Probezeit
BAG: Keine Anrechnung von Praktikum auf Probezeit beim Auszubildenden
Anders als beim Arbeitnehmer ist beim Auszubildenden gesetzlich geregelt, dass eine Probezeit zwingend am Anfang des Berufsausbildungsverhältnis stattfindet. Dies ist in § 20 Satz 1 BBiG geregelt.
Der Kläger / Azubi bewarb sich im Frühjahr 2013 bei der Beklagten um eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. Die Beklagte versprach ihm die Aufnahme der Ausbildung zum 1. August 2013, allerdings sollte zur Überbrückung bis zum Ausbildungsbeginn ein Praktikum stattfinden. Von schlossen die Parteien einen Vertrag über ein Praktikum mit einer Laufzeit bis zum 31. Juli 2013. Danach wurde der Berufsausbildungsvertrag geschlossen und am 1. August 2013 begann der Kläger die Ausbildung mit einer Probezeit von drei Monaten.
Allerdings kündigte die Beklagte bereits mit Schreiben vom 29. Oktober 2013das Berufsausbildungsverhältnis. Der Kläger / Azubi hielt die Kündigung für unwirksam und erhob Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht. Er meinte, dass Kündigung unwirksam sei, denn die Probezeit sei bereits abgelaufen gewesen und nach der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung eines Auszubildenden nicht mehr möglich. Zwar sei die Probezeit nicht abgelaufen, wenn man vom Beginn der Ausbildung rechnen würde, allerdings zählt hier – so die Auffassung des Azubi – der Zeitraum des Praktikums bei der Berechnung der Probezeit mit.
Weder das Arbeitsgericht, noch das Landesarbeitsgericht gaben dem Azubi Recht. Auch die Revsion vor dem BAG scheiterte.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 19. November 2015 – 6 AZR 844/14) führt dazu in seiner Pressemitteilung (Nr. 59/15) aus:
§ 20 Satz 1 BBiG ordnet zwingend an, dass das Berufsausbildungsverhältnis mit einer Probezeit beginnt. Beide Vertragspartner sollen damit ausreichend Gelegenheit haben, die für die Ausbildung im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Dies ist nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinen spezifischen Pflichten möglich. Die Dauer eines vorausgegangenen Praktikums ist deshalb nicht auf die Probezeit in einem folgenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen. Auf den Inhalt und die Zielsetzung des Praktikums kommt es nicht an.
…..
Dasselbe würde auch dann gelten, wenn es sich hierbei nicht um ein Praktikum, sondern um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hätte (vgl. BAG 16. Dezember 2004 – 6 AZR 127/04 -).
Anrechnung der Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz bei vorheriger Beschäftigung als Leiharbeiter
Wer sich als Arbeitnehmer gegen eine Kündigung des Arbeitgebers gerichtlich wehren möchte, muss Kündigungsschutzklage erheben. Erfolg oder Misserfolg des Kündigungsschutzverfahrens hängen häufig davon ab, ob Sonderkündigungsschutz oder der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greifen.
allgemeiner Kündigungsschutz
Das Kündigungsschutzgesetz findet nur dann Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis beim Arbeitgeber länger als sechs Monate ohne Unterbrechungen bestanden hat und dort regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer abzüglich der Auszubildenden in Vollzeit beschäftigt sind ( für Alt-Arbeitsverhältnisse gilt ein anderer Schwellenwert).
Dazu regelt § 1 KSchG
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
Wartezeit
Das Kündigungsschutzgesetz setzt also eine Wartezeit von mehr als sechs Monaten voraus. Dabei ist zu beachten, dass die Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz nichts mit der Probezeit zu tun hat. Auch wenn keine Probezeit vereinbart wurde, greift das Kündigungsschutzgesetz erst dann, wenn das Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechungen länger als sechs Monate in demselben Betrieb bestanden hat.
Leiharbeitsverhältnis
die Frage ist, wenn der Arbeitnehmer zuvor in den Betrieb als Leiharbeiter gearbeitet hat. Wird dann die Zeit der Leiharbeit der späteren Beschäftigungszeit hinzugerechnet?
keine Anrechnung von Zeiten als Leiharbeitnehmer
Das LAG R-P hat schon im Jahr 2008 und nun nochmals 2013 entschieden, dass Zeiten als Leiharbeitnehmer nicht der Wartezeit hinzugerechnet werden (so zuletzt Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.5.2013 – 6 Sa 552/12). Begründet wird dies damit, dass dies dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes entgegensteht, dort ist die Rede von einem Arbeitsverhältnis, das aber nicht zwischen dem Betrieb und dem Leiharbeitnehmer besteht, sondern allein zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher, sofern dieser die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzt. Die Wartezeit beginnt also erst mit dem Abschluss des Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber (dem Entleiher) und nicht vorher.
RA A. Martin
Anrechnung der Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz bei vorheriger Beschäftigung als Leiharbeiter
Wer sich als Arbeitnehmer gegen eine Kündigung des Arbeitgebers gerichtlich wehren möchte, muss Kündigungsschutzklage erheben. Erfolg oder Misserfolg des Kündigungsschutzverfahrens hängen häufig davon ab, ob Sonderkündigungsschutz oder der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greifen.
allgemeiner Kündigungsschutz
Das Kündigungsschutzgesetz findet nur dann Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis beim Arbeitgeber länger als sechs Monate ohne Unterbrechungen bestanden hat und dort regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer abzüglich der Auszubildenden in Vollzeit beschäftigt sind ( für Alt-Arbeitsverhältnisse gilt ein anderer Schwellenwert).
Dazu regelt § 1 KSchG
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
Wartezeit
Das Kündigungsschutzgesetz setzt also eine Wartezeit von mehr als sechs Monaten voraus. Dabei ist zu beachten, dass die Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz nichts mit der Probezeit zu tun hat. Auch wenn keine Probezeit vereinbart wurde, greift das Kündigungsschutzgesetz erst dann, wenn das Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechungen länger als sechs Monate in demselben Betrieb bestanden hat.
Leiharbeitsverhältnis
die Frage ist, wenn der Arbeitnehmer zuvor in den Betrieb als Leiharbeiter gearbeitet hat. Wird dann die Zeit der Leiharbeit der späteren Beschäftigungszeit hinzugerechnet?
keine Anrechnung von Zeiten als Leiharbeitnehmer
Das LAG R-P hat schon im Jahr 2008 und nun nochmals 2013 entschieden, dass Zeiten als Leiharbeitnehmer nicht der Wartezeit hinzugerechnet werden (so zuletzt Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.5.2013 – 6 Sa 552/12). Begründet wird dies damit, dass dies dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes entgegensteht, dort ist die Rede von einem Arbeitsverhältnis, das aber nicht zwischen dem Betrieb und dem Leiharbeitnehmer besteht, sondern allein zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher, sofern dieser die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzt. Die Wartezeit beginnt also erst mit dem Abschluss des Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber (dem Entleiher) und nicht vorher.
RA A. Martin
Kündigung in der Probezeit wegen HIV-Infektion zulässig?
Während der sechsmonatigen Probezeit kann der Arbeitgeber grundsätzlich das Arbeitsverhältnis ohne Gründe kündigen. Das Kündigungsschutzgesetz findet keine Anwendung. Dies gilt auch dann, wenn gar keine Probezeit vereinbart wurde, denn das Kündigungsschutzgesetz setzt für seine Anwendung voraus, dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen länger sechs Monate bestanden hat.
Mindestkündigungschutz
Während dieses Zeitraumes besteht nur ein so genannter Mindestkündigungsschutz. Der Arbeitgeber darf nicht völlig willkürlich kündigen, sondern nach dem Bundesverfassungsgericht muss ein sachlicher Grund für die Kündigung vorliegen. Es reicht aber hierbei aus, wenn der Arbeitgeber vorträgt, dass sich kein Vertrauensverhältnis habe aufbauen können. In der Praxis ist zu beobachten, dass der Mindestkündigungsschutz von den Arbeitsgerichten sehr restriktiv angewendet wird.
sittenwidrige und treuwidrige Kündigungen
Während der Wartezeit / Probezeit bis zum Eintritt des Kündigungsschutzgesetzes ist eine Probezeitkündigung aber trotzdem nach § 242 BGB bzw. § 138 BGB unwirksam, wenn diese sittenwidrig bzw. treuwidrig ist. Diese Fallgruppen hat die Rechtsprechung hier im Rahmen des Mindestkündigungsschutzes entwickelt. Wie bereits ausgeführt wurde, sind die Anforderungen für eine solche Unwirksamkeit im Rahmen des Mindestkündigungsschutzes recht hoch.
Kündigung und Benachteiligung / Diskriminierung nach dem AGG
Wenn die Kündigung zusammen mit einer Diskriminierung fällt, dann kann dies für den Arbeitgeber stark nachteilig sein. Zum einen kann die Kündigung schon deshalb unwirksam sein und zum anderen droht dem Arbeitgeber eine Verpflichtung zu Entschädigungszahlung nach § 15 AGG. Man muss aber darauf hinweisen, dass nicht jede Benachteiligung automatisch die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge hat oder einen Entschädigungsanspruch nach dem AGG auslöst. Der Arbeitgeber kann auch für diese Ungleichbehandlung einen sachlichen Grund / eine Rechtfertigung haben.
HIV – Infektion und Wartzeitkündigung
Gerade Kündigung im Zusammenhang mit HIV-Infektionen sind rechtlich problematisch. Die HIV-Infektion ist nämlich – nach der jüngsten Entscheidung des BAG – eine Behinderung nach dem allgemeinen Gleichbehandlunggesetz und von daher stellt eine Benachteiligung des Infizierten ohne Rechtfertigung eine Diskriminierung dar, die einen Entschädigungsanspruch auslöst. Darüber hinaus spricht viel dafür, dass eine solche Kündigung auch sittenwidrig ist.
BAG – Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 19. Dezember 2013 – 6 AZR 190/12 –) hatte sich hiermit eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg zu beschäftigen gegen die Revision eingelegt wurde.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt (siehe Pressemitteilung) zu Grunde:
Der an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankte Kläger wurde von der Beklagten, die intravenös verabreichte Arzneimittel zur Krebsbehandlung herstellt, im Jahr 2010 als Chemisch-Technischer Assistent für eine Tätigkeit im sog. Reinraum eingestellt. Anlässlich seiner Einstellungsuntersuchung wenige Tage nach Beginn des Arbeitsverhältnisses wies der Kläger den Betriebsarzt auf seine Infektion hin. Der Arzt äußerte Bedenken gegen einen Einsatz des Klägers im Reinraumbereich und teilte der Beklagten nach Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht die HIV-Infektion des Klägers mit. Noch am selben Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich. Wegen seiner ansteckenden Krankheit könne sie den Kläger nach ihrem internen Regelwerk nicht einsetzen. Der Kläger hat geltend gemacht, er sei behindert. Die Kündigung sei unwirksam, weil sie ihn wegen seiner Behinderung diskriminiere. Er hat außerdem eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG von drei Monatsgehältern wegen seines immateriellen Schadens verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Das Bundesarbeitsgericht führt hier in seiner Pressemitteilung zunächst aus, dass die HIV-Infektion eine Behinderung nach dem AGG ist:
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) untersagt Diskriminierungen ua. wegen einer Behinderung. Eine Behinderung liegt vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch – in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfaktoren (Barrieren) – seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, beeinträchtigt sein kann. Ein Arbeitnehmer, der an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankt ist, ist in diesem Sinn behindert.
Die Vorinstanz, nämlich das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, hielt die Kündigung für wirksam. Das Bundesarbeitsgericht hob das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg auf und verwies den Rechtsstreit zu weiteren Sachaufklärung an das LAG zurück. Das Bundesarbeitsgericht stellte allerdings klar, dass nach seiner Auffassung die Kündigung-auch in der Probezeit-unwirksam sein dürfte wegen der HIV-Infektion des Arbeitnehmers, wenn es dem Arbeitgeber möglich wäre den Arbeitnehmer – mit angemessenen Vorkehrungen – hier trotz der Infektion zu beschäftigen. Dies bestritten mich der Arbeitgeber gerichtlich und meinte, dass allein schon aufgrund der Infektion eine Beschäftigung nicht möglich sei (Tätigkeit im Labor).
Das Bundesarbeitsgericht führt dazu aus:
Auf die Revision des Klägers hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Die Kündigung benachteiligt den Kläger unmittelbar iSd. § 3 Abs. 1 AGG, weil sie in untrennbarem Zusammenhang mit seiner Behinderung steht. Ob die Kündigung gleichwohl gerechtfertigt ist, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht muss noch aufklären, ob die Beklagte durch angemessene Vorkehrungen den Einsatz des Klägers im Reinraum hätte ermöglichen können. Ist das nicht der Fall, ist die Kündigung wirksam. Ob dem Kläger eine Entschädigung zusteht, hängt davon ab, ob die Kündigung wirksam ist.
Es handelt sich hier um eine bemerkenswerte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass Kündigungen im „Mindestkündigungsschutzzeitraum“ recht großzügig vor den Arbeitsgerichten bisher behandelt wurden. Doch hinaus hat das BAG – dies hatte das alles Arbeitsrecht Berlin-Brandenburg ausdrücklich offen gelassen-klargestellt, dass die HIV-Infektion eine Behinderung nach dem AGG ist.
Vor einem Jahr hatte ich über das Urteil des LG Berlin Brandenburg berichtet und bin damals davon ausgegangen, dass das Urteil Bestand haben würde. Damit war ich sicherlich nicht der Einzige, denn das LAG Berlin-Brandenburg dachte dies wohl auch.
So kann man sich irren.
RA A. Martin
BAG: Kündigung bei Schwangerschaft = Diskriminierung?
Kündigt der Arbeitgeber gegenüber einer Schwangeren (hier in der Probezeit) in Unkenntnis der Schwangerschaft soll stellt die Kündigung selbst keine Diskriminierung der Schwangeren aufgrund ihres Geschlechts dar. Dies ist nachvollziehbar, denn der Arbeitgeber wusste ja von der Schwangerschaft nichts.
Nichts anderes gilt nach dem Bundesarbeitsgericht, wenn die Schwangere dem Arbeitgeber nach der Kündigung die Schwangerschaft angezeigt und diesen unter Fristsetzung aufgefordert zu erklären, dass er „nicht mehr an der Kündigung festhalte“ und der Arbeitgeber daraufhin nicht sofort reagiert.
Die schwangere Arbeitnehmerin wollte darin (in der fehlenden Erklärung) eine Diskriminierung durch den Arbeitgeber aufgrund ihres Geschlechtes sehen und verlangte Entschädigung.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 17. Oktober 2013 – 8 AZR 742/13) sah hier keinen Entschädigungsanspruch mangels Diskriminierung und führt dazu in seiner Pressemitteilung aus:
Wie schon in den Vorinstanzen blieb die Klage auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern wegen Benachteiligung aufgrund des Geschlechts vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Die Kündigung konnte schon deswegen keine Benachteiligung der Klägerin aufgrund ihres weiblichen Geschlechts sein, weil die Arbeitgeberin bei der Erklärung der Kündigung keine Information über die Schwangerschaft der Klägerin hatte. Die verlangte Rücknahme der Kündigung war rechtstechnisch nicht möglich, über die Notwendigkeit einer einvernehmlichen Verständigung der Parteien zeigte sich die Klägerin nicht hinreichend informiert. Ein Streit darüber, ob die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 11 MuSchG auf Zahlung von Mutterschutzlohn vorliegen, ist für sich genommen nicht schon deswegen eine Diskriminierung, weil nur Frauen diesen besonderen Anspruch geltend machen können.
Anwalt A. Martin
Welche Behörde ist in Berlin für die Zustimmung/Genehmigung einer Kündigung gegenüber einer Schwangeren (Kündigung während der Schwangerschaft) zuständig?
Ich hatte bereits mehrfach über das gesetzliche Kündigungsverbot von Kündigungen während der Schwangerschaft gegenüber einer Schwangeren, zum Beispiel während der Probezeit und auch aus verhaltensbedingten Gründen, berichtet.
Kündigung gegenüber einer Schwangeren trotz Kündigungsverbot möglich?
§ 9 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes normiert ein gesetzliches Kündigungsverbot gegenüber einer Schwangeren mit Erlaubnisvorbehalt. Kündigung gegenüber einer Schwangeren sind grundsätzlich verbotswidrig, allerdings besteht die Möglichkeit für den Arbeitgeber, wenn zum Beispiel Kündigungsgründe vorliegen, die nichts mit der Schwangerschaft zu tun haben und die schwerwiegend sind, eine so genannte Zustimmungserklärung einzuholen, also die Zustimmung von der zuständigen Landesbehörde zur Kündigung. Es wird häufig auch fälschlicherweise von einer Genehmigung gesprochen, dies ist deshalb nicht richtig, der eine Genehmigung grundsätzlich nachträglich erteilt wird. Dies ist hier nicht möglich, da die Zustimmungserklärung zur Kündigung vor bzw. bei Ausspruch der Kündigung vorliegen muss.
Kündigung mit Zustimmung der zuständigen Landesbehörde gegenüber der Schwangeren möglich!
Wenn also der Arbeitgeber eine Kündigung gegenüber einer nach § 9 Abs. 1 Mutterschutzgesetz geschützten Person wirksam aussprechen möchte, muss er zuvor die so genannte Zustimmungserklärung von der zuständigen Landesbehörde einholen.
Welche Behörde gibt die Zustimmungserklärung im Land Berlin ab (Arbeitgebersitz in Berlin)?
In Berlin ist diese Behörde:
das Landesamt für Arbeitsschutz,
Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin – LAGetSi –
Turmstr. 21
10559 Berlin
Wo bekommt man in Berlin den Vordruck / das Muster für den Antrag zu Zustimmung zur Kündigung einer Schwangeren?
Hier oben bereits ausgeführt wurde, ist der Antrag beim Landesamt für Arbeitsschutz in Berlin zu stellen. Das entsprechende Formular für die Antragstellung kann man hier (auf der Seite des Landesamtes) bekommen.
Bitte beachten: Hohe Anforderungen an die Kündigungsgründe!
Wie bereits ausgeführt habe, sind die Anforderung an eine solche Zustimmung recht hoch. Es müssen erhebliche Gründe vorliegen und es muss dem Arbeitgeber dauerhaft unzumutbar sein die schwangere Arbeitnehmerin weiterzubeschäftigen.
Kündigungsausspruch erst nach Vorliegen der Zustimmungserklärung
Erteilt die Behörde dann doch ausnahmsweise eine solche Zustimmung, zum Beispiel bei sehr schweren Verstößen und Verletzungen des Vertrauens, wie zum Beispiel Diebstahl oder andere Straftaten gegenüber dem Arbeitgeber ist dies denkbar, dann kann der Arbeitgeber grundsätzlich die Kündigung aussprechen, sofern die Erklärung vorliegt.
schriftliche Kündigung unter Angabe der Kündigungsgründe
Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und der Arbeitgeber muss in der Kündigung den Kündigungsgrund/die Kündigungsgründe angeben. Dies ist zwingend erforderlich.
Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Berlin durch die Schwangere nach der Kündigung möglich
Selbstständig kann sich die Arbeitnehmerin gegen diese Kündigung auch wehren mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Berlin und das Arbeitsgericht Berlin überprüft dann, ob die Kündigung wirksam ist oder nicht. Keinesfalls ist es so, dass durch die Zustimmung der Landesbehörde hier schon die Wirksamkeit der Kündigung feststeht. Es ist ja durchaus möglich, dass der Arbeitgeber zum Beispiel das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit in Berlin nicht ausreichend/oder vollständig oder nicht wahrheitsgemäß informiert hat oder dass das Arbeitsgericht Berlin bzw. der dort zuständige Richter der Meinung ist, dass sie Gründe für eine Kündigung nicht ausreichend sind.
Kündigung vom Rechtsanwalt überprüfen lassen
Dem Arbeitgeber es grundsätzlich zu raten nicht selbst hier tätig zu werden und die Zustimmungserklärung einzuholen und die Kündigung auszusprechen, sondern sich zumindest anwaltlich beraten zu lassen und am besten durch einen auf das Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt bzw. Fachanwalt für Arbeitsrecht vertreten zu lassen, da die formellen und inhaltlichen Anforderungen an eine Kündigung gegenüber einer Schwangeren sehr hoch sind.
RA A. Martin
Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz auch bei vorheriger Berufsausbildung erfüllt?
Die Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz – § 1 Abs. 1 – beträgt 6 Monate und hat mit der Probezeit nichts zu tun. Es spielt keine Rolle, ob eine Probezeit vereinbart wurde oder nicht oder auch wie lange diese ist; auf die Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz hat dies keinen Einfluss.
Kündigungsschutzgesetz und Kündigungsschutz
Ob die Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz erfüllt ist oder nicht, hat in der Praxis erhebliche Auswirkung. Der Arbeitnehmer, der sie auf das Kündigungsschutzgesetz berufen kann, hat im Kündigungsschutzverfahren erheblich bessere Chancen den Prozess Zugewinn. Der Arbeitgeber braucht nämlich einer Kündigung unter Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes immer einen Kündigungsgrund. Er kann nur betriebsbedingt, personenbedingt oder verhaltensbedingt das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beenden.
außerhalb des allgemeinen Kündigungsschutzes nur Mindestkündigungsschutz
Wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, da zum Beispiel ein Kleinbetrieb vorliegt oder die Wartezeit nicht erfüllt ist, besteht die Problematik darin, dass der Arbeitgeber grundlos und anlasslos das Arbeitsverhältnis kündigen kann. Es gilt hier nur Mindestkündigungsschutz und dieser Schutz ist auf extreme Ausnahmefälle, nämlich auf sittenwidrige oder treuwidrige Kündigungen beschränkt. Der Arbeitnehmer musst darüberhinaus die Voraussetzung einer solchen nichtigen Kündigung darlegen.
6 Monate – Wartezeit
Eine Voraussetzung des Kündigungsschutzgesetzes ist das ununterbrochene Bestehen eines Arbeitsverhältnisses für wenigstens 6 Monate. Sofern davor ein Ausbildungsverhältnis beim Arbeitgeber bestanden hat, stellt sich die Frage, ob dies ebenfalls für die Berechnung der Wartezeit heranzuziehen ist. In diesem Fall wäre die Wartezeit meistens erfüllt. Das Ausbildungsverhältnis ist aber keine Arbeitsverhältnis, was dagegen sprechen würde.
Rechtsprechung: Ausbildungszeit wird auf Wartezeit angerechnet
Die Rechtsprechung (BAG – Entscheidung vom 18.11.1999 – 2 AZR 89/99) hält aber hier eine Anrechnung der Ausbildungszeit auf die Wartezeit für zulässig. Dies wird damit begründet das nach § 10 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes das Ausbildungsverhältnis einem Arbeitsverhältnis in diesem Sinne gleich steht.
Anwalt A. Martin – Arbeitsrecht Berlin
betriebsbedingte Kündigung – welche Kündigungsfrist gilt?

Die ordentliche und fristgerechte betriebsbedingte Kündigung ist die häufigste Kündigung, die Arbeitgeber aussprechen. Daneben besteht nach dem KSchG ( Kündigungsschutzgesetz) noch die Möglichkeit der verhaltensbedingten oder der personenbedingten Kündigung. Bei der ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber mittels der Kündigung sind die Kündigungsfristen zwingend zu beachten.
Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
Die betriebsbedingte Kündigung ist eine der drei in § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG genannten Kündigungsmöglichkeiten des Arbeitgeber, neben der verhaltensbedingten und personenbedingten Kündigung. Bei der Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ist das Kündigungsschutzgesetz (allgemeiner Kündigungsschutz) zu beachten ist, so dass für eine wirksame Beendigung durch den Arbeitgeber mittels Kündigungserklärung diese sozial gerechtfertigt ein muss. Bei einer betriebsbedingten Kündigung erfolgt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht aus Gründen, die in der Sphäre des Arbeitnehmers oder aufgrund dessen Verschulden, sondern aufgrund eines dauerhaften betrieblichen Überhangs an Arbeitskräften.
betriebsbedingte Kündigung oft unwirksam
Eine Vielzahl betriebsbedingter Kündigungen sind unwirksam, sofern das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Findet dieses keine Anwendung und liegt auch kein besonderer Kündigungsschutz vor, dann braucht der Arbeitgeber keinen Grund für die Kündigung und kann „einfach so“ kündigen. Eine solche Kündigung z.B. im Kleinbetrieb oder in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses wird nur „sehr grob“ auf Treuwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit überprüft.
Corona und betriebsbedingte Kündigung
Update 5.4.2020:
Aufgrund der derzeitigen Corona-Epidemie ist mit zunehmenden betriebsbedingten Kündigungen zu rechnen. Derzeit haben viele Arbeitgeber Kurzarbeit wegen der starken Ausbreitung des Corona-Virus (COVID-19) angeordnet, bei längerer Dauer Quarantäne werden aber immer mehr betriebsbedingte Kündigung durch Arbeitgeber ausgesprochen werden. Die nachfolgenden Ausführungen gelten auch für die Corona-Kündigung!
Update 6.3.2021:
Die Lage könnte sich in Bezug auf Sars Cov 2 (Covid 19) etwas entspannen. Andererseits wird wahrscheinlich die große „Corona-Kündigungswelle“ wohl erst am Ende des harten Lockdowns im Anfang April / bzw. im Mai 2021 kommen. Bis dahin gibt es bei vielen Betrieben immer noch Kurzarbeit.
Update 27.08.2022:
Es gibt immer noch Kündigungswellen, allerdings kommt neben einer Erholung der Arbeitswelt von Corona derzeit wieder erschwerend die Auswirkungen der Ukrainekrieges hinzu. Arbeitgeber suchen in vielen Branchen Arbeitnehmer. Trotzdem gibt es im Raum Berlin-Brandenburg immer noch betriebsbedingte Kündigungen.
Eine Information vorab:
Es gibt keine besondere Frist für die betriebsbedingte Kündigung. Der Grund der Kündigung hat bei der ordentlichen Kündigung in der Regel keinen Einfluss auf die Kündigungsfrist! Für die betriebsbedingte Kündigung ist von daher die Frist genauso lang, wie bei einer ordentlichen personenbedingten oder verhaltensbedingten Kündigung.
Prüfung der betriebsbedingten Kündigung
Der Arbeitgeber muss nachweisen:
- Vorliegen eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes
- liegt eine unternehmerische Entscheidung vor/ welcher Inhalt?
- liegen die Ursachen für die unternehmerische Entscheidung vor?
- bedingt die unternehmerische Entscheidung die Verringerung des Personalbedarfes?
- fällt der Arbeitsplatz spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist weg?
- ist das betriebliche Erfordernis auch dringend?
- kann der Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitsplatz im Betrieb beschäftigt werden?
- hat der Arbeitgeber die Sozialauswahl beachtet?
Kündigungsfrist bei betriebsbedingter Kündigung
Kündigt der Arbeitgeber betriebsbedingt, dann stellt sich für den Arbeitnehmer die Frage, welche Kündigungsfrist einzuhalten ist. Grundsätzlich kann man sagen, dass es für die betriebsbedingte Kündigung keine Sonderregelungen in Bezug auf die Kündigungsfrist (abgesehen von wenigen Ausnahmen: z.B. Kündigung durch Insolvenzverwalter) gibt. Hier gilt für den Arbeitgeber die gleiche Kündigungsfrist, die er auch bei einer ordentlichen personenbedingten oder verhaltensbedingten Kündigung zu beachten hätte.
Grundsatz: die gesetzliche Regelung des § 622 BGB
Die gesetzliche Grundregel für die (betriebsbedingte) Kündigung durch den Arbeitgeber befindet sich in § 622 BGB. Dort ist normiert mit welcher Kündigungsfrist der Arbeitgeber kündigen kann.
§ 622 BGB lautet:
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.
(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,
1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.
(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.
Probezeit:
Innerhalb der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber und für den Arbeitnehmer 2 Wochen. Die Frist muss nicht zum 15. oder zum Monatsende enden. Die Probezeit ist in der Regel 6 Monate, kann aber auch im Arbeitsvertrag kürzer vereinbart werden.
Nach Probezeit bis noch nicht 2 Jahren
Im Zeitraum nach Ablauf der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende, sofern der Arbeitnehmer noch nicht 2 Jahre oder länger beim Arbeitgeber beschäftigt ist.
Beschäftigungsdauer 2 Jahre und länger
Jetzt gilt die Staffelung nach § 622 Abs. 2 BGB, abhängig von der Beschäftigungsdauer. Diese Regelungen gelten nur für die Kündigung durch den Arbeitgeber nicht für die Kündigung des Arbeitnehmers. Für die Kündigung durch den Arbeitnehmer gelten andere Kündigungsfristen, nämlich es gilt der Abs. 1 des § 622 BGB.
Regelung, dass Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers vor Vollendung des 25. Lebensjahres nicht angerechnet werden
Die Regelung, wonach bestimmte Beschäftigungszeiten abhängig vom Alter (bis zum 25. Lebensjahr) nicht angerechnet werden, ist europarechtswidrig und damit nicht anzuwenden. Der Gesetzgeber hat es bis heute nicht geschafft, dies zu streichen!
Kündigungsfrist abhängig von der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers
Die Kündigungsfrist ist abhängig von der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers. Von daher stellt sich manchmal die Frage, was ist eigentlich die Beschäftigungsdauer im Betrieb? Maßgeblich ist der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses im Betrieb oder Unternehmen. Tatsächliche Unterbrechungen, z.B. aufgrund der Krankheit des Arbeitnehmers sind grundsätzlich unerheblich. Bei rechtlichen Unterbrechungen ist dies allerdings etwas komplizierter, z.B. bei einer Kündigung und der alsbaldigen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mittels neuen Arbeitsvertrag. Dies gilt als eine Beschäftigungszeit, wenn zwischen dem alten und neuen Arbeitsverhältnis ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht.
Beispiel: Der A arbeitet beim B als Bürokraft. Der B kündigt dem A zum 31.03.2021 und schließt dann am 15.04.2021 einen neuen Arbeitsvertrag wieder mit dem A ab, wobei A die gleiche oder ähnliche Arbeit, wie zuvor (so auch der Arbeitsvertrag) ausführt (Bürokraft).
Hier bestünde der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang. Die Rechtsprechung lässt aber nur kurze rechtliche Unterbrechungen zu. Man kann in der Regel sagen, dass Unterbrechungen bis zu 3 Wochen noch unschädlich sind; darüber hinaus wird man in der Regel vom Fehlen eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen den alten und dem neuen Arbeitsverhältnis ausgehen müssen (wohl Ausnahme: Lehrer bis zu 6 Wochen oder Winterpause im Baugewerbe).
Betriebszugehörigkeit – Zeitpunkt Zugang der Kündigung oder Beendigung des Arbeitsverhältnis (Ende der Kündigungsfrist)?
Bei der Frage, wann nun die Betriebszugehörigkeit endet, wird von der Rechtsprechung nicht auf das Ende der Kündigungsfrist abgestellt, sondern auf den Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung.
Beispiel: Der A kündigt dem B mit einer Frist von 1 Monat zum 30.04.2012. Die Kündigung wird dem B von A am 15.03.2012 übergeben.Der B ist beim A seit dem 20.04.2007 beschäftigt. Es gibt hier keine Abweichungen von den gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB. Der B meint nun, dass doch seine Kündigungsfrist 2 Monate betragen müsste, denn zum Kündigungsende wäre er wenigstens 5 Jahre beschäftigt (also zum 30.04.2012).
Die Auffassung des B ist falsch, da er zum Zeitpunk des Zuganges der Kündigung (also am 15.03.2012) noch keine vollen 5 Jahre beschäftigt war. Auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung (30.04.2012) wird nicht abgestellt.
Ausbildungszeit – gleich Beschäftigungszeit?
Nach der Rechtsprechung des BAG (Entscheidung vom 30.09.2010 – 2 AZR 456/09) gilt auch die Zeit als Azubi im Betrieb (Berufsausbildungszeit) als Beschäftigungszeit.
Welche Zeiten gelten nicht als Beschäftigungszeiten?
Folgende Zeiten gelten nicht als Beschäftigungszeit:
- Praktikumszeiten
- Zeit der Beschäftigung als freier Mitarbeiter
- bei beiden wird vorausgesetzt, dass rechtlich auch ein Praktikum und ein freies Dienstverhältnis vorliegt
Wie lang ist die Kündigungsfrist nach 8 Jahren Betriebszugehörigkeit?
Nach 8 Jahren der Betriebszugehörigkeit – unter der Voraussetzung, dass hier die gesetzlichen Fristen für die Kündigung gelten – beträgt die Kündigungsfrist beträgt die Kündigungsfrist für die ordentliche Arbeitgeberkündigung 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Wie lang ist die Kündigungsfrist nach 25 Jahren Betriebszugehörigkeit?
Sofern hier die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten, dann gilt eine Frist für die Kündigung bei 25-jähriger Betriebszugehörigkeit von 7 Monaten zum Monatsende. Die Frist verlängert sich nach 20 Jahren der Unternehmenszugehörigkeit nicht mehr.
Welche Kündigungsfrist gilt bei 40 Jahren Betriebszugehörigkeit?
Hier gilt das gleiche, wie zuvor. Falls hier die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB gelten, dann gilt eine Frist für die Kündigung bei 40-jähriger Betriebszugehörigkeit von 7 Monaten zum Monatsende. Die Frist verlängert sich nach 20 Jahren der Unternehmenszugehörigkeit nicht mehr.
Ausnahmen von der gesetzlichen Regelung des § 622 BGB
Es gibt einige wenige gesetzliche Sonderregelungen, die von § 622 BGB abweichen:
Zum Beispiel gibt es im Gesetz folgende Ausnahmen von den Kündigungsfristen des § 622 BGB
- im Berufsausbildungsverhältnis – keine Kündigungsfrist in der Probezeit, § 22 BBiG
- Kündigung eines Arbeitnehmers zum Ende der Elternzeit – Frist 3 Monate, § 19 BEEG
- Heimarbeiter, § 29 HAG
- Besatzungsmitglieder eines Schiffes nach dem SeemG
andere Kündigungsfrist in Tarifverträgen
Wenn auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung findet, dann findest man häufig in diesen Tarifverträgen abweichende Regelungen über die anzuwendenden Kündigungsfristen. Grundsätzlich findet dann die Frist aus dem Tarifvertrag Anwendung. Der Arbeitgeber muss bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses auf einen anwendbaren Tarifvertrag hinweisen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Nachweisgesetz). Im Übrigen sieht der BRTV-Bau eine Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer von 6 bzw. 12 Tagen vor (§ 12 BRTV-Bau).
andere Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag
Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn im Arbeitsvertrag (Tarifverträgen – siehe oben) eine andere Kündigungsfrist vereinbart wurde. Zulässig wäre es, wenn der Arbeitgeber für sich und den Arbeitnehmer andere – längere Kündigungsfristen – vereinbart. So kann zum Beispiel im Arbeitsvertrag geregelt sein, dass das Arbeitsverhältnis nach der Probezeit für beide Seiten ordentlich mit einer Frist von 6 Monaten beendet werden kann. Nicht möglich ist, wenn der Arbeitgeber z.B. für sich eine Kündigungsfrist von 1 Monat und für den Arbeitnehmer eine längere Frist vereinbart. In Kleinbetrieben kann maximal eine Verkürzung der Kündigungsfrist auf 4 Wochen vereinbart werden.
Überprüfung der Kündigungsfristen durch Kündigungsschutzklage
In vielen Fällen wird also bei der betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber die gesetzliche Kündigungsfrist, die abhängig von der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers ist, gelten. Die Vorschrift ist etwas unübersichtlich, aber zu verstehen. Der Teufel liegt häufig im Detail. Hält der Arbeitgeber die Kündigungsfrist nicht ein, sollte der Arbeitnehmer rechtzeitig (3 Wochen ab Zugang) Kündigungsschutzklage erheben. Es sind zwar Fälle denkbar, bei denen der Arbeitnehmer dies auch noch später rügen kann (Kündigungserklärung ohne konkretes Beendigungsdatum); ohne Rechtsanwalt kann der Arbeitnehmer dies ohnehin nicht sicher einschätzen.
Interesse Beiträge zum Thema Kündigungsfrist und betriebsbedingte Kündigung
Nachfolgend finden Sie einige Interessante Beiträge zum Thema Kündigungsfrist und betriebsbedingte Kündigung.
- BAG: Kündigungsfrist von 3 Jahren kann unwirksam sein
- BAG: kurze Kündigungsfrist in der Probezeit nur eindeutiger Klausel
- LAG Berlin-Brandenburg: Kündigung in der Probezeit mit Frist von einem Tag kann zulässig sein
- Können arbeitsvertragliche Fristen durch einen Tarifvertrag verlängert oder verkürzt werden?
- BAG: Hilfsweise ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin bestimmt genug!
- LAG MV: Kündigung in der Probezeit – Fristablauf, wenn letzter Tag ein Sonntag ist
- Was bedeutet Kündigung mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende?
- Kann ich als Arbeitnehmer während der Probezeit selbst fristlos kündigen?
- Kündigung während der Probezeit – was ist zu beachten?
- Bei betriebsbedingte Kündigung – kein freier Arbeitsplatz – was heißt dies?
- BAG: betriebsbedingte Kündigung – Arbeitgeber muss nicht Arbeitsplatz im Ausland anbieten
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin