außerordentliche kündigung

Arbeitszeitbetrug bei Nichtausstempeln in der Zigarettenpause

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Arbeitszeitbetrug bei Nichtausstempeln in der Zigarettenpause
Arbeitszeitbetrug bei Nichtausstempeln in der Zigarettenpause

Arbeitszeitbetrug bei Nichtausstempeln in der Zigarettenpause – was ist das?

Rauchen kann gefährlich sein und zwar nicht nur für die Gesundheit. Dies musste nun eine Arbeitnehmerin feststellen, die wegen des fehlenden Ausstempelns in der Zigarettenpause vom Arbeitgeber außerordentlich gekündigt wurde. Nach Ansicht des Landesarbeitsgericht Thüringen (Urteil vom vom 3.5.2022 – 1 Sa 18/21) zu Recht.

Arbeitszeitbetrug – was ist das?

Ein Arbeitszeitmissbrauch stellt in der Regel einen außerordentlichen Kündigungsgrund nach § 626 I BGB dar. Nach dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 13.12.2018 – 2 AZR 370/18) ist ein Arbeitszeitbetrug, „der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren … . Dies gilt für den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch„. Gerichte verstehen hier keinen Spaß.

Pause ist keine Arbeitszeit

Wenn also eine Pause wissentlich als Arbeitszeit abgerechnet wird, dann ist dies ein (versuchter) Betrug des Arbeitnehmers über die Arbeitszeit. Nicht immer ist eine außerordentliche Kündigung sofort möglich. Wie so oft, kommt es auf den Einzelfall an.

Das LAG Thüringen hatte nun über folgenden Fall zu entscheiden:

Die Arbeitnehmerin ist seit dem Jahr 1990 als Mitarbeiterin in einem Arbeitsamt beim Arbeitgeber tätig. Bei einer Kontrolle der Arbeitszeit über die Arbeitszeiterfassung wurde festgestellt, dass die Klägerin an drei Tagen keine einzige Pause, sondern lediglich Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit gebucht hatte. Dies ist auf den ersten Blick wenig glaubhaft und legt den Verdacht der Arbeitszeitmanipulation nahe und führte in diesem Fall dazu, dass die Arbeitnehmerin vom Arbeitgeber zur Stellungnahme aufgefordert wurde.

3 Tage keine Pause gemacht?

Die Arbeitnehmerin teilte mit, dass wohl doch Pausen gemacht wurden (da sie diese als Raucherin benötige) und bat um Entschuldigung und sie werde zukünftig die Pausen ganz genau und minutiös aufzeichnen. Weiter führte sie aus, dass sich ein derartiges Verhalten sich mit Sicherheit nicht mehr wiederholen werde. Die Klägerin gab damit den Arbeitszeitbetrug zu. Sie hätte sich vor der Stellungnahme besser anwaltlich beraten lassen sollen. Die Arbeitnehmerin wäre sogar besser gefahren, wenn sie gar keine Stellungnahme abgegeben hätte.

fristlose Kündigung, hilfsweise ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber

Die Arbeitgeberin sprach daraufhin die fristlose (außerordentliche) Kündigung, hilfsweise fristgerechte Kündigung zum 30.9.2019 aus.

Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage gegen die beiden Kündigungen.

Entscheidung des LAG

Das Arbeitsgericht hielt nur die außerordentliche Kündigung für unwirksam und die ordentliche hingegen für wirksam, so auch das LAG. Allerdings wurde die Revision zum BAG zugelassen.

Das Landesarbeitsgericht führte dazu aus:

Ein Arbeitszeitbetrug, bei dem ein Mitarbeiter vortäuscht, für einen näher genannten Zeitraum seine Arbeitsleistung erbracht zu haben, obwohl dies tatsächlich nicht oder nicht in vollem Umfang der Fall ist, stellt eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung dar und erfüllt an sich den Tatbestand des wichtigen Grundes i.S.v. § 626 Abs 1 BGB. Auch die hartnäckige Missachtung der Anweisung, bei Raucherpausen auszustempeln, ist geeignet eine außerordentliche Kündigung zu begründen.
Der Sachverhalt:

LAG Thüringen vom 3.5.2022 – 1 Sa 18/21

Anmerkung:

Die Arbeitnehmerin dachte hier wohl, dass mit der Stellungnahme und ihrer Entschuldigung die Sache vom Tisch war. Dies war aber nicht so. Dadurch war es dem Arbeitgeber möglich den Arbeitszeitbetrug klar nachzuweisen, ansonsten bestünde nur der Verdacht des Betrugs. Dies kann aber als sog. Verdachtskündigung unter Umständen auch schon ausreichend sein.

Rechtsanwalt Andreas Martin

Fristlose Kündigung – Lehrer mit Tätowierung „Meine Ehre heißt Treue“

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Fristlose Kündigung - Lehrer mit Tätowierung "Meine Ehre heißt Treue"
Kündigung

Ein Lehrer (gelernter Lebensmittelchemiker – in der Schule seit 2016) im öffentlichem Dienst im Land Brandenburg zog bei einem Schulsportfest aufgrund großer Hitze sein T-Shirt aus. Die Schüler und auch die Kollegen konnten nun die Tätowierungen sehen.

Tätowierungen mit rechtsextremen Inhalt

Der Lehrer hatte u.a. folgende Tätowierungen: Am rechten Oberarm den Schriftzug „Legion Walhalla“ und auf dem linken Oberarm den Schriftzug „Odin statt Jesus“, jeweils in Frakturschrift. Im Bauchbereich stand „Meine Ehre heißt Treue“ in Frakturschrift darunter – nur bei bei stark abgesenktem Hosenbund zu sehen – stand unter dem Wort Treue der Zusatz „Liebe Familie“.

Stellungnahme gegenüber der Schule

Der Lehrer wurde auf dem Sportfest von einem Kollegen fotografiert und später wurde diese vom Schulleiter zu Rede gestellt. Er gab an, dass er keine rechte Gesinnung und keine Bezug zum Rechtsextremismus habe und ließ teilweise auch die Tätowierungen übertätowieren.

Strafverfahren und Verurteilung

Der Lehrer erstattete bei der Polizei daraufhin Selbstanzeige. Es erging ein Strafbefehl zu 40 Tagessätzen zu je 50,00 € aufgrund des Tattoos „Meine Ehre heißt Treue“ wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Der Lehrer legte gegen den Strafbefehl Einspruch ein und das Amtsgericht Oranienburg verurteilte den Kläger daraufhin zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung. Dagegen legte der Lehrer Berufung ein und wurde zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt.

Stellungnahme des Verfassungsschutzes

Das Schulamt legte dem Verfassungsschutz das Foto vom Oberkörper des Lehrers mit der Bitte um Bewertung vor. Der Staatsschutz äußerte gegenüber dem Schulamt, dass die Zurschaustellung der Symbole auf einen „harten Rechtsextremismus“ hindeute und erhebliche Zweifel an der Treuepflicht sowie an dem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Lehrers bestünden.

fristlose Kündigung durch das Land

Das Land Brandenburg kündigte daraufhin dem Lehrer das Arbeitsverhältnis außerordentlich (und fristlos) und hilfsweise ordentlich.

Kündigungsschutzverfahren in Brandenburg und Berlin

Dagegen erhob der Lehrer Kündigungsschutzklage und gewann vor dem Arbeitsgericht Neuruppin. Das Land legte Berufung zum LAG Berlin-Brandenburg ein und gewann dort das Kündigungsschutzverfahren.

Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 11.5.2021 – 8 Sa 1655/20) entschied zu Gunsten des klagenden Landes führte dazu aus:

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird durch die fristlose Kündigung des beklagten Landes vom 20.11.2019 zum 22.11.2019 aufgelöst. Die fehlende Eignung des Klägers stellt einen wichtigen Kündigungsgrund dar. Dem beklagten Land ist die weitere Beschäftigung des Klägers unzumutbar.

Ein offenbar gewordener Mangel an der Eignung eines Arbeitnehmers kann „an sich“ einen wichtigen Grund für eine Kündigung darstellen (BAG, 10.04.2014 – 2 AZR 684/13, NZA 2014, 1197 Rn. 14 zur fehlenden Eignung aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln).

Ein Eignungsmangel kann aus begründeten Zweifeln an der Verfassungstreue des Arbeitnehmers folgen. Die Verfassungstreue ist Bestandteil des Begriffs „Eignung“ in Art. 33 Absatz 2 GG (BAG, 12.05.2011 – 2 AZR 479/09, NZA-RR 2012, 43 Rn. 23 unter Hinweis auf BVerfG, 08.07.1997 – 1 BvR 2111/94, 1 BvR 195/95 und 1 BvR 2189/95, NJW 1997, 2307). Ob entsprechende Zweifel zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen können, hängt entscheidend davon ab, ob diese die allgemeine Aufgabenstellung des öffentlichen Arbeitgebers oder das konkrete Aufgabengebiet des Arbeitnehmers berühren. Das wiederum hängt maßgeblich davon ab, welche staatlichen Aufgaben der Arbeitgeber wahrzunehmen hat, welche Verhaltenspflichten dem Arbeitnehmer obliegen und welches Aufgabengebiet innerhalb der Verwaltung er zu bearbeiten hat (BAG, 12.05.2011 – 2 AZR 479/09, NZA-RR 2012, 43 Rn. 23; BAG, 20.07.1989 – 2 AZR 114/87, NZA 1990, 614).

Ein Lehrer muss den ihm anvertrauten Kindern und Jugendlichen glaubwürdig die Grundwerte unserer Verfassung vermitteln. In öffentlichen Schulen sollen die Kinder und Jugendlichen erkennen, dass Freiheit, Demokratie und sozialer Rechtsstaat Werte sind, für die einzusetzen es sich lohnt. Hat der Lehrer selbst kein positives Verhältnis zu den Grundwerten und Grundprinzipien unserer Verfassung, kann er den ihm anvertrauten Schülern nicht das Wissen und die Überzeugung vermitteln, dass diese Demokratie ein verteidigungswertes und zu erhaltendes Gut ist. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass ein solcher Lehrer die Schüler in seinem Sinne gegen die Grundwerte unserer Verfassung beeinflusst. Die Schüler sind diesen Einflüssen meist hilflos ausgeliefert. Die Lehrtätigkeit ist deshalb eine „Aufgabe von großer staatspolitischer Bedeutung“ (BAG, 31.03.1976 – 5 AZR 104/74, BAGE 28, 62 zu III. 1. e); BVerwG, 06.02.1975 – II C 68/73, NJW 1975, 1135 – zu II 2c der Gründe). Von dieser Erziehungsaufgabe ist der Kläger nicht deshalb entbunden, weil er in der Schule Naturwissenschaften unterrichtet. Die Vermittlung der Grundwerte der Verfassung liegt als allgemeines Erziehungs- und Unterrichtsprinzip der gesamten Tätigkeit eines Lehrers zu Grunde (BAG, 31.03.1976 – 5 AZR 104/74, BAGE 28, 62 zu III. 1. e).

Das Tragen einer Tätowierung stellt eine Pflichtverletzung dar, wenn und soweit diese durch ihren Inhalt gegen andere Pflichten verstößt. Das ist nicht nur der Fall, wenn sich aus dem Inhalt der Tätowierung eine Straftat ergibt – wie etwa im Falle der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86 a Absatz 1 Nr. 1 StGB. Eine Tätowierung begründet vielmehr auch dann ein Dienstvergehen, wenn ihr Inhalt einen Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht offenbart (BVerwG, 17.11.2017 – 2 C 25/17, NJW 2018, 1185 Rn. 54). Der Annahme eines Verstoßes gegen die Verfassungstreuepflicht steht nicht entgegen, wenn einzelne Tätowierungen für sich genommen weder strafrechtlich zu beanstanden sind noch einen unmittelbaren Bezug zum Dritten Reich aufweisen (BVerwG, 17.11.2017 – 2 C 25/17, NJW 2018, 1185 Rn. 55; BVerfG, Beschluss vom 06.05.2008 – 2 BvR 337/08, NJW 2008, 2568 Rn. 31 und 34). Soweit durch Tätowierungen die Verfassungstreuepflicht berührt ist, betrifft dies ein unmittelbar kraft gesetzlicher Anordnung und Verfassungsrecht geltendes Eignungsmerkmal (BVerwG, 17.11.2017 – 2 C 25/17, NJW 2018, 1185 Rn.56 unter Verweis auf VG Düsseldorf, Beschluss vom 24.08.2017 – 2 L 3279/17, BeckRS 2017, 122612 Rn. 15).

aa. Die Tätowierung der unter Strafe stehenden Losung „Meine Ehre heißt Treue“ begründet den Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht.
Nach § 86 a StGB steht das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter Strafe. Bei dem Spruch „Meine Ehre heißt Treue“ handelt es sich um die Losung der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS) und geht auf Adolf Hitlers Satz „SS-Mann, deine Ehre heißt Treue!“ aus dem Jahr 1931 zurück (https://de.wikipedia.org/wiki/Meine_Ehre_hei%C3%9Ft_Treue). Die Verwendung der Losung steht gemäß § 86 a StGB unter Strafe (Bundesamt für Verfassungsschutz: Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen und verbotene Organisationen, Oktober 2018, S. 65; https://www.politische-bildung-brandenburg.de/themen/die-extreme-rechte/lifestyle/gru%C3%9Fformen-und-losungen). Durch das Sichtbarmachen beim Sportfest hat der Kläger auch gezeigt, dass er sich mit dem Tattoo identifiziert.

Die Verfassungstreuepflichtverletzung wird nicht dadurch relativiert oder gar negiert, dass der Kläger sich unter das Wort „Treue“ die Worte „Liebe Familie“ hat tätowieren lassen. Während sich der Spruch „Meine Ehre heißt Treue“ in Frakturschrift über den gesamten Bauchbereich über dem Hosenbund zieht, sind die Worte „Liebe Familie“ nur bei stark abgesenktem Hosenbund sichtbar. D. h., wenn der Kläger sich mit unbedecktem Oberkörper zeigt, ist der Zusatz für Dritte nicht lesbar. Die Relativierung, die der Kläger durch den Zusatz glauben machen will, tritt daher nicht offen zutage. Hätte der Kläger eine aus Treue, Liebe und Familie zusammengehörende Botschaft transportieren wollen, hätte er eine andere Anordnung gewählt.

https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/JURE210010611

Anmerkung: Politische Tatoos bei Lehrern sind problematisch. Hier wurde durch die Tätowierung sogar eine Straftat begangen. Weshalb der Lehrer die „Selbstanzeige“ bei der Polizei gemacht hat, ist unverständlich.


Rechtsanwalt Andreas Martin

„Diesen kleinen Wicht schmeiße ich aus dem Fenster!“ – Kündigung wirksam.

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"Diesen kleinen Wicht schmeiße ich aus dem Fenster!" - Kündigung wirksam.
Bedrohung des Arbeitgebers

Bedrohung des Arbeitgebers und außerordentliche Kündigung

Den Arbeitgeber zu bedrohen, ist meist keine gute Idee. Dass eine solche Drohung zu einer außerordentlichen und fristlosen Kündigung führen kann, wissen alle Arbeitnehmer. Für eine außerordentliche Kündigung muss ein wichtiger Kündigungsgrund vorliegen.

Androhung von Gewalt

Aber nicht nur die direkte Bedrohung des Arbeitgebers, sondern auch die Drohung gegenüber einem Dritten, den Arbeitgeber körperlich anzugreifen oder zu verletzen, kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, da das Vertrauensverhältnis dann nachhaltig zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zerstört ist. Eine Abmahnung ist dann entbehrlich.

Fensterwurf androhen und fristlose Kündigung

Nachvollziehbar ist auch, dass man seinen Chef nicht androhen sollte ihn aus dem Fenster zu werfen.

So ist dies allerdings geschehen. Ein Arbeitnehmer, der als Buchhalter (!) mehrere Jahre im Betrieb beschäftigt war, äußerte gegenüber einer Kollegin, dass er seinen Chef aus dem Fenster werfen würde und sagte:

Diesen kleinen Wicht schmeiße ich aus dem Fenster. Ich lasse mir das nicht länger gefallen. Ich bin kurz vorm Amoklauf. Ich sage dir, bald passiert was. Der lebt gefährlich, sehr gefährlich.

Vorangegangen war ein Streitgespräch mit dem Arbeitgeber.

fristlose und außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber

Als der Arbeitgeber davon erfuhr, weil nicht sonderlich begeistert, was nachvollziehbar ist. Er machte das, was zu erwarten war und kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis zum Arbeitnehmer außerordentlich und fristlos.

Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Siegburg (Urteil vom 04.11.2021 zum Aktenzeichen 5 Ca 254/21) und verlor das Verfahren.

Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg im Kündigungsschutzverfahren

Das Arbeitsgericht Siegburg führte dazu aus:

Um eine derartige Ehrverletzung geht es vorliegend aber nicht. Zwar sagte der Kläger über seinen Vorgesetzten auch „kleiner Wicht“. Maßgebend ist vorliegend aber die Ankündigung einer schweren Straftat gegen Leib und Leben bzw. die körperliche Unversehrtheit seines Vorgesetzten, des Herrn xxx, in dem der Kläger ankündigte, diesen aus dem Fenster zu werfen und Amok zu laufen. Allein der Umstand, dass die Androhung dieser Straftaten gegebenenfalls noch mit einer Meinungsäußerung – soweit man nicht davon ausgeht, dass es sich bei der Bezeichnung als „kleiner Wicht“ bereits um Schmähkritik handelt – verbunden sein könnten, führt nicht dazu, dass der Kläger darauf vertrauen durfte, dass die Zeugin xxx sich mit dem Inhalt des Gesprächs nicht an ihre Vorgesetzten wenden wird. Selbstverständlich sind Arbeitnehmer berechtig, ihr Wissen über ernsthaft angekündigte schwere Straftaten gegen Leib und Leben bzw. die ernstzunehmende Ankündigung eines Amoklaufs, an ihre Vorgesetzten weiterzugeben. Dies selbst dann, wenn das Wissen aus „vertraulichen“ Gesprächen stammt. Es gibt keine Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wonach dies zum Schutze des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Drohenden unzulässig sein sollte. Selbst wenn es sie geben sollte, würde sich die erkennende Kammer ihr nicht anschließen. Es ist einem Arbeitnehmer, dem gegenüber in ernstzunehmender Art und Weise die Begehung einer Straftat gegen Leib und Leben bzw. ernstgemeint ein Amoklauf angekündigt wird, nicht zuzumuten, dieses Wissen für sich zu behalten und im Ernstfall in den Gewissenskonflikt zu gelangen, dass er bei Weitergabe des eigenen Wissens gegebenenfalls ein entsprechendes Unglück hätte verhindern können.

Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es ist eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorzunehmen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung – etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen – zu erreichen (BAG v. 10 Juni 2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227, 1231, juris).

Zwar erkennt die Kammer für das Bestandsinteresse des Klägers dessen Betriebszugehörigkeit seit 2007 an. Zudem berücksichtigt die erkennende Kammer zugunsten des Klägers, dass es sein kann, dass dieser aufgrund seines Alters und der besonderen gegenwärtigen Pandemiesituation Schwierigkeiten haben kann, eine neue adäquate Beschäftigung zu finden. Dennoch überwiegt im Ergebnis das Lösungsinteresse der Beklagten. Dies unabhängig davon, ob die im bestehenden Arbeitsverhältnis ausgesprochene Abmahnung zu Recht oder zu Unrecht erfolgte und ob es weitere Abmahnungen und Ermahnungen zu Recht oder zu Unrecht gegeben haben sollte. Dies, da die Wirksamkeit der außerordentlichen und fristlosen Kündigung nicht aufgrund einer fehlenden Abmahnung scheitert, da sie bei dem vorliegenden Sachverhalt aufgrund der besonderen Schwere des dem Kläger vorgeworfenen Verstoßes entbehrlich ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine frühere Abmahnung bei besonders schweren Verstößen entbehrlich, da der Arbeitnehmer von vornhinein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen kann und er sich bewusst sein muss, dass er seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt. Genauso ist es im vorliegenden Fall. Der Kläger konnte von vornherein nicht damit rechnen, dass die Beklagte es vorbehaltlos hinnehmen wird, dass er gegenüber der Zeugin xxx in ernstzunehmender Art und Weise die Drohung aussprach, seinen Vorgesetzten aus dem Fenster zu werfen und Amok zu laufen. Ein derartiges Verhalten ist für den Bestand eines Arbeitsverhältnisses und die erforderliche vertrauensvolle Zusammenarbeit völlig inakzeptabel. Der Beklagten, die den Kläger zu seinen Äußerungen anhörte, kann nicht zugemutet werden, abzuwarten, ob der Kläger seinen Worten Taten folgen lässt. Dies, da die Beklagte gegenüber ihren anderen Arbeitnehmern verpflichtet ist, deren körperliche Unversehrtheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Zugunsten der Beklagten spricht insoweit auch, dass der Kläger im Rahmen seiner Anhörung nicht zu seinen Äußerungen stand und sich für selbige entschuldigt. Selbst im Rahmen des durchgeführten Kammertermins vermochte der Kläger nach der durchgeführten Beweisaufnahme und der Erörterung der selbigen nicht zu erkennen, worin seine Pflichtverletzung bestanden hat.

Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 4.11.2021 – Az 5 Ca 254/21

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin

Azubi lässt sich krank schreiben und trainiert dann im Fitnessstudio – fristlose Kündigung wirksam

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Azubi lässt sich krank schreiben und trainiert dann im Fitnessstudio - fristlose Kündigung wirksam
Fitness und Krankheit

Kündigungsschutz im Ausbildungsverhältnis

Auszubildende werden rechtlich manchmal besser gestellt als Arbeitnehmer, zumindest, wenn es um die ordentliche Kündigung durch den Ausbilder geht. Nach der Wartezeit kann der Arbeitgeber ein Ausbildungsverhältnis nicht mehr mit ordentlicher Kündigung beenden, sondern nur noch mit einer außerordentlichen Kündigung (§ 22 Berufsbildungsgesetz – BBiG).

hohe Anforderungen an Gründe für außerordentliche Kündigung eines Auszubildenden

Die Anforderung an eine solche außerordentliche Kündigung sind recht hoch. Es muss immer ein wichtiger Grund gem. § 626 BGB / § 22 BBiG vorliegen. Dies wird oft von Arbeitgeberseite in der Praxis unterschätzt. Nur selten liegen entsprechende Gründe tatsächlich vor.

§ 22 BBiG lautet:

§ 22 Kündigung

(1) Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden.
(2) Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur gekündigt werden
1.
aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist,
2.
von Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn sie die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen.
(3) Die Kündigung muss schriftlich und in den Fällen des Absatzes 2 unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen.
(4) Eine Kündigung aus einem wichtigen Grund ist unwirksam, wenn die ihr zugrunde liegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind. Ist ein vorgesehenes Güteverfahren vor einer außergerichtlichen Stelle eingeleitet, so wird bis zu dessen Beendigung der Lauf dieser Frist gehemmt.

wichtiger Grund und Kündigung eines Azubis

Ob ein wichtiger Grund für die Kündigung des Arbeitgebers gegeben ist, haben die Gerichte nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Das Arbeitsgericht muss prüfen, ob die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers / Auszubildenden bei objektiver Beurteilung zu bejahen ist und schon im Zeitpunkt der Kündigung gegeben war. Die außerordentliche Kündigung kann dabei auf alle Gründe gestützt werden, die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung objektiv vorlagen.

fristlose Kündigung beim Vortäuschen einer Erkrankung

Außerordentliche Kündigungen wegen einer vorgetäuschten Erkrankung kommen in der Praxis häufig vor, werden aber oft den Arbeitsgerichten für unwirksam erklärt. Der Arbeitgeber muss hier die fehlenden Erkrankung / Täuschung nachweisen, was schwierig ist, denn eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat einen gewissen Beweiswert. Dieser kann aber auch entkräftet werden, wenn zum Beispiel der Arbeitnehmer selbst kündigt und eine „passende“ AU-Bescheinigung bis zum Ende des Arbeitsverhältnis gleichzeitig vorlegt.

Arbeiten während der Krankschreibung

Auch das Nachgehen einer anderen Tätigkeit während der Zeiten der arbeitsunfähigen Erkrankung kann problematisch sein (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 03.04.2008 – 2 AZR 965/06). Ausnahmsweise ist diese aber zulässig, wenn der Heilungsprozess nicht verzögert wird.

Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg zur fristlosen Kündigung

Das Arbeitsgericht Siegburg (Urteil vom 17.3.2022 – 5 Ca 1849/21) hatte sich nun mit einem ähnlichen Fall zu beschäftigen. Ein Arbeitgeber/Ausbilder hatte einem Auszubildenden das Ausbildungsverhältnis außerordentlich und fristlos gekündigt.

Dieser hatte sich arbeitsunfähig schreiben lassen, obwohl er gar nicht erkrankt war. Zumindest schloss der Arbeitgeber/Ausbilder aufgrund des Verhaltens des Azubis, dass keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen haben konnte. Von daher ging der Arbeitgeber/Ausbilder davon aus, dass hier eine unberechtigte Krankschreibung vorgelegen hat und der Auszubildende den Arbeitgeber über seine Erkrankung/Arbeitsunfähigkeit getäuscht hat.

Folgender Fall lag dem zugrunde.

Ein 24-jährige Azubi machte beim Ausbilder eine Lehre zum Sport- und Gesundheitstrainer in einem Fitnessstudio. Ganz so clever war der Auszubildende aber nicht, denn er fiel bei einer schulischen Prüfung durch. Wahrscheinlich hatte dieser auch für die Nachholprüfung, welche für den 5./6.10.2021 angesetzt war, nicht ausreichend gelernt, denn er ließ sich für diesen Zeitraum krank schreiben. Der Azubi erschien dazu am 6.10.2021 im Fitnessstudio der Beklagten und legte für den Zeitraum 5.-7.10.2021 eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor und absolvierte sodann ein intensives Krafttraining. An der Nachprüfung in der Berufsschule nahm der Azubi wegen seiner „Erkrankung“ nicht teil. Der Kläger erhielt am 6.10.2021 deswegen eine fristlose Kündigung. Hiergegen richtet sich seine Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht.

Kündigungsschutzklage ohne Erfolg

Das Arbeitsgericht Siegburg hat die Kündigungsschutzklage des Auszubildenden abgewiesen und ist davon ausgegangen, dass die fristlose Kündigung zu Recht erteilt wurde. Insbesondere hat das Arbeitsgericht auch offengelassen, ob der Auszubildende eine Gefälligkeitsbescheinigung vom Arzt erhalten hat oder ob er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arzt erschlichen (Täuschung des Arztes) hat. Für das Gericht war klar, dass eine Erkrankung nicht vorgelegen haben konnte (Krafttraining), sondern diese vorgeschoben war, um die Nachprüfung zu umgehen.

Eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist war dem Arbeitgeber / Ausbilder hier nicht zuzumuten. Nach dem Arbeitsgericht darf kein Auszubildender darf davon ausgehen, dass dessen Ausbilder es hinnimmt, falsche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt zu bekommen, um sich den anstehenden Prüfungen, insbesondere wenn es sich um Nachholprüfungen handelt, zu entziehen.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fristlose Kündigung eines Betriebsrats wegen Veröffentlichung persönlicher Daten anderer Arbeitnehmer

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Fristlose Kündigung eines Betriebsrats wegen Veröffentlichung persönlicher Daten anderer Arbeitnehmer
fristlose Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes

Betriebsräte genießen einen besonderen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Geregelt ist dieser Sonderkündigungsschutz in § 15 des Kündigungsschutzgesetzes. Allerdings schützt dieser Kündigungsschutz nur vor einer ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers. Wenn der Arbeitgeber einen außerordentlichen Kündigungsgrund hat, dann kann er auch das Arbeitsverhältnis eines Betriebsrates durch fristlose Kündigung beenden. In der Praxis kommt es eher nicht so häufig vor, dass ein wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB vorliegt, sodass der Arbeitgeber außerordentlich aus wichtigem Grund das Arbeitsverhältnis eines Betriebsrates kündigen kann.

außerordentliche Kündigung und Betriebsrat

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hatte nun über einen solchen Fall zu entscheiden.

Sachverhalt des Landesarbeitsgerichts

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Zwischen dem Arbeitnehmer, der Betriebsrat war, und dem Arbeitgeber gab es ein Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht. Noch vor Rechtskraft der Entscheidung veröffentlichte der Betriebsrat die Prozessakten zu seinem Fall über eine Dropbox und gab so anderen Mitarbeitern die Möglichkeit dieser einzusehen. In den Prozessakten wurden persönliche Daten anderer Arbeitnehmer, insbesondere auch Gesundheitsdaten unter Nennung des vollen Namens, veröffentlicht.

fristlose Kündigung wegen Verletzung des Datenschutzes

Als der Arbeitgeber davon erfuhr, kündigte er außerordentlich und fristlos das Arbeitsverhältnis des Betriebsrats.

Der Betriebsrat wehrte sich gegen diese außerordentliche Kündigung mittels einer Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht.

Datenschutz im Arbeitsverhältnis

Der Betriebsrat argumentierte vor dem Arbeitsgericht, dass die Kündigung unwirksam ist. Nach Meinung des Betriebsrats bestehe keine Vorschrift, die es gebiete, Prozessakten geheim zu halten, im Übrigen sei ein Datenschutzverstoß schon deshalb abzulehnen, da er mit Blick auf Art. 2 Abs. 2c DS-GVO ausschließlich im Rahmen „persönlicher oder familiärer Tätigkeiten“ gehandelt habe.

Der als Betriebsrat tätige Arbeitnehmer verlor das Verfahren vor dem Arbeitsgericht und legte Berufung zum LAG ein.

Entscheidung des Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg

Das LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.03.2022, 7 Sa 63/21) entschied gegen den Arbeitnehmer.

In der Pressemitteilung vom 25. März 2022 führte das Landesarbeitsgericht dazu aus:

Wer im Rahmen eines von ihm angestrengten Gerichtsverfahrens bestimmte Schriftsätze der Gegenseite, in denen Daten, insbesondere auch besondere Kategorien personenbezogener Daten (Gesundheitsdaten), verarbeitet werden, der Betriebsöffentlichkeit durch die Verwen- dung eines zur Verfügung gestellten Links offenlegt und dadurch auch die Weiterverbreitungs- möglichkeit eröffnet, ohne dafür einen rechtfertigenden Grund zu haben, verletzt rechtswidrig und schuldhaft Persönlichkeitsrechte der in diesen Schriftsätzen namentlich benannten Perso- nen mit der Folge, dass vorliegend die außerordentliche Kündigung der Beklagten gerechtfer- tigt ist. Die Wahrnehmung berechtigter Interessen des Klägers lag jedenfalls insofern nicht vor, als die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts am Tage der Zurverfügungstel- lung des Links noch nicht vorlagen und dem Kläger auch noch die Möglichkeit offenstand, ge- gen das Urteil das Rechtsmittel der Berufung einzulegen, um in diesem Verfahren seinen Standpunkt darzulegen.

LAG BW Urteil vom 25.03.2022, 7 Sa 63/21

Anmerkung:

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erscheint hier recht hart. Es ist aber zu beachten, dass der Arbeitnehmer hier ohne nachvollziehbaren Grund-das Arbeitsgerichtsverfahren war noch nicht einmal rechtskräftig-die Schriftsätze veröffentlicht hat und in diesen Schriftsätzen die Gesundheitsdaten mehrerer anderer Arbeitnehmer, die nichts mit dem Verfahren zu tun haben, veröffentlicht waren. Gerade die Sensibilität dieser Daten war der Grund für die harte Entscheidung des Landesarbeitsgerichts.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fristlose Kündigung und Ausschlussfrist in Elternzeit.

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Fristlose Kündigung und Ausschlussfrist in Elternzeit.
Frist für Kündigung

außerordentliche Kündigung und Elternzeit

Während der Elternzeit kann das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber nicht ohne weiteres ordentlich beendet werden. Es besteht ein Kündigungsverbot. Der Arbeitgeber braucht hier eine spezielle Zustimmung der Landesbehörde.

Kündigung nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde

Arbeitnehmer, die Elternzeit nehmen, werden nämlich vor Kündigungen durch den Arbeitgeber weitgehend geschützt. Der Schutz beginnt schon ab dem wirksamen Elternzeitverlangen. Ohne die Zulässigkeitserklärung der Kündigung durch Behörden (Arbeitsschutzbehörde) kann eine Kündigung durch den Arbeitgeber nicht ausgesprochen werden. Eine solche Kündigung ist unwirksam, da Sie gegen ein Kündigungsverbot, welche in § 18 BEEG besteht, verstößt. Das Kündigungsverbot gilt für alle Kündigungen, die der Arbeitgeber ausspricht, also sowohl für die ordentliche oder außerordentliche Kündigung und auch für die Änderungskündigungen.

§ 18 Kündigungsschutz

(1) Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist, nicht kündigen. Der Kündigungsschutz nach Satz 1 beginnt
1. frühestens acht Wochen vor Beginn einer Elternzeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes und
2. frühestens 14 Wochen vor Beginn einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes.


Während der Elternzeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen. In besonderen Fällen kann ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklärt werden. Die Zulässigkeitserklärung erfolgt durch die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Satzes 4 erlassen.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen
1. während der Elternzeit bei demselben Arbeitgeber Teilzeitarbeit leisten oder
2.ohne Elternzeit in Anspruch zu nehmen, Teilzeitarbeit leisten und Anspruch auf Elterngeld nach § 1 während des Zeitraums nach § 4 Absatz 1 Satz 2, 3 und 5 haben.

§ 18 BEEG

Wichtiger Grund für Kündigung muss vorliegen

Wie oben ausgeführt ist eine (außerordentliche) Beendigung nur mit Zustimmung des zuständigen Amtes möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, § 626 I BGB. Dieser Grund muss nicht zwingend in der Elternzeit entstanden sein, sondern kann auch schon vorher vorgelegen haben. Wichtige Gründe können zum Beispiel Straftaten gegen den Arbeitgeber sein.


Ausschlussfrist für außerordentliche Kündigung von 14 Tagen

Allerdings hatte Arbeitgeber für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB nur eine Frist von 14 Tagen. Er muss also 14 Tage, nachdem er sichere Kenntnis vom Kündigungssachverhalt hat die außerordentliche Kündigung aussprechen.

Fristbeginn nach § 626 II BGB für fristlose Kündigung

Dies heißt aber nicht, dass der Arbeitgeber sofort nachdem er von Indizien für einen Kündigungssachverhalt erfahren hat die außerordentliche Kündigung erklären muss. Er kann vielmehr den Sachverhalt erforschen (er muss nicht aufgrund von Gerüchten oder eines Indizes kündigen) und darüberhinaus kann er – sofern eine Zustimmung einer Behörde für die Kündigung notwendig ist – dort innerhalb der Frist den entsprechenden Antrag auf Zustimmung stellen. Dann ist die Frist gewahrt, da es unmöglich wäre, die Frist einzuhalten und zuvor die Zustimmung der Behörde einzuholen. Dies hat nun das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern klargestellt.


Fall des LAG Mecklenburg-Vorpommern

Beim Fall des LAG Mecklenburg-Vorpommern ging es darum, dass eine Arbeitnehmerin Geld unterschlagen hatte und zwar vor der Elternzeit. Als der Sachverhalt der Arbeitgeberin bekannt geworden ist, stellte diese einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung der Arbeitnehmerin bei der zuständigen Behörde (Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern (LaGuS). Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Arbeitnehmerin bereits im Beschäftigungsverbot.

Behörde stimmte nicht der Kündigung in der Elternzeit zu

Die zuständige Behörde stimmte nicht zu. Daraufhin legte die Arbeitgeberin Widerspruch gegen den Bescheid des LaGuS ein. Die Arbeitnehmer befand sich nun bereits in der Elternzeit. Die Behörde half aber dem Widerspruch nicht ab und die Arbeitgeber klagte gegen den Bescheid vor dem Verwaltungsgericht. In der Zwischenzeit endete aber die Elternzeit der Arbeitnehmerin. Einen Tag nach dem Ende der Elternzeit kündigte die Arbeitgeberin außerordentlich und fristlos das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin.

Problem des Fristbeginns für die außerordentliche Kündigung

Von daher es in diesem Fall gar nicht so sehr um die Frage der Kündigung in der Elternzeit, sondern eher darum, ob nach diesem langen Zeitablauf überhaupt die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt wurde. Zu Verdeutlichlung sei ausgeführt, dass die Arbeitgeberin am 27.05.2019 den Antrag bei der LaGuS auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung stellte und am 4.09.2020 die außerordentliche Kündigung aussprach. Zu diesem Zeitpunkt musste das LaGuS nicht mehr zustimmen, da die Elternzeit ja beendet war. Die Frage war allein, um dieser lange Zeitablauf von über einem Jahr ab Kenntnis vom Kündigungssachverhalt noch fristgemäß für die außerordentliche Kündigung der Arbeitgeberin war.

Entscheidung des LAG MV

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 15.3.2022 – 5 Sa 122/21) ging davon aus und begründete dies wie folgt:

Die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt, wenn der Arbeitgeber im Falle von Mutterschutz oder Elternzeit die behördliche Zulässigkeitserklärung innerhalb der Zwei-Wochen-Frist beantragt hat, gegen die Versagung der Zulässigkeitserklärung rechtzeitig Widerspruch bzw. Klage erhoben hat und sodann die außerordentliche Kündigung unverzüglich nach Kenntnisnahme vom Wegfall des Zustimmungserfordernisses (Ende des Mutterschutzes oder der Elternzeit) ausspricht.

Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt. Nach dieser Vorschrift kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen, beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

Hängt der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung von einer Zulässigkeitserklärung nach § 17 Abs. 2 MuSchG oder § 18 Abs. 1 BEEG ab, ist die Kündigungserklärungsfrist eingehalten, wenn innerhalb der Zwei-Wochen-Frist der entsprechende Antrag gestellt worden ist und die Kündigung nach Zustellung des die Kündigung für zulässig erklärenden Bescheides unverzüglich ausgesprochen wird (ErfK/Niemann, 22. Aufl. 2022, § 626 BGB, Rn. 227). Damit wird weder die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB umgangen, wie die Klägerin meint, noch der Sonderkündigungsschutz in der Schwangerschaft bzw. Elternzeit. Vielmehr sind auf diese Weise beide Regelungen in Einklang zu bringen. Es sind sowohl der Sinn und Zweck der Kündigungserklärungsfrist gewahrt, zeitnah Rechtssicherheit zu schaffen, als auch der Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes, während der Schwangerschaft oder Elternzeit vorübergehend einen erhöhten Bestandsschutz zu gewährleisten.

Der behördlichen Zulässigkeitserklärung steht der Wegfall des Zustimmungserfordernisses gleich. Ab Kenntnis der zum Wegfall des Zustimmungserfordernisses führenden Ereignisse ist die Kündigung unverzüglich auszusprechen, d. h. in der Regel am ersten folgenden Arbeitstag (LAG Köln, Urteil vom 21. Januar 2000 – 11 Sa 1195/99 – Rn. 11, juris = NZA-RR 2001, 303; ErfK/Schlachter, 22. Aufl. 2022, § 7 MuSchG, Rn. 16; Brose/Weth/Volk, Mutterschutzgesetz und Bundeserziehungsgeldgesetz, 9. Auflage 2020, § 17 MuSchG, Rn. 253).

Dem ist die Beklagte nachgekommen. Die außerordentliche Kündigung ist der Klägerin bereits am 1. Tag nach dem Ende der Elternzeit zugegangen.

Anmerkung:

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Allerdings hat dies für den Arbeitgeber hier keinen großen Vorteil bewirkt. Die Zustimmung der Landesbehörde lag nicht vor, sodass er während der Elternzeit die Kündigung nicht aussprechen können konnte. Er musste faktisch mehr als ein Jahr warten, bis zum Ende der Elternzeit und hat dann außerordentlich gekündigt. Durch die außerordentliche Kündigung hat er allein die Kündigungsfrist eingespart, während er gegebenenfalls die Arbeitnehmerin noch hätte bezahlen und beschäftigen müssen. In Anbetracht des Aufwandes (Widerspruch gegen Bescheid der Behörde/Klage vor dem Verwaltungsgericht) ist dies ein teuer erkämpfter Sieg. Hätte der Arbeitgeber hier nichts weiter im Bezug auf die Landesbehörde unternommen und nur die Elternzeit abgewartet, wäre er wahrscheinlich finanziell besser dabei gefahren. Dann hätte er aber nur ordentlich kündigen können, da die 2-Wochenfrist abgelaufen wäre. Allerdings kann man im Nachhinein immer schlaue Ratschläge erteilen. Es ist eben nicht immer vorhersehbar, wie die zuständige Behörde in Bezug auf die Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung entscheiden wird. Diese hätte ja auch zustimmen können und dann wäre der Fall anders verlaufen.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt Arbeitsrecht Berlin

Was ist der Schutz des Arbeitnehmers vor einer außerordentlichen Kündigung?

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Was ist der Schutz des Arbeitnehmers vor einer außerordentlichen Kündigung?
außerordentliche Kündigung

Der Schutz des Arbeitnehmers vor einer außerordentlichen Kündigung ist in § 626 BGB normiert. Diese Vorschrift schütz den Arbeitnehmer vor einer fristlosen Kündigung des Arbeitgebers. Danach ist für jede außerordentliche Kündigung ein wichtiger Grund erforderlich. Zudem ist in der Regel zuvor eine Abmahnung wegen der Pflichtverletzung erforderlich. Nur bei schwersten Pflichtverletzungen kann der Arbeitnehmer ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden. Auch ist immer eine Abwägung zwischen dem Interessen des Arbeitnehmers und Arbeitgebers erforderlich.

§ 626 BGB – wichtiger Grund

Die Vorschrift des § 626 BGB schütz den Arbeitnehmer vor einer fristlosen Kündigung des Arbeitgebers aus außerordentlichem Grund. Die Vorschrift lautet:


fristlose Kündigung aus wichtigem Grund – § 626 BGB

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.


Kündigungsschutz auch in Kleinbetrieben

Die Schutzvorschrift des § 626 BGB ist unabhängig von der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes, welches dem Arbeitnehmer vor der ordentlichen Kündigung schützt. Auch der Sonderkündigungsschutz schützt nur vor der ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Arbeitgeber durch Kündigung.

Schutzordentliche Kündigungaußerordentliche Kündigung
§ 626 BGBneinja
allg. Kündigungsschutzjanein
Sonderkündigungsschutzjanein
Schutz vor ordentlicher und außerordentlicher Kündigung

Erläuterung der obigen Tabelle:

Für die ordentliche Kündigung gilt § 626 BGB nicht. Für die ordentliche Kündigung gilt der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz und der Sonderkündigungsschutz nach den einzelnen Vorschriften, die einen Schutz für bestimmte Arbeitnehmergruppen, wie zum Beispiel Schwerbehinderte, Schwangere etc. nominieren.

Für die außerordentliche Kündigung gilt § 626 BGB, wonach ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegen muss, allerdings spielt der allgemeine Kündigungsschutz und der Sonderkündigungsschutz keine Rolle. Dies heißt, dass man auch einer schwangeren Arbeitnehmerin, die ja Sonderkündigungsschutz genießt, das Arbeitsverhältnis außerordentlich kündigen kann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.


Kündigungserklärung des Arbeitgebers

Ein Arbeitsverhältnis wird nicht automatisch beendet, wenn ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegt. Vielmehr muss der Kündigungsberechtigte sein ihm zustehendes Gestaltungsrecht – also die Kündigung-  zur vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch ausüben, wenn er nicht mehr am Arbeitsvertrag festhalten will. Von daher bedarf es der Erklärung einer außerordentlichen Kündigung. Ohne diese Kündigungserklärung kann das Arbeitsverhältnis nicht aus wichtigem Grund enden.

Frist für Erklärung der außerordentlichen Kündigung

Nach § 626 Abs. 2 S. 1 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen erfolgen. Diese Ausschlussfrist beginnt nach § 626 Abs. 2 S. 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte (z.B. Arbeitgeber) von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Diese gesetzlich geregelte Ausschlussfrist gilt nach dem Gesetzeswortlaut für jede außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund iSd § 626 Abs. 1 BGB, also auch für die Kündigung durch den Arbeitnehmer. Auch der Arbeitnehmer kann ja im Arbeitsverhältnis einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung haben, wie z.B. seit längerer Zeit ausstehender Arbeitslohn.


wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung

Nach der Schutzvorschrift des § 626 Abs. 1 BGB kommt es darauf an, ob Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Dienstverhältnisses (hier Arbeitsverhältnisses) unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann. Dies heißt, dass der wichtige Grund durch objektiv vorliegende Tatsachen bestimmt, die an sich geeignet sind, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar zu machen. Von daher ist der Kündigungsgrund damit jeder Sachverhalt, der objektiv das Arbeitsverhältnis mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes belastet (BAG 18.1.1980 EzA § 626 BGB). Das Motiv für die Kündigung spielt keine Rolle. Entscheidender Zeitpunkt für das Vorliegen dieser Tatsachen ist der Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung beim Arbeitnehmer.

Solche wichtigen Gründe für eine außerordentliche Kündigung können sein:

  • Straftaten gegen den Arbeitgeber
  • politische Meinungsäußerungen mit Schädigung des Arbeitgebers
  • Beleidigung von Kunden und Mitarbeitern
  • Nichtbeachtung von Weisungen
  • Arbeitsverweigerung
  • nachhaltiges Zuspätkommen
  • Verstöße gegen die Betriebsordnung / Betriebssicherheit

Abmahnung vor Kündigung

Verhaltensbedingte Leistungsstörungen sind deshalb in der Regel nur dann kündigungsrelevant, wenn auch zukünftige Vertragsverstöße zu besorgen sind oder von einer fortwirkenden Belastung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen werden muss (BAG 23.10.2008 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 25). Von daher muss der Arbeitgeber grundsätzlich steuerbares Fehlverhalten des Arbeitnehmers zuvor abmahnen. Nur bei schweren Pflichtverletzungen kann auf eine Abmahnung verzichtet werden. Solche schweren Pflichtverletzungen sind meist Straftaten gegen den Arbeitgeber, insbesondere auch der Diebstahl von Firmeneigentum, selbst wenn es nur um geringe Beträge geht.


Interessenabwägung

Die Rechtsprechung verlangt, ausgehend vom Wortlaut des Gesetzes, eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände des Einzelfalles.

Zu den regelmäßig im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umständen werden insbes. die folgenden Gesichtspunkte gezählt:

  • Alter des Arbeitnehmers
  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers
  • wirtschaftliche Lage des Unternehmens

Kündigungsschutzklage

Auch gegen eine außerordentliche Kündigung muss sich der Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen nach Zugang wehren und zwar mittels Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht. In Berlin ist dafür das Arbeitsgericht Berlin zuständig. Macht er dies nicht, dann wird auch eine außerordentliche (fristlose) Kündigung nach § 7 des Kündigungsschutzgesetzes wirksam (Wirksamkeitsfiktion).

Fachanwalt für Arbeitsrecht Andreas Martin – Berlin

Üble Nachrede per Whatsapp – „Kollege ist verurteilter Vergewaltiger“ – außerordentliche Kündigung !

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Die Arbeitnehmerin wurde von der Arbeitgeberin zum 15. Februar 2018 als kaufmännische Angestellte eingestellt. Eine Probezeit von 6 Monaten wurde vereinbart.

Nur 2 Tage später wurde der Arbeitnehmerin in einer Bar von entfernten Bekannten gegenüber geäußert, dass ein Mitarbeiter der Arbeitgeberin, nämlich der Herr S. (Vater des Geschäftsführers), angeblich ein verurteilter Vergewaltiger sein soll. Diese Behauptung war aber falsch, was die Arbeitnehmerin nicht wusste.

Im Anschluss an diese Unterhaltung hatte die Klägerin nichts besseres zu Tun als den erfahrenen Klatsch und Tratsch zu sofort verbreiten.

Dazu schrieb Sie eine Arbeitskollegin per Whatsup an, die sie erst seit 2 Tagen kannte (!), und schrieb u.a. :

„Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber er [Herr S) soll ein verurteilter Vergewaltiger sein, deswegen will ganz L. nichts mehr mit ihm zu tun haben.“

„Ja gibt’s da irgendein Urteil oder so und wann soll das denn gewesen sein ?“

„Keine Ahnung, das haben die Leute nicht dazu gesagt, aber ganz EHRLICH für so jemanden werde ich nicht arbeiten.“

„So was ist schon eine krasse Behauptung.“

„Das haben mir mehrere Leute unabhängig von einander erzählt.“

„Ich weiß es auch nicht, aber die Leute, die mir das erzählt haben, haben noch nie Mist erzählt. Bin auch schockiert gewesen, als ich das gehört habe. Hab sogar kurzzeitig überlegt, ihn mit den Behauptungen zu konfrontieren.“

Und es kam, wie es kommen musste …

Die Arbeitskollegin nahm noch an dem Tag, an dem sie von der Arbeitnehmerin von den falschen Behauptungen Kenntnis erhielt, telefonisch Kontakt zum Geschäftsführer der Beklagten auf und führte dann unter Anwesenheit des Vaters des Geschäftsführers ein Gespräch, in welchem Sie die Behauptungen der Arbeitnehmerin offenbarte.

Der Geschäftsführer der Arbeitgeberin kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin außerordentlich am Montag, den 19. Februar 2018, und hilfsweise ordentlich zum 6. März 2018.

Die Arbeitnehmerin/ Klägerin wehrte sich gegen die außerordentliche Kündigung mittels Kündigungsschutzklage und trug vor, dass diese Anlass zur Sorge gehabt hätte und zudem habe sie auf die Vertraulichkeit des Wortes vertraut.

Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt, soweit sie sich gegen die außerordentliche Kündigung richtete. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts läge kein Kündigungsgrund vor.

In der Berufungsinstanz – Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Urteil vom 14.3.2019, 17 Sa 52/18 – verlor dann die Arbeitnehmerin.

Das LAG Baden-Württemberg führte dazu aus:

…..

Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung kann insbesondere vorliegen, wenn der Arbeitnehmer zu Lasten eines Vorgesetzten den Tatbestand der üblen Nachrede (§ 186 StGB) erfüllt. Die Begehung von (Ehr-)Delikten zu Lasten des Arbeitgebers oder zu Lasten von Vorgesetzten ist grundsätzlich geeignet, einen die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Grund darzustellen. Dabei kommt es nicht auf die strafrechtliche Wertung an, sondern darauf, ob dem Arbeitgeber deswegen nach dem gesamten Sachverhalt die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch zuzumuten ist (BAG, 21. April 2005 – 2 AZR 255/04). Mit der Begehung einer Straftat verletzt der Arbeitnehmer zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen. Ein solches Verhalten kann auch dann einen wichtigen Grund im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB darstellen, wenn die rechtswidrige Handlung zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat (BAG, 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09; Rn. 26).

..

Gegenüber der einfachen Beleidigung ist die üble Nachrede zwar nur in den Fällen, in denen der Täter sie öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften begeht, mit höherer Strafe bedroht. Aber sie ist bei abstrakter Betrachtung das Delikt mit dem höheren Unrechtsgehalt (vgl. Hilgendorf in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2009, Rn. 2 zu § 186 StGB): im Vergleich zum unsubstantiierten Werturteil (z.B. Bezeichnung als „Idiot“) hat die gegenüber einem Dritten abgegebene Tatsachenäußerung als motiviertes Urteil mehr Gewicht. Das Werturteil ist in seiner Suggestivkraft vom Prestige des Täters abhängig. Tatsachen hingegen sprechen für sich. Deshalb ist es stärker als das Werturteil oder die Meinungsäußerung geeignet, den Kundgabeempfänger gegen den Betroffenen einzunehmen (vgl. Hilgendorf in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2009, Rn. 2 zu § 186 StGB). Im Interesse eines wirksamen Ehrenschutzes bedroht das Gesetz in § 186 StGB die ehrenrührige Tatsachenbehauptung nicht erst mit Strafe, wenn sie unwahr ist, sondern schon dann, wenn sie „nicht erweislich wahr“ ist.

..

Die Klägerin verbreitete über WhatsApp die objektiv unzutreffende Behauptung, Herr R. S. sei ein verurteilter Vergewaltiger. Diese Behauptung stellt eine ehrenrührige Behauptung dar, die zudem geeignet ist, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Dass es sich bei der Behauptung um eine ehrenrührige Behauptung handelte, war der Klägerin bewusst. Dies ergibt sich bereits aus ihrer Formulierung „und deshalb will ganz L. mit ihm nichts mehr zu tun haben.“, dem gesamten Verlauf der Chat-Unterredung und aus ihrer Entscheidung heraus, wegen dieses Umstandes nicht mehr für die Beklagte arbeiten zu wollen.

Nicht der Wahrnehmung berechtigter Interessen dienen Äußerungen, die lediglich der Freude am Klatsch, der Befriedigung menschlicher Neugier und der Erregung von Sensationen dienen (Schönke/Schröder/Eisele/Schittenhelm, 30. Aufl. 2019, StGB § 193 Rn. 9). Zugunsten der Klägerin kann unterstellt werden, dass sie in Sorge um ihr eigenes Wohl war und sich als Frau an ihrem Arbeitsplatz in der Firma nicht mehr sicher fühlte, nachdem sie von der Behauptung gehört hatte, Herr R. S. sei ein verurteilter Vergewaltiger. Sie könnte mit der Weitergabe der Behauptung gegenüber ihrer Kollegin, Frau S. D., versucht haben, sich Klarheit über den Wahrheitsgehalt der Behauptung zu verschaffen. Für eine derartige Klärung der Faktenlage ist jedoch eine Kollegin nicht unbedingt die geeignete Ansprechpartnerin. Darüber hinaus hatte sich die Klägerin zum Zeitpunkt des Chats mit ihrer Kollegin bereits entschieden, nicht mehr weiter für die Beklagte arbeiten zu wollen. Stand ihr Entschluss fest, ist kein berechtigtes Interesse mehr erkennbar, weshalb die Klägerin das Gerücht in Wahrnehmung berechtigter Interessen verbreiten können soll. Die Sorge um das eigene Wohl und das Wohl einer Kollegin rechtfertigt nicht das Verbreiten des Gerüchtes, denn das Verbreiten des Gerüchts ist per se nicht geeignet, die eigene Sicherheit oder auch nur das von ihr empfundene Sicherheitsgefühl zu verbessern. Außerdem versuchte sie, auch die Kollegin dazu zu bringen, die Arbeit im Betrieb der Beklagten zu beenden.

Fazit: Auch Klatsch und Trasch kann bestraft werden, was hier richtigerweise erfolgt ist. Wer nichts besseres zu tun hat als 2 Tage nach Arbeitsaufnahme – ohne jeglichen Nachweise – Behauptungen über Arbeitskollegen zu verbreiten, muss mit einer außerordentlichen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen.

Mehrere Kündigungen durch den Arbeitgeber ausgesprochen- was machen?

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Mehrere Kündigungen durch den Arbeitgeber ausgesprochen- was machen?

Nicht selten kommt es vor, dass der Arbeitgeber oder dessen Rechtsanwalt (für diesen) mehrere Kündigungen des Arbeitsverhältnisses aussprechen.

außerordentliche Kündigung, hilfsweise ordentlich

Allein schon die häufig anzutreffende Kündigungsvariante

Hiermit kündige ich Ihnen das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum nächstzulässigen Termin!

– enthält 2 Kündigungserklärungen, nämlich eine außerordentliche und eine (hilfsweise) ordentliche. Dies ist aber kein Problem. Der Kündigungsschutzantrag sollte, dann so formuliert werden, dass beide Kündigungen angegriffen werden.

Beispiel: Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die ordentliche Kündigung vom … , noch durch die im gleichen Schreiben hilfsweise erklärte außerordentliche Kündigung beendet worden ist.

Kündigungsschutzklage gegen alle Kündigungen des Arbeitgebers

Will der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung des Arbeitgebers vorgehen, bleibt ihm nur die Möglichkeit der Erhebung der Kündigungsschutzklage innerhalb einer Frist von 3 Wochen. Macht er dies nicht, dann wird die Kündigung nach § 7 Kündigungsschutzgesetz wirksam.

Das Problem ist, dass dies auch für eine Kündigung gilt, die der Arbeitnehmer übersehen hat!

Beispiel: Der Arbeitgeber kündigt dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos am 1. März 2018. Am gleichen Tag erhält der Arbeitnehmer mit gesondertem Schreiben eine ordentliche und fristgemäße Kündigung zum 30. April 2018. Der Arbeitnehmer erhebt innerhalb von 3 Wochen die Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Berlin und wehrt sich allein gegen die außerordentliche Kündigung. Die ordentliche Kündigung erwähnt er nicht.

Ergebnis: 3 Wochen (+ 1 Tag) nach dem Zugang der ordentlichen Kündigung wird das Arbeitsverhältnis zum 30.04.2018 beendet; auch wenn noch beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche anhängig ist. Die Klage ist nur gegen die außerordentliche Kündigung gerichtet und erfasst sich die ordentliche Kündigung.

Wichtig!

Der Arbeitnehmer muss sich also gegen alle Kündigungen wehren, die er erhält. Vergißt er eine, dann wird diese – in der Regel – wirksam.

Ausnahme: doppelt verlautbare Kündigungen

Eine Ausnahme bilden die sog. doppelt verlautbaren Kündigungen. Diese liegen vor, wenn mehrere gleichlautenden Kündigung übergeben oder (auch auf unterschiedlichen Weg) zugestellt werden.

Beispiel: Die Arbeitnehmerin unterschreibt auch – zur Bestätigung des Zugangs der Kündigung – ein gleichlautendes (identisches) Exemplar der Kündigungserklärung und gibt es dem Arbeitgeber. Das andere identische Exemplar behält sie. 

Es liegt hier ein einheitlichen Kündigungsvorgang vor (sog. doppelt verlautbare Kündigung) und damit liegt nur eine Kündigungserklärung (Willenserklärung) vor. 

Folgekündigungen und allgemeiner Feststellungsantrag

Auch Folgekündigungen (Kündigungen, die nach der ersten Kündigung ausgesprochen werden) werden nicht durch die Kündigungsschutzklage erfasst.

Dazu wie folgt:

Wird nämlich lediglich eine Kündigungsschutzklage erhoben, dann werden Folgekündigungen regelmäßig nicht erfasst, denn die Kündigungsschutzklage hat nur einen sog. punktuellen Streitgegenstand und erfasst nur die Kündigung, gegen diese sie sich richtet.

Ausnahmen – 3-Wochenfrist beginnt nicht zu laufen

Wie so oft, gibt es hier auch Ausnahmen. Die 3-Wochenfrist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage kann unter Umständen nicht mit dem Zugang beim Arbeitnehmer zu laufen beginnt und von daher auch nicht ablaufen kann, so zum Beispiel wenn der Arbeitgeber die Zustimmung einer Behörde für die Kündigung benötigt (§ 4 Abs. 1 Satz 4 KSchG, wie z.B. bei der Kündigung eines Schwerbehinderten (Integrationsamt) oder einer Schwangeren.

allgemeiner Feststellungsantrag

Auch kann und sollte der Arbeitnehmer immer neben dem konkreten Feststellungsantrag einen allgemeinen Feststellungsantrag stellen, der dann alle Folgekündigungen erfasst. Damit ist die 3-Wochenfrist gewahrt, wenn der Arbeitnehmer später – und dies muss er zwingend machen – mit seinem Antrag klarstellt, dass er auch gegen die (konkret zu bezeichnenden) Folgekündigungen vorgehen will. Dies darf aber nicht vergessen werden.

Ergebnis: Der Arbeitnehmer sollte alle Schreiben, zumindest nach dem Zugang einer Kündigung des Arbeitgebers sorgsam lesen und prüfen, ob diese nicht eine Kündigungserklärung enthalten. Wird eine erneute Kündigung ausgesprochen, sollte sich der Arbeitnehmer sorgsam den Tag des Zugangs der Kündigung notieren und seinen Rechtsanwalt umgehend informieren. Er muss für den Erhalt der Kündigung nicht unterzeichnen (dem Arbeitgeber die Kündigung bestätigen). Der Anwalt wird dann die Kündigungsschutzklage erweitern.

Rechtsanwalt Andreas Martin

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kanzlei Berlin Marzahn- Hellersdorf

BAG: Geschäftsführerin will Vereinsvorsitzenden stürzen – fristlose Kündigung gerechtfertigt

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Die Arbeitnehmerin/ Klägerin war als angestellte Geschäftsführerin bei einem Verein beschäftigt. Der Verein bildete den Dachverband für seine örtlichen Mitgliedsverbände. Im Laufe der Zeit kam es zwischen der Geschäftsführerin und den Präsidenten des Vereins zu Differenzen.

Die Klägerin wollte den Präsidenten des Vereins „loswerden“ und betrieb aktiv dessen Abwahl. So rief die Klägerin die Vereinsmitglieder dazu auf, dass diese eine außerordentlichen Mitgliederversammlung einberufen sollten. Ziel der Versammlung sollte die Abwahl der Vereinsspitze sein. D

Der Vorstand des Vereins beschloss daraufhin die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung der Klägerin und kündigte dieser das Arbeitsverhältnis.

Gegen die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung erhob die Klägerin / Geschäftsführerin sodann Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht. Die Klägerin führte dazu aus u.a., dass ihrer Ansicht nach der Präsidiumsbeschluss unwirksam sei, weil das Präsidium wegen des vorherigen Rücktritts eines Mitglieds nicht vollständig besetzt gewesen sei.

Das Landesarbeitsgericht Sachsen (Urteil vom 16. Juli 2015 – 9 Sa 15/15 ) hat die Kündigungsschutzklage der Geschäftsführerin abgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 1. Juni 2017 – 6 AZR 720/15) Erfolg.

Allerdings nicht, wegen des Kündigungsgrundes, sondern wegen der Möglichkeit der Nichteinhaltung der 2-Wochenfrist des § 626 II BGB. Der Arbeitgeber kann nur dann erfolgreich außerordentlich kündigen, wenn er dies innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnis des außerordentlichen Kündigungsgrundes macht. Dies war hier nicht klar und muss noch vom LAG Sachsen aufgeklärt werden. Das BAG wies den Rechtsstreit von daher an das sächsische Landesarbeitsgericht zurück.

Mit dem Kündigungsgrund hatte das BAG aber kein Problem. Das BAG führt in seiner Pressemitteilung vom 1.06.2017 Nr. 24/17 aus:

Betreibt die Geschäftsführerin eines Vereins auf intrigante Weise zielgerichtet die Abwahl des Vereinsvorsitzenden, kann dies die außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Durch ein solch illoyales Verhalten wird die für eine weitere Zusammenarbeit erforderliche Vertrauensbasis zerstört und der Betriebsfriede erheblich gestört.

Rechtsanwalt Andreas Martin