Sozialauswahl

BAG Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung und Rentennähe

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BAG Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung und Rentennähe
BAG und Sozialauswahl

Sozialauswahl bei zeitlicher Nähe zur Rente

Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer betriebsbedingt das Arbeitsverhältnis kündigt, dann kann er nicht nach freien Belieben einen beliebigen Arbeitnehmer auswählen, dem er das Arbeitsverhältnis beendet. Der Arbeitgebers ist grundsätzlich verpflichtet eine sogenannte Sozialauswahl durchzuführen. Voraussetzung dafür ist das das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet und es sich um eine betriebsbedingte Kündigung handelt.

Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

Eine betriebsbedingte Kündigung ist eine Kündigung, deren Gründe nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen, sondern welche aufgrund eines betrieblichen Überhang an Arbeitskräften ausgesprochen wird. Diese betriebsbedingten Gründe können innerbetriebliche oder auch außerbetriebliche Gründe haben.

Die betriebsbedingte Kündigung ist eine von drei in § 1 Abs. 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz genannten Möglichkeiten, die dem Arbeitgeber für eine solche Kündigung zur Verfügung stehen. Daneben gibt es noch die personenbedingte und die verhaltensbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber.

Der Arbeitnehmer braucht für eine ordentliche Eigenkündigung keinen Grund.

Wann findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung?

Das Kündigungsschutzgesetz findet dann Anwendung, wenn der Arbeitnehmer länger als sechs Monate im Betrieb tätig ist und im Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit abzüglich der Auszubildenden tätig sind.

Wo ist die Durchführung der Sozialauswahl geregelt?

Eine gesetzliche Regelung zur Durchführung der Sozialauswahl findet man in § 1 Abs. 3 des Kündigungsschutzgesetzes.

Muss der Arbeitgeber bei jeder ordentlichen Kündigung die Sozialauswahl durchführen?

Die Sozialauswahl es grundsätzlich bei einer betriebsbedingten Kündigung durchzuführen, wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Bei einer ordentlichen Kündigung im Kleinbetrieb oder in der Probezeit braucht der Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund, es sei denn, dass Sonderkündigungsschutz greift. Auch bei Anwendbarkeit des KSchG braucht der Arbeitgeber aber keine Sozialauswahl durchzuführen, wenn z.B. der Betrieb insgesamt geschlossen wird und allen Arbeitnehmern das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt gekündigt wird.

Wie ist die Sozialauswahl durchzuführen?

Bei der Durchführung der Sozialauswahl muss der Arbeitgeber vergleichbare Arbeitnehmer in eine Gruppe zusammenfassen und dann die entsprechende Entscheidung treffen-nach bestimmten Auswahlkriterien-welcher Arbeitnehmer die Kündigung erhalten soll.

Welche Ebenen gibt es bei der Sozialauswahl?

Bei der Sozialauswahl gibt es die horizontale Ebene, die vertikale Ebene und die räumliche Ebene.

Die horizontale Ebene bedeutet, dass Arbeitnehmer dann vergleichbar sind, wenn sie eine vergleichbare Berufsausbildung haben bzw. vergleichbare Tätigkeiten ausführen. Voraussetzung ist, dass die Arbeitnehmer durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers an den jeweiligen anderen Arbeitsplatz umgesetzt werden können.

Was bedeutet Vertikalebene?

Vertikal sind Arbeitnehmer dann vergleichbar, wenn sie sich auf der gleichen Hierarchieebene befinden.

Was bedeutet räumliche Ebene?

Die räumliche Ebene bedeutet, dass Arbeitnehmer dann im Rahmen der Sozialauswahl vergleichbar sind, wenn sie im gleichen Betrieb beschäftigt sind. Eine räumliche Vergleichbarkeit liegt auch dann vor, wenn nach dem Arbeitsvertrag der Arbeitnehmer in einen anderen Betrieb des Unternehmens hätte versetzt werden können.

Was passiert, wenn die Arbeitnehmer nun vergleichbar sind?

Sofern der Arbeitgeber die Gruppe der vergleichbaren Arbeitnehmer gebildet hat, muss er eine entsprechende Auswahl treffen und dabei den am wenigsten schutzbedürftigen Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigen.

Nach welchen Auswahlkriterien bestimmt sich die Schutzbedürftigkeit?

Die Schutzbedürftigkeit bestimmt sich gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes nach folgenden Kriterien:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Unterhaltspflicht
  • Schwerbehinderung

Was ist bei Arbeitnehmern, die rentennah sind?

Das Bundesarbeitsgericht hatte nun sich damit zu beschäftigen, ob im Rahmen der Sozialauswahl auch zulasten eines Arbeitnehmers berücksichtigt werden darf, dass dieser faktisch das Renteneintrittsalter bald erreicht. Das Bundesarbeitsgericht hat dies bejaht.

Was hat das Bundesarbeitsgericht im Bezug auf Berücksichtigung des Rentenalters bei der sozialen Auswahl entschieden?

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 8.12.2022 – 6 AZR 31/22) hat entschieden, dass bei der betriebsbedingten Kündigung der Arbeitgeber grundsätzlich die Sozialauswahl anhand der Kriterien nach § eins Abs. 3 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (bzw. hier nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 der Insolvenzordnung) zu treffen hat. Bei der Gewichtung des Lebensalters kann der Arbeitgeber grundsätzlich auch zulasten des Arbeitnehmers berücksichtigen, wenn dieser bereits eine vorgezogene Rente wegen Alters abschlagsfrei bezieht. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer „rentennah“ ist, also eine solche abschlagsfreie Rente spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem im Aussicht genommenen Endes Arbeitsverhältnis beziehen kann. Dies gilt nicht für schwerbehinderte Menschen.

Was hat das BAG in seiner Pressemitteilung dazu ausgeführt?

Das Bundesarbeitsgericht hat dazu in seiner Pressemitteilung vom 8.12.2022, Nr. 46/22 ausgeführt:

Der Senat befand die erste Kündigung vom 27. März 2020 wie die Vorinstanzen im Ergebnis für unwirksam. Allerdings durften die Betriebsparteien die Rentennähe der Klägerin bei der Sozialauswahl bezogen auf das Kriterium „Lebensalter“ berücksichtigen. Sinn und Zweck der sozialen Auswahl ist es, unter Berücksichtigung der im Gesetz genannten Auswahlkriterien gegenüber demjenigen Arbeitnehmer eine Kündigung zu erklären, der sozial am wenigsten schutzbedürftig ist. Das Auswahlkriterium „Lebensalter“ ist dabei ambivalent. Zwar nimmt die soziale Schutzbedürftigkeit zunächst mit steigendem Lebensalter zu, weil lebensältere Arbeitnehmer nach wie vor typischerweise schlechtere Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Sie fällt aber wieder ab, wenn der Arbeitnehmer entweder spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses über ein Ersatzeinkommen in Form einer abschlags-freien Rente wegen Alters – mit Ausnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§§ 37, 236a SGB VI) – verfügen kann oder über ein solches bereits verfügt, weil er eine abschlagsfreie Rente wegen Alters bezieht. Diese Umstände können der Arbeitgeber bzw. die Betriebsparteien bei dem Auswahlkriterium „Lebensalter“ zum Nachteil des Arbeitnehmers berücksichtigen. Insoweit billigen ihnen § 1 Abs. 3 KSchG, § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO einen Wertungsspielraum zu. Die streitbefangene Kündigung vom 27. März 2020 war im Ergebnis dennoch unwirksam, weil die Auswahl der Klägerin im vorliegenden Fall allein wegen ihrer Rentennähe unter Außerachtlassung der anderen Auswahlkriterien „Betriebszugehörigkeit“ und „Unterhaltspflichten“ erfolgte und deswegen grob fehlerhaft war. Im Hinblick auf die vorsorgliche Kündigung vom 29. Juni 2020 hatte die Revision des beklagten Insolvenzverwalters demgegenüber Erfolg. Diese Kündigung ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 30. September 2020 aufgelöst.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 8. Dezember 2022 – 6 AZR 31/22

Anmerkung: Aus Arbeitnehmersicht ist diese Entscheidung schlecht. Ist man bisher davon ausgegangen ist, dass bei der Sozialauswahl es für den Arbeitnehmer umso besser ist, je älter ist, muss man davon nun Abstand nehmen. Ab einem bestimmten Lebensalter kann dieses bei Rentennähe bei der Sozialauswahl negativ berücksichtigt werden. Dies ist deshalb erstaunlich, da auf der anderen Seite gerade ältere Arbeitnehmer erheblich mehr Probleme haben einen neuen, vergleichbaren Job zu erhalten als junge Arbeitnehmer.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

betriebsbedingte Kündigung

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betriebsbedingte Kündigung
betriebsbedingte Kündigung

Nachfolgend habe ich als Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin (Andreas Martin) aus meiner Erfahrung die wesentlichen Fragen von Mandanten zu betriebsbedingten Kündigung des Arbeitnehmers zusammengefasst. Es geht insbesondere darum, was eine betriebsbedingte Kündigung ist, wann diese zulässig ist, welche Voraussetzungen für die ordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen vorliegen müssen und wie sich der Arbeitnehmer effektiv dagegen wehren kann. Schon jetzt soll ausgeführt werden, dass die Kündigungsschutzklage oft die einzige Möglichkeit ist, um eine Abfindung nach einer Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen zu erhalten.


Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

Die betriebsbedingte Kündigung ist eine von drei verschiedenen ordentlichen Kündigungsmöglichkeiten gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dies wiederum setzt voraus, dass für eine betriebliche Kündigung, die aus betrieblichen Gründen erfolgt, dass Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden muss. Der Arbeitgeber kann unter bestimmten Voraussetzung danach das Arbeitsverhältnis aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ordentlich kündigen. Wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, ist die Kündigung sozial gerechtfertigt und damit wirksam.


Hinweis: Bei einer betriebsbedingten Kündigung sind verschiedene, strenge Voraussetzungen einzuhalten und für den Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess darzulegen und notfalls auch zu beweisen.


Was bedeutet die Kündigung für den Arbeitnehmer?

Für den Arbeitnehmer bedeutet eine solche Kündigung, dass er nun prüfen muss, ob er sich gegen die Kündigung wehren möchte oder diese akzeptiert. Die betriebsbedingten Gründe des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer meistens nur grob nachvollziehen. In der Regel wird ein Anwalt immer zur Klage – also zur Kündigungsschutzklage – raten, um so die Möglichkeit zu eröffnen, dass der Arbeitnehmer gegebenfalls mittels Kündigungsschutzprozess doch noch eine Abfindung vor dem Arbeitsgericht aushandeln kann.


Hinweis: Nur die Kündigungsschutzklage eröffnet dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eine Abfindung zu erhalten.


Was sind die häufigsten Gründe für die Kündigung aus betrieblichen Gründen?

Die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen, kommt in der Praxis viel häufiger vor, als die anderen beiden Kündigungsmöglichkeiten nach dem Kündigungsschutzgesetz, nämlich die verhaltensbedingte und die personenbedingte Kündigung. Gerade in Krisenzeiten, z.B. in der Corona-Pandemie – gibt es überwiegend betriebsbedingte Kündigungen.

Gründe hierfür können sein:

  • Umstrukturierung,
  • Schließung von Filialen oder Abteilungen
  • Betriebsschließung
  • Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen im Betrieb

Die Ursachen sind oft Absatzrückgang oder andere wirtschaftliche Probleme des Unternehmens. Diese können innerbetrieblich oder außerbetriebliche sein.


Muss der Arbeitgeber die Kündigung begründen?

Nein. Er muss diese im Kündigungsschreiben nicht begründen. Er muss noch nicht einmal schreiben, dass er aus betriebsbedingten Gründen kündigt. Im Kündigungsschutzverfahren muss er aber sehr wohl die Gründe für die Kündigung genau darlegen und notfalls beweisen.


Was sind die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung?

Die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung sind:

  1. dringende betriebliche Erfordernisse
  2. notwendige unternehmerische Entscheidung
  3. Wegfall des Arbeitsplatzes des gekündigten Arbeitnehmers
  4. das Fehlen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten
  5. Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte, insbesondere einer Sozialauswahl

Darüber hinaus muss das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden.


Wann findet das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis Anwendung?

Das Kündigungsschutzgesetz findet Anwendung, wenn der Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer dauerhaft in Vollzeit beschäftigt sind. Teilzeitbeschäftigte zählen mit einem Bruchteil. Auszubildende zählen nicht bei der Ermittlung des Schwellenwertes. Weiter muss der Arbeitnehmer bereits länger als sechs Monate beschäftigt sein. Dabei ist unerheblich, ob im gleichen Betrieb oder in einer anderen Betriebsstätte des Arbeitgebers. Entscheidend ist die Dauer das Arbeitsverhältnis beim jeweiligen Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung.

| allgemeiner Künidungsschutz |
|:–|:–|
| Arbeitsverhältnis 6 Monate |Mindestarbeitnehmer mehr als 10


Wann liegen betriebliche Erfordernisse vor?

Die betrieblichen Erfordernisse sind für eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen notwendig. Diese müssen vorliegen. Es handelt sich dabei um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Es müssen betriebliche Gründe vorliegen, die zu einem Personalabbau führen.

Welche betrieblichen Gründe können dies sein?

Es können hier innerbetriebliche aber auch außerbetriebliche Gründe vorliegen. welche die Ursache für die betrieblichen Erfordernisse sind.

Außerbetriebliche Gründe sind zum Beispiel:

  • Auftragsmangel
  • Wegfall von Subventionen
  • Umsatzrückgang
  • Wegfall eines Großauftrages
  • Schließung durch Corona des Betriebes

Innerbetriebliche Gründe können zum Beispiel sein:

  • Betriebseinschränkung,
  • Betriebsstilllegung
  • Rationalisierungsmaßnahmen
  • Umstellung oder Einstellung der Produktion

Was ist mit „unternehmerischer Entscheidung“ gemeint?

Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist eine weitere Voraussetzung für eine wirksame Kündigung aus betriebsbedingten Gründen des Arbeitgebers, dass der Arbeitgeber vor der Kündigung eine unternehmerische Entscheidung trifft. Gemeint ist damit das Konzept, wonach sich der Personalabbau bestimmt.


Überprüft das Gericht die unternehmerische Entscheidung?

Nein. Die unternehmerische Entscheidung ist grundsätzlich der gerichtlichen Kontrolle der Arbeitsgerichte entzogen. Das Gericht darf nicht prüfen, ob die Entscheidung wirtschaftlich sinnvoll oder ob in irgendeiner Weise die zu erwartenden Vorteile tatsächlich eintreten werden. Das Gericht kann allenfalls überprüfen, ob die unternehmerische Entscheidung gesetzeskonform ist, d. h. ob diese gegen zwingendes Recht verstößt oder nicht.


Kann eine solche Unternehmerentscheidung missbräuchlich sein?

Dies ist möglich, wenn auch selten. Ein missbräuchliches Handeln liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber zum Beispiel durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen seinen Betrieb in mehrere Teile aufspaltet, um den Arbeitnehmern den allgemeinen Kündigungsschutz zu entziehen. Dies wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn die einzelnen Teile nicht mehr als 10 Arbeitnehmer hätten. Hier wäre dann aber an einen Gemeinschaftsbetrieb zu denken.


Darf das Arbeitsgericht prüfen, ob der Arbeitgeber die schlechte wirtschaftliche Situation selbst verursacht hat?

Nein. Der möglichst rationelle Einsatz der Arbeitskräfte ist Sache des Arbeitgebers. Auch prüft das Gericht nicht, ob der Arbeitgeber die wirtschaftliche Notlage selbst verschuldet hat oder welche Maßnahmen für das Unternehmen nun sinnvoller wären. Die strategische Entscheidung des Unternehmers ist der gerichtlichen Überprüfung entzogen.


Darf das Gericht überprüfen, ob die dauerhafte Personalreduzierung zweckmäßig ist?

Nein. Auch dies ist Teil der unternehmerischen Entscheidung die vom Gericht nicht überprüft werden darf.


Was heißt Wegfall des Arbeitsplatzes?

Der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers muss nach der Entscheidung des Arbeitgebers ursächlich entfallen.

Beispiel: Der Arbeitgeber trifft die Entscheidung nun den Außendienst im Unternehmen komplett abzubauen und über Drittfirmen zu betrieben. Aufgrund dieser Entscheidung fallen die Arbeitsplätze der Außendienstmitarbeiter weg.


Muss das Beschäftigungsbedarf dauerhaft wegfallen?

Grundsätzlich ist der dauerhafte Wegfall des Arbeitsplatzes bei der betriebsbedingten Kündigung erforderlich. Im Gegensatz zur Kurzarbeit, wo vorübergehend kein Beschäftigungsbedürfnis besteht, ist es bei der betriebsbedingten Kündigung so, dass das Beschäftigungsbedürfnis dauerhaft wegfallen muss. Die Kündigung in der Kurzarbeit ist daher problematisch.

Kurzarbeitbetriebsbedingte Kündigung
Vorübergehender Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeitdauerhafter Wegfall des Beschäftigungsbedarfs

Muss der Arbeitgeber erklären, wie die Arbeit nach der Kündigung verteilt wird?

Ja. Diesbezüglich muss der Arbeitgeber die Tatsachen näher darlegen, aus dem sich ergeben soll, dass er zukünftig auf Dauer mit einer reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen ist. Es dürfen dabei für die übrigen Beschäftigten nicht dauerhaft Überstunden anfallen.

Beispiel: Der Arbeitgeber beschließt, dass zukünftig die Buchhaltung nicht mehr intern durchgeführt wird. Die Stelle des Buchhalters fällt weg. Einen Teil der Tätigkeit wird durch ein externes Steuerbüro erledigt. Der Rest wird auf die Sekretariatsstelle (Sekretärin) übertragen. Dadurch muss diese im Monat regelmäßig 20 Überstunden machen.

Ergebnis: Die betriebsbedingte Kündigung des Buchhalters wäre schon deshalb unwirksam, da der Beschäftigungsbedarf nicht komplett weggefallen ist, sondern immer noch besteht (siehe 20 Überstunden der Sekretärin).


Wann ist die Kündigung dringlich?

Die Kündigung muss dringlich sein. Damit ist gemeint, dass es nicht möglich ist den Arbeitnehmer auf einen anderen freien Arbeitsplatz im Betrieb oder des Unternehmens weiter zu beschäftigen.


Was ist bei der fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu beachten?

Dabei zu beachten, dass solche Arbeitsplätze frei sind, die zum Zeitpunkt der Kündigung unbesetzt sind oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist voraussichtlich zur Verfügung stehen werden. Es muss sich um einen vergleichbaren Arbeitsplatz handeln.


Reicht ein freier Arbeitsplatz im Konzern aus?

Nein, es muss sich um einen freien Arbeitsplatz im Unternehmen handeln.


Muss der Arbeitgeber einen freien Arbeitsplatz schaffen?

Nein. Es muss sich um einen tatsächlich freien Arbeitsplatz handeln. Der Arbeitgeber muss nicht dem Arbeitnehmer faktisch einen Arbeitsplatz schaffen. Ansonsten könnte man kaum aus betriebsbedingten Gründen kündigen.


Achtung: Die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in demselben Betrieb des Unternehmens muss sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und zumutbar sein.


Was ist mit freien Arbeitsplätze im Ausland?

Der Weiterbeschäftigungsanspruch erstreckt sich grundsätzlich nicht auf Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb oder Betriebsteil des Unternehmens.


Welche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten sind zu prüfen?

Die dem gekündigten Arbeitnehmer anzubietenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nach § 1 Abs. 2 S. 2 und 3 KSchG können folgende Tätigkeiten umfassen:

  1. Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz in dem Beschäftigungsbetrieb
  2. Weiterbeschäftigung unter geänderten Arbeitsbedingungen mit Einverständnis des Arbeitnehmers
  3. Weiterbeschäftigung nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen des Arbeitnehmers

Was ist, wenn ein freier Arbeitsplatz existiert, aber hier für Umschulungsmaßnahmen notwendig sind?

Sofern die Umschulungsmaßnahmen dem Arbeitgeber zumutbar sind und der Arbeitnehmer einverstanden ist, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer diesen freien Arbeitsplatz anbieten. Es muss sich aber um eine vergleichbare Tätigkeit handeln.


Kommt auch eine Versetzung in Betracht?

Ja, eine Versetzung auf einen freien Arbeitsplatz ist eine mildere Maßnahme als eine betriebsbedingte Beendigungskündigung.


Muss der Arbeitgeber auch eine Interessenabwägung vor Ausspruch der Kündigung vornehmen?

Wie bei allen Kündigungsgründen hat auch der Arbeitgeber hier abzuwägen zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an dem Erhalt seines Arbeitsplatzes und seinem wirtschaftlichen Interesse als Arbeitgeber. Allerdings gibt es hier eine Reihe von Besonderheiten, da die unternehmerische Entscheidung nicht durch das Gericht überprüft werden darf, insbesondere nicht auf deren Zweckmäßigkeit. Die Interessenabwägung bei der betriebsbedingten Kündigung findet von daher nicht besonders streng statt.


Was ist eine Sozialauswahl?

Nach § 1 Abs. 3 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ist eine betriebsbedingte Kündigung trotz des Vorliegens eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes unwirksam, wenn bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder ungenügend berücksichtigt worden sind.


Was ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Sozialauswahl?

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Sozialauswahl ist der Zugang der Kündigungserklärung.


Wie ist die Sozialauswahl vorzunehmen?

Die Sozialauswahl unterteilt sich in drei Schritte:

  1. Festlegung des auswahlrelevanten Personenkreises
  2. Ausschluss besonders benötigter Arbeitnehmer
  3. Berücksichtigung von sozialen Gesichtspunkten

Was bedeutet Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer?

Die Sozialauswahl hat grundsätzlich ausschließlich zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern stattzufinden, die Kündigungsschutz genießen. Bei der Vergleichbarkeit zur sozialen Auswahl spielen vorwiegend arbeitsplatzbezogenen Merkmale eine wesentliche Rolle. Dies ist unproblematisch, wenn die Arbeitsplätze völlig identisch sind. Dies ist aber nicht immer so. Sind die Arbeitsplätze nur teilweise identisch, kommt es auf den Aufgabenbereich an der überwiegt und darauf, ob der Arbeitnehmer aufgrund seiner beruflichen Qualifikation in der Lage ist eine andersartige Beschäftigung ausüben. Eine kurze Einarbeitungszeit schadet hier nicht.

Achtung: Eine Vergleichbarkeit liegt immer dann vor, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zum jeweiligen Arbeitsplatz kraft seines Direktionsrechts versetzen könnte.


Sind Vollzeit und Teilzeitkräfte vergleichbar?

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes darf die Sozialauswahl nicht nur auf Arbeitnehmer beschränkt werden, die faktisch im gleichen zeitlichen Umfang tätig sind. Faktisch heißt dies, dass auch eine Auswahl nach den sozialen Gesichtspunkten zwischen Vollzeit und Teilzeitarbeitnehmern möglich ist unzulässig ist.


Welche Arbeitnehmer sind bei der Sozialauswahl nicht zu berücksichtigen?

Aus der Gruppe, welche für die Sozialauswahl in Betracht kommt, sind die offensichtlich unkündbaren Arbeitnehmer herauszunehmen.

Dies sind z.B. folgende Arbeitnehmer:

  • AN in Mutterschutz
  • AN in Elternzeit
  • AN mit befristeten Arbeitsvertrag ohne Kündigungsmöglichkeit

Was sind die Kriterien für die Sozialauswahl?

Die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 des Kündigungsschutzgesetzes beschränkt sich im Endeffekt auf vier Kriterien:

  1. Dauer der Betriebszugehörigkeit
  2. Lebensalter
  3. Unterhaltspflichten
  4. Schwerbehinderung

Kann eine betriebsbedingte Kündigung auch aus anderen Gründen unwirksam sein?

Wie jede Kündigung, kann auch eine betriebsbedingte Kündigung aus anderen Gründen unwirksam sein.

| weitere Unwirksamkeitsgründe|
|:–|:–|
| keine Schriftform, z.b. bei mündlicher Kündigung oder per E-Mail |
| fehlende Unterschrift unter der Kündigung |
| Unterschrift mit Paraphe|
| erfolgreich zurückgewiesener Kündigung wegen fehlender Vollmacht nach § 174 BGB|
| Bestehen von Sonderkündigungsschutz, Schwangerschaft,Betriebsrat, Schwerbehinderung |


Wie verhalte ich mich bei einer betriebsbedingten Kündigung?

Wer eine betriebsbedingte Kündigung erhalten hat, hat nur die Möglichkeit die Kündigung zu akzeptieren oder innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht zu erheben.

Vorschlag bezüglich des Verhaltens bei einer betriebsbedingten Kündigung:

  1. Ruhen bewahren!
  2. Termin des Zugangs der Kündigung notieren!
  3. 3-Wochenfrist notieren!
  4. Rechtschutzversicherung nach Deckungszusage fragen!
  5. Anwalt zur Rechtsberatung aufsuchen!
  6. Kündigungsschutzklage einreichen

Welche Frist ist zu beachten?

Für die Erhebung der Kündigungsschutzklage gilt eine Frist von 3 Wochen. Die Frist von drei Wochen ist in § vier Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes geregelt.


Was passiert, wenn die Klagefrist versäumt wird?

Wenn diese Frist versäumt ist, dann gilt die Kündigung von Anfang an als wirksam. Dies ist die sogenannte Wirksamkeitsfiktion nach § 7 des Kündigungsschutzgesetzes. In wenigen Ausnahmefällen kann der Arbeitnehmer noch eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage erreichen.

Achtung: Will der Arbeitnehmer die Kündigung nicht akzeptieren, muss er Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen.


Was kann ich tun, wenn ich eine betriebsbedingte Kündigung erhalten habe und eine Abfindung möchte?

Auch hier ist die beste Möglichkeit die rechtzeitige Erhebung der Kündigungsschutzklage. Will der Arbeitnehmer eine Abfindung bei der betriebsbedingten Kündigung erhalten, bleibt ihm nur der Weg zur Kündigungsschutzklage. Damit bleibt der Arbeitnehmer „im Spiel“ und kann im Gütetermin durch Vergleichsverhandlungen eine Abfindungszahlung oft erreichen.

Besteht ein Anspruch auf Abfindung?

Nein, auch bei einer betriebsbedingte Kündigung besteht nicht automatisch ein Abfindungsanspruch. Es gibt einige Ausnahmefälle, so zum Beispiel nach § 1 a KSchG.

§ 1 a KSchG: Wenn eine Kündigung ausgesprochen wird mit einem Abfindungsangebot, bekommt der Arbeitnehmer die Abfindung, wenn er keine Klage eingereicht.

Diese Fälle kommen der Praxis aber selten vor.

Auch beim Bestehen eines Sozialplanes kann ein Abfindungsanspruch bestehen. Ein solche Abfindung ist oft in einem Sozialplan nach einer bestimmten Abfindungsformel geregelt.


Der Arbeitnehmer hat nur die Möglichkeit sich gegen die Kündigung mittels Klage zu wehren und vor dem Gericht im Kündigungsschutzverfahren eine Abfindung auszuhandeln.


Weshalb besteht die einzige Möglichkeit eine Abfindung zu bekommen in der Erhebung der Kündigungsschutzklage?

Wird die Klage nicht erhoben, dann wird die Kündigung wirksam. Damit ist jegliche Vergleichsgrundlage für den Arbeitnehmer entfallen. Der Arbeitnehmer hat kein Druckmittel mehr gegen den Arbeitgeber in der Hand, um von diesen eine Abfindung zu halten. Damit ist er auf das Belieben des Arbeitgebers angewiesen und diese wird, wenn er nicht muss, in der Regel keine Abfindung zahlen, ansonsten hätte er dies schon vorher angeboten.

Achtung: Arbeitgeber zahlen Abfindungen oft nur bei einer bestehenden Drucksituation, wie z.B. in einem Kündigungsschutzprozess.


Nur mit der Klageeinreichung hat der Arbeitnehmer noch die Chance entsprechenden Druck auf den Arbeitgeber auszuüben. Der Arbeitgeber wird in der Regel dann eine Abfindung zahlen, wenn die Chancen im Prozess nicht besonders gut sind. Ist das Prozessrisiko für den Arbeitgeber recht hoch, was nicht selten bei der Kündigung aus betriebsbedingten Gründen der Fall ist, wird er versuchen eine wirtschaftliche Lösung zu finden und diese besteht oft darin den Arbeitnehmer eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes zu zahlen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass er den Arbeitnehmer nach Abschluss des verlorenen Prozess weiterbeschäftigen und diese auch noch den ausgefallenen Lohn (sog. Annahmeverzugslohn) nachzahlen muss.


Wie hoch ist die Abfindung bei der betriebsbedingten Kündigung?

Die Abfindungshöhe ist oft reine Verhandlungssache. Der Arbeitgeber kann meist auch nicht zur Zahlung einer angemessenen Abfindung gezwungen werden. In der Praxis ist eine grobe Orientierung für die Abfindungshöhe die Abfindungsformel des jeweiligen Arbeitsgerichts, welche rechtlich nur bei einem Auflösungsantrag eine Rolle spielt.

Achtung: Bei den meisten Arbeitsgerichten – auch beim Arbeitsgericht Berlin – lautet die Abfindungsformel: Bruttomonatsgehalt x Beschäftigungsauer ./. 2.


Wie sieht ein Muster einer betriebsbedingten Kündigung aus?

Ein Muster einer betriebsbedingten Kündigung könnte so lauten:

Sehr geehrter Herr Meyer,

hiermit kündigen wir Ihnen das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis mit ordentlicher Frist zum …. aus betriebsbedingten Gründen. Hilfsweise kündigen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

…….

Achtung: In der Kündigungserklärung muss aber nicht stehen, dass die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen erfolgt. Es ist oft besser gar nichts zum Kündigungsgrund zu schreiben.

Muss man sich über einen Anwalt gegen eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen wehren?

Nein, vor dem Arbeitsgericht besteht kein Anwaltszwang. Die Chancen im Prozess aber eine Abfindung auszuhandeln, sind mit bei Beauftragung eines Rechtsanwalts (eines Fachanwalts für Arbeitsrecht), aber erheblich höher. Der Anwalt kennt das Prozessrisiko und kann auch einschätzen, wie hoch die Chancen sind einen Vergleich zu erzielen. Auch bei den Vergleichsverhandlungen spielt anwaltliche Taktik und Erfahrung eine erhebliche Rolle.


Wie kann man eine Kündigungsschutzklage finanzieren?

Die Kündigungsschutzklage kann man über eine Rechtsschutzversicherung für das Arbeitsrecht finanzieren. Hier besteht immer freie Anwaltswahl. Der Arbeitnehmer ist also nicht an den Vorschlag in Bezug auf den Anwalt seiner Rechtsschutzversicherung gebunden, sondern kann sich nach Belieben, am besten vor Ort, einen Rechtsanwalt bzw. einen Fachanwalt für Arbeitsrecht suchen.


Finanzierung über Prozesskostenhilfe: Ansonsten besteht in einigen Fällen auch die Möglichkeit der Finanzierung über Prozesskostenhilfe.

Dies soll aber wohl überlegt sein. Die Prozesskostenhilfe ist kein Geschenk des Staates, sondern eine Art Darlehen.


Welche Kündigungsfrist gilt bei der betriebsbedingten Kündigung?

Wenn es keine abweichenden Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag gibt, dann gelten für die betriebsbedingte Kündigung die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB. Dort ist geregelt, mit welcher Frist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigen kann. Für den Arbeitnehmer gelten besondere Kündigungsfristen. Die Frist des Arbeitgebers beträgt in den ersten zwei Jahren, mit Ausnahme der Probezeit, hier besteht eine Zweiwochenfrist, vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Nach zwei Jahren erhöht sich die Frist für die Kündigung durch den Arbeitgeber mit der Dauer des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses.

BeschäftigungsdauerFrist
Probezeit (6 Monate)2 Wochen taggenau
unter 2 Jahre4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende
ab 2 Jahren1 Monat zum Monatsende
ab 5 Jahren2 Monate zum Monatsende
ab 8 Jahren3 Monate zum Monatsende
ab 10 Jahren4 Monate zum Monatsende
ab 12 Jahren5 Monate zum Monatsende
ab 15 Jahren6 Monate zum Monatsende
ab 20 Jahren7 Monate zum Monatsende

Achtung: Abweichungen von der gesetzlichen Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag sind nur in engen Grenzen möglich.


weiterführende Artikel zur betriebsbedingten Kündigung

Nachfolgende finden Sie einige interessante Artikel und Entscheidungen zur Problematik der Kündigung aus betriebsbedingten Gründen.


  1. Betriebsbedingte Corona-Kündigungen werden zunehmen!
  2. Corona-Virus und betriebsbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses?
  3. Betriebsbedingte Kündigung bei Schließung einer Filiale/ Betriebsstätte durch den Arbeitgeber- was tun?
  4. Betriebsbedingte Kündigung in der Elternzeit.
  5. LAG Berlin-Brandenburg: Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen durch Betriebsvereinbarung
  6. Bei betriebsbedingte Kündigung – kein freier Arbeitsplatz – was heißt dies?
  7. BAG: betriebsbedingte Kündigung – Arbeitgeber muss nicht Arbeitsplatz im Ausland anbieten
  8. betriebsbedingte Kündigung – welche Kündigungsfrist gilt?
  9. betriebsbedingte Kündigung: Welcher Zeitpunkt ist für die Unternehmerentscheidung maßgeblich?
  10. BAG: betriebsbedingte Kündigung mit Begründung des Wegfalls einer Hierarchieebene erschwert
  11. BAG – Betriebsübergang auch bei Auslagerung ins Nahe Ausland- betriebsbedingte Kündigung unwirksam
  12. betriebsbedingte Kündigung und Missbrauchskontrolle

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin

Corona-Virus und betriebsbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses?

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Corona-Erkältung und Kündigung durch den Arbeitgeber
Corona und Kündigung

Corona beeinfluss immer noch das Arbeitsrecht, auch wenn nun über dem Sommer (2022) mit der milderen Omikron-Variante des Coronaviruses die Krankheitsfälle weitaus milder verlaufen . Betriebsstilllegungen bzw. zeitweise Schließungen des Betriebes sind derzeit eher selten. Allerdings führt der Krieg in der Ukraine immer mehr zu wirtschaftlichen Beeinträchtigungen. Ab Herbst 2022 wird dann wieder eine neue Corona-Welle erwartet. Dies wird sowohl Arbeitnehmer und Arbeitgeber belasten. Zum einen weil ein Teil der Belegschaft erkrankt ist und zum anderen werden Lieferketten ausfallen, so dass eine Produktion entweder gar nicht oder nur zum Teil möglich ist.

Kurzarbeit oder Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Erkrankungen

Dies wiederum führt dazu, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer nicht oder nur im geringen Umfang (Kurzarbeit) beschäftigen kann. Der Arbeitgeber muss aber weiter den Lohn zahlen, auch wenn der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringt, denn er trägt das sog. Betriebsrisiko (Risiko, dass immer ausreichend Arbeit vorhanden ist). Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigungen sind aber problematisch. Bei Kurzarbeit ist nur ein vorläufiger Arbeitsausfall zu verzeichnen, bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitsplatz dauerhaft wegfallen.

betriebsbedingte Kündigung wegen Corona

Die Frage ist nun, ob ein Arbeitnehmer – aufgrund der obigen Umstände (Ausbreitung des Corona-Viruses in Deutschland) – gegenüber einzelnen Arbeitnehmern eine sog. betriebsbedingte Kündigung aussprechen kann.

Kündigungsschutzgesetz

Sofern das Kündigungsschutzgesetz greift, hat der Arbeitnehmer meist gute Chancen sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung zu wehren (sog. allgemeiner Kündigungsschutz).

Sozialwidrigkeit der Kündigung

Eine Kündigung ist nicht sozialwidrig, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist; dies regelt § 1 Abs. 2 S. 1 des Kündigungsschutzgesetzes. Die Vorschrift dient dem Ausgleich zwischen der Freiheit des Arbeitgebers, Entscheidungen über Gegenstand und Umfang seines Unternehmens zu treffen, und andererseits dem Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes gerecht zu werden.

Für eine betriebsbedingte Kündigung müssen folgende Bedingungen vorliegen:

  • Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse (§ 1 Abs. 2 S. 1 KSchG)
  • Fehlen milderer Mittel (Ultima-Ratio-Prinzip)
  • Fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit (§ 1 Abs. 2 S. 2 und 3 KSchG)
  • Dringlichkeit des betrieblichen Erfordernisses
  • Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 und 4 KSchG)

Umsatzeinbußen durch Schließung

Auf äußere Umstände beruhende Umsatzeinbußen (aber nicht nur) sind grundsätzlich geeignet, um eine betriebsbedingte Kündigung zu begründen.

Der Arbeitgeber muss daraufhin eine unternehmerische Entscheidung treffen, dass ein bzw. mehrere Arbeitsplätze aus wirtschaftlichen Gründen wegfallen sollen.

Der Arbeitgeber muss aber auch prüfen, ob nicht auf anderen freien Arbeitsplätzen oder zu geänderten Bedingungen eine Weiterbeschäftigung des bzw. der Arbeitnehmer möglich ist. Dies ergibt sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Ultima-Ratio).

Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigung

Im Normalfall schließen sich Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigung aus, denn die Kurzarbeit basiert auf einem vorübergehenden Arbeitsausfall, während bei einer betriebsbedingten Kündigung der Arbeitsplatz dauerhaft wegfallen muss. Dies sollte der Arbeitnehmer immer im Hinterkopf haben und sich genau notieren, wann die Kurzarbeit angeordnet wurde.

Sozialauswahl

Sodann hat der Arbeitnehmer unter den vergleichbaren Arbeitnehmer eine Sozialauswahl nach Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten (ggfs. Behinderung) zu treffen. Er kann also nicht willkürlich einen beliebigen Arbeitnehmer entlassen.

Dies heißt aber auch, dass der Arbeitgeber nicht einfach z.B. an dem Corona-Virus erkrankte Arbeitnehmer entlassen kann, sondern er muss alle Arbeitnehmer (egal ob krank oder gesund) in die Sozialauswahl einbeziehen.

Änderungskündigung

Es muss nicht immer die Beendigungskündigung sein. Es ist auch denkbar, dass Arbeitgeber eine sogenannte Änderungskündigung aussprechen, um die Folgen für den Betrieb im Bezug auf die Corona-Pandemie abzufedern. Auch wird eine Änderungskündigung immer dann notwendig sein, wenn der Arbeitnehmer der Einführung der Kurzarbeit nicht zustimmen. Die Kurzarbeit muss faktisch, sofern es keine anderweitige Regelung im Tarifvertrag gibt, mit jedem Arbeitnehmer einzelnen vereinbart werden.

Mit der Änderungskündigung kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt und bietet dann den Arbeitnehmer nach dem Ablauf der Kündigungsfrist den Arbeitsvertrag zu geänderten, meist schlechteren, Arbeitsbedingungen an. Der Arbeitnehmer kann dann dieses Angebot annehmen, auch unter dem Vorbehalt, dass die Änderung wirksam ist oder ablehnen.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin

Betriebsbedingte Kündigung bei Schließung einer Filiale/ Betriebsstätte durch den Arbeitgeber- was tun?

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betriebsbedingte Kündigung wegen Schließung einer Niederlassung
betriebsbedingte Kündigung – Filialschließung

In der Praxis kommen oft Fälle der Schließung von Teilen eines Betriebs bzw. von Filialen vor. Betroffene Arbeitnehmer erhalten dann meist eine betriebsbedingte Kündigung und wissen nicht so recht, ob es Sinn macht sich gegen diese mittels Kündigungsschutzklage zu wehren.

Arbeitnehmer haben oft folgende Fragen zur Filialschließung:

Kann der Arbeitgeber bei Schließung eines Betriebsteils betriebsbedingt kündigen?

Grundsätzlich ist eine betriebsbedingte Kündigung möglich. Wichtig ist aber, dass nicht automatisch – wenn tatsächlich die Schließung einer Filiale erfolgt – eine solche betriebsbedingte Kündigung rechtmäßig sein muss. Der Arbeitgeber muss bei einer betriebsbedingten Kündigung sowohl den allgemeinen Kündigungsschutz (wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet) als auch den Sonderkündigungsschutz (z.B. für schwerbehinderte Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer in der Pflegezeit oder Elternzeit) beachten.

Der Arbeitnehmer sollte sich im Zweifel hier immer anwaltlich (am besten durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht) beraten lassen.

In vielen Fällen macht die Erhebung einer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Sinn.

Zu den Besonderheiten bei einer Kündigung wegen Schließung eines Betriebsteils siehe unten.

Kann der Arbeitgeber außerordentlich das Arbeitsverhältnis kündigen?

Eine betriebsbedingte Kündigung wegen einer Teil-Betriebsschließung aber selbst bei einer kompletten Betriebsschließung ist in der Regel nur ordentlich unter Einhaltung der gesetzlichen/ vereinbarten Kündigungsfrist möglich. Nur im absoluten Ausnahmefall, wenn nämlich ein ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer (oft nach TVL/ oder z.B. ein Azubi) im Betrieb beschäftigt ist, dann wäre eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung denkbar.

Mit welcher Kündigungsfrist kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden?

Für die Kündigung wegen einer Filialaufgabe gilt die normale, ordentliche Kündigungsfrist. Der Arbeitgeber kann nicht mit verkürzter Frist kündigen; selbst wenn die Schließung bereits viel eher als das Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Die Kündigungsfrist ergibt sich für die meisten Arbeitnehmer aus dem Gesetz, nämlich aus

§ 622 BGB:

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Danach beträgt die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber in den ersten 2 Jahren des Arbeitsverhältnisses 4 Wochen (Ausnahme: Wenn eine Probezeit vereinbart ist, dann nur 2 Wochen innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses), dann ab 2 Jahren 1 Monat zum Monatsende und so weiter …

Wichtig ist aber, dass es auch andere Kündigungsfristen geben kann; die sich aus dem Arbeitsvertrag ergeben oder aus einem anwendbaren Tarifvertrag. Zu beachten ist aber, dass Kündigungsfristen, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergeben und welche von den gesetzlichen Frist abweichen oft unwirksam sind (hier sollte ebenfalls ein Rechtsanwalt für Arbeitsrecht zur Rate gezogen werden).

Mit welcher Frist kann der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis beenden?

Für den Arbeitnehmer gilt in der Regel immer die gleiche Frist nämlich 4 Wochen (Ausnahme: Probezeit) und zwar taggenau (also nicht zwingend zum Monatsende). Aber auch hier kann sich aus einem Tarifvertrag und in ggfs. aus einem Arbeitsvertrag etwas anderes ergeben.

Welche Formalien gelten bei der Kündigung wegen Betriebsaufgabe?

Die Formalien sind nicht anders als bei einer normalen betriebsbedingten Kündigung. Es gibt aber kündigungsrechtliche Besonderheiten. Dazu unten.

Ansonsten muss die Kündigung schriftlich erfolgen und dem Arbeitnehmer zugehen.

Muss der Betriebsrat bei den Kündigungen angehört werden?

Der Betriebsrat ist – wie bei einer normalen betriebsbedingten Kündigung – anzuhören. Erfolgt die Anhörung des Betriebsrats nicht oder nicht ordnungsgemäß, dann ist die Kündigung wirksam. Der Arbeitnehmer muss dies aber mittels Kündigungsschutzklage feststellen lassen, ansonsten gilt eine Wirksamkeitsfiktion nach § 7 des KSchG.

Hat der Betriebsrat bei der Kündigung ein Mitbestimmungsrecht?

Der Betriebsrat hat bei der Entscheidung über die Kündigung kein Mitbestimmungsrecht. Er muss nur angehört werden.

Kann der Arbeitgeber Abzubildenden, Schwangeren, Betriebsratsmitgliedern, Schwerbehinderten und Arbeitnehmern in Elternzeit und Pflegezeit (also bei Sonderkündigungsschutz) kündigen?

Bei Personen die Sonderkündigungsschutz genießen, muss der Arbeitgeber für eine ordentliche Kündigung die Zustimmung der jeweiligen „Arbeitnehmerschutzbehörde“ einholen (für den Schwerbehinderten z.B. das Integrationsamt). Beim Auszubildenden , der ja kein Arbeitnehmer ist, kann ggfs. außerordentlich gekündigt werden, da nach der Probezeit eine ordentliche Kündigung des Ausbildungsverhältnisses ausscheidet. Die Betriebsräte können frühestens zum Zeitpunkt der Stilllegung gekündigt werden.

Muss der Arbeitgeber den gekündigten Arbeitnehmern ein Arbeitszeugnis ausstellen?

Der gekündigte Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses.

Dabei muss der Arbeitnehmer beachten, dass der Arbeitgeber, wenn dieser ein Arbeitszeugs erteilt, der Arbeitnehmer grundsätzlich eine bessere Benotung als die Note drei darlegen und notfalls einklagen muss. Er muss dann beweisen, dass er besser als der Durchschnitt war.

Erteilt der Arbeitgeber wiederum ein schlechteres Zeugnis als ein durchschnittliches, so muss er dies darlegen und notfalls beweisen.

Haben gekündigte Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung?

Ein gekündigter Arbeitnehmer hat nur selten einen direkten Anspruch auf Zahlung einer Abfindung. Trotzdem werden in der Praxis bei den Arbeitsgerichten oft Abfindungen im Gütetermin im Kündigungsschutzverfahren ausgehandelt. Die Chancen hierfür stehen oft gut.

Im Falle einer Betriebsschließung kann der Betriebsrat unter Umständen einen Sozialplan mit Abfindungen (über Betriebsrat) erzwingen. Wenn ein solcher Sozialplan existiert, dann kann ein Anspruch auf Abfindung der betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer bestehen.

Welche Besonderheiten gelten für den Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung wegen einer Schließung einer Filiale?

Es gelten einige Besonderheiten bei einer Kündigung wegen einer Filial- oder Betriebsschließung:

– Änderungskündigung

In vielen Fällen darf der Arbeitgeber nicht ohne weiteres eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung (Beendigungskündigung) aussprechen, sondern muss dem Arbeitnehmer zunächst im Rahmen einer Änderungskündigung eine freie Beschäftigungsmöglichkeit in einer anderen Filiale anbieten. Dies gilt u.a. bei Schließung einer Filiale und beim Vorhandensein weiter Filialen des Betriebs. Versäumt der Arbeitgeber ein solches Angebot (Änderungskündigung),dann ist die ordentliche betriebsbedingte Kündigung unwirksam.

Wenn der Arbeitgeber schon aufgrund des Arbeitsvertrags eine solche Versetzung vornehmen dar, dann ist die Änderungskündigung entbehrlich (und sogar unwirksam).

Dies ist nicht so einfach zu verstehen. Man muss sich vorstellen, wenn zum Beispiel im Arbeitsvertrag steht, dass der Arbeitsort Berlin ist und eine Filiale in Eberswalde existiert, dann kann der Arbeitgeber eine Versetzung nicht einfach nach Eberswalde vornehmen. Er muss dazu den Arbeitsvertrag ändern, denn im Arbeitsvertrag ist ja der Arbeitsort mit Berlin angegeben.

Eine solche Änderung kann der Arbeitgeber mittels einer Änderungskündigung vornehmen.

Innerhalb von Berlin wäre aber eine Versetzung möglich. Dann muss der Arbeitgeber keine Änderungskündigung aussprechen, sondern kann die Versetzung einfach so vornehmen.

Hinweis:

Arbeitnehmern ist zu raten, wenn eine Filiale-Schließung vorgenommen wird, dass sie sich zu einem Angebot des Arbeitgebers, ob sie in einer anderen Filiale arbeiten wollen, am besten nicht sofort äußern, sondern sich erst anwaltlich beraten lassen. Wenn der Arbeitnehmer ein solches Angebot nicht eindeutig und klar von vornherein ablehnt, kann die Änderungskündigung unter Umständen entbehrlich sein. Damit nimmt sich der Arbeitnehmer die Möglichkeit, die Kündigung deswegen anzugreifen.

– Massenentlassungsanzeige

Wenn der Arbeitgeber mehrere Arbeitnehmer entlässt, ist unter Umständen ein sog. Massenentlassungsanzeige zur Agentur für Arbeit notwendig. Diese ist abhängig von der Betriebsgröße und der Anzahl der Kündigungen. Geregelt ist dies in § 17 Kündigungsschutzgesetz. Diese sollte man genau überprüfen.

– Sozialauswahl

Der Arbeitgeber muss grundsätzlich eine Sozialauswahl nur dann durchführen, wenn die geschlossene Filiale nicht ein eigenständiger Betrieb darstellt. Dies muss der Arbeitgeber darlegen und ggfs. beweisen. Ansonsten ist die Sozialauswahl komplett für den Betrieb des Arbeitgebers und damit mit allen Filialen durchzuführen.

Entscheidungen zur Kündigung bei einer Filialschließung?

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 3. April 2008 · Az. 2 AZR 879/06) hat im Jahr 2008 eine Kündigung wegen Schließung einer Filiale entschieden und führte dazu aus:

Die Beklagte hat sich darauf berufen, es habe eine Betriebsänderung in Form der Stilllegung eines ganzen Betriebs vorgelegen (§ 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG). Nach den – freilich in Bezug auf § 1 Abs. 5 Satz 3 KSchG getroffenen – Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte die Voraussetzungen für eine Betriebsstilllegung jedoch nicht ausreichend dargelegt. Aus ihrem Vorbringen ergibt sich nicht, dass es sich bei der stillgelegten Filiale um einen Betrieb oder wesentlichen Betriebsteil handelt.

….

Betrieb ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Dazu müssen die in der Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden (BAG 29. Mai 1991 – 7 ABR 54/90 – BAGE 68, 67, zu B II 1 der Gründe; 19. Februar 2002 – 1 ABR 26/01 – AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 13 = EzA BetrVG 1972 § 4 Nr. 8, zu B II 1 a der Gründe). Ein Betriebsteil ist zwar auf den Zweck des Hauptbetriebs ausgerichtet und in dessen Organisation eingegliedert, ihm gegenüber aber organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbständigt (BAG 19. Februar 2002 – 1 ABR 26/01 – aaO mwN). Für die Abgrenzung von Betrieb und Betriebsteil ist der Grad der Verselbständigung entscheidend, der im Umfang der Leitungsmacht zum Ausdruck kommt. Erstreckt sich die in der organisatorischen Einheit ausgeübte Leitungsmacht auf alle wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten, handelt es sich um einen eigenständigen Betrieb iSv. § 1 BetrVG (Senat 31. Mai 2007 – 2 AZR 254/06 – AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 12) .

(2) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe jedenfalls für die Beschäftigungsfiliale der Klägerin keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen eines selbständigen Betriebs vorgetragen. Es hat keineswegs, wie die Revision geltend macht, schlichtweg die fehlende Unterschriftsbefugnis des Filialleiters als entscheidend angesehen. Es hat sich im Gegenteil eingehend mit dem Vortrag der Parteien und insbesondere der Beklagten befasst, auch soweit die Beklagte behauptet hatte, der Filialleiter der Klägerin habe dieselben Kompetenzen gehabt wie ein Filialleiter in H. Dieses Vorbringen hat das Landesarbeitsgericht deshalb für nicht ausreichend angesehen, weil es konkrete Darlegungen zu den Kompetenzen des H Filialleiters vermisst hat. Für die Würdigung des Landesarbeitsgerichts spricht auch die unbestritten gebliebene Feststellung, dass sämtliche betriebsverfassungsrechtlichen Fragen nicht vom Filialleiter der Klägerin bearbeitet wurden, sondern – und zwar ausschließlich – von der Zentrale in B. Der Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass in grenzwertigen Personalfragen die Zentrale in B entschied, hat die Revision nicht widersprochen. Die Richtigkeit des vom Landesarbeitsgericht gewonnenen Ergebnisses belegt auch die unbestritten gebliebene Behauptung der Klägerin, sie sei in ihre letzte Beschäftigungsfiliale durch ein Schreiben der Zentrale versetzt worden, ohne dass mit dem Filialleiter ein Gespräch geführt worden wäre. Der weitere Umstand, dass nicht hinsichtlich eines einzigen der zahlreichen von der Klägerin benannten vertraglichen oder sonstigen Einzelvorgänge eine auch nur teilweise Mitwirkung des Filialleiters auch nur angedeutet worden wäre, rundet schließlich den Befund ab.

(3) Dass der Senat in der Entscheidung vom 22. September 2005 (- 2 AZR 36/05 -) angenommen hat, bei der dortigen Filiale der Beklagten in H habe es sich um einen eigenständigen Betrieb gehandelt, kann nichts an dem vorstehenden Ergebnis ändern. Es handelte sich in dem damaligen Fall um eine andere Filiale und es ging um einen anderen Zeitraum. Dass die Stellungen der Filialleiter von Fall zu Fall unterschiedlich sein konnten, ist vom Landesarbeitsgericht auf Grund der Erklärungen des von der Beklagten selbst in den Berufungstermin entsandten Mitarbeiters festgestellt worden. Überdies beruhten die Feststellungen in dem Urteil vom 22. September 2005 (aaO) auf dem dort von den Parteien vorgetragenen und vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachenstoff, der sich maßgeblich von den hier vorgetragenen Tatsachen unterschied.

cc) Das Vorliegen anderer Formen der Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG hat die Beklagte nicht behauptet. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Filiale einen wesentlichen Betriebsteil gebildet hätte. Auch mit der Revision macht die Beklagte Derartiges nicht geltend, wie sie in der Verhandlung vor dem Senat auf Nachfrage ausdrücklich erklärt hat.

b) Da die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 KSchG nicht vorliegen, kommt es auch nicht darauf an, ob die Sozialauswahl grob fehlerhaft iSd. § 1 Abs. 5 Satz 3 KSchG war.

c) Ob die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt war, kann dahinstehen.

d) Die Kündigung ist nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG unwirksam. Die Beklagte hat bei der Auswahl der Klägerin die im Gesetz aufgeführten sozialen Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt. Dies ist jedenfalls zu vermuten.

aa) Hat der Arbeitgeber entgegen § 1 Abs. 3 KSchG keine Sozialauswahl vorgenommen, so spricht eine vom Arbeitgeber auszuräumende tatsächliche Vermutung dafür, dass die Auswahl auch im Ergebnis sozialwidrig ist (BAG 18. Oktober 1984 – 2 AZR 61/83 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 33; 15. Juni 1989 – 2 AZR 580/88 – BAGE 62, 116). Der Arbeitgeber muss dann darlegen, weshalb trotz der gegen § 1 Abs. 3 KSchG verstoßenden Überlegungen ausnahmsweise im Ergebnis soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt sein sollen (BAG 17. Januar 2002 – 2 AZR 15/01 – EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 47) .

bb) Die Beklagte hat unstreitig keine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG vorgenommen, weil sie davon ausgegangen ist, die Filiale L R bilde einen eigenständigen Betrieb, so dass bei Entlassung aller Arbeitnehmerinnen sich eine Sozialauswahl erübrige. Die Unterlassung einer sozialen Auswahl bei der Kündigung der Klägerin war damit nach § 1 Abs. 3 KSchG nur dann nicht zu beanstanden, wenn entweder festgestellt war, dass die Filiale L tatsächlich einen eigenständigen Betrieb der Beklagten bildete, oder nach dem Parteivorbringen davon auszugehen war, dass in den anderen Filialen der Beklagten keine mit der Klägerin vergleichbaren Arbeitnehmer tätig waren.

cc) Weder das eine noch das andere ist der Fall.

(1) Die Klägerin hatte, wie ausgeführt, hinreichende Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ihre Beschäftigungsfiliale kein eigenständiger Betrieb war. Dass die Darlegungen der Beklagten nicht ausreichten, trotz dieser Anhaltspunkte den Schluss auf das Vorliegen eines eigenständigen Betriebs zu rechtfertigen, wurde oben ebenfalls im Einzelnen ausgeführt. Bei dieser Lage ist die Beklagte ihrer – sekundären – Darlegungslast (vgl. BAG 17. Januar 2002 – 2 AZR 15/01 – EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 47) nicht nachgekommen.

(2) Dass mit der Klägerin vergleichbare Arbeitnehmerinnen in den in Betracht kommenden anderen Filialen nicht beschäftigt würden, hat die Beklagte selbst nicht behauptet.

(3) Der Einwand der Revision, die Klägerin habe entgegen § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG vergleichbare Arbeitnehmer aus anderen Filialen und deren Sozialdaten nicht benannt, kann nicht verfangen. Die Klägerin hatte die Beklagte insoweit zur Auskunft aufgefordert (§ 1 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. KSchG). Dem hätte die Beklagte nachkommen müssen. Da sie es nicht getan hat, ist die Behauptung der Klägerin, der Arbeitgeber habe soziale Gesichtspunkte insoweit nicht ausreichend berücksichtigt, als unstreitig anzusehen (vgl. BAG 15. Juni 1989 – 2 AZR 580/88 – BAGE 62, 116) .

dd) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte könne sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf eine vielleicht gegebene Unwirksamkeit der im Vertrag enthaltenen Versetzungsklausel berufen. Es verstößt gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens, wenn sich die Beklagte als Verwenderin einer uU nach § 305c Abs. 2 BGB (Überraschung) oder § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (unangemessene Benachteiligung) unwirksamen Klausel einerseits wiederholt auf diese Klausel berufen hat und dann deren Unwirksamkeit geltend macht, um darzulegen, die Klägerin dürfe sich auf diese Klausel rechtens nicht stützen. Die Vorschriften, auf die sich die Beklagte beruft, dienen dem Schutz des Verbrauchers vor Vertragsgestaltungen, die ihn in nicht mehr hinzunehmender Weise benachteiligen oder überraschen. Der Versuch der Beklagten, diesen Schutz einerseits nicht zu gewähren, andererseits seine rechtliche Wirkung in eine prozessuale Waffe umzuschmieden, mit deren Hilfe eigene soziale Pflichten abgewehrt werden sollen, ist zumindest widersprüchlich.


Rechtsanwalt Andreas Martin

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin

LAG Hamburg: Kündigungsschutzgesetz nur auf deutsche Betriebe anwendbar

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Der „beste Freund“ des Arbeitnehmers ist – bekanntlich – das Kündigungsschutzgesetz. Ein Problem gibt es aber dann, wenn dieses auf die Kündigung des Arbeitgebers keine Anwendung findet. Ob der erste Teil des Kündigungsschutzgesetzes nur auf Deutschland gelegene Betriebe Anwendung findet oder auch für ausländische, damit hatte sich jetzt das LAG Hamburg zu beschäftigen.

Entscheidung des Landesarbeitsgericht Hamburg

Das LAG Hamburg (Landesarbeitsgericht Hamburg 5. Kammer, Urteil vom 11.05.2011, 5 Sa 1/11) hat dies bezüglich entschieden, dass es bei der Frage der sozialen Rechtfertigung der Kündigung des Arbeitgebers auf die Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb des Arbeitgebers ankommt. Dabei spielen Beschäftigungsmöglichkeiten in ausländischen Betrieben keine Rolle, sondern es kommt allein auf die Möglichkeit der Beschäftigung an Betriebsstandorten in Deutschland an.

Ein Arbeitnehmer hatte sich mittels Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung des Arbeitgebers gewehrt und argumentiert, dass der Arbeitgeber zwar die Betriebe in Deutschland schließen wird; er es auch auf die ausländische Beschäftigungsmöglichkeiten (hier Ungarn) ankomme. Dem widersprach des LAG Hamburg und wies die Berufung des Arbeitnehmers ab. Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers gegen die betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgeber blieb von daher ohne Erfolg.

Das Landesarbeitsgericht Hamburg führte aus:

„Als Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne können vorliegend aber nur die in Deutschland gelegenen Büros zusammengefasst werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes nur auf in Deutschland gelegene Betriebe anwendbar (BAG, Urteil vom 26.03.2009 – 2 AZR 883/07 – AP Nr. 45 zu § 23 KSchG 1969, Rn. 12 ff.; BAG, Urteil vom 17.01.2008 – 2 AZR 902/06 – AP Nr. 40 zu § 23 KSchG 1969, Rn. 21 ff.; ebenso Dörner in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 3. Aufl. 2007, § 1 KSchG, Rn. 54; Kiel in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2011, § 23 KSchG, Rn. 2). Dies ergebe sich unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs mittelbar aus dem Wortlaut des § 23 Abs. 1 KSchG. Der Begriff „Betrieb“ sei durch das Betriebsverfassungsgesetz geprägt, welches nur solche organisatorischen Einheiten erfasse, die in der Bundesrepublik Deutschland gelegen seien. Durch Aufgreifen dieses feststehenden Begriffes habe der Gesetzgeber gezeigt, dass § 23 KSchG auch nur in Deutschland gelegene Betriebe erfasse. Dies werde dadurch gestützt, dass daneben noch der aus dem Verwaltungsrecht und Personalvertretungsrecht entstammende Begriff der Verwaltung verwendet werde. Zudem stelle das Kündigungsschutzgesetz an verschiedenen Stellen Bezüge zum Betriebsverfassungs- und den Personalvertretungsgesetzen her, was eine Anbindung an das Betriebsverfassungsrecht wie auch das Personalvertretungsrecht und deren Anwendungsbereiche zum Ausdruck bringe (BAG, Urteil vom 17.01.2008 – 2 AZR 902/06 – AP Nr. 40 zu § 23 KSchG 1969, Rn. 24). Ohnehin sei der Kündigungsschutz früher Teil des Betriebsverfassungsrechtes gewesen. (BAG, a. a. O. Rn. 26). Zudem spreche die Fiktion des § 24 Abs. 1 S. 2 KSchG, durch welche auch Lebenssachverhalte vom KSchG erfasst werden, die typischerweise Auslandsberührungen erwarten lassen, dafür, im Regelfall von einer Begrenzung auf inländische Betriebe auszugehen (BAG, a. a. O. Rn. 25). Auch der Gesetzgeber habe – in Kenntnis der Rechtsprechung zur Auslegung des § 23 KSchG – keine Änderung des Wortlauts vorgenommen und somit die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gebilligt (BAG, a. a. O. Rn. 27). Dieser Rechtsprechung ist zuzustimmen. Sie ergibt sich aus der Entwicklung des Kündigungsrechts und führt zu sachgerechten Ergebnissen. Der deutsche Gesetzgeber kann einem ausländischen Unternehmen schwerlich arbeitsrechtliche Maßnahmen auferlegen, die sich aus dem nationalen Kündigungsschutzrecht ergeben (so LAG Hannover, Urteil vom 28.09.2007 – 16 Sa 1900/06 – juris, Rn. 40). Die Rechtsetzungsbefugnis des deutschen Gesetzgebers ist daher grundsätzlich auf den Geltungsbereich des Grundgesetzes beschränkt (BAG, Urteil vom 09.10.1997 – 2 AZR 64/97 – AP Nr. 16 zu § 23 KSchG 1969 unter II 2 a der Gründe).“

Die Entscheidung ist interessant, aber nicht überraschend. Dass damit aber nicht alle möglichen (ähnlichen) Fälle für die Zukunft klar sind, dafür sorgt auch die Entscheidung des BAG zur Betriebsverlegung ins Ausland. Hier hatte das BAG entschieden, dass eine Betriebsverlegung ins Nahe Ausland eine betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers unwirksam ist.

betriebsbedingte Kündigung – Voraussetzungen und Checkliste

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betriebsbedingte Kündigung – Voraussetzungen und Checkliste

Die betriebsbedingte Kündigung ist eine der häufigsten Kündigungen in Deutschland. Dies heißt auch, dass Arbeitnehmer sich häufig gegen diese „Kündigungsart“ mittels Kündigungsschutzklage wehren.

kein Anwaltszwang vor dem Arbeitsgericht

Dabei besteht vor dem Arbeitsgericht für die Erhebung der Kündigungsschutzklage kein Anwaltszwang. Der Arbeitnehmer kann sich hier selbst vertreten oder auch die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht wählen.

keine Kostenerstattung vor dem Arbeitsgerichten

Zu beachten ist allerdings dabei, dass die Anwaltskosten nicht von der Gegenseite in der ersten Instanz im Kündigungsschutzverfahren übernommen werden müssen, egal ob der Arbeitnehmer gewinnt oder verliert.

Anwalt handelt oft höhere Abfindung heraus

Allerdings bietet die Vertretung durch einen Rechtsanwalt, gegebenfalls durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, den Vorteil, dass der Arbeitnehmer meist bessere Chancen auf den Erhalt einer höheren Abfindung hat. Alleine Anwalt kann das Prozessrisiko einschätzen und auch einschätzen, wie er sich taktisch richtig verhalten muss, um ein gewisses Ziel zu erreichen.

3-Wochenfrist für die Klage nicht verpassen

Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb einer Frist von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingehen. Der Fristbeginn beginnt mit dem Zugang der Kündigung. Die Kündigung erhält der Arbeitnehmer in der Regel durch Einwurf in den Briefkasten und einem Tag des Einbruchs geht die Kündigung im Normalfall zu.

keine Abfindung bei zu später Klage

Auf keinen Fall darf die Frist für die Erhebung der Klage versäumt werden, ansonsten hat der Arbeitnehmer kaum eine Chance eine Abfindung vom Arbeitgeber zu erhalten.

Viele betriebsbedingte Kündigungen sind unwirksam, da die Voraussetzungen an die betrieblichen Gründe recht hoch sind.

Voraussetzungen der betriebsbedingten Kündigung

Checkliste

Die betriebsbedingte Kündigung prüft man in der Regel wie folgt:

  • Vorliegen betrieblicher Gründe
    • Unternehmerentscheidung vor Ausspruch der Kündigung
    • Ist diese Entscheidung mißbräuchlich?
  • Wegfall des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers?
    • Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten?
    • Versetzungsmöglichkeiten?
    • freier gleichartiger Arbeitsplatz vorhanden?
      • ggfs. nach Umschulung
      • ggfs. Änderungskündigung
  • Interessenabwägung vorgenommen?
  • Sozialauswahl getroffen?
    • Feststellung der einzubeziehenden Arbeitnehmer
    • betriebliche Interessen
    • Auswahlentscheidung
      • Betriebszugehörigkeit
      • Unterhaltspflichten
      • Alter
      • Schwerbehinderung

Anwalt Arbeitsrecht Berlin – Berlin

Sozialauswahl bei der betriebsbedingten Kündigung

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Sozialauswahl bei der betriebsbedingten Kündigung

Wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen gekündigt hat, dann stellt sich für den Arbeitnehmer die Frage, ob er sich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage wehren sollte. Die Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage – die der Arbeitnehmer nicht selbst, sondern über einen Rechtsanwalt einreichen sollte, hängen stark davon ab, ob der Arbeitgeber die sog. Sozialauswahl richtig durchgeführt hat. An der fehlenden oder an einer falschen Sozialauswahl scheitern die meisten betriebsbedingten Kündigungen.

Zeitpunkt der Sozialauswahl

Der Arbeitgeber muss bei der betriebsbedingten Kündigung soziale Belange der Arbeitnehmer berücksichtigen. Er darf nicht wahllos einen beliebigen Arbeitnehmer entlassen, sondern muss zuerst die sozial nicht so schutzbedürftigen Arbeitnehmer entlassen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Sozialauswahl ist dabei der Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung.

Kriterien für die Sozialauswahl

Die Kriterien der Sozialauswahl sind

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • evtl. Unterhaltspflichten
  • Lebensalter
  • ggfs. Behinderungen

In welchen Schritten erfolgt die Sozialauswahl?

Die Sozialauswahl erfolgt in folgenden Schritten:

  • Festlegung des auswahlrelevanten Personenkreises
  • Berücksichtigung betrieblicher Bedürfnisse
  • Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte

Rechtsanwalt Berlin – Arbeitsrecht