Schriftform

Darf ein Arbeitszeugnis gelocht/gefaltet werden?

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Darf ein Arbeitszeugnis gelocht/gefaltet werden?
Arbeitszeugnis – Form

Form des Arbeitszeugnisses – äußere Form

Gerade beim Arbeitszeugnis streiten sich die Geister. Von Arbeitnehmerseite wird sehr oft vermutet, dass der Arbeitgeber einen sogenannten Geheimcode verwendet und ein nach außen gutes Zeugnis in Wirklichkeit unbrauchbar und negativ ist. Oft sind diese Vermutungen nicht berechtigt, allerdings gibt es auch Arbeitgeber, die gezielt nach zweideutigen Aussagen im Internet suchen (Geheimcode der Arbeitgeber) und diese dann im Zeugnis verwenden, um den Arbeitnehmer zu schaden.

äußere Form eines Zeugnisses

Unabhängig davon stellt sich aber die Frage, wie die äußere Form des Arbeitszeugnis aussehen muss.

Muss das Zeugnis schriftlich erfolgen?

Das Arbeitszeugnis hat grundsätzlich schriftlich zu erfolgen. Die Schriftform ist zwingend notwendig und die Textform ist unzulässig.

Wann ist das Arbeitszeugnis zu erteilen?

Das Zeugnis ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zu erteilen. Erteilt der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis nicht, dann kann er sich schadenersatzpflichtig machen.

Muss das Arbeitsverhältnis unterschrieben werden?

Das Arbeitszeugnis ist selbstverständlich zu unterzeichnen, in der Regel vom Geschäftsführer.

Gibt es Rechtsprechung zur Frage, wie die Unterschrift aussehen muss?

Auch zu der Frage, wie eine Unterschrift beim Arbeitszeugnis auszusehen hat, gibt es bereits mehrere Entscheidungen. Wenn der Arbeitgeber die Unterschrift verändert und zum Beispiel auch ganz genau die Buchstaben ausschreibt (sonst aber nicht), so kann dies grundsätzlich ein Grund für die Beanstandung sein (Arbeitsgericht Kiel Urteil vom 18.4.2013 – 5 Ca 80b/13). Der Arbeitgeber muss das Zeugnis mit der üblichen von ihm verwendeten Unterschrift unterzeichnen. Auch eine quer zum Zeugnistext verlaufende Unterschrift deutet auf eine Abwertung (Geheimcode) durch den Arbeitgeber hin und ist nicht zulässig (Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 27.7.2016 – 4 Ta 118/16).

Welche äußeren Form ist beim Zeugnis zu beachten?

In Bezug auf die äußere Form es wichtig, dass das Arbeitszeugnis keine umgeknickte Ecken oder Flecken oder Korrekturen enthält. Auch Rechtschreibfehler oder Grammatikfehler sind unzulässig. Das Zeugnis muss also von Rechtschreibung und Grammatik her korrekt verfasst werden.

Welches Datum ist zu verwenden?

In der Regel ist das Datum des Ausscheidens des Arbeitnehmers zu verwenden. Es ist also nicht das Datum zu verwenden, des letzten Arbeitstages.

Darf das Zeugnis gefaltet werden?

Grundsätzlich könnte man meinen, dass das Arbeitszeugnis durch das Falten eine gewisse Entwertung erfährt. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 21.09.1999 – Az.: 9 AZR 893/98) bereits entschieden, dass es zulässig ist das Zeugnis zu falten, um dieses zum Beispiel per Brief zu verschicken.

Darf das Zeugnis gelocht werden?

Bei der Frage der Lochung hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg (LAG Nürnberg, Urteil vom 11.7.2019 – 3 Sa 58/19) entschieden, dass es grundsätzlich zulässig ist das Arbeitszeugnis auf gelochten Geschäftspapier zu erteilen, wenn der Arbeitgeber nur gelochtes Geschäftspapier im Geschäftsverkehr verwendet. Zu beachten ist aber, dass das Gericht nicht entschieden hat, dass generell das Zeugnis gelocht werden kann. Hier war es nämlich so, dass der Arbeitgeber nur gelochtes Geschäftspapier verwendet hat (also nicht nur für das Zeugnis).

Die Verwendung vom gelochten Papier war also beim Arbeitgeber üblich. Anders wäre es, wenn normalerweise im Geschäftsverkehr kein gelochtes Firmenpapier verwendet wird, dann wäre die Lochung ja die Abweichung vom üblichen Geschäftspapier und es spräche einiges dafür, dass dies ein unzulässiges Geheimzeichen ist.

Muss der Arbeitnehmer das Zeugnis abholen oder muss dieses verschickt werden?

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber das Zeugnis erteilen und bereit legen. Beim Zeugnisanspruch handelt es sich um eine Holschuld. Arbeitnehmer sind grundsätzlich verpflichtet das Zeugnis abzuholen. In der Praxis wird aber-zumindest dann wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber ordentlich auseinandergehen-das Zeugnis vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer übersandt werden. Auch dies kann man zum Beispiel in einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht regeln; z.B. im Rahmen einer Kündigungsschutzklage.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin

Ist die elektronische Bereitstellung der Lohnabrechnung durch den Arbeitgeber zulässig?

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Ist die elektronische Bereitstellung der Lohnabrechnung durch den Arbeitgeber zulässig?
Lohnabrechnung

Immer mehr Arbeitgeber stellen Lohnabrechnungen auf internen Portalen für den Arbeitnehmer elektronisch bereit und dieser kann sich dann mit Zugangsdaten die Lohnabrechnung selbst herunterladen.

Lohnabrechnungen per Post oder elektronische Bereitstellung?

Das Übersenden der Lohnabrechnungen, so wie dies früher oft per Post erfolgt ist, wird in der Praxis immer weniger angewandt. Er stellt die Frage, ob der Arbeitgeber tatsächlich die Lohnabrechnungen einfach nur elektronisch bereitstellen kann und der Arbeitnehmer dann-wenn er die Lohnabrechnung haben möchte-sich in ein Portal einloggt und diese herunterlädt.

LAG – Entscheidung zu elektronischen Lohnabrechnungen

Damit hat sich auch ein Landesarbeitsgericht auseinandergesetzt.

Kein Anspruch auf Übersendung der Verdienstbescheinigung!

Zu beachten ist dabei, dass nach der Gewerbeordnung der Arbeitgeber verpflichtet ist eine Lohnabrechnung zu erstellen. Wichtig ist auch, dass sich in der Gewerbeordnung keine Verpflichtung auf Übersendung der Lohnabrechnung befindet. Notfalls muss der Arbeitnehmer sich die Abrechnung selbst beim Arbeitgeber abholen.

Kein Anspruch auf schriftliche Lohnabrechnungen

Darüberhinaus ist es auch so, dass die Lohnabrechnungen nicht mehr schriftlich erstellt werden müssen. In § 108 der Gewerbeordnung steht, dass die Textform ausreichend ist.

Der Text der Norm § 108 Gewerbeordnung lautet wie folgt:

§ 108 Abrechnung des Arbeitsentgelts


(1) Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Die Abrechnung muss mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich.
(2) Die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben.

…..

Entscheidung des Landesarbeitsgericht Hamm

Das Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 23.09.2021 – 2 Sa 179/21) hatte sich nun mit einem Fall auseinanderzusetzen, bei dem der Arbeitgeber ebenfalls die Verdienstabrechnung künftig verschlüsselt in einem Online-Portal für Arbeitnehmer bereitgestellt hatte und diese sich dort einloggen mussten, um sich dann die Lohnabrechnungen herunterladen zu können. Um dies tatsächlich gewährleistet zu können, mussten sich die Arbeitnehmer einmalig beim Portal anmelden. Dies musste auch innerhalb von drei Monaten erfolgen und sodann hätten diese ein eigenes Passwort für das Portal erhalten. Das Abrufen wäre vom Betrieb aber auch von Zuhause aus möglich gewesen.

Widerspruch des Arbeitnehmers zur elektronischen Abrechnungsform

Der klagende Arbeitnehmer wollte dies nicht und widersprach ausdrücklich der neu eingeführten Form der Ausstellung der Lohnabrechnungen.

elektronische Bereitstellung – keine Textform

Der Arbeitgeber weigerte sich aber die Lohnabrechnung in anderer Form bereitzustellen. Der Arbeitnehmer war der Meinung, dass die Abrechnungen in Textform vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden müssten. Der Textform genüge es nicht, wenn diese elektronisch in einem Online-Portal bereitgestellt werden.

Klage des Arbeitnehmers auf Abrechnungserteilung

Der Arbeitnehmer klagte daraufhin vor dem Arbeitsgericht auf Erteilung von Lohnabrechnungen im Zeitraum vom September 2019 bis September 2020 und zwar auf das Erstellen der Abrechnungen in Papierform.

Das Arbeitsgericht gab der Klage des Arbeitnehmers statt.

Dagegen wehrte sich die Arbeitgeberin mittels Berufung zum Landesarbeitsgericht Hamm.

Entscheidung des LAG Hamm

Das Landesarbeitsgericht Hamm sah den Rechtsfall aber genauso, wie das Arbeitsgericht und führte aus, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nach § 108 der Gewerbeordnung nicht nachkommt, wenn er lediglich die Onlinerechnungen elektronisch in ein Portal stellt.

Das Landesarbeitsgericht führte dazu weiter aus:

Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte die der nach § 108 GewO erforderlichen Textform des § 126 b BGB entsprechenden Lohnabrechnungen des Klägers erstellt hat, weil sie eine insofern lesbare Erklärungen, in denen die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben hat Ihr Online-Portal ist dabei ein Medium, das es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und es ist geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 66/08, juris, Rn. 18; Junker in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 126b BGB, Rn. 15 ff.; Eisele in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2021, Rn. 4 ff., , 6, 9 ). Die Tatsache, dass der Kläger auf die als PDF-Datei gespeicherten Lohnabrechnungen nur mit dem für ihn bestimmten Passwort zugreifen könnte, ändert nichts daran, dass die Beklagte für den Kläger bestimmte Lohnabrechnungen in Textform erstellt hat. Nach § 108 GewO hat jedoch der Arbeitgeber nicht nur die Verpflichtung eine Lohnabrechnung zu erstellen und dem Arbeitnehmer den Zugang zu der erstellten Abrechnung zu ermöglichen. Vielmehr ist er auch verpflichtet, dem Arbeitnehmer die Lohnabrechnungen zu erteilen. Die Abrechnung bezweckt dabei die Information über die erfolgte Zahlung (vgl. Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 19. Aufl. 2021, § 71 Rn. 14), sodass die Erfüllung des Lohnanrechnungsanspruch nicht nur die Erstellung, sondern auch den Zugang entsprechend § 130 BGB voraussetzt.

Der nach § 130 BGB maßgebliche Zugang liegt dann vor, wenn die Willenserklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gerät, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen kann (vgl. BAG, Urt. v. 13.6.2019 – 6 AZR 459/18, juris, Rn. 34). Die Erfüllung des Anspruchs auf Erteilung der Lohnabrechnung in Textform setzt demnach voraus, dass die Lohnabrechnung den Machtbereich des Empfängers erreicht hat.

Eine Übermittlung der Lohnabrechnungen an eine dienstliche E-Mailadresse des Klägers erfolgte auch nach dem Vorbringen der Beklagten nicht.

Die Beklagte hat zwar dem Kläger ermöglicht, sich die Lohnabrechnungen auf ihrem Online-Portal unter Verwendung des für den Kläger erstellten Passwortes abzuholen. Dies reicht jedoch für die Erfüllung der Beklagten obliegenden Verpflichtung zur Erteilung der Lohnabrechnung nicht aus, will nicht die Bereitstellung zur Abholung durch den Arbeitnehmer, sondern die Erteilung durch den Arbeitgeber geschuldet wird, sodass es Arbeitgeber verpflichtet ist, die in elektronischer Form erstellte Lohnabrechnung in den Machtbereich des Arbeitnehmers zu verbringen.

Besitzt der Arbeitnehmer keine einer dienstlichen E-Mailadresse, so kann ein Zugang einer elektronischen Erklärung, die dem Textformerfordernis genügt, nach nahezu einhelliger Ansicht im Schrifttum nur dann angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer sich mit dem Empfang elektronischer Erklärungen ausdrücklich oder konkludent einverstanden erklärt hat (vgl. ArbG Oldenburg, Urt. v. 02.11.2016 – 3 Ca 223/16, juris; Kremer/Schmidt CR 228, 228 ff.; Noack/Kremer in Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB Allgemeiner Teil / EGBGB, 4. Aufl. 2021, § 126 b BGB Rn. 23; Mansel in Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 18. Aufl. 2021, § 1226 b BGB Rn. 3), was vorliegend nicht der Fall war.

LAG Hamm Urteil v. 23.09.2021 – 2 Sa 179/21

Rechtsanwalt Andreas Martin – Arbeitsrecht Berlin

Prozesskostenhilfe und Schriftform

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Prozesskostenhilfe und Schriftform
PKH

Prozesskostenhilfe im Arbeitsgerichtsverfahren

Die Prozesskostenhilfe spielt im Arbeitsrecht eine nicht unerhebliche Rolle. Es kann nämlich vorkommen, dass der Arbeitnehmer zum Beispiel eine Lohnklage einreichen möchte, allerdings die Einschaltung eines Rechtsanwaltes hier wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre. Zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer den Anwalt selbst bezahlen müsste . Vor dem Arbeitsgericht gilt nämlich die Regelung, dass außergerichtlich und in der ersten Instanz jede Partei, also Arbeitnehmer und Arbeitgeber, immer die eigenen Kosten selbst zu tragen haben (§ 12 Abs. 1a ArbGG). Dies gilt unabhängig davon, ob der Prozess gewonnen oder verloren wird.

Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung

Bei der Prozesskostenhilfe muss man unterscheiden zwischen der Prozesskostenhilfe, die letztendlich nur die Frage betrifft, ob die Gerichtskosten selbst zu tragen sind und der Beiordnung eines Rechtsanwalts. Bei der Beiordnung geht es darum, ob dem Arbeitnehmer nicht nur die Gerichtskosten zunächst erlassen werden, sondern ob er auch die Hilfe eines Rechtsanwalts auf Staatskosten in Anspruch nehmen kann. Dies sind zwei verschiedene Fragen, auch wenn man in der Praxis oft selbstverständlich davon ausgeht, dass bei der Gewährung von Prozesskostenhilfe auch ein Anwalt beigeordnet wird. Dies ist eben nicht immer der Fall.

Darlehen des Staates

Darüber hinaus kann die Prozesskostenhilfe auch als Ratenzahlung gewährt werden und die Gewährung von Prozesskostenhilfe heißt noch lange nicht, dass der Staat dem Bedürftigen das Geld schenkt, sondern dies ist eher als eine Art Darlehen zu verstehen. Der Arbeitnehmer bzw. die bedürftige Person, denn auch ein Arbeitgeber kann Prozesskostenhilfe für ein Arbeitsgerichtsverfahren bekommen, muss bis zu vier Jahre nach Abschluss des Verfahrens jedes Jahr wenigstens einmal ein Auskunft über sein Einkommen erteilen und es kann im Nachhinein dann die Gewährung der Prozesskostenhilfe aufgehoben werden mit der Folge, dass die Kosten dann zu zahlen sind.

Finanzierung von Lohnklagen und Kündigungsschutzklage

Wenn also der Arbeitnehmer eine Lohnklage über 1000 € brutto erheben möchte, dann macht die Erhebung über ein Rechtsanwalt kaum Sinn, da die Anwaltskosten hier vom Arbeitnehmer selbst zu tragen sind, auch wenn der Arbeitgeber ohne Grund den Lohn einfach nicht gezahlt hat. Auch bei einer Kündigungsschutzklage kommt nicht selten der Gedanke, diese über Prozesskostenhilfe zu finanzieren.

Prozesskostenhilfe – Gewährung durch das Gericht

Hier stellt sich dann die Frage, ob gegebenfalls das Arbeitsgerichtsverfahren über Prozesskostenhilfe finanziert werden soll. Dies gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer nicht über ausreichend wirtschaftliche Mittel verfügt, Einkommen/Vermögen, um den Arbeitsgerichtsprozess selbst zu finanzieren.

Voraussetzungen für die Gewährung der PKH

Für die Gewährung von Prozesskostenhilfe müssen von daher drei Voraussetzung vorliegen:

  1. Schlechte wirtschaftliche Verhältnisse
  2. Keine Mutwilligkeit
  3. Erfolgsaussichten

keine Anwaltsbeiordnung in einigen Fällen

Zu beachten ist aber, dass gerade im Arbeitsgerichtsverfahren, hier kann ich aus Erfahrung im Bezug auf das Arbeitsgericht Berlin jedenfalls sprechen, keine Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung erfolgt, wenn es sich um eine einfache Lohnklage handelt und der Arbeitnehmer auch eine Lohnabrechnung des Arbeitgebers hat und der Arbeitgeber einfach den unstreitigen Lohn nicht zahlt. Hier bekommt selbst die mittellose Partei-zumindest beim Arbeitsgericht Berlin-keinen Rechtsanwalt im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet. Der Hintergrund ist der, dass der Arbeitnehmer über die Rechtsantragstelle beim Arbeitsgericht die Prozesse selbst einleiten kann, da er dort Hilfe bei der Klageerhebung bekommen. Zwar findet keine Rechtsberatung statt, diese dürfte aber in solchen Fällen auch nicht notwendig sein, denn es ja ganz klar, welcher Lohn hier geltend zu machen ist.

Einkommensverhältnisses

Für die Gewährung von Prozesskostenhilfe vor dem Arbeitsgericht ist erforderlich, dass ein entsprechender Antrag gestellt wird. Diesen Antrag kann der Arbeitnehmer selbst stellen oder auch ein Rechtsanwalt. Der Arbeitnehmer muss seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber dem Gericht erklären. Dazu ist ein entsprechender Vordruck vom Arbeitnehmer komplett auszufüllen und beim Gericht einzureichen. Nur so kann der Arbeitnehmer glaubhaft machen, dass er aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage ist die Kosten des Verfahrens selbst zu tragen.

Formularerklärung

Er stellt sich dann die Frage, ob die entsprechende Erklärung, also das Formular, vom Arbeitnehmer zu unterzeichnen ist. Bisher ist man in der Regel davon ausgegangen, dass dies erforderlich ist. Der Arbeitnehmer unterschreibt die entsprechende Formularerklärung und gleichzeitig gibt er damit auch eine eidesstattliche Versicherung ab, dass sie Angaben vollständig und wahrheitsgemäß sind. Von daher haben die Gerichte in der Vergangenheit darauf geachtet, dass die entsprechenden Erklärungen auch unterschrieben waren.

Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm

Nun gibt es eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Hamm (Beschluss vom 6.12.2021 – 14 Ta 410/21), wonach es nicht zwingend erforderlich ist, dass sowohl der Antrag auf Prozesskostenhilfe als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unterschrieben sein müssen.

Sachverhalt

Beim Fall des Landesarbeitsgerichtes Hamm reichte ein Rechtsanwalt per Computer Fax ein Prozesskostenhilfegesuch beim Arbeitsgericht ein, wobei weder der Prozesskostenhilfeantrag des Anwalts für seine Mandanten als auch die PKH-Erklärung unterschrieben waren.

Beschluss des LAG Hamm

Trotz alledem hier das Landesarbeitsgericht dies für ausreichend und führte dazu aus:

Ein Prozesskostenhilfeantrag, der nicht zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt, sondern schriftlich gestellt wird (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO), muss vom Antragsteller unterschrieben und mit der Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben versehen werden (vgl. BGH 4. Mai 1994 – XII ZB 21/94 – juris, Rn. 8).

Dieser Anforderung ist hinsichtlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse genügt, wenn feststeht, dass diese von der Partei stammt. § 117 Abs. 2 ZPO verlangt auch in der seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts im Jahre 2013 geltenden Fassung nicht, dass die Erklärung, um wirksam zu sein, eigenhändig unterschrieben sein muss und im Original vorgelegt wird (vgl. BGH 10. Juli 1985 – IVb ZB 47/85 – juris, Rn. 3). Ein solches Erfordernis stellt auch die PKHVordruckVO vom 22. Januar 2014 nicht auf (vgl. LAG Schleswig-Holstein 17. Mai 2017 – 6 Ta 67/17 – juris, Rn. 14). Ein vollständig ausgefüllter Erklärungsvordruck kann auch in Form eines elektronischen Dokuments mit eingescannter Unterschrift vorgelegt werden, wenn die Erklärung unzweifelhaft vom Antragsteller stammt und er zu seinen Angaben steht (Sächsisches LAG 25. Oktober 2018 – 4 Ta 52/18 (8) – juris, Rn. 18).

Es entspricht im Übrigen der langjährigen Entwicklung der Rechtsprechung, dem technischen Fortschritt auf dem Gebiet der Telekommunikation Rechnung zu tragen und die Übermittlung bestimmender Schriftsätze auch durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts zuzulassen. Entspricht bei einem solchen Computerfax ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen, so ist die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, dass seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht ist, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen kann. Auch der Wille, einen solchen Schriftsatz dem Gericht zuzuleiten, kann in aller Regel nicht ernsthaft bezweifelt werden (vgl. Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes 5. April 2000 – GmS-OGB 1/98 – juris, Rn. 15 f.; ebenso BVerfG 4. Juli 2002 – 2 BvR 2168/00 – juris, Rn. 20 ff.). Insoweit ist zu beachten, dass ein Computerfax wie auch das Telefax kein im Sinne des § 46c ArbGG elektronisches, sondern weiterhin – nach Ausdruck – ein schriftliches Dokument ist und dementsprechend keiner elektronischen Signatur bedarf.

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer einen formgerechten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingereicht, indem er unter Hinweis auf die gewählte Übertragungsform („Computerfax“) die fehlende eigenhändige Unterzeichnung erklärte. Im Übrigen sind keine Zweifel ersichtlich, dass Antrag und Erklärung nicht vom Antragsteller stammen.

LAG Hamm, Beschluss vom 6.12.2021 – 14 Ta 410/21

Anmerkung:
Die Entscheidung ist interessant. Insbesondere deshalb, dann wahrscheinlich nun vermehrt Prozesskostenhilfegesuche mit der Prozesskostenhilfe_Erklärung als Anlage über das besondere elektronische Anwaltspostfach bei den Gerichten eingereicht werden. Nach der obigen Entscheidung reicht es aus, wenn klar ist, dass der Mandant die Erklärung ausgefüllt hat.


Urteile zur Prozesskostenhilfe

  1. BAG: PHK-Erklärung zu spät eingereicht – kein Anspruch auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe.
  2. LAG München: Aufhebung der Prozesskostenhilfe bei nicht mitgeteilter Adressänderung und höheres Einkommen!
  3. BAG: Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung bei nicht unverzüglichen Mitteilung eines Anschriftswechsels oder einer wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage nur bei Absicht oder grober Nachlässigkeit zulässig
  4. LAG Rheinland-Pfalz : Prozesskostenhilfe und Verbraucherinsolvenzverfahren
  5. LAG Berlin-Brandenburg: Unwahre Angaben im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kündigung im Arbeitsrecht ab 1. Oktober 2016 noch schriftlich notwendig?

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Ab dem 1. Oktober 2016 ändert sich das „Recht des Kleingedruckten“, nämlich das sog. Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dieses Recht findet Anwendung, wenn ein Unternehmer mit einem Verbraucher einen Vertrag schließt.

AGB-Recht gilt auch für Arbeitsverträge

Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen findet auch im Arbeitsrecht – unter Beachtung der Besonderheiten des Arbeitsrechts – Anwendung.

§ 309 Nr. 13 BGB – geänderte Fassung ab dem 1. Oktober 2016

Zum 1. Oktober 2016 ist nun eine wichtige Vorschrift des AGB-Rechts geändert worden, nämlich § 309 Nr. 13 BGB.

Und zwar wie folgt:

§ 309 Nr. 13 BGB
(Form von Anzeigen und Erklärungen)
eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden
a)
an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder
b)
an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder
c)
an besondere Zugangserfordernisse;

starke Auswirkungen im zivilrechtlichen Bereich der Änderungen/ Kündigungen für Verbraucherverträge

Im zivilrechtlichen Bereich – bei sog. Verbraucherverträgen – waren Kündigungen meist schriftlich vorzunehmen; so schrieben es die AGB der Unternehmen vor. Damit wollte man vor allem auch eine Hemmschwelle in Bezug auf den Anspruch der Kündigung schaffen.  Das ändert sich nun zum 1. Oktober 2016, denn ab dann kann der Verbraucher hier auch z.B. per E-Mail (Textform) den Vertrag kündigen.

Ab dem 1. Oktober 2016 sind nun AGB unwirksam, die für Anzeigen oder Erklärungen gegenüber dem Vertragspartner (Verbraucher) die Schriftform verlangen; die Textform ist hier ausreichend (also auch SMS/Mail/Fax).

Änderung des AGB-Recht hat auch Auswirkungen auf das Arbeitsrecht

Die obigen Regelungen gelten grundsätzlich auch für das Arbeitsrecht und für arbeitsrechtliche Verträge und Willenserklärungen.

arbeitsrechtliche Kündigungen und Aufhebungsverträge müssen auch zukünftig schriftlich erfolgen

Allerdings gilt nach wie vor, dass Kündigungen des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber  schriftlich erfolgen müssen. Dies deshalb, da das Schriftformgebot sich nicht aus AGB des Arbeitgebers (also aus dem „Kleingedruckten im Arbeitsvertrag“) ergibt, sondern aus dem Gesetz selbst (§ 623 BGB). Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Textform (SMS/ Whats Up/ Fax/ E-Mail) ist von daher nach wie vor nicht möglich.

Dies gilt auch für den Aufhebungsvertrag (§ 623 BGB). Auch hier schreibt das Gesetz die Schriftform vor.

Auswirkungen z.B. bei Ausschlussklausel/ Schriftformklauseln

Trotzdem hat die Gesetzesänderung auch Auswirkungen auf das Arbeitsrecht. Sofern der Arbeitsvertrag für bestimmte Erklärungen die Schriftform vorschreibt, wie z.B. für die Geltendmachung für Rechten im Rahmen von Ausschlussfristen oder oder Änderungen des Arbeitsvertrages (Schriftformklausel).

Anwendung auf alle Verträge ab 30.09.2016

Die neue Regelung gilt zwar gem. Art. 229 § 37 EGBGB auf alle Verträge, die nach dem 30.09.2016 geschlossen werden.

Rechtsanwalt Andreas Martin

LAG Köln: Kündigung mit eingescannter Unterschrift unwirksam

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Das Landesarbeitsgericht Köln (Urteil vom 15.5.2014 – 7 Sa 998/13) hat entschieden, dass eine eingescannte Unterschrift unter einem Kündigungsschreiben nicht die Schriftform des § 623 BGB wahrt.

Darüber hinaus war in diesem Fall auch noch die gescannte Unterschrift von einer Person, die überhaupt nicht zum Ausspruch einer Kündigung berechtigt war (hier muss der Arbeitnehmer im Normalfall die fehlende Vertretung rügen und die Kündigung zurückweisen, § 174 BGB).

Von daher wurde die Schriftform nicht gewahrt und es lag – nach der Ansicht des LAG – auch keine zurechenbare Kündigungserklärung vor.

RA A. Martin

Kündigung des Arbeitgebers mittels Kündigungskopie wirksam?

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In der Praxis kommt es manchmal vor, dass der Arbeitgeber schnell das Arbeitsverhältnis kündigen möchte und er dann dem Arbeitnehmer-aus Versehen-nicht das Original der Kündigungserklärung überreicht, sondern eine Kopie.

 

Schriftformerfordernis nach § 623 BGB

 

In § 623 BGB ist geregelt,das eine Kündigung schriftlich erfolgen muss.  Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.  Es handelt sich dabei um ein konstitutives Schriftformerfordernis. D.h., dass die Kündigung“ zu ihrer Wirksamkeit“ zwingend der Schriftform bedarf. Dabei ist erforderlich, dass die Kündigung vom Aussteller unterschrieben ist. Die Unterschrift muss das Schriftstück abschließen. Sie braucht nicht lesbar zu sein.

 

Übersendung der Kündigungserklärung in Kopie

Übersendet von daher der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kündigungserklärung nur in Kopie, so ist das Schriftformerfordernis nicht gewahrt. Es liegt mangels Unterschrift kein Original vor. Der Arbeitnehmer hat gute Chancen sich mittels Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung erfolgreich zu wehren.Es liegt der so genannte Zugang unter abwesenden vor. Die Kündigungserklärung im Original ist nie in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangt und von daher ist auch die Originalkündigung (und nur diese wahrt die Schriftform) dem Arbeitnehmer nicht zugegangen.

 

Übergabe der Kündigung in Kopie

Wird die Kündigung dem Arbeitnehmer in Kopie übergeben ohne dass er das Original dazu gesehen hat, gilt auch hier, dass der Zugang-hier unter anwesenden-der Originalkündigung nicht erfolgt ist. Die Schriftform ist nicht gewahrt. Der Arbeitnehmer hat nur eine Kopie erhalten. Auch hier sollte Kündigungsschutzklage eingereicht werden.

 

Übergabe der Kopie der Kündigung+ Einsehen der Originalkündigung

Anders ist aber der Fall zu beurteilen, bei denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kündigung im Original überreicht und darum bittet, dass dieser den Kündigungszugang auf der Originalkündigung bestätigt. Händigt dann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nur eine Kopie der Kündigung aus, ist trotzdem die Schriftform gewahrt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG Urteil vom 4.11.2004, 2 AZR) hat dies so beurteilt. Das Bundesarbeitsgericht führt dazu aus, dass die Originalkündigung, die ja die Schriftform gewahrt, durch die Übergabe in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangt ist. Auch wenn diese nur kurz die Originalkündigung hatte, konnte er sich vom Inhalt der Kündigungskenntnis verschaffen. Der Zugang liegt nicht erst dann vor, wenn die Originalkündigung dauerhaft im Machtbereich des Arbeitnehmers verbleibt, also dieser dann die Originalkündigung mit nachhause nehmen, sondern schon dann, wenn dieser die Kündigung bekommt und lesen kann. Nachdem BAG ist nämlich unerheblich, dass dann der Arbeitnehmer nur die Kopie ausgehändigt bekommen hatte, denn durch das Lesen der Originalkündigung konnte er sich schon Kenntnis vom Inhalt verschaffen. Dabei muss ihm aber ausreichend Zeit verbleiben, um den Inhalt zu verstehen. Anders als in den obigen Fällen hat hier der Arbeitnehmer die Originalkündigung gesehen.

Da hier aber „Feinheiten“ den entscheidenden Unterschied machen können, sollte im Zweifel immer der Rat eines Rechtsanwalts eingeholt und Kündigungsschutzklage eingereicht werden.

RA A. Martin

Kündigungsschutzklage-kann der Arbeitnehmer auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage wirksam verzichten?

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Wenn sich der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung des Arbeitgebers wären möchte, dann muss er innerhalb von drei Wochen nach dem Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage erheben. Dies ist allgemein bekannt und man findet dazu im Internet tausende Seiten mit entsprechenden Informationen, wobei noch so gute Ausführungen nicht eine individuelle Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt vor Ort ersetzen.

 Übergabe der Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bitte um Bestätigung des Erhalts

In der Praxis werden Kündigungen häufig dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber übergeben. Der Arbeitgeber möchte den Zugang der Kündigung nachweisen und verlangt dann vom Arbeitnehmer, dass dieser den Zugang der Kündigungserklärung schriftlich bestätigt. Dies muss der Arbeitnehmer nicht. Viele Arbeitnehmer unterschreiben dann aber, meist auf eine Kopie der Kündigungserklärung, und bestätigen damit den Erhalt der Kündigung. Obwohl der Arbeitnehmer dies nicht muss, ist dies in der Regel kein Beinbruch, sofern der Arbeitnehmer die Kündigung tatsächlich erhält.

 Erklärung über den Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage

In der Praxis kommt es auch manchmal, allerdings nicht sehr häufig, vor, dass der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer eine Erklärung verlangt, wonach dieser den Zugang der Kündigung bestätigt und gleichzeitig auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtet. Selbst verständlich muss der Arbeitnehmer den Zugang nicht bestätigen und schon gar nicht muss er und sollte auch nicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichten.

 Einseitige Verzichtserklärung unwirksam?

Wer allerdings-ohne zu Lesen oder bewusst-eine entsprechende Erklärung unterzeichnet, dass er auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtet, der kann unter Umständen Problem bei der späteren Erhebung einer Kündigungsschutzklage bekommen bzw. geht ein unnötiges Risiko diesbezüglich ein, obwohl der einseitige Verzicht überwiegend als unwirksam angesehen wird.

 Unzulässigkeit der Kündigungsschutzklage beim wirksamen Klageverzichtsvertrag

Eine Kündigungsschutzklage kann unzulässig sein, wenn nämlich der Arbeitnehmer nach dem Ausspruch der Kündigung vertraglich auf eine Klageerhebung verzichtet. Ein solcher Verzicht ist bereits auch vor dem Ablauf der Frist des § 4 KSchG (3-Wochenfrist) möglich (BAG 19.04.2007 in NZA 2007,1227). Der Arbeitnehmer kann sich auch nach der Klageerhebung noch gegenüber dem Arbeitgeber verpflichten das Kündigungsschutzverfahren nicht mehr zu betreiben und die bereits erhobene Kündigungsschutzklage zurückzunehmen.

 Verzichtsvertrag

Von daher ist grundsätzlich ein Verzicht des Arbeitnehmers im Rahmen eines Vertrages auf Erhebung der Kündigungsschutzklage möglich. Die Rechtsprechung ist diesbezüglich allerdings Recht streng. Schließlich hat der Verzicht weitreichende Folgen für den Arbeitnehmer.

Schriftform beim Verzichtsvertrag

Zunächst muss die Erklärung schriftlich erfolgen. Mündliche Erklärungen sind nichtig (§ 125 BGB).

 einseitiger Verzicht des Arbeitnehmers fast immer problematisch

So soll es nach der Rechtsprechung eben nicht ausreichen – siehe obiges Beispiel- wenn der Arbeitnehmer einseitig den Verzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage erklärt. Eine solche Erklärung ist formnichtig nach § 125 BGB. Das Bundesarbeitsgericht sieht nämlich in einer Klageverzichtsvereinbarung, die in unmittelbaren Zusammenhang mit einer Kündigung steht, einen Auflösungsvertrag, der grundsätzlich schriftlich geschlossen werden muss.

 Vertrag – von Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterschrieben

Von daher muss eine entsprechende Erklärung – dies ist ein Vertrag – von Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterschrieben sein.

zusätzlich noch Überprüfung nach den §§ 307 ff. BGB – AGB-Prüfung

Darüber hinaus kontrolliert das Bundesarbeitsgericht auch die entsprechenden Verzichtsvereinbarungen inhaltlich auf ihre Ausgewogenheit hin, wie zum Beispiel Arbeitsverträge im Rahmen der Überprüfung der allgemein Geschäftsbedingungen; es sei denn, dass der entsprechende Verzichtsvertrag ausgehandelt wurde, was in der Praxis fast nie vorkommt. Das Bundesarbeitsgericht prüft also, ob der Arbeitnehmer, der auf die Erhebung der Kündigungsschutz seine verzichtet eine ausgewogene Gegenleistung erhält (BAG 6.09.2007, NZA 2008, 219). Allerdings muss der Arbeitnehmer innerhalb der Wochenfrist die Kündigungsschutzklage einreichen, um eine Überprüfung vornehmen zu lassen. Das BAG entschied, dass – wie oben im Beispiel genannt – eine Erklärung des Arbeitnehmers auf der Kündigung Kündigung akzeptiert und mit Unterschrift bestätigt. Auf Klage gegen die Kündigung wird verzichtet”unwirksam ist.

Trotzdem sollte der Arbeitnehmer – auch nicht einseitig – vorschnell Erklärungen über den Verzicht auf auf Klageerhebung abgeben. Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber nichts schriftlich bestätigen!

Anwalt A. Martin

 

Muss ein Arbeitsvertrag schriftlich geschlossen werden?

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In der Praxis – gerade bei Handwerkern – kommt es oft vor, dass Arbeitsverträge nur mündlich geschlossen werden. Dies kann – muss aber nicht – immer etwas mit Schwarzarbeit zu tun haben.

Ist ein mündlicher Arbeitsvertrag wirksam?

Ein mündlicher Arbeitsvertrag ist grundsätzlich wirksam. Es gibt für den Arbeitsvertrag – anders also z.B. für die Kündigung – kein Schriftformzwang. Von daher kann ein Arbeitsvertrag wirksam auch mündlich oder sogar durch schlüssiges Verhalten begründet werden.

Ausnahmen?

Die Befristung eines Arbeitsvertrages muss schriftlich erfolgen, § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz. Von daher muss ein befristeter Arbeitsvertrag – damit er wirksam ist – schriftlich geschlossen werden.

Was ist mit den Regelungen des Nachweisgesetzes?

Nun fragen sich wahrscheinlich einige Leser, wozu denn das Nachweisgesetz nun da ist, wenn der Arbeitsvertrag trotzdem wirksam mündlich geschlossen werden kann. Das Nachweisgesetz verpflichtet nämlich den Arbeitgeber die wichtigsten Regelungen und den Arbeitsvertrag selbst auch schriftlich niederzulegen.

Der Arbeitgeber muss also:

” ….  spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.

In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

  • der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
  • der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
  • bei befristeten Arbeitsverhältnissen: die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,
  • der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, daß der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann,
  • eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,
  • die Zusammensetzung und die Höhe es Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit,
  • die vereinbarte Arbeitszeit,
  • die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
  • die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses,
  • ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.”

Diese Verpflichtung des Arbeitgebers begründet aber nicht ein Schriftformerfordernis des Arbeitsvertrages als dessen Wirksamkeitsvoraussetzung, ansonsten würde das Nachweisgesetz, dass ja eigentlich Schutzgesetz für den Arbeitnehmer ist, dazu führen, dass wenn der Arbeitgeber die Niederschrift nicht fertigt, obendrein auch noch der Arbeitsvertrag unwirksam wäre. Dies wäre nicht zum Vorteil des Arbeitnehmers, sondern zu dessen Nachteil.

Nachweisgesetz vom Arbeitgeber nicht beachtet und nun?

Hält sich der Arbeitgeber nicht an die Verpflichtungen aus dem Nachweisgesetz, hat der Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf seine Arbeitsleistung. Weiter hat er einen Anspruch auf Erfüllung des Nachweisgesetzes und kann – z.B. wenn er z.B. tarifliche Ausschlussfristen versäumt, über die der Arbeitgeber ja (zumindest über den Tarifvertrag) nach dem NachwG hätte aufklären müssen, einen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Arbeitgeber.

Anwalt A. Martin

 

LAG Berlin-Brandenburg: fehlende Unterschrift bei Berufungseinlegung per Telefax

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Rechtsanwälte legen häufig – aus Zeitnot – Rechtsmittel gegen Urteile am letzten Tag ein. Dabei ist eine Übermittlung des Schriftsatzes per Post am letzten Tag nicht mehr rechtzeitig möglich. Von daher wird der Schriftsatz dann am letzten Tag vorab per Fax geschickt. Fristwahrend ist dies dann, wenn der Schriftsatz ordnungsgemäß unterschrieben ist (und später im Original bei Gericht eingeht – nach dem BGH ist der spätere Eingang des Originals nicht erforderlich).

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

Das LAG Berlin-Brandenburg (Entscheidung vom 12.03.2012 – 10 Sa 2078/11)  hatte nun einen Fall zu entscheiden bei dem um die Frage der fristwahrenden Einhegung einer Berufung per Fax ging. Ein Rechtsanwalt hatte die Berufung gegen ein Urteil eines Arbeitsgerichts eingelegt, wobei er dies am letzten Tag vorab per Fax schickte.

Zu diesem dem Beklagtenvertreter am 21. Oktober 2011 zugestellten Urteil ging am 16. Oktober 2011 um 22:55 Uhr ein Telefax in der Briefannahmestelle des LAG Berlin-Brandenburg ein (Bl. 153-154 d.A.). Dieses trug das Datum 16. November 2011 und wies von dem absendenden Fax eine Sendezeit vom 16. Oktober 2011 um 23:25 Uhr sowie als Absenderbezeichnung P. G.-W. aus. Auf der zweiten Seite dieses Faxes waren oberhalb und seitlich der letzten beiden Zeilen, die einmal „M.“ und einmal „Rechtsanwalt“ lauten, wenige nicht zusammenhängende Striche bzw. Punkte zu erkennen, die jedoch beim besten Willen nicht als Unterschrift zu identifizieren waren.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg führte dazu aus:

Nachdem der Beklagtenvertreter im Rahmen des Wiedereinsetzungsgesuches das Original der Berufungsschrift eingereicht hat, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die am 16. Oktober 2011 eingegangene Berufungsschrift von diesem Original stammt. Jedoch kann das auch dahinstehen, weil die zu diesem Zeitpunkt die Frist für die Einlegung der Berufung (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) seit langem verstrichen war. Von dem grundsätzlichen Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift haben die Gerichte stets Ausnahmen zugelassen, wenn eine Unterschrift aufgrund der technischen Besonderheiten des Übermittlungsweges nicht möglich war. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift auf dem Original des verfahrensbestimmenden Schriftsatzes vermag am wirkungsvollsten sicherzustellen, dass der Berechtigte das Schreiben autorisiert hat. Die eigenhändige Unterschrift gewährleistet, dass der Schriftsatz dem Berechtigten vor der Übermittlung vorgelegen hat und er diesen überprüfen konnte.

Soweit der Beklagtenvertreter meint, dass er als Betreiber einer Einzelkanzlei ohne Mitarbeiter immer als Urheber identifiziert werden könne, führt das zu keinem anderen Ergebnis. Es begegnet keinen Bedenken, als Differenzierungskriterium auf die technische Möglichkeit der Beifügung einer eigenhändigen Unterschrift abzustellen. Dieses Kriterium bewirkt einerseits, dass dem technischen Fortschritt auch dann Rechnung getragen werden kann, wenn das mit gewissen Abstrichen an der Zielrichtung des § 130 Nr. 6 ZPO verbunden ist. Die damit mögliche Verwendung neuer Technologien erleichtert die Kommunikation mit dem Gericht und dient letztlich auch den Zielen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Andererseits aber begrenzt das Differenzierungskriterium die Ausnahmen von der Regel des § 130 Nr. 6 ZPO auf diejenigen Fälle, in denen dem Unterschriftserfordernis tatsächlich nicht genügt werden kann. Diese Differenzierung ist sachgerecht, weil sie Ausnahmen und damit Abstriche an der Zielsetzung des § 130 Nr. 6 ZPO auf das unumgängliche Mindestmaß begrenzt (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 18. April 2007 – 1 BvR 110/07).

RA Martin

BAG: Anmeldung der Entschädigungsansprüche wegen Diskriminierung nach dem AGG per Fax ausreichend

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Wer z.B. bei einer Stellenvergabe diskriminiert wurde, kann gem. § 15 AGG seine Ansprüche auf Entschädigung/ Schadenersatz geltend machen. Dabei müssen die Ansprüche innerhalb von 2 Monaten schriftlich bei der Gegenseite geltend gemacht werden, so § 15 AGG. Die Klagefrist der Entschädigungsansprüche nach dem AGG beträgt dann 3 Monate nach der schriftlichen Anmeldung.

Schriftform auch per Fax gewahrt?

Schriftform ist nicht gleich Schriftform, jedenfalls nicht nach dem BAG. § 126 BGB regelt recht streng die Schriftform. Ein Fax genügt der Schriftform danach nicht. Das BAG wendet hier aber nicht den § 126 BGB an, sondern meint, dass § 15 Abs. 4 AGG eine abschießende Spezialregelung gegenüber § 126 BGB ist und von daher § 126 BGB nicht zur Anwendung kommt. Ähnlich sieht das BAG auch die Regelungen über die schriftliche Anmeldung von Ansprüchen bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen (sieh dazu BRTV-Bau- Schriftform per Fax gewahrt).

die Entscheidung des BAG

Das Bundesarbeitsgericht  (Urteil vom 19.8.2010, 8 AZR 530/09) führt dazu aus:

„Der Kläger hat die Ansprüche auch schriftlich (§ 15 Abs. 4 Satz 1 AGG) geltend gemacht. Dieses Schriftformgebot verlangt nicht die gesetzliche Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB (Bauer/Göpfert/Krieger § 15 Rn. 55; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 72; Schiek/Kocher § 15 Rn. 61; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 92; Adomeit/Mohr KommAGG § 15 Rn. 85; aA Däubler/Bertzbach/Deinert § 15 Rn. 110; HWK/Annuß/Rupp 4. Aufl. § 15 AGG Rn. 13), ausreichend ist vielmehr die Textform nach § 126b BGB.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das in § 126 BGB vorgesehene Schriftformerfordernis auf Rechtsgeschäfte beschränkt. Auf rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen ist die Bestimmung nicht unmittelbar anzuwenden (BAG 11. Juni 2002 – 1 ABR 43/01 – BAGE 101, 298 = AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 118 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 139). Daran hat die Ergänzung des § 126 BGB durch § 126a und § 126b BGB nichts geändert. Auch die §§ 126a, 126b BGB sind vielmehr wegen des fortbestehenden Sachzusammenhangs mit den Bestimmungen über Willenserklärungen und Rechtsgeschäfte unmittelbar nur auf Willenserklärungen anwendbar. Für rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen gelten sie allenfalls entsprechend (BAG 10. März 2009 – 1 ABR 93/07 – AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 127 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 12).

Die Geltendmachung eines Anspruchs iSv. § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist keine Willenserklärung, sondern eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Während ein Rechtsgeschäft aus einer oder mehreren Willenserklärungen besteht, die allein oder in Verbindung mit anderen Tatbestandsmerkmalen eine Rechtsfolge herbeiführen, weil sie gewollt ist (Palandt/Ellenberger 69. Aufl. Überblick vor § 104 Rn. 2), sind geschäftsähnliche Handlungen auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärungen, deren Rechtsfolgen kraft Gesetzes eintreten (Palandt/Ellenberger Überblick vor § 104 Rn. 6). Die Geltendmachung im Sinne von § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist nicht auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge kraft rechtsgeschäftlichen Willens gerichtet, sondern darauf, dass eine im Gesetz angeordnete Rechtsfolge, nämlich das Fortbestehen des Anspruchs nur bei rechtzeitiger Geltendmachung, eintritt.

Eine analoge Anwendung von § 126 BGB auf die Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist nicht gerechtfertigt. Normzweck und Interessenlage sind nicht vergleichbar. Angesichts der im Geschäftsleben festzustellenden Üblichkeit der Erklärungsübermittlung per Telefax besteht kein Grund, das Erfordernis der Originalunterschrift in entsprechender Anwendung von § 126 BGB auf Geltendmachungsschreiben zu übertragen, die ihren Sinn und Zweck der Schaffung eines Rechtsfriedens und der Herbeiführung von Rechtssicherheit auch erfüllen, wenn durch lediglich namentliche Bezeichnung die Identität des Erklärenden feststeht. Auch die Vollständigkeit und der inhaltliche Abschluss der Erklärung bedürfen keiner eigenhändigen Unterschrift, sondern lassen sich durch die Anbringung einer Grußformel, die maschinenschriftliche Namenswiedergabe oder Ähnliches unmissverständlich kenntlich machen.

Nach der objektiven Sach- und Interessenlage der Beteiligten ist bei der Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen nach § 15 Abs. 1, 2 AGG die entsprechende Anwendung von § 126b BGB geboten und ausreichend. Nach dieser Bestimmung muss, wenn Textform vorgeschrieben ist, die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Auf diese Weise stellt § 126b BGB auch ohne das Erfordernis eigenhändiger Unterzeichnung sicher, dass die Identitäts- und Vollständigkeitsfunktionen einer schriftlichen Erklärung neben der ohnehin gegebenen Dokumentationsfunktion gewahrt sind (vgl. zu § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG: BAG 10. März 2009 – 1 ABR 93/07 – AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 127 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 12).

Zumindest das Telefax des Klägers vom 26. Juni 2007 genügte den Erfordernissen des § 126b BGB, weil dieses der Beklagten unstreitig zugegangen ist und ihr damit in Form eines Ausdruckes vorgelegen hat (vgl. BGH 3. Juni 1987 – IVa ZR 292/85 – BGHZ 101, 276).“

Anwalt Berlin – Arbeitsrecht – RA Martin