Urlaub

Verjährung von Urlaubsansprüchen

Gepostet am


Urlaub und Verjährung

Mit der Frage von der Verjährung von Urlaubsansprüchen haben sich diverse Arbeitsgerichte bereits beschäftigt. Bis vor ein paar Monaten war klar, dass der Urlaubsanspruch der dreijährigen Verjährung unterfällt und das vor allem der Beginn der Verjährung das Ende des Jahres ist, in dem der Urlaubsanspruch fällig war.

Dazu wie folgt:

Was ist Urlaub?

Urlaub im arbeitsrechtlichen Sinne ist die bezahlte Arbeitsbefreiung des Arbeitnehmers unter Weiterzahlung seines Arbeitsentgelts.

Was ist Urlaubsentgelt?

Das Urlaubsentgelt ist der Lohn während des Urlaubs.

Was ist Urlaubsgeld?

Urlaubsgeld ist eine zusätzlich zum Urlaubslohn (Urlaubsentgelt) gezahlte Vergütung. Dies ist oft freiwillig und erfolgt von Seiten des Arbeitgebers meistens 1 x pro Jahr in Höhe einer festen Summe.

Wo ist der Urlaub gesetzlich geregelt?

Das Recht der Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer ist im Bundesurlaubsgesetz geregelt.

Ab wann besteht der volle Urlaubsanspruch?

Der volle Urlaubsanspruch entsteht nach nach einer sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit.

Wie hoch ist der Mindesturlaubsanspruch?

Der Mindesturlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz beträgt jährlich 24 Werktagen bzw. 20 Arbeitstagen. Einfach ausgedrückt, hat jeder Arbeitnehmer nach der Wartezeit von 6 Monaten einen Anspruch auf 4 Wochen Erholungsurlaub pro Kalenderjahr.

Bis wann ist der Urlaub zu nehmen?

Der Urlaub ist grundsätzlich bis zum Ende des Kalenderjahres vollständig zu nehmen, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist.

Hat der Arbeitnehmer das Recht auf Selbstbeurlaubung?

Nein, ein solches Recht besteht nicht. Die Selbstbeurlaubung eines Arbeitnehmers gibt dem Arbeitgeber das Recht, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen.

Wozu muss der Urlaub genutzt werden?

Der Urlaub muss zur Erholung genutzt werden. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit während der Urlaubstage ist nicht zulässig.

Unterliegt der Urlaub der Verjährung?

Ja, der Urlaub unterliegt grundsätzlich der Verjährung. Daran ändert auch die neueste Entscheidung des BAG nichts.

Kann Urlaub verfallen?

Ja, auch der Verfall des Urlaubs ist immer noch möglich. Allerdings sind daran bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Da der Verfall eher als die Verjährung – in der Regel stattfindet – hat das BAG auch hierüber entschieden und knüpft an einen Verfall die Voraussetzung, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Urlaubsanspruch belehrt und auch über den Verfall des Urlaubs bei Nichtnahme.

Was hat das BAG (Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20) zum Verfall und zur Verjährung von Urlaubsansprüchen entschieden?

Der europäische Gerichtshof hat die Regelungen über den Verfall und die Verjährung von Urlaub in Frage gestellt bzw. an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil des BAG vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20) hatte sich nun am 20.12.2022 sih mit der Problematik der Verjährung von Ansprüchen auf Urlaub auseinandergesetzt.

Nach dem BAG unterliegen Urlaubsansprüche grundsätzlich der gesetzlichen Verjährung von drei Jahren. Allerdings beginnt diese Verjährungsfrist erst dann ab dem Ende des Kalenderjahres zu laufen, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallsfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Nach dem BAG kann also die Urlaubsverjährung erst dann beginnen – diese beginnt immer erst zum Ende des Kalenderjahres – wenn der Arbeitgeber:

  • der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer über seinen Urlaubsanspruch
  • über die Verfallsfristen belehrt hat und
  • der Arbeitnehmer den Urlaub freiwillig nicht angetreten hat.

Das Bundesarbeitsgericht führt dazu in seiner Pressemitteilung vom 20.12.2022 zur Nr. 48/22 -aus:

Die Revision des Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Zwar finden die Vorschriften über die Verjährung (§ 214 Abs. 1, § 194 Abs. 1 BGB) auf den gesetzlichen Mindesturlaub Anwendung. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 199 Abs. 1 BGB jedoch nicht zwangsläufig mit Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Der Senat hat damit die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Vorabentscheidung vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) umgesetzt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs tritt der Zweck der Verjährungsvorschriften, die Gewährleistung von Rechtssicherheit, in der vorliegenden Fallkonstellation hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zurück, die Gesundheit des Arbeitnehmers durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme zu schützen. Die Gewährleistung der Rechtssicherheit dürfe nicht als Vorwand dienen, um zuzulassen, dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumnis berufe, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben. Der Arbeitgeber könne die Rechtssicherheit gewährleisten, indem er seine Obliegenheiten gegenüber dem Arbeitnehmer nachhole.

Der Beklagte hat die Klägerin nicht durch Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten in die Lage versetzt, ihren Urlaubsanspruch wahrzunehmen. Die Ansprüche verfielen deshalb weder am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) noch konnte der Beklagte mit Erfolg einwenden, der nicht gewährte Urlaub sei bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses nach Ablauf von drei Jahren verjährt. Den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs hat die Klägerin innerhalb der Verjährungsfrist von drei Jahren erhoben.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20

Rechtsanwalt Andreas Martin

Während des Urlaubs in Quarantäne – Nachgewährung?

Gepostet am


Wer als Arbeitnehmer während seines Urlaubs krank wird, hat einen Anspruch auf Nachgewährung von Urlaub. Die Frage, die sich stellt, ist die, ob dies auch dann gilt, wenn der Arbeitnehmer während seines bestehenden Erholungsurlaubes in eine sogenannte Corona-Quarantäne gehen musste. Diese ist nicht notwendigerweise mit einer Krankheit/Erkrankung verbunden und von daher rechtlich problematisch.

§ 9 des Bundesurlaubsgesetz und Nachgewährung von Urlaub

In § 9 des Bundesurlaubsgesetzes ist geregelt, dass Urlaub nachzugewähren ist, wenn der Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs erkrankt. Krankheit und Urlaubsgewährung schließen sich faktisch aus.

§ 9 BUrlG lautet:

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.

keine gesetzliche Regelung für Corona-Quarantäne

Eine entsprechende Regelung für eine Quarantäne gibt es nicht. Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass zum damaligen Zeitpunkt der Gesetzgeber an eine solche Begebenheit nicht gedacht hatte oder dies schlichtweg nicht regeln wollte.

Quarantäne und Krankheit

Wichtiges ist auch, dass es hier nicht um den Fall geht, dass ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs in Corona-Quarantäne muss und darüber hinaus zum Arzt geht und sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung holt. In diesem Fall es unproblematisch der Urlaub nach zu gewähren, da der Arbeitnehmer auch arbeitsunfähig war/erkrankt war. Es greift dann die gesetzliche Regelung des § 9 des Bundesurlaubsgesetz.

Corona-Quarantäne ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Es geht um den Fall, dass der Arbeitnehmer nur in Corona – Quarantäne aufgrund einer behördlichen Anweisung ist aber keine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat. Wie oben bereits ausgeführt, ist dieser Fall gesetzlich nicht geregelt.

Arbeitszeitrichtlinie

Allerdings gibt es eine Richtlinie der Europäischen Union (Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG), wonach bestimmte Urlaubsfragen durch europäisches Recht überlagert werden.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hatte nun über ein Fall zu entschieden, bei welchem der Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs aufgrund behördlicher Anweisung in Quarantäne gehen musste.

Sachverhalt

Ein Schlosser bekam 8 Tage Erholungsurlaub für die Zeit vom 12. bis zum 21. Oktober 2020. Mit behörldichen Bescheid vom 14. Oktober 2020 ordnete die Stadt Hagen die Absonderung des Klägers in häusliche Quarantäne für die Zeit vom 9. bis zum 21. Oktober 2020 an, weil er zu einer mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Person Kontakt hatte. Dem Schlosser war es währnd der Quarantäne untersagt seine Wohnung ohne ausdrückliche Zustimmung des Gesundheitsamts zu verlassen und Besuch von haushaltsfremden Personen zu empfangen. Der Arbeitgeber zahlte das Urlaubsgeld und ging auch für den Zeitraum der Quarantäne von einer Urlaubsgewährung aus. Der Schlosser/ Kläger begehrt nun die Wiedergutschrift der Urlaubstage auf seinem Urlaubskonto und klagte vor den Arbeitsgericht.

Entscheidung des BAG

Das Landesarbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben. Das BAG – Beschluss vom 16. August 2022 – 9 AZR 76/22 (A) – konnte die Sache nicht sofort entscheiden und legte die Sache dem EuGH vor und führte dazu in seiner Pressemitteilung vom 16.08.2022 (Nr. 30/22) aus:

Für den Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts ist es entscheidungserheblich, ob es mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang steht, wenn vom Arbeitnehmer beantragter und vom Arbeitgeber bewilligter Jahresurlaub, der sich mit einer nach Urlaubsbewilligung durch die zuständige Behörde angeordneten häuslichen Quarantäne zeitlich überschneidet, nach nationalem Recht nicht nachzugewähren ist, weil der betroffene Arbeitnehmer selbst nicht krank war.

Bundesarbeitsgericht – Beschluss vom 16. August 2022 – 9 AZR 76/22 (A)

Eine Entscheidung gibt es derzeit noch nicht.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kürzung von Urlaub in der Elternzeit

Gepostet am


Kürzung von Urlaub in der Elternzeit
Kürzung von Urlaub in der Elternzeit

Kürzung von Urlaub in der Elternzeit


Wussten Sie, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen den Urlaub in der Elternzeit kürzen kann?

Viele Arbeitnehmer wissen dies nicht und dies gilt auch für Arbeitgeber, dass grundsätzlich der Arbeitgeber den Urlaub in der Elternzeit kürzen kann. Es geht dabei um den Urlaubsanspruch, den der Arbeitnehmer während der Elternzeit erwirbt.


Kürzungsrecht nach § 17 BEEG

§ 17 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG regelt nämlich die Möglichkeit des Arbeitgebers, dass dieser den Urlaubsanspruch, der für den Arbeitnehmer während der bestehenden Elternzeit entsteht, kürzen kann. Faktisch läuft die Kürzung darauf hinaus, dass letztendlich der Urlaubsanspruch in der Elternzeit entfällt. Wichtig ist dabei, dass der Arbeitgeber dieses Kürzungsrecht auch tatsächlich ausüben muss.

gesetzliche Grundlage für die Kürzung des Urlaubsanspruchs

Wie bereits ausgeführt findet man die Rechtsgrundlage dafür in § 17 des BEEG. Die Norm lautet wie folgt:

§ 17 Urlaub

(1) Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während der Elternzeit bei seinem oder ihrem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leistet.
(2) Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin den ihm oder ihr zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren.
(3) Endet das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit oder wird es im Anschluss an die Elternzeit nicht fortgesetzt, so hat der Arbeitgeber den noch nicht gewährten Urlaub abzugelten.
(4) Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin vor Beginn der Elternzeit mehr Urlaub erhalten, als ihm oder ihr nach Absatz 1 zusteht, kann der Arbeitgeber den Urlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin nach dem Ende der Elternzeit zusteht, um die zu viel gewährten Urlaubstage kürzen.

§ 17 BEEG

Abgabe der Kürzungserklärung durch Arbeitgeber

Dazu ist erforderlich, dass der Arbeitgeber eine entsprechende Erklärung abgibt. Diese Kürzungserklärung muss dem Arbeitnehmer nachweislich zugehen. Im Zweifel – oft gibt es später Streit bei der sog. Urlaubsabgeltung – muss der Arbeitgeber also den Zugang dieser Erklärung beim Arbeitnehmer nachweisen.


Entscheidung des LAG Niedersachsen Urteil vom 17.5.2022 – 10 Sa 954/21)

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Urt. v. 17.5.2022 – 10 Sa 954/21) hatte nun zwei Probleme im Zusammenhang mit dieser Kürzung des Urlaubs in der Elternzeit zu entscheiden.

Zum einen ging es darum, ob eine tarifliche Norm die Kürzungserklärung des Arbeitgebers ersetzen kann, so dass der Arbeitgeber nicht mehr ausdrücklich gegenüber dem Arbeitnehmer die Kürzung des Urlaubs in der Elternzeit erklären muss. Zum anderen ging es darum, innerhalb welcher Zeitspanne der Arbeitgeber das Kürzungsrecht ausüben muss.


Kürzung durch tarifvertragliche Regelung

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen entschied, dass § 26 Absatz 2 c des TVöD nicht ausreicht, um eine entsprechende Kürzungserklärung in der Elternzeit zu ersetzen. Das Gericht gehe davon aus, dass eine tarifvertraglichen Norm die Kürzungserklärung des Arbeitgebers nicht ersetzen kann.


Zeitrahmen für die Abgabe der Kürzungserklärung

Weiter hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen entschieden, dass der Arbeitgeber grundsätzlich einen weiten zeitlichen Rahmen hat, um sein Kürzungsrecht zu erklären. Das Kürzungsrecht kann vor, während und nach dem Ende der Elternzeit ausgeübt werden. Dabei gelten allerdings zwei Ausnahmen. Zum einen kann das Kürzungsrecht nicht mehr nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses erklärt werden. Wenn also das Arbeitsverhältnis beendet ist, kann der Arbeitgeber hier nicht mehr kürzen. Darüberhinaus hat das LAG Niedersachsen entschieden, dass der Arbeitgeber sein Kürzungsrecht auch nicht vor der Erklärung des Arbeitnehmers, dass dieser Elternzeit in Anspruch nimmt, erklärt werden kann.


Rechtsanwalt Andreas Martin

Kann man sich den Urlaub zum Jahresende auszahlen lassen?

Gepostet am


Kann man sich den Urlaub zum Jahresende auszahlen lassen?

Urlaubsabgeltung

Resturlaub einfach abgelten lassen?

Nicht selten kommt es vor, dass Arbeitnehmer-aus welchen Gründen auch immer-ihren kompletten Jahresurlaub nicht bis zum Jahresende nehmen konnten. Es besteht dann noch ein Resturlaubsanspruch. Kann man sich diesen auszahlen bzw. abgelten lassen?

Urlaubsanspruch im Kalenderjahr

Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt 24 Werktage, dies sind 20 Arbeitstage. Wer also bis zum Jahresende diesen Mindesturlaub noch nicht nehmen konnte, fragt sich sicherlich, was mit dem Urlaubsanspruch dann passiert. Es kann durchaus sein, dass einige Arbeitnehmer auf die Idee kommen, dass man sich doch den Resturlaubsanspruch zum Jahresende auszahlen lassen kann. Dann ist die Angelegenheit erledigt und es stellt sich dann auch nicht mehr die Frage, inwieweit Urlaub auf das nächste Kalenderjahr übertragen werden kann.

Übertragung des Resturlaubs auf das nächste Kalenderjahr

Wenn der Arbeitnehmer nicht in der Lage war aus betrieblichen dringenden Gründen oder aus personenbedingten Gründen den kompletten Jahresurlaub bis zum 31. Dezember des laufenden Jahres zu nehmen, dann kann der Urlaub auf das nächste Kalenderjahr übertragen werden. Wichtig ist, dass eine der beiden Voraussetzung vorliegen muss. Entweder müssen dringende betriebliche Gründe vorliegen oder es war nicht möglich aus Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers lagen, den Urlaub zu nehmen. Nur dann erfolgt eine Übertragung in das nächste Kalenderjahr.

Verfall des Urlaubs bis zum 31.03. des Folgejahres

Wenn der Urlaub in das nächste Kalenderjahr übertragen wurde, dann muss diese Resturlaub spätestens innerhalb der ersten drei Monate des laufenden Jahres genommen werden, ansonsten verfällt dieser, so ist dies in § 7 des Bundesurlaubsgesetz geregelt.

Achtung: In den meisten Fällen ist von daher ein Verfall des Jahresurlaubes erst im nächsten Kalenderjahr nach dem 31. März möglich.

Arbeitgeber muss Urlaub anmahnen

Allerdings ist zu beachten, dass nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes der Urlaub, auch nach dem 31. März des Folgejahres noch zu gewähren ist, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr nicht zuvor die Urlaubsgewährung ausdrücklich angeboten und diesen aufgefordert hat den Resturlaub zu nehmen und darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub ansonsten spätestens zum 31. März des Folgejahres verfällt. Nur bei dieser Belehrung und Aufforderung ist der Urlaub dann tatsächlich komplett weg.

Darf man sich den Urlaub auszahlen lassen?

Eine andere Frage ist aber, ob Urlaub tatsächlich, wenn noch Resturlaub besteht, auszuzahlen ist oder ob dies nicht geht. Mit Sicherheit würden einige Arbeitnehmer lieber auf eine Urlaubsabgeltung bestehen als den Urlaub auf das Folgejahr übertragen zu lassen.

Geld oder Urlaub – keine freie Wahl des Arbeitnehmers

Hier gilt der Grundsatz, dass Urlaub im bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht ausgezahlt werden darf. Der Urlaub muss genommen werden. Selbst, wenn dies nicht mehr möglich ist, da der Verfall droht, kommt eine Auszahlung nicht in Betracht.

Auszahlung/ Abgeltung des Urlaubs bei Kündigung

Nur für einen Ausnahmefall ist die Abgeltung des Urlaubsanspruches vorgesehen und zwar für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Beispiel durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag. Ist das Arbeitsverhältnis nämlich beendet, erst dann kann der bestehende Resturlaub ausgezahlt werden.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kurzarbeit und Urlaub

Gepostet am Aktualisiert am


Kurzarbeit und Urlaub
Urlaub und Kurzarbeit

Kurzarbeit und Urlaub sind Themen, die gerade in Zeiten von Corona viele Fragen aufwerfen. Im Zuge der Covid-19-Pandemie mussten viele Unternehmen Kurzarbeit im Betrieb einführen, was zum Arbeitsausfall mit Entgeltverlust für Arbeitnehmer führt. Es geht vor allem darum, ob der Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch erwirbt im Zeitraum, in dem er in Kurzarbeit ist und ob dieser zum Beispiel auch während der Kurzarbeit seinen Urlaub nehmen kann und ob das Kürzen des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit zulässig ist. Diesbezüglich sind noch viele Fragen von der Rechtsprechung nicht geklärt worden. Nachfolgend soll ein kleiner Überblick zu dieser Problematik gegeben werden.


Das Wichtigste vorab:

Während der Kurzarbeit Null erwirbt der Arbeitnehmer keinen Urlaubsanspruch.


Was ist Kurzarbeit?

Kurzarbeit ist nichts weiter als eine befristete Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Absenkung der regelmäßigen Arbeitszeit. Einen vorübergehenden Arbeitsausfall wollte der Gesetzgeber so abmildern. Die konjunkturbedingte Kurzarbeit kann sogar, dies kommt nicht selten vor, auf Null (sog. Kurzarbeit „Null“) abgesenkt werden, was im Endeffekt heißt, dass der Arbeitnehmer zu Hause bleibt und keine Arbeitsleistung erbringt. Während der Dauer der vereinbarten Kurzarbeit bekommt der Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld (KUG) vom Arbeitgeber gezahlt und dieser kann gegenüber der Bundesagentur für Arbeit eine Erstattung des Kurzarbeitergelds erhalten. Damit soll erreicht werden, dass gerade wirtschaftliche Belastungen in der Corona-Pandemie für Firmen abgemildert werden. In bestimmten Fällen können sogar Auszubildende Kurzarbeitergeld bekommen. Resturlaub muss zur Vermeidung von Kurzarbeit eingebracht werden, bevor dieser gegebenenfalls verfällt.Die Kurzarbeit muss zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden.

Dabei muss auch klar sein, wie lang und mit welchem Arbeitsumfang die regelmäßige Arbeitszeit reduziert werden soll und zu welchem bestimmten Zeitpunkt der Arbeitszeit abgesenkt wird. Der Arbeitgeber kann nicht einseitig Kurzarbeit anordnen, es sei denn dies ist so im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vereinbart worden oder es gibt eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit. Es muss zudem ein unvermeidbarer Arbeitsausfall vorliegen. Der Arbeitgeber stellt einen entsprechenden Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit, um im Betrieb Kurzarbeit einführen zu können. Der Anspruch auf Kurzarbeit beginnt erst, wenn alle Voraussetzungen vorliegen und der Antrag gestellt ist. Wird nach einer Zwischenzeit ohne Kurzarbeit im  Betrieb wieder erneut Kurzarbeit erforderlich, muss der Arbeitgeber den Arbeitsausfall erneut anzeigen.  Es besteht keine Verpflichtung der Betriebe, der Agentur für Arbeit im Rahmen der vorläufigen Bewilligung zu Beginn eines neuen Urlaubsjahres eine Urlaubsplanung vorzulegen. Trotzdem ist es so, dass wenn Beschäftigte in Kurzarbeit tätig sind, die Belastungen von Kurzarbeit nicht zu unterschätzen sind. Ein Arbeitsausfall mit Entgeltausfall lässt sich durch das KUG reduzieren, aber nicht vermeiden.

Wie ändert sich der Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit?

Gesetzliche Grundlagen für die Urlaubsgewährung findet man im Bundesurlaubsgesetz. Zunächst erst einmal ändern sich die Regelungen nach dem Bundesurlaubsgesetz nicht. Es kommt genau darauf an, welche Problematik beim Urlaub im Bezug auf die Kurzarbeit vorliegt. Nachfolgend sollen die wichtigsten Fälle hier kurz dargestellt werden.

Darf der Urlaub bei Kurzarbeit gekürzt werden?

Nicht ganz unbekannt ist die Regelung, wonach der Arbeitgeber während der Elternzeit den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin kürzen darf. Er muss eine entsprechende Kürzungserklärung abgeben. Dies ist einer der wenigen Fälle, wo der Arbeitgeber von sich aus verhindern kann, dass während einer Zeitspanne, in der der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringt, der Urlaub nicht anfällt. Bei der Kurzarbeit kommt es darauf an.

Kurzarbeit ohne Kurzarbeit Null bei Arbeit an gleichen Tagen

Wenn der Arbeitnehmer bei der Kurzarbeit einfach nur weniger arbeitet, also keine Kurzarbeit „Null“ vorliegt, ändert sich erst einmal nichts. Der Arbeitgeber darf nicht den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers einfach deshalb kürzen, da dieser weniger arbeitet.

Beispiel: Der Arbeitnehmer arbeitet im Normalfall 8 Stunden an fünf Tagen in der Woche (40 h pro Woche an regelmäßiger Arbeitszeit) und dessen Urlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage pro Kalenderjahr. Der Arbeitgeber vereinbart nun Kurzarbeit und der Arbeitnehmer arbeitet nur noch an 3 Stunden pro Tag von montags bis freitags.

Ergebnis: Hier bleibt der Urlaubsanspruch von 20 Tagen gleich. Der Arbeitnehmer muss auch 20 Tage nehmen, auch während der Kurzarbeit wäre dies so, da sonst keine vier Wochen an Urlaub bekommen würde. Eine Kürzung durch den Arbeitgeber ist nicht möglich.

Verringert sich der Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit?

Anders ist aber der Fall, wenn der Arbeitnehmer anstatt an 5 Tagen nur an 2 Tagen arbeitet. Die anteilige Kürzung vom Jahresurlaub ist dann rechtmäßig, wenn der Arbeitnehmer durch Kurzarbeit tageweise nicht zur Arbeit geht.

Kurzarbeit Null

Bei Kurzarbeit „Null“ arbeitet der Arbeitnehmer gar nicht. Er bleibt also Zuhause näher und erbringt keine Arbeitsleistung. Man könnte nun meinen, da es hier keine gesetzliche Regelung gibt, wonach der Arbeitgeber den Urlaub in dieser Zeitspanne kürzen darf, also anders als bei der Elternzeit, ist eine Kürzung durch den Arbeitgeber ausgeschlossen. Allerdings ist die Problematik, dass eine Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil v. 8. November 2012 – C-229/11/ für einen Teilzeitbeschäftigten – hier wird ) zur Urlaubskürzung von Teilzeitbeschäftigten gibt. Aus dieser Entscheidung (in einer rechtlichen Bewertung kommt der deutsche Gewerkschaftsbund bei konjunkturbedingter Kurzarbeit zu einem anderen Ergebnis) wird gefolgert, dass bei Kurzarbeit „Null“ ebenfalls kein Urlaubsanspruch entsteht. Eigentlich passt dies nicht zum deutschen Arbeitsrecht, das ja ausdrücklich auch bei der Nichterbringung von arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten den Urlaubsanspruch entstehen lässt, allerdings gibt es keine ausdrückliche Regelung, die entgegen der Rechtsprechung des EuGH den Urlaubsanspruch entstehen lässt (basierend auf der Arbeitszeitrichtlinie). Das LAG Düsseldorf hat dies aber nun in einer neuen Entscheidung bestätigt.

Beispiel: Der Arbeitnehmer arbeitet in einer 5-Tage-Woche mit 40 Stunden an regelmäßige Arbeitszeit. Sein Urlaubsanspruch beträgt 24 Arbeitstage, also zwei Arbeitstage pro Monat. Im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis einschließlich den 30. Juni 2021 war der Arbeitnehmer in Kurzarbeit „Null“. Er verlangt nun nach Ende der Kurzarbeit vom Arbeitgeber die Gewährung von 24 Arbeitstagen Urlaub.

Ergebnis: Es besteht nur ein Anspruch in Höhe von 12 Urlaubstagen, da allein in der zweiten Jahreshälfte der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbracht hat. Während der ersten sechs Monate des Jahres bestand Kurzarbeit „Null“ und damit ist während dieses Zeitraumes kein Urlaubsanspruch entstanden.

Entscheidung des LAG Düsseldorf
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 12.03.2021 – 6 Sa 824/20) hat dies vor kurzem gerade bestätigt und entschieden, dass während der konjunkturbedingten Kurzarbeit Null kein Urlaub entsteht.

In seiner Pressemitteilung 5/21 vom 12.03.2021 führt das Landesarbeitsgericht Düsseldorf dazu folgendes aus:

Die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat die Klage ebenso wie das Arbeitsgericht Essen abgewiesen. Aufgrund der Kurzarbeit Null in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 hat die Klägerin in diesem Zeitraum keine Urlaubsansprüche gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz erworben. Der Jahresurlaub 2020 steht ihr deshalb nur anteilig im gekürzten Umfang zu. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null war der Urlaub um 1/12 zu kürzen, was sogar eine Kürzung um 3,5 Arbeitstage ergeben würde. Im Hinblick darauf, dass der Erholungsurlaub bezweckt, sich zu erholen, setzt dies eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Da während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben sind, werden Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig zu kürzen ist.

Dies entspricht dem Europäischen Recht, weil nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs während Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht entsteht. Das deutsche Recht enthält dazu keine günstigere Regelung. Weder existiert diesbezüglich eine spezielle Regelung für Kurzarbeit noch ergibt sich etwas anderes aus den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes. Insbesondere ist Kurzarbeit Null nicht mit Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen. An alledem hat der Umstand, dass die Kurzarbeit der Klägerin durch die Corona-Pandemie veranlasst ist, nichts geändert.

Der Urlaub wird dann zu den geplanten Zeiten genommen.: Nach dem LAG Düsseldorf ist die anteilige Kürzung des Urlaubsanspruchs für die Zeiten der Nichtarbeit für gerechtfertigt.

LAG Baden-Württemberg

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg – Kammern Freiburg – (Urteil vom 3. Mai 2021 – 9 Sa 1/21) hatte ebenfalls einen solchen Fall zu entscheiden und entschied, dass der Arbeitgeber bei Verringerung der Arbeitstage durch Kurzarbeit den Jahresurlaub kürzen dürfe. Dies bestätigte nun auch das BAG.

Bundesarbeitsgericht bestätigt die Kürzung von Jahresurlaub bei Kurzarbeit

Das BAG (Urteil vom 30. November 2021 – 9 AZR 225/21) hat das Urteil des LAG Baden-Würtemberg im Revisionsverfahren bestätigt.

Der Entscheidung lag folgender Fall zu Grunde:

Eine Arbeitnehmerin war an 3 Tagen wöchentlich als Verkaufshilfe mit Backtätigkeiten tätig. Bei einer 6-Tage-Woche hätte dieser nach dem Arbeitsvertrag ein jährlicher Erholungsurlaub von 28 Werktagen zugestanden, da diese aber regellär nur an 3 Tagen tätig war, reduzierte sich der Urlaubsanspruch auf insgesamt 14 Arbeitstagen pro Kalenderjahr. Dies ist bis hierhin völlig unproblematisch und gängige Praxis. Die Problematik war aber, dass die Arbeitnehmerin aufgrund von Arbeitsausfall durch die Corona-Pandemie in Kurzarbeit musste und von daher eine Kurzarbeitsvereinbarungen geschlossen wurde. Danach war die Arbeitnehmerin in den Monaten April, Mai und Oktober 2020 vollständig von der Arbeitspflicht befreit war und in den Monaten November und Dezember 2020 insgesamt nur an fünf Tagen arbeitete. Es liegt also ein Mischfall von Kurzarbeit „Null“ und Kurzarbeit mit geringerer Beschäftigung vor.

Arbeitgeber kürzte den Jahresurlaub

Aus Anlass der kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfälle kürzte der Arbeitgeber den Jahresurlaub und nahm eine Neuberechnung vor. Wie oben ausgeführt, hätte die Arbeitnehmerin bei einer regulären 3-Tage-Woche einen Urlaubsanspruch pro Jahr von 14 Tagen. Aufgrund der Kurzarbeit bezifferte der Arbeitgeber den Jahresurlaub der Arbeitnehmerin für das Jahr 2020 auf insgesamt 11,5 Arbeitstage. Wie der Arbeitgeber auf 11,5 Tage kommt, bleibt unklar. Die Berechnung ist eigentlich falsch. Wenn man die 3 Monate an Kurzarbeit „Null“ hier beim Jahresurlaubsanspruch nicht berücksichtigt, kommt man sogar auf 10,5 Tagen an Jahresurlaub (9 Monate x 14./.12).

Dagegen wehrte sich die Arbeitnehmerin mittels Klage vor dem Arbeitsgericht und verlangte noch die Gewährung von weiteren 2,5 Urlaubstagen. Sie führte dazu aus, dass kurzarbeitsbedingt ausgefallene Arbeitstage urlaubsrechtlich wie Arbeitstage gewertet werden müssten. Ihrer Ansicht nach, sei der Arbeitgeber nicht berechtigt gewesen, den Urlaub zu kürzen.

Das Bundesarbeitsgericht führt dazu in seiner Pressemitteilung vom 30.11.2021 mit der Nummer 41/21 aus:

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitere 2,5 Arbeitstage Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2020. Nach § 3 Abs. 1 BUrlG beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nach dem Arbeitsvertrag auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, ist die Anzahl der Urlaubstage grundsätzlich unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus zu berechnen, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten (24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage).* Dies gilt entsprechend für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien – wie im vorliegenden Fall – für die Berechnung des Urlaubsanspruchs keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen haben.

Bei der vertraglichen Dreitagewoche der Klägerin errechnete sich zunächst ein Jahresurlaub von 14 Arbeitstagen (28 Werktage x 156 Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage). Der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage rechtfertigte eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruchs. Aufgrund einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage sind weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. Der Urlaubsanspruch der Klägerin aus dem Kalenderjahr 2020 übersteigt deshalb nicht die von der Beklagten berechneten 11,5 Arbeitstage. Allein bei Zugrundelegung der drei Monate, in denen die Arbeit vollständig ausgefallen ist, hätte die Klägerin lediglich einen Urlaubsanspruch von 10,5 Arbeitstagen (28 Werktage x 117 Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage).

Pressemitteilung des BAG Nr. 41/21 vom 30.11.2021

Gewährung von Urlaub während der Kurzarbeit?

Auch während der konjunkturbedingten Kurzarbeit kann der Arbeitnehmer Urlaub nehmen. Allerdings wird dies eher selten der Fall sein, da Erholungsurlaub zur Vermeidung von Kurzarbeit schon vor dieser genommen werden soll. Sinn macht dies natürlich nur dann, wenn nicht Kurzarbeit „Null“ angeordnet ist. Wenn also keine Arbeitsleistung zur bringen ist, dann scheidet eine Urlaubsgewährung aus und wir auch völlig sinnlos. Der Arbeitgeber kann den Urlaub so planen, wie dies im Betrieb üblich ist. Der Urlaub wird dann zu den geplanten Zeiten genommen.

Wenn also zum Beispiel eine konjunkturbedingte Kurzarbeit nur zur Absenkung der Arbeitszeit, aber nicht auf 0 Stunden, sondern zum Beispiel auf 4 Stunden pro Tag erfolgt, kann der Arbeitnehmer ganz normal Urlaub nehmen.

Beispiel: Wie im obigen Beispiel, hatte Arbeitnehmer 20 Arbeitstage an Urlaub und er arbeitet 40 Stunden die Woche, also 8 Stunden pro Tag. Mit eine Vereinbarung über die Kurzarbeit mit dem Arbeitgeber wurde getroffen und die Arbeitszeit wurde von 8 Stunden pro Tag auf 4 Stunden pro Tag verringert.

Wie viele Urlaubsanspruch hat der Arbeitnehmer, wenn die Kurzarbeit das komplette Kalenderjahr betrifft.?

Antwort: Es ändert sich nichts. Der Arbeitnehmer kann während der konjunkturbedingten Kurzarbeit Urlaub nehmen und erwirbt in der Kurzarbeit, die ja nicht Kurzarbeit Null ist, ganz normal seinen Jahresurlaub von 20 Arbeitstagen. Er bekommt auch nicht mehr Urlaub deshalb, weil seine Arbeitszeit kürzer ist. Der Urlaubsanspruch soll gewährleisten, dass der Arbeitnehmer insgesamt wenigstens vier Wochen pro Jahr an Urlaub hat. Um vier Wochen Urlaub zu nehmen bei der Arbeitszeit Zeit von 8 Stunden pro Tag müsste der Arbeitnehmer also fünf Tage pro Woche Urlaub verbrauchen. Dies gilt aber bei der Arbeitszeit von 4 Stunden genauso, wie bei 8 Stunden pro Tag.

Anders wäre es, wenn Arbeitnehmer anstatt von 5 Arbeitstagen nur an 2 Arbeitstagen Urlaub nehmen würde. Dann bräuchte er um vier Wochen Mindesturlaub zu erhalten ja nur 2 Tage pro Woche zu nehmen.

Rechtsanwalt Andreas Martin

Corona – Quarantäne im Urlaub -was ist mit den Urlaubstagen?

Gepostet am


Corona - Quarantäne im Urlaub -was ist mit den Urlaubstagen?
Corona-Qarantäne im Urlaub

Die Corona-Zahlen neben wieder zu. Wer im Urlaub ist und während des Urlaubs an Covid19 erkrankt oder aus anderen Gründen in die häusliche Quarantäne muss, fragt sich, was mit den verlorenen Urlaubstagen ist?

Muss der Arbeitgeber den Urlaub nachgewähren?

Sind die Urlaubstage, die während der Quarantäne verstrichen sind weg oder bleiben diese, ähnlich wie bei der Arbeitsunfähigkeit und müssen vom Arbeitgeber später nochmals gewährt werden?

Dies soll hier kurz beantwortet werden.

Urlaub und Einreise und Ausreise – Corona-Bestimmungen

Auch in der Pandemie kann der Arbeitnehmer Urlaub außerhalb von Deutschland machen. Fährt der Arbeitnehmer allerdings ins Ausland, so sind bei der Rückreise nach Deutschland bestimmte Vorschriften zu beachten. Vor allem die Einreise in die Bundesrepublik nach einem Urlaub außerhalb von Deutschland regelt die sog. Coronavirus-Einreiseverordnung.  Hier in bestimmte Einreisebestimmungen zu beachten. Am einfachsten haben es hier vollständig geimpfte Personen. Diese Bestimmungen können dazu führen dass, insbesondere bei einem negartiven Corona-Test, der rückreisende Arbeitnehmer in die häusliche Quarantäne muss. Die Problematik ist dann, dass in der häuslichen Quarantäne während des Urlaubs dieser eigentlich keiner mehr ist. Von Erholung und dies ist nach dem Bundesurlaubsgesetz das Ziel des Erholungsurlaubs kann dann keine Rede mehr sein. Die Frage ist, ob in einer solchen Situation der Arbeitnehmer Anspruch auf Nachgewährung der Urlaubstage hat, die er in der Quarantäne verbracht hat.

Was regelt die Coronavirus-Einreiseverordnung?

Die Coronavirus-Einreiseverordnung vom 8. November 2021 normiert die coronabezogenen Regeln im Kontext der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Die Ersten Verordnung zur Änderung der Coronavirus Einreiseverordnung ist am 9. November 2021 in Kraft getreten und ist erst mit Ablauf des 15. Januar 2022 außer Kraft. Aufgrund steigender Fallzeiten (November 2021) ist damit zu rechnen, dass die Verordnung verlängert wird. Nach der VO sind alle Einreisenden verpflichtet bei der Einreise über einen Nachweis des Nichtvorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Impf-, Test-, Genesenennachweis) zu verfügen.Dies gilt unabhängig davon, ob dies sich in einem Hochrisikogebiet oder Virusvariantengebiet aufgehalten haben oder nicht.

Mit dem Inkrafttreten der neuen Einreiseverordnung zum 1. August 2021 entfällt nun die Kategorie der „einfachen“ Risikogebiete. Nun wird unter dem Oberbegriff „Risikogebiet“ nur noch zwischen Hochinzidenz- und Virusvariantengebiet unterschieden. Die aktuellen Listen der betroffenen Länder (Risikogebiete etc) finden Sie auf der Webseite des Robert Koch-Instituts . Beim Robert Koch Institut bzw. auf dessen Webseite kann man sich  auch während des Urlaubs informieren, welche Anforderungen für die Rückreise in die Bundesrepublik Deutschland vorliegen müssen. Auch findet man dort die Ausweisung von Risikogebieten.

Wenn man bei der Reise in die Bundesrepublik Deutschland nicht zur Abgabe der Ersatzmitteilung gebeten wird, ist man verpflichtet, entweder die digitale Einreiseanmeldung innerhalb von 24 Stunden nach Einreise nachzuholen oder die ausgefüllte Ersatzmitteilung per Post zu übersenden.

Dies gilt auch, wenn aufgrund fehlender technischer Ausstattung oder aufgrund technischer Störung eine digitale Einreiseanmeldung nicht möglich ist.

Bezüglich der Einreise mit Kindern gilt, dass Kinder unter 12 Jahren von der Nachweispflicht befreit sind.  Dies hat zur Folge, dass diese Kinder bei der Anreise keinen negativen Test vorlegen müssen.

Darüber hinaus können im Einzelfall sog. Impf- und Genesenennachweise einen negativen Testnachweis ersetzen und von der Einreisequarantäne befreien.

Eine strenge Testpflicht gilt für Einreisende nach Voraufenthalt in einem Virusvariantengebiet.

Bei Verstoß gegen die oben genannten Pflichten zur Meldung, Testung, Nachweispflicht oder zur häuslichen Quarantäne können die zuständigen Behörden empfindliche Bußgelder verhängen. 

negativer Testnachweis bei Einreise nach Deutschland

Einen negativen Testnachweis bzw. ein negatives Testergebnis ist bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland sinnvoll.

Für Kinder unter 12 Jahren endet die Quarantäne nach Voraufenthalt in einem Hochrisikogebiet nach dem fünften Tag der Einreise automatisch. 

Krankheit und Urlaub

Krankheit/ Arbeitsunfähigkeit und Urlaub schließen sich aus. Erkrankt der Arbeitnehmer im Urlaub, dann spart er sich die Tage, an denen er arbeitsunfähig war, auf und kann diese später als Urlaubstage noch nehmen. Kurz gesagt, während der Arbeitsunfähigkeit wird kein Urlaub verbraucht.

Rückgewähr von Urlaubstagen auch bei Quarantäne?

Anders ist dies bei einer notwendigen behördlichen Quarantäne im Urlaub wegen Corona. Hier ist der Arbeitnehmer nicht erkrankt und es gibt kein ärztliches Zeugnis. Eine gesetzliche Regelung gibt es hierfür nicht, was mit dem Urlaub während der Isolationsanordnung  passiert. Allerdings trägt der Arbeitnehmer das Risiko, dass nach der Festlegung des Urlaubs urlaubsstörende Ereignisse vorliegen. Diese fallen daher auch grundsätzlich in den Risikobereich des Arbeitnehmers. Eine direkte oder analoge Anwendung von § 9 BUrlG scheidet aus (so auch das Arbeitsgericht Bonn).

Die Urlaubstage sind vom Arbeitgeber nur dann nachzugewähren, wenn der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig war und die Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest nachgewiesen hat (Arbeitsgericht Bonn). Dies geht auch durch eine ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Eine solche Arbeitsunfähigkeit liegt aber bei bloßer Quarantäne nicht vor. Mehrere Arbeitsgerichte haben bereits entscheiden, dass urlaubsstörende Ereignisse grundsätzlich als Teil des persönlichen Lebensschicksals in den Risikobereich des einzelnen Arbeitnehmers fallen. Eine Urlaubserstattung gibt es im Einzelfall dann nicht. Solche für den Arbeitnehmer negativen Entscheidungen haben folgende Arbeitsgericht bereits getroffen:

  • Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 07.07.2021 – 2 Ca 504/21
  • Arbeitsgericht Oberhausen, Urteil vom 28.07.2021 – 3 Ca 321/21
  • Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2021 – 7 Sa 857/21.

Entgeltfortzahlung während behördlicher Insolationsanordnung

Die Entgeltfortzahlung während der Quarantäne ist eine andere Sache. Hier hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsentgelt, denn er ist – auch wenn er in Quarantäne ist – immer noch im Urlaub. Dies regelt das Bundesurlaubsgesetz.

Entscheidung des LAG Düsseldorf

Bei Urteil des LAG Düsseldorf ging es um angeordnete COVID-19-Quarantäne. Das Landesarbeitsgericht hielt die Nichtanrechnung auf den Urlaub für zulässig. Denn nach dem Bundesurlaubsgesetz geht der Urlaubsanspruch nur dann nicht unter, wenn eine  ärztliche AU-Bescheinigung die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmer während der Quarantäne bestätigt.

Sachverhalt des Landesarbeitsgerichts

Die Arbeitnehmerin war als Maschinenbedienerin in einem Produktionsbetrieb beschäftigt. Diese hatte in der Zeit vom 10.12.2020 bis zum 31.12.2020 bewilligtem Erholungsurlaub. Nach einem Kontakt mit ihrer mit COVID-19 infizierten Tochter ordnete das zuständige Gesundheitsamt zunächst eine häusliche Quarantäne bis einschließlich zum 16.12.2020 an. Bei einem Corona-Test am 16.12.2020 wurde bei der Arbeitnehmerin selbst eine Infektion mit COVID-19 festgestellt. Daraufhin ordnete das Gesundheitsamt nochmals für die Arbeitnehmerin die häusliche Quarantäne vom 06.12.2020 bis zum 23.12.2020 an. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch einen Arzt ließ sich die Arbeitnehmerin nicht ausstellen. Das Quarantäne-Anordnungsschreiben der Behörde enthielt den Hinweis, dass die Klägerin als Kranke im Sinne des § 2 Nr. 4 IfSG anzusehen sei. Faktisch war von daher die Arbeitnehmerin während ihres gesamten Urlaubs vom 10.12.2020 bis zum 23.12.2020 in Corona-Quarantäne und verlangte nun von ihrer Arbeitgeberin die Nachgewährung von 10 Urlaubstagen an Erholungsurlaub.

Begründung des LAG Düsseldorf

Das LAG führt dazu in seiner Pressemitteilung 19/21 vom 15.10.2021 aus:

„Die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat ebenso wie das Arbeitsge- richt Oberhausen die Klage abgewiesen und dies mit der gesetzlichen Regelung in § 9 BUrlG begründet. Die Vorschrift unterscheidet zwischen Erkrankung und darauf be- ruhender Arbeitsunfähigkeit. Beide Begriffe sind nicht gleichzusetzen. Danach erfor- dert die Nichtanrechnung der Urlaubstage bei bereits bewilligtem Urlaub, dass durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen ist, dass aufgrund der Erkrankung Arbeitsunfä- higkeit gegeben ist. Daran fehle es hier. Aus dem Bescheid des Gesundheitsamts ergibt sich lediglich, dass die Klägerin an COVID-19 erkrankt war. Eine Beurteilung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin und dies durch einen Arzt wurde nicht vorgenommen. Eine analoge Anwendung der eng begrenzten Ausnahmevorschrift des § 9 BUrlG kommt nicht in Betracht. Nach der Konzeption des BUrlG fallen urlaubsstörende Er- eignisse als Teil des persönlichen Lebensschicksals grundsätzlich in den Risikobe- reich des einzelnen Arbeitnehmers. Eine Analogie kommt nur in Betracht, wenn gene- rell und nicht nur ggfs. im konkreten Einzelfall eine COVID-19-Infektion zu Arbeitsun- fähigkeit führt. Dies ist nicht der Fall. Eine Erkrankung mit COVID-19 führt z.B. bei einem symptomlosen Verlauf nicht automatisch zu einer Arbeitsunfähigkeit. Es liegt damit bei einer COVID-19-Infektion keine generelle Sachlage vor, die eine entspre- chende Anwendung von § 9 BUrlG rechtfertigt.“

Anmerkung:

Der Arbeitnehmer, der sich bei Erkrankung an Corona auch tatsächlich krankschreiben lässt, ist hier besser dran. Für den Fall der Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit ist die Nachgewährung des Urlaubs vorgesehen.

Rechtsanwalt Andreas Martin- Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

Kündigung durch Arbeitgeber-die 10 häufigsten Irrtümer!

Gepostet am Aktualisiert am


Kündigung durch Arbeitgeber-die zehn häufigsten Irrtümer!
Kündigung und häufige Irrtümer

Gerade beim Thema Kündigung – egal, ob ordentlich oder außerordentlich – durch den Arbeitgeber gibt es diverse Irrtümer, die sich hartnäckig halten. Regelmäßig werde ich damit als Fachanwalt für Arbeitsrecht konfrontiert und möchte hier kurz diese Irrtümer klarstellen.

1. Irrtum: Während einer Erkrankung darf ich nicht gekündigt werden

Dies ist falsch. Der Arbeitgeber kann unproblematisch auch während einer Erkrankung des Arbeitnehmers, sogar wenn dieser im Krankenhaus ist, das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beenden. Die Krankheit selbst ist kein Grund dafür, dass die Kündigung unwirksam ist. Die Kündigung kann natürlich aus anderen Gründen unwirksam sein, aber nicht deshalb, da diese während einer Erkrankung erfolgt ist. Ansonsten könnte der Arbeitgeber einen dauerhaft erkrankten Arbeitnehmer niemals kündigen. Wichtig ist dabei, dass eine Kündigung nur bei verhaltensbedingten Gründen ein Verschulden voraussetzt. Natürlich kann der erkrankte Arbeitnehmer oder der aus betrieblichen Gründen gekündigte Arbeitnehmer nichts für die Kündigungen hat sich im Normalfall auch nicht zu Schulden kommen lassen. Ein Verschulden ist aber keine Voraussetzung für eine Kündigung, mit Ausnahme der verhaltensbedingten Kündigung.


2. Irrtum: Der Arbeitgeber darf nicht während des Urlaubs kündigen!

Auch dies ist falsch. Auch während des Urlaubs des Arbeitnehmers ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber möglich. Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, da sie während des Urlaubs ausgesprochen wurde. Aus anderen Gründen kann die Kündigung natürlich unwirksam sein. Nach deutschem Arbeitsrecht gibt es kein Kündigungsverbot während des Urlaubs.


3. Irrtum: Der Arbeitgeber hat keinen Kündigungsgrund in der Kündigung angegeben, deshalb ist diese unwirksam.

Hartnäckig hält sich auch das Gerücht, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist in der Kündigungserklärung den Kündigungsgrund anzugeben. Dies ist nicht so. Der Arbeitgeber muss überhaupt keinen Kündigungsgrund in der Kündigungserklärung angeben und es wäre taktisch auch falsch, wenn er dies machen würde. In nur ganz wenigen Ausnahmefällen, zum Beispiel bei der Kündigung eines Auszubildenden, muss der Grund angegeben werden. Dass der Arbeitgeber, zumindest dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, einen Kündigungsgrund braucht, ist eine andere Sache. Er muss ihn aber nicht in der Kündigung angeben. Bei der außerordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber aber dem Arbeitnehmer-aber nur auf dessen Nachfrage-den Kündigungsgrund mitteilen. Dies ergibt sich aus § 626 Abs. 2 BGB.


4. Irrtum: Nach der Probezeit besteht Kündigungsschutz!

Auch dies stimmt so nicht. Die Probezeit kann zum Beispiel drei Monate betragen und trotzdem besteht kein allgemeiner Kündigungsschutz für den Arbeitnehmer, da dieser unabhängig von der Probezeit erst nach sechs Monaten seit Beginn des Arbeitsverhältnisses eintritt. Die Probezeit hat nichts mit dem allgemeinen Kündigungsschutz zu tun, auch wenn diese manchmal mit diesem zusammenfällt, da die meisten Arbeitsverhältnisse eine sechsmonatige Probezeit haben und dann auch der Kündigungsschutz eintritt, wenn mehr als zehn Arbeitnehmer im Betrieb des Arbeitgebers in Vollzeit regelmäßig arbeiten. Von daher wird die Probezeit oft mit der Wartezeit verwechselt oder mit dieser gleichgesetzt. Die Wartezeit für das Kündigungsschutzgesetz tritt immer erst nach sechs Monaten ein. Die Probezeit kann kürzer sein. Die Probezeit ist nichts weiter als die Vereinbarung einer zweiwöchigen Kündigungsfrist, was innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich möglich ist.


5. Irrtum: Den Erhalt der Kündigung muss ich bestätigen!

Der Arbeitnehmer muss überhaupt nichts bestätigen. Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kündigung übergibt oder über einem Boten zustellen lässt und dann darum bittet, dass der Zugang der Kündigung bestätigt wird, so muss der Arbeitnehmer dem nicht nachkommen. Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers hier eine entsprechende Bestätigungserklärung abzugeben besteht nicht. Es wird dazu geraten, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber diesbezüglich gar nichts bestätigt. Letztendlich ist dies das Problem des Arbeitgebers nachzuweisen, wann die Kündigung zugegangen ist. Weshalb sollte der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber dabei helfen?


6. Irrtum: Wenn der Arbeitgeber das Kündigungsschutzverfahren verliert, muss er auch den Anwalt des Arbeitnehmers bezahlen!

Auch dies stimmt nicht. Im außergerichtlichen Bereich und im Arbeitsgerichtsverfahren in der ersten Instanz, also auch im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht, muss jede Seite den einen Anwalt bezahlen. Dies gilt unabhängig davon, ob man gewinnt oder verliert. Der Arbeitnehmer muss also vom Arbeitsgericht, auch im Kündigungsschutzverfahren, immer den eigenen Anwalt bezahlen, dies gilt selbst dann, wenn dieser das Arbeitsgericht Verfahren gegen den Arbeitgeber gewinnt. Andererseits muss er aber auch nie den Anwalt des Arbeitgebers vor dem Arbeitsgericht bezahlen. In der zweiten Instanz vor dem Landesarbeitsgericht ist dies wieder anders. Hier besteht eine Kostenerstattungspflicht.


7. Irrtum: Der Arbeitgeber braucht für eine Kündigung immer einen Grund!

Dies stimmt nicht. Im Kleinbetrieb und vor Ablauf der Wartezeit, also in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses, besteht kein allgemeiner Kündigungsschutz. Wenn dann kein Sonderkündigungsschutz besteht, wie zum Beispiel bei Schwangerschaft oder aus anderen Gründen, kann der Arbeitgeber ohne dafür einen Grund zu haben, das Arbeitsverhältnis einfach kündigen.


8. Irrtum: Während der Probezeit besteht kein Kündigungsschutz!

In den meisten Fällen besteht bei einer **Kündigung in der Probezeit** kein Kündigungsschutz. Das hat aber nichts mit der Probezeit an sich zu tun. Dies hängt aber einfach damit zusammen, dass die Probezeit meistens immer geringer als sechs Monate ist. Der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz setzt eine Wartezeit von wenigstens sechs Monaten voraus. Wenn aber die Probezeit zum Beispiel sieben Monate besteht, was nur selten möglich ist, da der Arbeitgeber die Probezeit nicht auf einen sehr langen Zeitraum erweitern kann, dann würde trotzdem schon Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz bestehen. Wichtig ist zu verstehen, dass die Probezeit einfach nur die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist, nämlich einer Frist von zwei Wochen taggenau, ist.


9. Irrtum: Wenn man eine Kündigung des Arbeitgebers erhält, macht es Sinn mit dem Arbeitgeber außergerichtlich zu verhandeln!

Nein dies macht meistens keinen Sinn. Man verschenkt nur wertvolle Zeit und muss immer daran denken, dass man nur drei Wochen Zeit hat um die Kündigungsschutzklage einzureichen. Wenn diese Frist abgelaufen ist, dann wird die Kündigung nach § 7 des Kündigungsschutzgesetzes wirksam und der Arbeitnehmer kann nicht mehr gegen diese Kündigung vorgehen. Bei außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen kommt es oft vor, dass der Arbeitnehmer meint, er werde sich mit dem Arbeitgeber schon einigen und er verzichtet auf die Erhebung der Klage. Dann hat er später kein Druckmittel mehr in der Hand und der Arbeitgeber lässt die Verhandlungen scheitern und zahlt gar nichts an Arbeitnehmer und bietet diesen auch nicht die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses an.


10. Irrtum: Bei der betriebsbedingten Kündigung habe ich einen Anspruch auf Abfindung!

Nein. In den meisten Fällen besteht kein Anspruch Abfindung, auch nicht bei einer betriebsbedingten Kündigung. Ein Abfindungsanspruch kann bestehen, wenn ein Sozialplan besteht, oder der Arbeitgeber nach § 1 a des Kündigungsschutzgesetzes eine betriebsbedingte Kündigung mit einem Abfindungsangebot ausspricht. Es gibt nur wenige Fälle, wonach der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Abfindung hat. Bei einer Kündigung des Arbeitgebers, egal ob verhaltensbedingte, Person bedingt oder betriebsbedingt, besteht in den meisten Fällen kein solcher Abfindungsanspruch. Um eine Abfindung zu erhalten, bleibt dem Arbeitnehmer nur die Möglichkeit Kündigungsschutzklage einzureichen um so Druck auf den Arbeitgeber auszuüben. Oft kommt es dann im Gütetermin zu einer Vereinbarung über die Zahlung eine Abfindung an den Arbeitnehmer.

Links zum Thema Kündigung

  1. Was ist der Unterschied zwischen Probezeit und Wartezeit?
  2. Muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den Erhalt der Kündigung bestätigen?
  3. Kostenfestsetzung im Arbeitsgerichtsverfahren der ersten Instanz?
  4. Mindestkündigungsschutz – Wenn nichts mehr geht!
  5. Abfindung im Arbeitsrecht
  6. betriebsbedingte Kündigung
  7. Kann man während einer Krankheit gekündigt werden?
  8. Kündigung während Corona-Quarantäne unzulässig!
  9. Änderungskündigung im Arbeitsrecht
  10. die Kündigungsschutzklage im Arbeitsrecht

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin – Andreas Martin

Urlaub 2020 – was muss der Arbeitgeber jetzt machen?

Gepostet am


Urlaub 2020 - was muss der Arbeitgeber jetzt tun?
Urlaub 2020

Das Wichtigste vorab:

Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers verfällt nicht mehr so einfach zum Jahresende oder zum 31.03. des Folgejahres (§ 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz). Der Arbeitgeber muss noch im Jahr 2020 tätig werden, ansonsten kann der Arbeitnehmer den Urlaub auch noch im nächsten Jahr – nach dem 31.03.2021 – noch in Anspruch nehmen (Ersatzurlaub).

Urlaub 2020 – Gewährung durch Arbeitgeber

Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende entgegen und viele Arbeitnehmer haben noch nicht den kompletten Jahresurlaub erhalten. Das Problem ist, dass der Jahresurlaub auch nicht mehr ohne weiteres zum Jahresende beziehungsweise zum 31. März des nächsten Jahres verfallen kann.

Dafür ist Voraussetzung, dass der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des EuGH und des Bundesarbeitsgericht bestimmte Handlungen vornimmt.

Welche dies hier sind, soll kurz aufgezeigt werden.

Entscheidung des Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 19. Februar 2019- 9 AZR 541/15 –

Dazu führt das Bundesarbeitsgericht aus:

Das Bundesurlaubsgesetz lässt eine richtlinienkonforme Auslegung von § 7 BUrlG zu. Danach trifft den Arbeitgeber die Initiativlast bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG. Grundsätzlich führt erst die Erfüllung der daraus abgeleiteten Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen, zur Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG.

Weiter führt das BAG dazu aus:

Auch durch § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG wird das Verfahren der Gewährung und Inanspruchnahme von Urlaub nicht abschließend bestimmt. Die zeitliche Festlegung des Urlaubs ist nach Maßgabe dieser Bestimmung dem Arbeitgeber vorbehalten. Er gewährt den Urlaub durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben, besteht grundsätzlich nicht.

Mitwirkungshandlungen des Arbeitgebers

Bei der Gewährung des Urlaubs treffen den Arbeitgeber nun bestimmte Mitwirkungshandlungen. Nur, wenn er diese vornimmt, dann verfällt der Urlaub zum Jahresende bzw. zum 31.03. des Folgejahres.

Das Bundesarbeitsgericht dazu:

Die unionsrechtlich gebotenen Mitwirkungshandlungen unterstützen den Sinn und Zweck der Befristungsregelung des § 7 Abs. 3 BUrlG. Die Vorschrift dient in erster Linie dem Gesundheitsschutz. Die Befristung des Urlaubsanspruchs ist ein vom deutschen Gesetzgeber gewähltes Mittel, um den Arbeitnehmer dazu anzuhalten, den Urlaubsanspruch grundsätzlich im Urlaubsjahr geltend zu machen. Dadurch soll erreicht werden, dass jeder Arbeitnehmer tatsächlich in einem einigermaßen regelmäßigen Rhythmus eine gewisse Zeit der Erholung und Entspannung erhält. 

Was muss der Arbeitgeber tun?

Was das Arbeitgeber nun genau tun muss, beschreibt das Bundesarbeitsgericht so:

Der Arbeitgeber muss konkret und in völliger Transparenz dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Er muss ihn – erforderlichenfalls förmlich – dazu auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfällt, wenn er ihn nicht nimmt (vgl. EuGH 6.November 2018 – C-684/16 – [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften] Rn. 45).

Handlungen des Arbeitgebers – Urlaub

Der Arbeitgeber müsste von daher Folgendes machen:

  1. Mitteilung der Anzahl der noch bestehende Urlaubstage
  2. Aufforderung an den Arbeitnehmer den Urlaub zu nehmen
  3. Aufklärung über die Rechtsfolgen (Verfall des Urlaubsanspruch)

Diese Mitteilung und Aufforderung muss der Arbeitgeber beweissicher durchführen. Von daher sollte dies am besten – obwohl diese keine Voraussetzung ist – schriftlich erfolgen. Dies sollte sich der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer quittieren lassen.

Dies alles muss vor dem Verfall des Urlaubs geschehen und so rechtzeitig , dass der Arbeitnehmer den Urlaub noch nehmen kann.

Zur Problematik des Verfalls von Urlaubsansprüchen bei Krankheit und Verjährung bitte klicken.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin

Wann verjähren Urlaubsansprüche?

Gepostet am Aktualisiert am


Wann verjährt der Urlaubsanspruch?
Urlaub und Verjährung

Die Frage nach der Verjährung von Urlaubsansprüchen spielt mittlerweile wieder eine größere Rolle. Normalerweise verjähren Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis in der Regelzeit innerhalb von drei Jahren ab ihrer Entstehung, wobei die Anspruchsverjährung am Ende des Jahres beginnt, also am 31. Dezember. Dies ist eine Besonderheit des deutschen Rechts.

Dazu regelt § 199 Abs. 1 BGB

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1. der Anspruch entstanden ist und
2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Verjährungsbeginn nach § 199 I BGB

regelmäßige Verjährungsfrist im Arbeitsrecht

Von daher wäre die Frage eigentlich ganz einfach zu beantworten, dass Urlaubsansprüche jeweils zum Jahresende drei Jahre nach Entstehung verjähren.

Beispiel: Der Urlaub für das Jahr 2020 entsteht im Jahr 2020 und damit beginnt die Verjährung am 31.12.2020. Die Verjährung endet damit am 31.12.23.

Rechtsprechung des EuGH und neue Rechtsprechung des BAG

Ganz so einfach ist die Frage aber nicht, da mittlerweile die deutsche Urlaubsrechtsprechung sehr stark vom europäischen Recht (EG-Urlaubsrichtlinie) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof beeinflusst wird. Der EuGH hatte ja vor einiger Zeit auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht zum Verfall von Urlaubsansprüchen auf den Kopf gestellt. Das Bundesarbeitsgericht hat diesbezüglich seine Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen geändert. Diese können nun nicht mehr so einfach zum Jahresende verfallen. Zusätzliche Voraussetzungen müssen dazu vorliegen.

Verjährung jetzt wieder aktuelles Problem

Der also in der Vergangenheit viel häufiger Urlaubsansprüche einfach zum Jahresende bzw. zum 31.03. des Folgejahres (so auch die gesetzliche Regelung im Bundesurlaubsgesetz) verfallen sind, hat sich die Fragen nach der Verjährung (die ja viel länger ist) kaum gestellt. Dies ist nun aufgrund der obigen neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht zum Verfall von Urlaubsansprüchen anders. Nun es ist sogar wahrscheinlich, dass Urlaubsansprüche für die vergangenen Jahre gar nicht verfallen sind, sondern nur durch die Verjährung „erlöschen“. Zu beachten ist aber, dass die Verjährung eine Einrede ist, die die Gegenseite (also der Arbeitgeber) im Prozess erheben muss!

Tod des Arbeitnehmers und Urlaub

Im Übrigen geht der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers auch nicht mit dessen Tod unter. Die Erben können hier einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben. Auch hier spielt die Verjährung eine Rolle.

aktuelle Entscheidung des BAG zur Verjährung des Urlaubsanspruchs

Das Bundesarbeitsgericht (Beschluss vom 29. September 2020 – 9 AZR 266/20 (A)- ) hat nun in seiner Pressemitteilung vom 29.09.2020 mit der Nr. 34/20 mitgeteilt, dass er die Frage der Verjährung von Urlaubsansprüchen zur weiteren Klärung dem EuGH vorlegt. Es stellt sich nämlich die grundsätzliche Frage, ob die bezahlte Urlaubsgewährung überhaupt der Verjährung unterliegt.

der Fall des Bundesarbeitsgerichts

Eine Arbeitnehmerin verlangte in einem Arbeitsgerichtsprozess die Abgeltung von insgesamt 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren verlangt. Im Laufe des Prozesses hat die Gegenseite die Einrede der Verjährung erhoben.

die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage, ob die Verjährung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub sich nach den §§ 194 ff. richtet und ob der Anspruch überhaupt der Verjährung unterliegt in Rahmen einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Es ist hier also vor allem die Frage zu beantworten, ob der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub überhaupt verjähren kann. Davon abhängig ist dann auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung.

Vorlage zum EuGH

Begründet hat das Bundesarbeitsgericht die Vorlage zum EuGH wie folgt:

Bei unionsrechtskonformer Auslegung dieser Vorschrift erlischt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann (vgl. dazu Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 9 vom 19. Februar 2019). Diese Obliegenheiten hat der Beklagte nicht erfüllt. 

Vor diesem Hintergrund hat der Senat den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung über die Frage ersucht, ob es mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang steht, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bereits nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen konnte, gemäß § 194 Abs. 1, § 195 BGB der Verjährung unterliegt.

Es bleibt nun abzuwarten, wie der Europäische Gerichtshof diese Frage beurteilt.

Informationen zur Berechnung der Urlaubsabgeltung finden Sie hier.

Fachanwalt für Arbeitsrecht Andreas Martin – Berlin

Kurzarbeit und Nebenbeschäftigung- was ist zu beachten?

Gepostet am Aktualisiert am


Kurzarbeit und Nebenbeschäftigung- was ist zu beachten?
Kurzarbeit

Das Wichtigste vorab:

Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld beziehen, dürfen einer Nebenbeschäftigung nachgehen. Diese Nebentätigkeit muss dann aber dem Arbeitgeber mitgeteilt werden.
Auch während der Kurzarbeit ist von daher eine Nebenbeschäftigung zulässig.

Zustimmung zur Nebentätigkeit?

Die Ausübung einer zweiten Arbeitstätigkeit – also einer Nebentätigkeit -neben der Hauptbeschäftigung ist grundsätzlich zulässig. Dies gilt aber nicht für jede Nebentätigkeit.

freie Berufsausübung

Denn der Arbeitnehmer hat nur die Pflicht, im Rahmen seiner Arbeitszeit die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Der Arbeitgeber darf die Tätigkeit des Arbeitnehmers außerhalb der Arbeitszeit nicht beschränken. Ein Verbot jeglicher Nebentätigkeit im Arbeitsvertrag ist unwirksam. Trotzdem kann der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag bestimmte Informationspflichten zu einer möglichen Nebentätigkeit vereinbaren und sogar bestimmte Nebentätigkeiten ausschließen, wenn dafür ein berechtigtes Interesse besteht. Auch ist nicht jede Nebentätigkeit erlaubt.

Anzeige der Nebentätigkeit

Gemäß § 3 Abs. 3 TVöD / § 3 Abs. 4 TV-Länder ist eine entgeltliche Nebentätigkeiten dem Arbeitgeber rechtzeitig vor der Aufnahme schriftlich anzuzeigen.

Eine Anzeigepflicht kann auch darüber hinaus im Arbeitsvertrag vereinbart werden.

Gibt es keine solche Verpflichtung im Arbeitsvertrag zur Anzeige eines Zweitjobs, dann braucht der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nicht über die Aufnahme einer Nebentätigkeit zu informieren.

Entscheidung des BAG zur Nebentätigkeit

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht (BAG vom 13. März 2003 – 6 AZR 585/01 – NZA 2003, 976) ist der Arbeitnehmer, während des laufenden Arbeitsverhältnisses wegen seines Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG auf freie Berufswahl, grundsätzlich berechtigt, Nebentätigkeiten auszuüben, solange dadurch bei verständiger Würdigung der im Zeitpunkt der Entscheidung erkennbaren Umstände und unter Berücksichtigung einer erfahrungsgemäß eintretenden Entwicklung eine Beeinträchtigung berechtigter betrieblicher Interessen mit ausreichender Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten ist.

Nicht jede Nebentätigkeit ist aber erlaubt. Bestimmte Grenzen sind zu beachten. So ist eine Konkurrenztätigkeit in der Regel nicht erlaubt.

Grenzen der Freiheit eines Zweitjobs

In der Regel bestehenden für die Nebentätigkeit folgende Grenzen:

Kündigung bei unzulässigen Nebenjob

Bei Ausübung einer unzulässigen Nebentätigkeit kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nach einer Abmahnung verhaltensbedingt mit ordentlicher Kündigungsfrist kündigen oder im Einzelfall sogar eine außerordentliche Kündigung aussprechen.

Anrechnung des Nebenverdienstes auf KUG

Bei der Frage der Anrechnung des Verdienstes aus der Nebentätigkeit auf das KUG ist zu unterscheiden:

Rechtslage bis 30.04.2020

Eine Anrechnung auf das Kurzarbeitergeld erfolgt, wie folgt: Das aus der Nebenbeschäftigung erziele Entgelt ist als sogenanntes „Istentgelt“ (tatsächlich erzieltes Entgelt) bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes zu berücksichtigen und dem erzielten Entgelt aus der Hauptbeschäftigung hinzuzurechnen.

Anzeigepflicht des Nebenverdienstes bei KUG-Bezug

Der Hauptarbeitgeber prüft, ob der Nebenverdienst auf das Kurzarbeitergeld angerechnet wird. Dazu muss der Arbeitnehmer, der Kurzarbeitergeld bezieht, dem Hauptarbeitgeber zeitnah eine Bescheinigung über den Nebenverdienst vorlegen.

Der Hauptarbeitgebers muss dann prüfen, ob eine Anrechnung auf das Kurzarbeitergeld erfolgen muss.

Zur berücksichtigen sind dabei folgende Löhne:

  • Entgelt aus der Hauptbeschäftigung
  • Entgelt aus dem Nebenjob
  • das Kurzarbeitergeld
  • ggfs. Aufstockungen des Arbeitgebers

Ausnahme von Anrechnung auf das KUG

In bestimmten systemrelevanten Berufen erfolgt keine Anrechnung von Nebenverdienst auf das KUG.

Dies sind:

  • die medizinischen Versorgung
  • die Lebensmittelversorgung von Kliniken, Krankenhäusern und
  • die Versorgung mit unmittelbar lebenserhaltenden Medizinprodukten,
  • die Versorgung mit rezeptpflichtigen Medikamenten,
  • die Labordiagnostik,
  • die Apotheken,
  • Transport von Lebensmitteln an Groß- und Einzelhandel durch Güterverkehr
  • der Lebensmittelhandel und die Lebensmittelherstellung,
  • die Landwirtschaft und
  • die Lieferdienste zur Verteilung von Lebensmitteln.

Rechtslage vom 01.04.2020 bis 31.12.2020

Mit dem 01.04.2020 ist die Beschränkung hinsichtlich der systemrelevanten Berufe durch das vom Bundesrat am 15.05.2020 beschlossene Sozialschutz-Paket II weggefallen. Danach dürfen alle Arbeitnehmer – egal aus welcher Branche – bis zum 31.12.2020 bis zur vollen Höhe ihres Monatsverdienstes hinzuverdienen.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin