Anwalt Arbeitsrecht Berlin
Ist Bereitschaftszeit zu vergütende Arbeitszeit?

Ist der Bereitschaftsdienst vergütungspflichtige Arbeitszeit?
In medizinischen Berufen (Ärzte, Krankenpfleger) , bei der Feuerwehr und auch in anderen Berufen besteht das Problem, dass häufig Bereitschaftszeiten vom Arbeitnehmer in erheblichem Umfang geleistet werden müssen. Der Arbeitnehmer ist zwar während dieser Zeiten oft nicht am Arbeitsplatz, sondern überwiegend werden diese Zeiten zu Hause geleistet, allerdings kann der Arbeitnehmer in seiner „Freizeit“ nicht frei disponieren und muss immer erreichbar sein. Es stellt sich die Frage, ob diese Zeiten nun als reguläre Arbeitszeit zu werten sind, so dass der Arbeitgeber die Bereitschaftszeit zu vergüten hat.
Man muss grundsätzlich zwischen „echten“ Bereitschaftsdienst und der sog. „Rufbereitschaft“ unterscheiden. Es stellt sich auch die Frage, ob Rufbereitschaft unter bestimmten Bedingungen zu bezahlen ist.
Was ist Bereitschaftsdienst oder Bereitschaftszeit?
Im Unterschied zur Vollarbeit liegt ein Bereitschaftsdienst vor, wenn der Arbeitnehmer sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen, regulären Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhält, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Der Arbeitnehmer kann während des Bereitschaftsdienstes seine Zeit weitgehend frei gestalten und sich ggfs. auch ausruhen. Der Arbeitnehmer muss jedoch stets in der Lage sein, unverzüglich seine Tätigkeit aufnehmen zu können. Er darf sich nicht vom Bereitschaftsort entfernen. Dies ist zusätzliche Arbeitszeit, welche zu bezahlen ist.
Was sind die vertraglichen Grundlagen eine vergütungspflichtige Bereitschaftszeit?
Als vertragliche Grundlage der Bereitschaftszeiten kommt vor allem ein Tarifvertrag aber auch der Arbeitsvertrag in Betracht.
Der geleistete Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit. Dies entspricht mittlerweile der ständigen Rechtsprechung. Sämtliche Zeiten des Bereitschaftsdienstes gehören zur Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 ArbZG.
Mit der uneingeschränkten Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 ArbZG hat der deutsche Gesetzgeber die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgenommene Auslegung des Begriffs der „Arbeitszeit“ in das deutsche Recht übernommen.
Den geleisteten Bereitschaftsdienst kann grundsätzlich als Arbeitszeit einordnen, was insbesondere für folgende Punkte Konsequenzen hat:
- Höchstarbeitszeiten (Bereitschaftszeit =Arbeitszeit)
- Ruhephasen (es gibt in der Regel keine Ruhezeitenwährend des Bereitschaftsdienstes)
- Vergütung (der Bereitschaftsdienst ist zu bezahlen)
In Bezug auf die Vergütungspflicht ist aber auszuführen, dass die Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit nicht immer dazu führen muss, dass der Arbeitgeber den gleichen Lohn für die Bereitsschaftsstunden zahlen muss. Es können arbeitsvertraglich oder auch tarifvertraglich andere – also auch geringere – Stundensätze vereinbart werden.
Dabei darf aber der gesetzliche Mindestlohn nicht unterschritten werden.
Was ist der Unterschied zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst?
Vom Bereitschaftsdienst ist die Rufbereitschaft zu unterscheiden. Beide habe oft die Gemeinsamkeit der ständigen Erreichbarkeit des Mitarbeiters. Eine Rufbereitschaft liegt regelmäßig dann vor, wenn sich der Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten hat, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Häufig wird vereinbart, dass der Arbeitnehmer telefonisch (in der näheren Umgebung) erreichbar sein soll.
Der Arbeitnehmer ist bei der Wahl seines Aufenthaltsorts nur insoweit eingeschränkt, als er im Bedarfsfall die Arbeitsaufnahme gewährleisten muss.
Wichtig ist hier,dass eine Rufbereitschaft nicht zu einer unzulässigen Einschränkung des Arbeitnehmers führen darf, so dass ein bestimmter Aufenthaltsort vorgegeben wird oder eine sehr kurze Zeit für die Arbeitsaufnahme vorgeschrieben wird. In diesen Fällen liegt keine echte Rufbereitschaft vor, denn hier sind die Einschränkungen für den Arbeitnehmer vergleichbar mit dem echten Bereitschaftsdienst.
Die Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit. Es soll aber nochmals darauf hingewiesen werden, dass im Einzelfall sich die angebliche Rufbereitschaft als Bereitschaftsdienst herausstellen kann. Die Bezeichnung allein und die Tatsache, dass man nicht am Arbeitsort ist, sind nicht vollends ausschlaggebend für die Einordnung als Rufbereitschaft.
Im Fall des Abrufs ist die Zeit der tatsächlichen Inanspruchnahme einschließlich eventueller Wegezeiten dagegen als Arbeitszeit anzurechnen.
Achtung: Auf die Bezeichnung im Arbeitsvertrag durch den Arbeitgeber kommt es nicht an, sondern wie diese zusätzliche Arbeitszeit genau ausgestaltet ist. So kann eine als Rufbereitschaft bezeichnete Zeit dennoch zu vergütende Arbeitszeit sein, wenn der Arbeitnehmer hier sehr stark eingeschränkt ist.
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
Aktuell gibt es nun eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 11.11.2021 – Rs. C-214/20) zur Rufbereitschaft eines Feuerwehrmannes.
Der EuGH führt dazu aus, dass Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG dahingehend auszulegen ist, dass Bereitschaftszeit, die ein Reserve-Feuerwehrmann in Form von Rufbereitschaft leistet und während deren dieser mit Genehmigung seines Arbeitgebers eine selbständige berufliche Tätigkeit ausübt, aber im Fall eines Notrufs innerhalb einer maximalen Frist von zehn Minuten seine Dienstwache erreichen muss, keine „Arbeitszeit“. Dabei spielte beim Fall des EuGH auch eine Rolle, dass der Feuerwehrmann noch eine anderen Tätigkeit während dieser Bereitschaftszeit ausüben durfte und auch nicht an allen von seiner Dienstwache aus durchgeführten Einsätzen teilzunehmen. Der Feuerwehrmann konnte also während der Rufbereitschaft die Zeit, in der seine beruflichen Leistungen als Feuerwehrmann nicht in Anspruch genommen wurden, frei zu gestalten. Vom Ergebnis sah der Europäische Gerichtshof keine vergütungspflichte Arbeitszeit in der Rufbereitschaft.
Frohe Weihnachten 2021!
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Rechtsanwalt Andreas Martin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Frohes und gesundes Jahr 2018!
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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Andreas Martin
EuGH: keine Ungleichbehandlung von befristeten Arbeitnehmer gegenüber unbefristeten bei Abfindungszahlungen
Abfindungen und der EuGH
Mittlerweile hat der EuGH, also der eEuropäische Gerichtshof ein Wörtchen bei diversen Rechtsstreitigkeiten mitzureden. Dies führt dazu, dass im Endeffekt eine ungeklärte Rechtsfrage durch aus nun noch mal einige Jahre länger bist du Klärung dauern kann. Gerade beim Thema Abfindung, geht es um Geld und, und manchmal um gar nicht so wenig Geld. Hier möchte natürlich jede Seite möglichst wenig nachgeben. Von daher gelangen auch immer mehr Fälle über Streitigkeiten im Hinblick auf die Beendigung von Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung vor dem Europäischen Gerichtshof.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 14.9.2016 – Rs. C-596/14 -de Diego Porras) hat entschieden, wonach eine gesetzliche Regelung (hier in Spanien), wonach unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer eine höhere Abfindung bei einer Kündigung erhalten als befristet beschäftigte Arbeitnehmer, für unwirksam erklärt.
Sachverhalt
Nach spanischem Recht erhalten unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer im Fall einer rechtmäßigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindungszahlung in Höhe von 20 Tagesentgelten pro Beschäftigungsjahr. Für befristet Beschäftigte beträgt diese Abfindungszahlung dagegen nur 12 Tagesentgelte pro Beschäftigungsjahr. Arbeitnehmer, die nur für eine Übergangszeit beschäftigt sind, bekamen danach gar keine Ausgleichszahlung.
spanischer oberster Gerichtshof legt den Fall dem EuGH vor
Der Oberste Gerichtshof von Madrid (Tribunal Superior de Justicia de Madrid) hatte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser Regelungen mit dem Unionsrecht und legte den Fall dem EuGH vor mit der Frage ob eine solche Regelung mit § 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG) zu vereinbaren ist.
EuGH sieht keinen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung
Der EuGH entschied, die spanische Regelung dem § 4 Nr. 1 der obigen Rahmenvereinbarung widerspricht und dass es in Hinblick auf gesetzliche Abfindungszahlungen keinen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung von befristet beschäftigten gegenüber unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern gibt.
Anmerkung:
Interessant ist, dass wohl das spanische Arbeitsrecht – anders als das deutsche – dem Arbeitnehmer bei einer rechtmäßigen (betriebsbedingten) Kündigung automatisch einen Anspruch auf Abfindung zuspricht und dann sogar noch in vorbestimmter Höhe (höher als in Deutschland üblich – nach den Abfindungssätzen der Arbeitsgerichte). In Deutschland besteht ein solcher Anspruch nicht.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin
Arbeitsgericht Berlin: Kündigung eines Redakteurs wegen angeblicher Nähe zur AfD
Das Arbeitsgericht Berlin (Aktenzeichen 42 Ca 2980/16) hatte über die Klage eines Redakteurs der „Welt“ zu verhandeln, mit der er sich gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses mittels Kündigungsschutzklage wandte.
Dem Redakteur wurde u. a. vorgeworfen, dass er der AfD entgeltliche Beratungsleistungen angeboten und damit seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verletzt hat. Die Vorwürfe sind zwischen den Parteien umstritten. Welche Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis hier verletzt sein sollen, ist nicht vom Arbeitsgericht in der Pressemitteilung (24/16) mitgeteilt worden.
Am 16.06.2016 schlossen die Parteien dann einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht Berlin.
Anmerkung:
Ob die Nähe zur AfD (Alternative für Deutschland) als Kündigungsgrund ausreicht, dürfte selbst bei einem Redakteur zweifelhaft sein. Ein Verstoß gegen ein Verbot einer bestimmten Nebentätigkeit (falls dieses arbeitsvertraglich wirksam geregelt wurde, was schwierig sein dürfte), dürfte ebenfalls für eine verhaltensbedingte Kündigung – jedenfalls nicht ohne Abmahnung – nicht in Betracht kommen.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Amazon gewinnt vor dem Arbeitsgericht Berlin
Das Arbeitsgericht Berlin (7.4.2016, 41 Ca 15029/15) hat es Ver.di untersagt, auf dem Betriebsgelände von Amazon Streikmaßnahmen durchführen. Damit entschied gestern das Arbeitsgericht Berlin – in der in der Pressemitteilung bereits angekündigten Verhandlung – zu Gunsten von Amazon.
Das Problem für Ver.di bestand darin, dass der Streik auf einem Parkplatz, der zum Amazon-Betriebsgelände gehört, durchführen wollte.
Das Arbeitsgericht Berlin steht auf dem Standpunkt, dass der Arbeitgeber nicht verpflichet ist, die Gewerkschaft in einem gegen ihn selbst gerichteten Arbeitskampf zu unterstützen, in dem hier ein Teil des Betriebsgeländes (Parkplatz) zur Verfügung gestellt wird.
Von daher untersagte das Arbeitsgericht Berlin hier den Streik der Ver.di auf dem Betriebsgelände von Amazon.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
LAG Berlin-Brandenburg: Überzahlung aus Abrechnungsververgleich muss Arbeitnehmer ausgleichen
Ein Arbeitnehmer verklagte seine Arbeitgeberin auf Lohnzahlung (+ Bestandsschutz) und schloss sodann vor dem Arbeitsgericht Berlin einen Vergleich wie folgt:
1. Die Parteien sind sich darin einig, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund arbeitgeberseitiger fristgemäßer betriebsbedingter Kündigung mit Ablauf des 28.02.2014 geendet hat.
2. Die Beklagte leitet aus der fristlosen Kündigung vom 10.01.2014 keine Rechte mehr her.
3. Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis für die Monate Januar und Februar 2014 ordnungsgemäß auf der Grundlage einer Vergütung von 2000,– € ab und zahlt den sich aus der Abrechnung ergebenden Nettobetrag an den Kläger aus.
Die (jetzige) Klägerin (Arbeitgeberin) nahm sodann eine Abrechnung für die Monate Januar und Februar 2014 vor und zahlte an den Beklagten (Arbeitnehmer) insgesamt 1.032,94 EUR aus. Darüber hinaus erstattete die Arbeitgeberin der Krankenkasse des Beklagten für den Zeitraum 11.01.2014 bis 19.02.2014 1.548,40 EUR Krankengeld und führte die sich aus den Abrechnungen ergebenden Sozialabgaben und Lohnsteuern ab.
Der Arbeitnehmer meinte, dass die Arbeitgeberin nicht das übergegangene Krankengeld vom Lohnanspruch abziehen durfte und vollstreckte aus dem Vergleich gegenüber der Beklagten; die dann unter dem Vorbehalt der Rückforderung die Zahlung der 1.723,36 EUR vornahm.
Die Arbeitgeberin/ Klägerin ging von einer Überzahlung aus und verklagte den Arbeitnehmer auf 1.723,36 EUR, nachdem eine außergerichtliche Rückzahlungsaufforderung ohne Erfolg blieb.
Sowohl vor dem Arbeitsgericht Berlin als auch vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bekam die Klägerin/ Arbeitgeberin Recht.
Das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 22.10.2015 -5 Sa 1379/15) führte dazu aus:
Auf den Gesamtzahlungszeitraum vom 01.01.14 bis 19.2.2014 entfiel der Zeitraum vom 11.01.2014 bis 19.02.2014, in welchem der Beklagte 1.548,40 EUR Krankengeld erhalten hatte, weshalb – in den Abrechnungen nicht, jedoch im Begleitschreiben der Klägerin vom 04.09.2014 berücksichtigt – der Nettovergütungsanspruch von insgesamt 2.581,34 EUR im Umfang von 1.548,40 EUR auf die BKK VBU übergegangen war (§ 115 Abs. 1 SGB X), so dass ein Auszahlungsanspruch iHv 1.023,94 EUR verblieb.
Aus dem Vergleich vom 09.07.2014 folgt demgegenüber nicht, dass die Klägerin bei der Abrechnung und Auszahlung der Vergütung für Januar und Februar 2014 den Anspruchsübergang auf die BKK VBU nicht berücksichtigen durfte und damit im Ergebnis trotz des Anspruchsübergangs auch die übergegangenen Vergütungsansprüche nochmals gegenüber dem Beklagten zu erfüllen hatte. Der insoweit maßgebliche Wortlaut „Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis für die Monate Januar und Februar 2014 ordnungsgemäß auf der Grundlage einer Vergütung von 2.000,– EUR brutto ab und zahlt den sich aus der Abrechnung ergebenden Nettobetrag an den Kläger aus“ begründet jedenfalls nicht ohne Weiteres die Annahme, die Parteien hätten sich darauf geeinigt, dem Beklagten sollten für Januar und Februar je 2.000,00 EUR brutto ohne Berücksichtigung von Anspruchsübergängen auf Dritte zustehen. Die Verwendung der Begriffe „...auf der Grundlage einer Vergütung von…“ lassen zumindest ebenso gut den Schluss zu, die Parteien wollten lediglich die Höhe der dem Beklagten zustehenden Monatsvergütung außer Streit stellen und die Höhe der auszuzahlenden Vergütung den noch zu erstellenden Abrechnungen überlassen. Für das letztgenannte Verständnis spricht vorliegend, dass die Höhe der dem Beklagten zustehenden monatlichen Vergütung in dem vom Vergleich umfassten Zeitraum zwischen den Parteien streitig war. Die Klägerin hatte sich nämlich in dem durch den Prozessvergleich beendeten arbeitsgerichtlichen Verfahren darauf berufen, eine Leistungszulage wirksam widerrufen zu haben und dem Beklagten daher nur noch 1.885,00 EUR monatlich zu schulden. Daher bestand Anlass, die Höhe der monatlich geschuldeten Vergütung im Vergleich außer Streit zu stellen, ohne weiter gehend damit auch schon die Höhe des jeweils konkret geschuldeten Auszahlungsbetrages bzw. die Nichtberücksichtigung von Anspruchsübergängen zu regeln. Zudem muss sich der Beklagte fragen lassen, warum er bei seinem Verständnis hinnimmt, dass die Klägerin für Februar 2014 nur 1.266,73 EUR brutto und nicht 2.000,00 EUR brutto abrechnete. Aus dem Vergleich folgt nicht, dass unabhängig von dem Vorliegen eines dem Beklagten zustehenden Anspruchs auf Vergütung jeweils 2.000,00 EUR brutto für Januar und Februar 2014 zu leisten waren, was der Beklagte für den Zeitraum vom 20. bis 28.02.2014 zu Recht auch nicht beanstandet. Nichts anderes gilt aber auch für den Zeitraum vom 11.01. bis 19.02.2014, für welchen dem Beklagten aufgrund des nach § 115 Abs. 1 SGB X eingetretenen Anspruchsübergangs im Höhe von 1.548,40 EUR netto ebenfalls kein Anspruch auf Vergütung zusteht.
Die Parteien hatten im ursprünglichen Vergleich nur die Abrechnung mit anschließender Nettoauszahlung vereinbart und nicht einen reinen Auszahlungsanspruch in bestimmter Höhe, so jedenfalls das LAG.
Rechtsanwalt Andreas Martin
BAG: lange Beschäftigung beim Entleiher führt nicht automatisch zum Arbeitsvertrag zwischen AN und Entleiher
Das Bundesarbeitsgericht (BAG 29.4.2015, 9 AZR 883/13) hat seine Rechtsprechung nochmals in Bezug auf das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages zwischen Arbeitnehmer und Entleiher bei nicht nur vorrübergehender Beschäftigung bekräftigt.
Die Klägerin war von Juni 2008 bis zur Klage im Juni 2012 beim gleichen Entleiher beschäftigt. Sie erhob Klage mit der Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen ihr und dem Entleiher dadurch zustande gekommen sei. Aufgrund ihres jahrelangen Einsatzesbeim beklagten Entleiher sei sie nicht nur vorübergehend i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG überlassen worden, so dass gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten und ihr zustande gekommen sei.
Das Arbeitsgericht wies die Klage der Klägerin ab. Das LAG gab der Arbeitnehmerin Recht. Die hiergegen vom beklagten Entleiher gerichtete Revision hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg.
Nach dem BAG ist zwischen den Parteien nicht gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.
Dabei ließ es das BAG dahinstehen, ob hier eine nicht nur vorrübergehende Überlassung vorliegt. Denn ein Verstoß gegen das Verbot der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG führt nicht zum Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer, wenn der Verleiher die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hatte, seine Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung zu überlassen. Dies war hier der Fall.
RA A. Martin
LAG Berlin-Brandenburg: Arbeitsgericht muss nicht an fehlende PKH-Unterlagen erinnern!
In einem Kündigungsschutzverfahren nebst PKH-Antrag und Beiordnungsantrag vor dem Arbeitsgericht Cottbus teilte die Anwältin der Klägerin in der Klageschrift mit (was üblich ist), dass sie die Prozesskostenhilfeunterlagen dem Gericht nachreichen wird.
Das Arbeitsgericht beraumte einen Gütetermin an, der jedoch aufgrund einer außergerichtlichen Einigung zwischen den Parteien nicht stattfand, stattdessen baten die Parteien um Protokollierung einer Einigung gem § 278 Abs 6 ZPO.
Das Gericht beschloss dann den Vergleich und stellte diesen an die Parteien zu. Erst danach reichte die Anwältin der Klägerin die Prozesskostenhilfeunterlagen an das Arbeitsgericht.
Das Arbeitsgericht Cottbus wies den Antrag zurück, da die Unterlagen erst nach Abschluss des Verfahrens bei Gericht eingingen. Dagegen legte die Rechtsanwältin sofortige Beschwerde ein. Das Arbeitsgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab.
Das LAG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 15.05.2015 – 10 Ta 765/15) wies die Beschwerde ab und führte dazu aus, dass bei Abschluss der Instanz die Gewährung der VKH nicht mehr möglich sei (BAG Urteil vom 5. Dezember 2012 – 3 AZB 40/12 und BAG 16. Februar 2012 – 3 AZB 34/11 – Rn. 13).
Weiter wurde darauf verwiesen, dass das BAG (Urteil vom 5. Dezember 2012 (3 AZB 40/12) auch bereits entschieden hat, dass das Arbeitsgericht nicht verpflichtet ist darauf hinzuweisen, dass der Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin noch nicht bescheidungsfähig war, weil keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin vorlag.
RA A. Martin