündigungsschutzklage

Der Kläger erhob gegen die Kündigung der Arbeitgeberin Kündigungsschutzklage und sodann forderte der Arbeitnehmer mit einer Klageerweiterung wegen der unrechtmäßigen Überwachung ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 €. Nach der Auffassung des Arbeitnehmers / Klägers sei der Überwachungsauftragsei unvereinbar mit den Vorgaben des § 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BDSG. Der Arbeitnehmer trug auch gerichtlich vor, dass die Beauftragung der Detektei reine Schikane sei, weil die beklagte Arbeitgeberin ihn loswerden wolle.

Schmerzensgeldanspruch von € 1.500 als Entschädigung

Das Landesarbeitsgericht gab letztendlich in Bezug auf den Schmerzensgeldanspruch des Arbeitnehmers diesen zum Teil recht und zwar dem Grunde nach und in Höhe von 1500 € als Entschädigung für die unrechtmäßige Überwachung.

Dazu führte das Landesarbeitsgericht folgendes aus:

a)Gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Einen solchen Anspruch macht der Kläger hier geltend, auch wenn er im Antrag von einem Schmerzensgeld spricht. Damit bringt er nur zum Ausdruck, dass es ihm insoweit nicht um einen materiellen Schadensersatz geht, sondern den davon zu unterscheidenden immateriellen Schadensersatz gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO (vgl. zur Abgrenzung von immateriellen und materiellem Schadensersatz als unterschiedliche Streitgegenstände zu § 15 Abs. 1 und 2 AGG: BAG 16.02.2012 – 8 AZR 697/10, juris Rn. 21), welchen die Kammer als Entschädigung bezeichnet hat. Davon geht der Kläger zuletzt ausdrücklich aus, wenn er sich zur Begründung seines Begehrens auf Art. 82 Abs. 1 DSGVO stützt und ausführt, dass es insoweit auf eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung nicht ankomme und die Observation durch einen Detektiv einen immateriellen Schaden im Sinne von Art. 82 DSGVO darstelle. Die Beklagte hat das Klagebegehren genauso verstanden, geht indes davon aus, dass die Datenverarbeitung durch sie rechtmäßig erfolgt sei und insbesondere alleine ein Verstoß gegen die DSGVO keinen Schaden darstelle.

a)Die Voraussetzungen des Art. 82 Abs. 1 DSGVO liegen dem Grunde nach vor.

aa)Der Kläger ist als natürliche Person anspruchsberechtigt. Die Beklagte ist als juristische Person i.S.v. Art. 4 Nr. 7 DSGVO Verantwortliche. Unstreitig hat diese durch ihren Geschäftsführer die Detektivüberwachung des Klägers in Auftrag gegeben und damit über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Klägers entschieden. Es handelt sich dabei um Datenverarbeitung i.S.v. Art. 4 Nr. 2 DSGVO, weil dadurch Daten über den Kläger erhoben und verwandt wurden (vgl. bereits BAG 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13, juris Rn. 23).

bb)Es liegt der für Art. 82 DSGVO erforderliche Verstoß gegen deren Bestimmungen vor, weil die Detektivüberwachung des Klägers als Datenverarbeitung im vorliegenden Fall unverhältnismäßig und damit rechtswidrig war.

(3)Die Datenverarbeitung in Form der Detektivüberwachung des Klägers war nicht erforderlich und zugleich unverhältnismäßig. Die Datenverarbeitung wurde nicht auf das notwendige Maß beschränkt.

(3.1.)Zu § 32 Abs. 1 BDSG a.F. ist das Bundesarbeitsgericht für die Zulässigkeit der verdeckten Observation durch einen Detektiv von Folgendem ausgegangen: Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses u.a. dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist (BAG 29.06.2017 – 2 AZR 597/16, juris Rn. 26). Nach den demgemäß in § 32 BDSG a.F. zusammengefassten Rechtsprechungsgrundsätzen sind – sofern weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind, die verdeckte Überwachung damit das praktisch einzig verbleibende Mittel darstellt und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist – Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer durch bspw. eine verdeckte (Video-)Überwachung nicht nur dann zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung besteht, sondern ebenso bei einem entsprechenden Verdacht einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers (BAG 29.06.2017 – 2 AZR 597/16, juris Rn. 29). Es müssen dabei zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit im Falle einer attestierten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung begründete Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung bestehen, um einen aufklärungsbedürftigen Verdacht des Vortäuschens einer Arbeitsunfähigkeit annehmen zu können (BAG 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13, juris Rn. 25; BAG 29.06.2017 – 2 AZR 597/16, juris Rn. 40). Zu fragen ist auch, ob andere gleich wirksame, aber weniger stark in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers eingreifende Aufklärungsmaßnahmen zur Verfügung gestanden hätten (BAG 29.06.2017 – 2 AZR 597/16, juris Rn. 41). Im Anwendungsbereich des Art. 26 BDSG gelten keine geringeren Anforderungen (vgl. z.B. die Sachprüfung bei LAG Hessen 18.10.2021 – 16 Sa 380/20, juris Rn. 126 ff.). Und auch Art. 6 Abs. 1 b) und f) DSGVO sowie Art. 5 Abs. 1 c DSGVO sowie Art. 9 DSGVO stellen keine geringeren Anforderungen.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 26.04.2023 – 12 Sa 18/23

Anmerkung:

Eine interessante Entscheidung, die zeigt, dass eine unberechtigte Überwachung des Arbeitnehmers durchaus negative Konsequenzen für den Arbeitgeber haben kann.


Rechtsanwalt Andreas Martin

Unwiderrufliche Freistellung – dauerhaft?

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Unwiderrufliche Freistellung - dauerhaft?
Freistellung kommt oft in Aufhebungsverträgen vor

Freistellung im Vergleich und Aufhebungsvertrag

Eine Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht geschieht oft im Zusammenhang mit einem Aufhebungsvertrag oder nach einer Kündigung und Erhebung der Kündigungsschutzklage in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich. Dort wird dann oft geregelt, dass der Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Vergütung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung von Urlaub und Überstunden unwiderruflich freigestellt wird. Zunächst muss man unterscheiden zwischen einer bezahlten und unbezahlten Freistellung.

unbezahlte Freistellung

Die unbezahlte Freistellung ist durch den Arbeitgeber einseitig nicht möglich. Wenn der Arbeitgeber also den Arbeitnehmer von seiner Arbeitspflicht freistellt, dann kann dies nur bezahlt geschehen. Nur wenn beide Parteien, also Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sich einig sind, dass die Freistellung unbezahlt erfolgen soll und dies entsprechend regeln, ist eine Freistellung ohne Vergütung möglich. Dies kommt in der Praxis sehr selten vor. Wenn also von Freistellung die Rede ist, ist damit fast immer die bezahlte Freistellung gemeint.

Betriebsrisiko trägt der Arbeitgeber

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer also nicht einfach, da er keine Arbeit hat, unbezahlt von der Arbeit freistellen. Er trägt das sogenannte Betriebsrisiko.

unwiderrufliche Freistellung

Sodann kann man unterscheiden zwischen der unwiderruflichen unwiderruflichen Freistellung. Bei der widerruflichen Freistellung muss der Arbeitnehmer ständig damit rechnen, dass der Arbeitgeber ihn wieder zur Arbeit ruft. Dies ist für den Arbeitnehmer problematisch. Wenn der Arbeitgeber aber zum Beispiel möchte, dass während der Freistellungsphase der Urlaub des Arbeitnehmers angerechnet wird, dann ist eine widerrufliche Freistellung nicht möglich. Es wäre ja kaum denkbar, dass der Arbeitnehmer aufgrund der Freistellung im Urlaub ist und der Arbeitgeber ihn dann aus dem Urlaub zurückruft. Von daher ist eine Freistellung unter Anrechnung von Urlaub und Überstunden nur unwiderruflich möglich. In der Praxis spielt die unwiderrufliche Freistellung eine weitaus größere Rolle als die widerrufliche.

Freistellung nach Kündigung

Oft wird der Arbeitnehmer zum Ende des Arbeitsverhältnisses-zum Beispiel nach einer Kündigung-unwiderruflich freigestellt.

Für den Arbeitgeber können sich aber auch Gefahren aus dieser Freistellung ergeben. Wenn er den Arbeitnehmer bis zum Ende des Arbeitsverhältnis nach einer Kündigung unwiderruflich über mehrere Monate freistellt und sich dann später herausstellt, dass der Arbeitnehmer Klage gegen die Kündigung einreicht und die Kündigung wohl unwirksam ist, dann hat der Arbeitgeber das Problem, dass er trotzdem noch weiter an seine unwiderrufliche Freistellung gebunden ist. Der Arbeitnehmer bekommt also seinen Lohn ohne dass er dafür arbeiten muss. Dies ist im Arbeitsrecht eigentlich die Ausnahme, da der Grundsatz gilt ohne Arbeit kein Lohn.

Anrechnung von Urlaub und Überstunden

Bei der unwiderruflichen Freistellung können Überstunden und Freizeitguthaben sowie noch bestehender Resturlaub angerechnet werden. Dies ist auch fair, denn der Arbeitnehmer bekommt den Lohn ohne zu arbeiten.

dauerhafte unwiderrufliche Freistellung

Eine dauerhafte unwiderrufliche Freistellung kommt in der Praxis sehr selten vor. Diese hat ja erhebliche Auswirkungen, da der Arbeitnehmer faktisch dauerhaft ohne eine Arbeitsleistung zur bringen freigestellt ist und seinen Lohn erhält.

Entscheidung des LAG Düsseldorf

Mit einem solchen Fall hatte sich das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zu beschäftigen. Ein Arbeitnehmer meinte, dass er dauerhaft unbezahlt freigestellt ist und klagte entsprechend auf Feststellung. Das Landesarbeitsgericht erhob Beweis und konnte eine solche Freistellung aber nicht feststellen. Dabei ist zu beachten, dass daran natürlich erhebliche Anforderungen gestellt werden, da diese Freistellung für den Arbeitgeber-zum Beispiel wenn er den Arbeitnehmer nicht ohne weiteres kündigen kann-erhebliche negative Konsequenzen hat.

Das LAG führte dazu aus:

Die Abrede zu einer dauerhaften unwiderruflichen Freistellung mit Fortzahlung der Vergütung habe der Kläger nach Vernehmung einer Zeugin, einer Bekannten des Klägers, und eines Zeugen, des Sachgebietsleiters, nicht beweisen können. Nachdem der Kläger den im ersten Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht abgeschlossenen Vergleich (Pressemitteilung Nr. 14/23 vom 28.02.2023) fristgerecht widerrufen hat, hat die 8. Kammer heute in der Sache entschieden. Sie hat die gegen das Urteil des Arbeitsgerichts gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zunächst war die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden. Im Übrigen war die behauptete Erklärung bei Würdigung aller Umstände ohnehin nicht im Sinne einer Freistellung zu verstehen, die tatsächlich unwiderruflich war. Und weiter fehlte es an der erforderlichen Vollmacht des Sachgebietsleiters zu der von dem Kläger behaupteten Erklärung.

https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse_weitere/PresseLArbGs/02_05_2023_/index.php

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Betriebsbedingte Kündigung bei Betriebsschließung

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Betriebsbedingte Kündigung bei Betriebsschließung
Schließung des Betriebs und Kündigung aus betriebsbedingten Gründen

Stilllegung eines Betriebs und Kündigung der Arbeitnehmer

Bei der Schließung eines Betriebs durch den Arbeitgeber werden in der Regel betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen. Es stellt sich dann die Frage für den Arbeitnehmer, wie hoch die Chancen sind hier sich erfolgreich mittels Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung zu wehren.

betriebsbedingte Kündigung

Wichtig ist zu wissen, dass es hier keine schematische Lösung gibt. Die betriebsbedingte Kündigung ist auf ihre Wirksamkeit hin zu prüfen und es kommt immer auf den Einzelfall an.

Sozialauswahl entfällt bei Betriebsschließung

Wenn aber klar ist, dass tatsächlich der komplette Betrieb aufgegeben wird und auch kein Betriebsübergang vorliegt und alle Arbeitnehmer entlassen werden sollen und dies auch in irgendeiner Weise nachvollziehbar ist, spricht einiges dafür, dass ein betriebsbedingte Kündigung berechtigt ist. Insbesondere ist dabei zu beachten, dass bei der Entlassung der kompletten Belegschaft wegen Betriebschließung eine Sozialauswahl unter den Arbeitnehmern nicht mehr notwendig ist.

Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen

Von einer betriebsbedingt Kündigung spricht man dann, wenn der Arbeitgeber aus dringenden betrieblichen Erfordernissen dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigt.

Kündigungsschutzgesetz

Eine betriebsbedingte Kündigung ist dann vorgesehen, wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Für das Kündigungsschutzgesetz ist Voraussetzung, dass im Betrieb in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit abzüglich der Auszubildenden arbeiten und das Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate besteht. Dies sind die Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes.

Wenn die Voraussetzungen vorliegen, kann der Arbeitgeber nur aus drei Gründen kündigen. Er kann personenbedingt kündigen, verhaltensbedingt und betriebsbedingt. In der Praxis ist die betriebsbedingte Kündigung eine häufige Kündigungsart. Findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung braucht der Arbeitgeber keinen Grund für die Kündigung. Es sei denn, dass Sonderkündigungsschutz vorliegt.

Gründe für betriebsbedingte Kündigung

Der Arbeitgeber muss bei der betriebsbedingten Kündigung eine unternehmerische Entscheidung zum Beispiel zur Personalreduzierung nachweisen und darlegen und auch dringende betriebliche Erfordernisse, die zum Ausspruch der Kündigung geführt haben.

Wegfall des Arbeitsplatzes

Insbesondere muss der Arbeitgeber darlegen und im Zweifel nachweisen, inwieweit seine Entscheidung zur Personalreduzierung konkret zum Wegfall des Arbeitsplatzes des gekündigten Arbeitnehmers geführt hat. Der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den betroffenen Arbeitnehmer kann auf unterschiedlichen Ursachen beruhen.

Umorganisation des Betriebs

In der Regel sind dies außerbetriebliche Ursachen, wie zum Beispiel der Auftragsrückgang oder aber auch innerbetriebliche Ursachen, wie zum Beispiel eine Umorganisation des Betriebs.

Im Unterschied zu Kurzarbeit, die von einem vorübergehenden Wegfall des Arbeitsplatzes ausgeht, muss bei einer betriebsbedingten Kündigung der Arbeitsplatz dauerhaft wegfallen.

Wie oben bereits dargelegt, ist die Besonderheit bei der Betriebschließung die, dass letztendlich alle Arbeitnehmer entlassen werden und der Betrieb stillgelegt wird.

Betriebsübergang

Zu unterscheiden ist die reine Betriebschließung von einen Betriebsübergang. Bei Betriebsübergang gehen die Arbeitsverhältnisse auf den neuen Erwerber über. Der Arbeitnehmer hat hier entsprechende Widerspruchsmöglichkeit und muss auch belehrt werden.

Massenentlassungsanzeige

Für den Fall das eben kein Betriebsübergang vorliegt, sondern tatsächlich der Betrieb stillgelegt werden soll, ist die Kündigung für den Arbeitgeber etwas einfacher. Er muss aber beachten, dass in der Regel eine Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG notwendig ist.

Interessenausgleich und Sozialplan

Weiter wird der Arbeitgeber-wenn im Betriebs ein Betriebsrat vorhanden ist -mit diesen über ein Interessenausgleich/Sozialplan verhandeln. In der Regel ist beim Vorliegen eines Betriebsrates es fast immer so, dass die Arbeitnehmer über einen Sozialplan eine Abfindung wegen der betriebsbedingten Kündigung erhalten.

Gibt es keinen Betriebsrat, sieht die ganze Angelegenheit schon erheblich negativer für die Arbeitnehmer aus.

keine Sozialauswahl bei Betriebsschließung notwendig

Im Unterschied zur normalen Kündigung, ist bei der kompletten Betriebschließung eine Sozialauswahl nicht mehr erforderlich. Der Grund ist der, dass ja alle Arbeitnehmer entlassen werden.

Entscheidung des LAG Düsseldorf

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG Düsseldorf Urteil – 3 Sa 282/22, Pressemitteilung vom 21.2.2023) hatte nun über einen solchen Fall zu entscheiden. Hier sollte ein Bergbaubetrieb geschlossen werden und der Arbeitnehmer, der davon betroffen war, klagte gegen diese betriebsbedingte Kündigung und wandte auch ein, dass er letztendlich rechtsmissbräuchlich von Seiten des Arbeitgebers behandelt wird.

Das Landesarbeitsgericht sah dies anders und führte dazu aus:

In dem Rechtsgespräch wies heute der Vorsitzende der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf darauf hin, dass die Berufung des Klägers nur geringe Erfolgsaussichten hat. Es liege der klassische Grund für eine wirksame betriebsbedingte Kündigung vor, nämlich eine Betriebsschließung. Eine Sozialauswahl sei aufgrund der vollständigen Schließung nicht vorzunehmen. Formelle Fehler der Kündigung bestünden nicht. Es spreche zudem wenig für den vom Kläger mit der Berufung angeführten Rechtsmissbrauch. Die Beklagte sei aufgrund ihrer unternehmerischen Freiheit berechtigt gewesen, die organisatorische Entscheidung zu treffen, den „Servicebereich Rückzug“ abzuspalten. Dies sei zudem unter Beteiligung des Betriebsrats erfolgt, was indiziell gegen Rechtsmissbrauch spreche. Die Zuordnung der Beschäftigten zur Grubenwasserhaltung und dem „Servicebereich Rückzug“ sei nicht willkürlich, zumal der zuletzt genannte Betrieb nach der Abspaltung insgesamt zwei Jahre lang weiter bestand.

Auf der Basis dieser rechtlichen Einschätzung haben die Parteien sich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2021 bei moderater Aufstockung der Sozialplanabfindung von 43.322,56 Euro brutto auf eine Gesamtabfindung von 55.000,00 brutto Euro verständigt.

https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse_weitere/PresseLArbGs/21_02_2023_/index.php

Anmerkung:

Letztendlich konnte der Arbeitnehmer doch noch etwas mit der Klage erreichen, da sein im Sozialplan vorgesehen Abfindung dann aufgrund eines Vergleichs vor dem LAG um zirka 12.000 Euro erhöht wurde.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Corona – Quarantäne im Urlaub -was ist mit den Urlaubstagen?

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Corona - Quarantäne im Urlaub -was ist mit den Urlaubstagen?
Corona-Qarantäne im Urlaub

Die Corona-Zahlen neben wieder zu. Wer im Urlaub ist und während des Urlaubs an Covid19 erkrankt oder aus anderen Gründen in die häusliche Quarantäne muss, fragt sich, was mit den verlorenen Urlaubstagen ist?

Muss der Arbeitgeber den Urlaub nachgewähren?

Sind die Urlaubstage, die während der Quarantäne verstrichen sind weg oder bleiben diese, ähnlich wie bei der Arbeitsunfähigkeit und müssen vom Arbeitgeber später nochmals gewährt werden?

Dies soll hier kurz beantwortet werden.

Urlaub und Einreise und Ausreise – Corona-Bestimmungen

Auch in der Pandemie kann der Arbeitnehmer Urlaub außerhalb von Deutschland machen. Fährt der Arbeitnehmer allerdings ins Ausland, so sind bei der Rückreise nach Deutschland bestimmte Vorschriften zu beachten. Vor allem die Einreise in die Bundesrepublik nach einem Urlaub außerhalb von Deutschland regelt die sog. Coronavirus-Einreiseverordnung.  Hier in bestimmte Einreisebestimmungen zu beachten. Am einfachsten haben es hier vollständig geimpfte Personen. Diese Bestimmungen können dazu führen dass, insbesondere bei einem negartiven Corona-Test, der rückreisende Arbeitnehmer in die häusliche Quarantäne muss. Die Problematik ist dann, dass in der häuslichen Quarantäne während des Urlaubs dieser eigentlich keiner mehr ist. Von Erholung und dies ist nach dem Bundesurlaubsgesetz das Ziel des Erholungsurlaubs kann dann keine Rede mehr sein. Die Frage ist, ob in einer solchen Situation der Arbeitnehmer Anspruch auf Nachgewährung der Urlaubstage hat, die er in der Quarantäne verbracht hat.

Was regelt die Coronavirus-Einreiseverordnung?

Die Coronavirus-Einreiseverordnung vom 8. November 2021 normiert die coronabezogenen Regeln im Kontext der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Die Ersten Verordnung zur Änderung der Coronavirus Einreiseverordnung ist am 9. November 2021 in Kraft getreten und ist erst mit Ablauf des 15. Januar 2022 außer Kraft. Aufgrund steigender Fallzeiten (November 2021) ist damit zu rechnen, dass die Verordnung verlängert wird. Nach der VO sind alle Einreisenden verpflichtet bei der Einreise über einen Nachweis des Nichtvorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Impf-, Test-, Genesenennachweis) zu verfügen.Dies gilt unabhängig davon, ob dies sich in einem Hochrisikogebiet oder Virusvariantengebiet aufgehalten haben oder nicht.

Mit dem Inkrafttreten der neuen Einreiseverordnung zum 1. August 2021 entfällt nun die Kategorie der „einfachen“ Risikogebiete. Nun wird unter dem Oberbegriff „Risikogebiet“ nur noch zwischen Hochinzidenz- und Virusvariantengebiet unterschieden. Die aktuellen Listen der betroffenen Länder (Risikogebiete etc) finden Sie auf der Webseite des Robert Koch-Instituts . Beim Robert Koch Institut bzw. auf dessen Webseite kann man sich  auch während des Urlaubs informieren, welche Anforderungen für die Rückreise in die Bundesrepublik Deutschland vorliegen müssen. Auch findet man dort die Ausweisung von Risikogebieten.

Wenn man bei der Reise in die Bundesrepublik Deutschland nicht zur Abgabe der Ersatzmitteilung gebeten wird, ist man verpflichtet, entweder die digitale Einreiseanmeldung innerhalb von 24 Stunden nach Einreise nachzuholen oder die ausgefüllte Ersatzmitteilung per Post zu übersenden.

Dies gilt auch, wenn aufgrund fehlender technischer Ausstattung oder aufgrund technischer Störung eine digitale Einreiseanmeldung nicht möglich ist.

Bezüglich der Einreise mit Kindern gilt, dass Kinder unter 12 Jahren von der Nachweispflicht befreit sind.  Dies hat zur Folge, dass diese Kinder bei der Anreise keinen negativen Test vorlegen müssen.

Darüber hinaus können im Einzelfall sog. Impf- und Genesenennachweise einen negativen Testnachweis ersetzen und von der Einreisequarantäne befreien.

Eine strenge Testpflicht gilt für Einreisende nach Voraufenthalt in einem Virusvariantengebiet.

Bei Verstoß gegen die oben genannten Pflichten zur Meldung, Testung, Nachweispflicht oder zur häuslichen Quarantäne können die zuständigen Behörden empfindliche Bußgelder verhängen. 

negativer Testnachweis bei Einreise nach Deutschland

Einen negativen Testnachweis bzw. ein negatives Testergebnis ist bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland sinnvoll.

Für Kinder unter 12 Jahren endet die Quarantäne nach Voraufenthalt in einem Hochrisikogebiet nach dem fünften Tag der Einreise automatisch. 

Krankheit und Urlaub

Krankheit/ Arbeitsunfähigkeit und Urlaub schließen sich aus. Erkrankt der Arbeitnehmer im Urlaub, dann spart er sich die Tage, an denen er arbeitsunfähig war, auf und kann diese später als Urlaubstage noch nehmen. Kurz gesagt, während der Arbeitsunfähigkeit wird kein Urlaub verbraucht.

Rückgewähr von Urlaubstagen auch bei Quarantäne?

Anders ist dies bei einer notwendigen behördlichen Quarantäne im Urlaub wegen Corona. Hier ist der Arbeitnehmer nicht erkrankt und es gibt kein ärztliches Zeugnis. Eine gesetzliche Regelung gibt es hierfür nicht, was mit dem Urlaub während der Isolationsanordnung  passiert. Allerdings trägt der Arbeitnehmer das Risiko, dass nach der Festlegung des Urlaubs urlaubsstörende Ereignisse vorliegen. Diese fallen daher auch grundsätzlich in den Risikobereich des Arbeitnehmers. Eine direkte oder analoge Anwendung von § 9 BUrlG scheidet aus (so auch das Arbeitsgericht Bonn).

Die Urlaubstage sind vom Arbeitgeber nur dann nachzugewähren, wenn der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig war und die Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest nachgewiesen hat (Arbeitsgericht Bonn). Dies geht auch durch eine ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Eine solche Arbeitsunfähigkeit liegt aber bei bloßer Quarantäne nicht vor. Mehrere Arbeitsgerichte haben bereits entscheiden, dass urlaubsstörende Ereignisse grundsätzlich als Teil des persönlichen Lebensschicksals in den Risikobereich des einzelnen Arbeitnehmers fallen. Eine Urlaubserstattung gibt es im Einzelfall dann nicht. Solche für den Arbeitnehmer negativen Entscheidungen haben folgende Arbeitsgericht bereits getroffen:

  • Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 07.07.2021 – 2 Ca 504/21
  • Arbeitsgericht Oberhausen, Urteil vom 28.07.2021 – 3 Ca 321/21
  • Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2021 – 7 Sa 857/21.

Entgeltfortzahlung während behördlicher Insolationsanordnung

Die Entgeltfortzahlung während der Quarantäne ist eine andere Sache. Hier hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsentgelt, denn er ist – auch wenn er in Quarantäne ist – immer noch im Urlaub. Dies regelt das Bundesurlaubsgesetz.

Entscheidung des LAG Düsseldorf

Bei Urteil des LAG Düsseldorf ging es um angeordnete COVID-19-Quarantäne. Das Landesarbeitsgericht hielt die Nichtanrechnung auf den Urlaub für zulässig. Denn nach dem Bundesurlaubsgesetz geht der Urlaubsanspruch nur dann nicht unter, wenn eine  ärztliche AU-Bescheinigung die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmer während der Quarantäne bestätigt.

Sachverhalt des Landesarbeitsgerichts

Die Arbeitnehmerin war als Maschinenbedienerin in einem Produktionsbetrieb beschäftigt. Diese hatte in der Zeit vom 10.12.2020 bis zum 31.12.2020 bewilligtem Erholungsurlaub. Nach einem Kontakt mit ihrer mit COVID-19 infizierten Tochter ordnete das zuständige Gesundheitsamt zunächst eine häusliche Quarantäne bis einschließlich zum 16.12.2020 an. Bei einem Corona-Test am 16.12.2020 wurde bei der Arbeitnehmerin selbst eine Infektion mit COVID-19 festgestellt. Daraufhin ordnete das Gesundheitsamt nochmals für die Arbeitnehmerin die häusliche Quarantäne vom 06.12.2020 bis zum 23.12.2020 an. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch einen Arzt ließ sich die Arbeitnehmerin nicht ausstellen. Das Quarantäne-Anordnungsschreiben der Behörde enthielt den Hinweis, dass die Klägerin als Kranke im Sinne des § 2 Nr. 4 IfSG anzusehen sei. Faktisch war von daher die Arbeitnehmerin während ihres gesamten Urlaubs vom 10.12.2020 bis zum 23.12.2020 in Corona-Quarantäne und verlangte nun von ihrer Arbeitgeberin die Nachgewährung von 10 Urlaubstagen an Erholungsurlaub.

Begründung des LAG Düsseldorf

Das LAG führt dazu in seiner Pressemitteilung 19/21 vom 15.10.2021 aus:

„Die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat ebenso wie das Arbeitsge- richt Oberhausen die Klage abgewiesen und dies mit der gesetzlichen Regelung in § 9 BUrlG begründet. Die Vorschrift unterscheidet zwischen Erkrankung und darauf be- ruhender Arbeitsunfähigkeit. Beide Begriffe sind nicht gleichzusetzen. Danach erfor- dert die Nichtanrechnung der Urlaubstage bei bereits bewilligtem Urlaub, dass durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen ist, dass aufgrund der Erkrankung Arbeitsunfä- higkeit gegeben ist. Daran fehle es hier. Aus dem Bescheid des Gesundheitsamts ergibt sich lediglich, dass die Klägerin an COVID-19 erkrankt war. Eine Beurteilung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin und dies durch einen Arzt wurde nicht vorgenommen. Eine analoge Anwendung der eng begrenzten Ausnahmevorschrift des § 9 BUrlG kommt nicht in Betracht. Nach der Konzeption des BUrlG fallen urlaubsstörende Er- eignisse als Teil des persönlichen Lebensschicksals grundsätzlich in den Risikobe- reich des einzelnen Arbeitnehmers. Eine Analogie kommt nur in Betracht, wenn gene- rell und nicht nur ggfs. im konkreten Einzelfall eine COVID-19-Infektion zu Arbeitsun- fähigkeit führt. Dies ist nicht der Fall. Eine Erkrankung mit COVID-19 führt z.B. bei einem symptomlosen Verlauf nicht automatisch zu einer Arbeitsunfähigkeit. Es liegt damit bei einer COVID-19-Infektion keine generelle Sachlage vor, die eine entspre- chende Anwendung von § 9 BUrlG rechtfertigt.“

Anmerkung:

Der Arbeitnehmer, der sich bei Erkrankung an Corona auch tatsächlich krankschreiben lässt, ist hier besser dran. Für den Fall der Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit ist die Nachgewährung des Urlaubs vorgesehen.

Rechtsanwalt Andreas Martin- Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

„Der Arbeitgeber behandelt uns wie Sklaven“ – Kündigung unwirksam!

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Der Arbeitnehmer arbeitet beim Arbeitgeber (Paketzustellungsunternehmen) als Teamleiter. Der Arbeitgeber wirft dem Arbeitnehmer vor, dass dieser im September 2014 vor dem Betriebstor Flugblätter verteilt haben soll, in denen u.a. folgend Aussagen getätigt wurden:

„ Der Arbeitgeber behandelt uns wie Sklaven“
„Den Aushilfen werden ihre elementaren Rechte genommen …
„(der Arbeitgeber) kauft sich einen unternehmensfreundlichen Betriebsrat“

Der Arbeitgeber kündigte daraufhin; die erste Kündigung scheiterte aber an einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung. Danach kündigte der Arbeitgeber nochmals aus verhaltensbedingten Gründen.

Gegen die Kündigung wehrte sich der Arbeitnehmer mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht. Er behauptete, dass er die Flugblätter nicht verteilt habe.

Ein Zeuge sagte aber später in der Beweisaufnahme aus, dass er vom Kläger/ Arbeitnehmer ein Flugblatt erhalten aber (aber nicht in der Öffentlichkeit oder am Betriebstor).

Das Arbeitsgericht Duisburg gab dem Arbeitnehmer Recht. Die hiergegen vom Arbeitgeber eingereichte Berufung zum LAG Düsseldorf (Urteil vom 16.11.2015 – 9 Sa 832/15) blieb ohne Erfolg.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf führte dazu aus, dass zwar eine Diffamierung und Beleieidung des Arbeitsgebers ausreichend für eine verhaltensbedingte Kündigung sein kann, hier aber der Arbeitnehmer das Flugblatt nicht in der Öffentlichkeit verteilt hatte, sondern einen Arbeitskollegen privat übergeben habe. Dies reiche nicht für eine verhaltensbedingte Kündigung aus.

Anmerkung:

In der Tat macht es einen Unterschied, ob der Arbeitnehmer am Werktor steht und derartige Flugblätter an Arbeitskollegen verteilt und damit zum Ausdurck bringt, dass er sich derartige Äußerungen zu eigen macht und zur Verbreitung dieser Aussagen beiträgt oder ob er „privat“ ein Flugblatt an einen Kollegen weiterreicht (Nach dem Motto: „Schau mal, was hier steht!“). Das Vorgehen mittels einer Verdachts- und Tatkündigung wäre hier wohl aus Sicht des Arbeitgebers sinnvoll gewesen. Vielleicht hätte der Sachverhalt für eine Verdachtskündigung ausgereicht.

Rechtsanwalt Andreas Martin