Kündigungsschutzprozess
Wegen Krankheit gekündigt – was tun?

Bei einer Kündigung wegen Krankheit fragt man sich als Arbeitnehmer, ob überhaupt eine solche Kündigung zulässig ist und wenn ja, was man dagegen unternehmen kann.
Was ist eine krankheitsbedingte Kündigung?
Im Kündigungsschutzgesetz sind drei mögliche Kündigungsarten geregelt. Neben der verhaltensbedingten und betriebsbedingten Kündigung ist die Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen (ein Unterfall der personenbedingten Kündigung) die dritte Möglichkeit für den Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis zu beenden, bei denen der allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz gilt. Bei der Kündigung wegen Krankheit stützt der Arbeitgeber die Kündigung darauf, dass aufgrund von entweder einer langanhaltenden Arbeitsunfähigkeit oder wegen häufigen kurzer Erkrankungen es diesem unzumutbar ist das Arbeitsverhältnis über die Kündigungsfrist hinaus fortzusetzen. Die krankheitsbedingte Kündigung wird fast ausschließlich als ordentliche Kündigung ausgesprochen. Die Anforderung an eine solche Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber sind recht hoch.
Wann droht eine Kündigung wegen Krankheit?
Nach dem Kündigungsschutzgesetz darf der Arbeitgeber krankheitsbedingt kündigen, wenn die Voraussetzung für eine solche Kündigung vorliegen. Die betriebsbedingte Kündigung und die verhaltensbedingte Kündigung kommen weitaus häufiger vor als die personenbedingte Kündigung, welche der Überbegriff für eine krankheitsbedingte Kündigung ist.
Bei der personenbedingten Kündigung muss ein nicht unerheblicher Arbeitsausfall durch häufige kurzer Erkrankungen oder durch eine Langzeiterkrankung vorliegen. Aufgrund der Erkrankungen in der Vergangenheit muss der Arbeitgeber im Wege einer negativen Prognoseentscheidung (negative Gesundheitsprognose) zu dem zwingenden Schluss kommen dürfen, dass auch zukünftig erhebliche Fehlzeiten des Arbeitnehmers vorliegen werden. Wichtig ist, dass eine Krankheit an sich nie den Kündigungsgrund darstellen kann. Der Kündigungsgrund ergibt sich erst durch die (wirtschaftlichen) Belastungen, die durch den Ausfall der Arbeitskraft bzw. das Freihalten des Arbeitsplatzes für den Betrieb entstehen.
Dabei schaut man sich einen Zeitraum von ungefähr drei Jahren des Arbeitsverhältnisses an. Hierbei es auch eine Tendenz zu beachten, also ob tatsächlich die Anzahl der Fehlzeiten zugenommen hat oder nicht. Krankheiten, die nur einmal auftreten, wie zum Beispiel eine Blinddarmentfernung, werden herausgerechnet. Darüberhinaus auch Fehlzeiten, die zum Beispiel durch die Betreuung von Kindern erfolgt sind.
Bei den Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ist zu unterscheiden:
- lang andauernden Krankheitenund
- häufigen Kurzerkrankungen.
Häufige Kurzerkrankungen können einen Dauertatbestand für eine Kündigung bilden. Voraussetzung ist, dass die verschiedenen Erkrankungen den Schluss auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen und hier eine negative Prognose begründen.
Ein Arbeitsausfall von wenigstens sechs Wochen muss vorliegen. Dies ist allerdings noch recht niedrig angesetzt. Es muss faktisch der Schluss zwingend sein aus den Fehlzeiten in der Vergangenheit der letzten drei Jahre, dass der Arbeitnehmer auch zukünftig erhebliche Fehlzeiten haben wird und keine Besserung eintritt.
Um hier eine höhere Sicherheit zu haben, muss der Arbeitgeber auch erforschen, welche Möglichkeiten er hat, um zukünftig weitere Fehlzeiten des Arbeitnehmers zu verhindern bzw. dessen Eingliederung in den Betrieb wieder zu ermöglichen. Dafür wird der Arbeitgeber in der Regel ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) vornehmen. Dies ist ein sogenanntes Krankenrückführungsgespräch, dem es vor ein darum geht, welche Ursachen die Erkrankung haben und was der Betrieb tun kann, um hier weitere Fehlzeiten für die Zukunft zu vermeiden bzw. diese zu vermindern.
Kommt der Arbeitgeber zu dem Schluss, dass eine negative Gesundheitsprognose für die Zukunft vorliegt, dann muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an einem ungestörten Betriebsablauf und dem Interesse des Arbeitnehmers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Da es auch zu berücksichtigen, wie lange der Arbeitnehmer bereits im Betrieb beschäftigt ist und welche Ausfallzeiten angefallen sind und welche Konsequenzen diese für den Arbeitgeber, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, vorgelegen haben.
Der Arbeitgeber kann ohne Angabe von Gründen kündigen. Die Kündigungsgründe müssen aber vorliegen, sofern allgemeiner Kündigungsschutz greift oder Sonderkündigungsschutz.
Falls die Möglichkeit einer Versetzung auf einen anderen freien Arbeitsplatz besteht, ist dies ebenfalls zu erwägen, genauso wie der Ausspruch eine Änderungskündigung.
Wie erfolgt die Prüfung einer personenbedingten Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit?
Die Prüfung der Zulässigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung erfolgt wie folgt:
- Vorliegen einer negativen Zukunftsprognose.
- Vorliegen der Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen durch den Arbeitsausfall
- Umfassende Interessenabwägung.
Werden alle Punkte vom Arbeitgeber beachtet, was schwierig ist, ist die ausgesprochene Kündigung wirksam, wenn der Arbeitgeber die Rechtslage falsch einschätzt – was oft vorkommt – dann ist die Kündigung unwirksam. Sofern der Arbeitnehmer sich an das Arbeitsgericht wendet, wird dann die ausgesprochene Kündigung gerichtlich überprüft. Hier gelten strenge Regeln.
Wie lange muss man krank sein, um mit einer Kündigung zu rechnen?
Bei der Frage, der krankheitsbedingten Ausfallzeiten gibt es keine genauen zeitlichen Grenzen. Grob kann man sich an die Dauer der Betriebszugehörigkeit orientieren.
Was kann der Arbeitnehmer tun, wenn er eine krankheitsbedingte Kündigung erhält?
Sofern der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber krankheitsbedingt gekündigt wurde, sollte dieser sich anwaltlich beraten lassen. In der Regel wird ein Anwalt dazu raten gegen die Kündigung mittels einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht vorzugehen. Die Kündigungsschutzklage ist darauf gerichtet festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die streitgegenständliche Kündigung aufgelöst wurde. Nur kurze Zeit nach Einreichung der Klage gibt es dann einen sogenannten Gütetermins und in diesem Termin wird dann seitens des Gerichtes versucht eine gütliche Einigung zu finden. Der Arbeitnehmer kann sich dann immer noch überlegen, ob er gegebenfalls-wenn dies vom Arbeitgeber vorgeschlagen wird, gegen Abfindung das Arbeitsverhältnis beendet oder den Rechtsstreit fortsetzt, sodass das Gericht über die Wirksamkeit der Kündigung dann entscheidet. Ohne Kündigungsschutzklage hat der ein Arbeitnehmer kaum eine Möglichkeit eine Abfindung vom Arbeitgeber zu erhalten.
Was ist bei einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit über 2 Jahren?
Die Chancen für den Arbeitnehmer bei krankheitsbedingter Kündigung verschlechtern sich erheblich, wenn die Krankheit dauerhaft besteht. Die dauerhafte Arbeitsunfähigkeit von über 2 Jahren ist für den Arbeitnehmer problematisch. In der Regel überwiegt dann das Interesse an der Kündigung des Arbeitgebers, da dann fast immer eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen vorliegt. Allerdings gilt dies erst, wenn die andauernde Arbeitsunfähigkeit von 2 Jahren oder mehr vorliegt.
Bekommt man eine Abfindung bei der krankheitsbedingten Kündigung?
Eine Abfindung bei Kündigung erfolgt nicht automatisch. Ein Abfindungsanspruch besteht jedenfalls so gut wie nie. Die Abfindung ist dann letztendlich Verhandlungssache. Die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers verbessert sich erheblich, wenn dieser Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreicht und die Chancen im Prozess vor dem Arbeitsgericht für den Arbeitnehmer nutzen. In diesem Fall wird der Arbeitgeber in der Regel eine Abfindung nach Kündigung anbieten. Wenn der Arbeitnehmer gegen die Kündigung nicht vorgeht, wird diese nach 3 Wochen wirksam und kann nicht mehr angegriffen werden. In dieser Situation wird der Arbeitgeber in der Regel keinerlei Abfindung mehr zahlen, da kein Nachteil hat, wenn er dies nicht tut. Wichtig ist auch, dass bei ordentlichen Kündigungen, wenn das Kündigungsschutzgesetz gilt, die Chancen auf eine Entlassungsentschädigung erheblich höher sind als bei einer außerordentlichen Kündigung. Eine außerordentliche Kündigung, die fast immer als fristlose Kündigung erfolgt, erhöht das Prozessrisiko für den Arbeitnehmer. Oft wird dann als Vergleichsmöglichkeit vom Arbeitsrichter vorgeschlagen, dass man sich auf eine ordentliche Beendigung ohne Abfindung einigt.
Muss der Arbeitgeber vorher abmahnen?
Während es bei verhaltensbedingten Kündigungen auf ein Verschulden des Arbeitnehmers ankommt, ist dies bei Kündigungen wegen Krankheit nicht der Fall. In der Regel handelt der Arbeitnehmer hier nicht schuldhaft. Bei der Kündigung wegen Krankheit erhalten die betroffenen Mitarbeiter diese nicht, weil sie die Arbeitsunfähigkeit verschuldet haben. Eine Abmahnung kommt von daher nicht vor einer Kündigung in Betracht. Diese ist nicht notwendig und würde auch ins Leere gehen.
Nach dem Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 18.03.2014 – 13 Sa 1207/13 kann vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ausnahmsweise aber doch eine Abmahnung geboten sein, wenn die Erkrankung durch ein steuerbares Verhalten beseitigt werden kann. In der Entscheidung des LAG ging es um die Wiederaufnahme einer unterbrochenen Medikation mit Psychopharmaka.
Ist die Kündigung bei Krankheit nicht grundsätzlich verboten?
Nein, es gibt nach deutschem Arbeitsrecht kein Kündigungsverbot bei Erkrankung des Arbeitnehmers. Dies nehmen aber viele Arbeitnehmer an, obwohl dies unlogisch ist. Wenn dies tatsächlich so wäre, könnte der Arbeitgeber einen dauerhaft erkrankten Arbeitnehmer niemals das Arbeitsverhältnis kündigen. Von daher ist eine Kündigung auch während der Krankheit durch den Arbeitgeber grundsätzlich möglich. Ob diese tatsächlich im Einzelfall wirksam ist, ist eine andere Frage. Dies bestimmt sich dann nach dem Kündigungsschutzgesetz, sofern dieses Anwendung findet.
Was ist bei der Kündigung im Kleinbetrieb?
Bei der krankheitsbedingten Kündigung im Kleinbetrieb hatte Arbeitnehmer meist schlechte Karten. Wenn er die Kündigungsschutzklage einreicht, dann hat er nur Chancen den Prozess zu gewinnen und so den Arbeitgeber gegebenfalls zur Zahlung eine Abfindung“ zwingen „, wenn er nachweist, dass die Kündigung sittenwidrig oder treuwidrig ist. Im Kleinbetrieb gilt nämlich nur ein sogenannter Mindestkündigungsschutz. Dieser Schutz ist weitaus weniger effektiv als der Schutz nach dem Kündigungsschutzgesetz und schützt nur vor treuwidrige und sittenwidrige Kündigungen. Der Arbeitgeber braucht eigentlich für die Kündigung keinen Grund. Muss also auch nicht darlegen, dass ihm ein wirtschaftlicher Schaden durch die Krankheit des Arbeitnehmers entstanden ist. Anders ist dies, wenn es ein Sonderkündigungsschutz vorliegt. Bei diesen speziellen Kündigungsschutz, wie z.B. bei Schwangerschaft oder Schwerbehinderung besteht ein gesonderter Schutz vor Kündigung.
Was ist wenn der Arbeitgeber wegen der Erkrankung kündigt?
Nicht selten kommt es vor, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mitteilt, dass er krankgeschrieben ist. Manchmal reagieren Arbeitgeber dann so, dass diese sofort die Kündigung aussprechen und der Grund für die Kündigung dann die Krankschreibung des Arbeitnehmers ist. Dies wird dann vermutet, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Krankmeldung und dem Ausspruch der Kündigung liegt. Diese Kündigung ist nicht unwirksam. Allerdings bestimmt § acht des Entgeltfortzahlungsgesetzes, dass der Arbeitgeber dann die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auch notfalls über das Ende der Kündigungsfrist hinaus maximal bis sechs Wochen vornehmen muss. Damit will man verhindern, dass der Arbeitgeber so die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch eine Kündigung ab kürzt. Der Arbeitnehmer muss allerdings nachweisen, dass die Kündigung aufgrund der Krankheit erfolgte.
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Rechtsanwalt Andreas Martin – Berlin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Kündigungsschutzklage im Arbeitsrecht

Die Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht ist oft der einzige Weg eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers oder eine Abfindung zu erreichen. Die nachfolgenden Ausführungen beschäftigen sich mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung des Arbeitgebers, dem Kündigungsschutzverfahren nebst zu erwartenden Gerichts- und Anwaltskosten und den einzuhaltenden Fristen.
Was ist eine Kündigungsschutzklage?
Die Kündigungsschutzklage ist eine Klage vor dem Arbeitsgericht, die sich gegen eine Kündigung, egal ob betriebsbedingt, verhaltensbedingt oder personenbedingt wendet. Mit der Kündigungsschutzklage wird eine konkrete Kündigung angegriffen.
Solche Kündigungen können sein
- betriebsbedingte Kündigung
- verhaltensbedingte Kündigung
- personenbedingte Kündigung
- ordentliche und außerordentliche Kündigung
- Änderungskündigung (hier aber u.U. Änderungsschutzklage)
Wann sollte man eine Kündigungsschutzklage einreichen?
Wer als Arbeitnehmer eine Kündigung erhält, hat entweder das Ziel beim Arbeitgeber weiterzuarbeiten oder eine Abfindung zu bekommen. Beide Ziele kann man nur erreichen, wenn man eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreicht. In der Regel wird ein Anwalt dem Arbeitnehmer, der (irgendeine) Kündigung des Arbeitgebers erhalten hat, immer dazu raten sich gegen die Kündigung zu wehren. Fast immer ist das einzige effektive Mittel hier die Kündigungsschutzklage.
Ziel des Arbeitnehmers | Mittel um das Ziel zu erreichen |
---|---|
Abfindung | Einreichen einer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht |
Weiterbeschäftigung | Einreichen einer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht |
anderer Arbeitgeber | Kündigungsschutzklage (Abfindung) oder Nichtstun |
> Anmerkung: > Auch wenn der Arbeitnehmer gar nicht mehr beim Arbeitgeber weiter arbeiten möchte und sich eine andere Arbeit suchen wird, kann die Kündigungsschutzklage durchaus sinnvoll sein, wenn das Ziel die Zahlung einer Abfindung ist. Wichtig ist aber, dass es nur sehr selten einen Abfindungsanspruch gibt.
Was ist das Ziel der Kündigungsschutzklage?
Das Ziel einer Kündigungsschutzklage ist in prozessualer Hinsicht die Feststellung, dass die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat. Hinter diesem Ziel steht aber meist übergeordnet die Absicht des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzverfahren eine Abfindung auszuhandeln. Dies deshalb, da es in der Regel selten einen Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers gibt.
Hinweis: Der Antrag einer Kündigungsschutzklage lautet von daher so:
> Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Beklagten (Arbeitgebers) vom 28.04.2021 zum 31.05.2021 aufgelöst werden wird.
Weshalb muss man eine Kündigungsschutzklage einreichen, wenn man eine Abfindung will?
Es gibt nur wenige Fälle, in denen der Arbeitnehmer einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes bei der Kündigung hat. Solche Fälle können zum Beispiel im Rahmen einer Sozialplanabfindung, bei der Kündigung nach § 1 a KSchG oder bei einem erfolgreich gestellten Auflösungsantrag vorliegen. In der Praxis ist dies eher selten der Fall.
Hinweis: > Die Kündigungsschutzklage ist oft der einzige Mittel des Arbeitnehmers Druck auf den Arbeitgeber auszuüben, um eine Abfindung auszuhandeln.
Wie kommt es im Kündigungsschutzverfahren zur Zahlung eine Abfindung?
Wenn der Arbeitnehmer sich fristgerecht gegen eine Kündigung wehrt und die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreicht, in Berlin ist das Arbeitsgericht Berlin zuständig, so ordnet das Gericht zunächst einen Gütetermin an. Dieser Gütetermin, auch Güteverhandlung genannt, ist also der erste Termin beim Arbeitsgericht. In diesem Termin geht es vor allem um die Aufklärung des Sachverhaltes und vor allem um die Frage, ob die Parteien, also Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sich gütlich einigen können. Eine gütliche Einigung bei einer ordentlichen Kündigung, insbesondere bei der betriebsbedingten Kündigung, ist oft die Zahlung eine Abfindung als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers. Die Kündigungsschutzklage ist faktisch der Schlüssel zu Abfindung, da sie einen gewissen Druck auf den Arbeitgeber aufbaut und diesen dazu bringt gegebenfalls eine Abfindung vorzuschlagen. Einen Anspruch gibt es meist nicht und auch schon gar nicht eine Garantie auf Erhalt eine Abfindung im Kündigungsschutzverfahren.
Welche Frist gilt für die Erhebung der Kündigungsschutzklage?
Wenn der Arbeitnehmer eine betriebsbedingte, verhaltensbedingte oder personenbedingte Kündigung erhält, hat er drei Wochen nach Zugang der Kündigung Zeit die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Diese 3-Wochenfrist ist äußerst wichtig. Wird diese Frist versäumt, besteht nur noch die Möglichkeit eine nachträgliche Zulassung der Klage zu beantragen, was sehr schwierig ist.
Fristbeginn | Fristablauf |
---|---|
mit Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer | 3 Wochen nach dem Zugang |
Was heißt Zugang der Kündigung?
In den meisten Fällen ist Zugang gleichzusetzen mit Erhalt der Kündigung. Dies ist aber nicht immer so. Beim Zugang der Kündigung kommt es darauf an.
> Zugang unter Anwesenden
Wird die Kündigung übergeben, die Juristen sprechen hier von einem Zugang unter Anwesenden, geht die Kündigung in diesem Augenblick zu.
> Beispiel: Der Arbeitgeber übergibt dem Arbeitnehmer die Kündigung persönlich am 30.04.2021 im Büro. Die Kündigung geht also an diesem Tag zu. Die Frist läuft 3 Wochen später ab. Dies ist der 21.05.2021.
> Zugang unter Abwesenden
Beim Zugang unter Abwesenden wird es etwas schwieriger. Lässt der Arbeitgeber die Kündigung in den Briefkasten des Arbeitnehmers werfen, so geht diese in der Regel an diesem Tag des Einwurfs zu. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Arbeitnehmer die Kündigung gelesen hat oder erst am nächsten Tag liest. Dies ist unerheblich. Der Einwurf muss aber zu den üblichen Post-Einwurfzeiten erfolgen. D. h. es muss für den Arbeitnehmer die Möglichkeit der Kenntnisnahme noch an diesem Tag bestehen. Dies ist in der Regel der Fall, wenn der Einwurf oder die Zustellung am Vormittag oder bis zum frühen Nachmittag erfolgt. Erfolgt die Zustellung spätabends durch Einwurf in den Briefkasten, wird man davon ausgehen, dass der Zugang erst am nächsten Tag vorliegt.
> Beispiel: Der Arbeitgeber lässt die Kündigung über einen Zeugen dem Arbeitnehmer am Vormittag des 27.04.2021 in den Briefkasten werfen. Von daher geht die Kündigung dem Arbeitnehmer an diesem Tag zu und dieser Tag ist dann der Fristbeginn. Ablauf der Frist wäre 3 Wochen später, also am 18.05.2021. > > weiteres Beispiel: Der obigen Fall. Aber der Brief wird erst um 20:00 Uhr am 27.04.2021 in den Briefkasten des Arbeitnehmers geworfen. Da man um diese Uhrzeit nicht mehr mit Post rechnen muss, wird wohl der Zugang erst am nächsten Tag, also am 28.04.2021 vorliegen, so dass die Frist am 19.05.2021 abläuft.
Achtung: Als Arbeitnehmer sollte man niemals die Frist ausreizen. Bis wieviel Uhr ein Brief eingeworfen werden muss, damit er noch am gleichen Tag zugeht, ist nicht abschließend von der Rechtsprechung geklärt. Es sollte von daher die Klage immer mehrere Tage vor dem Fristablauf eingereicht werden!
Wann geht die Kündigung zu, wenn ich im Krankenhaus oder im Urlaub bin?
Befindet sich der Arbeitnehmer im Krankenhaus oder im Urlaub geht die Kündigung trotzdem durch Einwurf in den Briefkasten zu. Für den Zugang ist es unerheblich, ob der Arbeitnehmer sich Zuhause befindet. Auch wenn dieser im Krankenhaus oder im Urlaub ist geht die Kündigung in der Regel an dem Tag des Einwurfs durch den Postbeamten oder durch einen Zeugen des Arbeitgebers zu.
Achtung: > Der Arbeitnehmer muss für den Fall des Urlaubs oder für einen Krankenhauses auf Krankenhausaufenthalt dafür Sorge tragen, dass jemand sein Briefkasten lehrt. Die Rechtsprechung ist ja sehr streng.
Nur wenn der Arbeitnehmer zum Beispiel unerwartet Bewusstlos im Krankenhaus war und keinen Dritten beauftragen konnte den Briefkasten zu leeren und zu überprüfen, besteht die Möglichkeit auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage, wenn die 3-Wochenfrist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage versäumt ist.
Was passiert, wenn die 3-Wochenfrist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage versäumt wird?
Versäumt der Arbeitnehmer die Frist für die rechtzeitige Klageerhebung innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung, dann wird die Kündigung automatisch gemäß § 7 KSchG wirksam. Dies ist die sogenannte Wirksamkeitsfiktion. Der Gesetzgeber wollte damit erreichen, dass der Arbeitgeber recht schnell erfährt, ob die Kündigung angegriffen wird oder nicht. Der Arbeitnehmer hat also nur maximal drei Wochen Zeit.
Musste Kündigungsschutzklage über ein Rechtsanwalt eingereicht werden?
Nein, die Kündigungsschutzklage muss nicht durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden. In der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht besteht kein Anwaltszwang. Der Arbeitnehmer kann selbst die Klage einreichen. In Berlin besteht die Möglichkeit über die Rechtsantragstelle die Kündigungsschutzklage einreichen zu lassen. Dort findet allerdings keine Rechtsberatung statt. Weiter wird auf der Internetseite des Arbeitsgerichts Berlin ein Muster einer Kündigungsschutzklage zum Download zur Verfügung gestellt, dass man als Arbeitnehmer selbst ausfüllen und einreichen kann.
Kann man die Klage per E-Mail oder per WhatsApp einreichen?
Nein, die Klage muss schriftlich eingereicht werden. Anwälte können die Klage über ein elektronisches Anwaltspostfach (beA) einreichen. Der Arbeitnehmer muss also die Klage unterzeichnen und das Original muss rechtzeitig vor Ablauf der Frist bei Gericht eingehen. Die sicherste Variante ist der Einwurf in den Briefkasten des Gerichts.
Was muss in der Kündigungsschutzklage stehen?
Hier sollte man auf jeden Fall ein Muster verwenden, um zu verhindern, dass die Kündigungsschutzklage nicht vollständig ist. Die Kündigungsschutzklage muss einen Antrag enthalten, aus dem sich ergibt, dass der Arbeitnehmer eine bestimmte Kündigung angreift. Darüberhinaus muss die Klage natürlich die richtige Bezeichnung und die Anschrift des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers enthalten und auch die wesentlichen Daten des Arbeitsverhältnis, so zum Beispiel wann das Arbeitsverhältnis begründet wurde, wie hoch der letzte Lohn war, welche Tätigkeit ausgeführt werden sollte und die sozialen Daten des Arbeitnehmers. Darüber hinaus muss in der Begründung auch immer klargestellt werden, dass die Kündigung angegriffen wird und der Arbeitnehmer diese für sozialwidrig und unwirksam hält. Sofern ein Betriebsrat existiert, sollte vorsorglich die Anhörung des Betriebsrates bestritten werden. Im Zweifel sollte sich der Arbeitnehmer anwaltlich beraten lassen. Wenn die Klage nicht vollständig ist oder fehlerhaft ist, besteht die Gefahr, dass das Gericht diese für die Fristwahrung nicht als ausreichend erachtet und das Verfahren verloren ist.
> Achtung: > Die richtige Bezeichnung des Arbeitgebers und die Angabe der richtigen Adresse des Arbeitgebers sollen unbedingt beachtet werden. Wenn der falsche Arbeitgeber verklagt wird, dann ist die Frist meist schon abgelaufen, um den richtigen Arbeitgeber noch mit der Kündigungsschutzklage zu belangen.
Was passiert nach Einreichung der Kündigungsschutzklage?
Wenn die Kündigungsschutzklage vom Arbeitnehmer eingereicht wird oder von einem Anwalt, den der Arbeitnehmer beauftragt hat, so prüft das Gericht kurz die Klage und stellt sodann die Klage dem Arbeitgeber zu. Gleichzeitig mit der Klage Zustellung erfolgt die Zustellung der Ladung für den Gütetermin. Der Arbeitgeber bekommt also die Klage zugestellt und die Ladung zum Gütetermin. Der Arbeitnehmer bekommt die Ladung zum Gütetermin vom Gericht.
Wann erfährt der Arbeitgeber von der Kündigungsschutzklage?
In der Regel bekommt der Arbeitgeber die Kündigungsschutzklage zusammen mit der Ladung recht schnell zugestellt. In der Regel geschieht dies innerhalb von 3-6 Wochen nach Einreichung der Klage durch den Arbeitnehmer. Für das Arbeitsgericht gilt hier der Beschleunigungsgrundsatz. Der Arbeitgeber erfährt also recht schnell von der eingereichten Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers.
Muss ein Gerichtskostenvorschuss eingezahlt werden?
Nein. Im Arbeitsgerichtsverfahren muss kein Gerichtskostenvorschuss eingezahlt werden. Die Gerichtskosten sind am Schluss des Verfahrens zu zahlen. Die Gerichtskosten können auch entfallen, so zum Beispiel bei der Klagerücknahme oder einem Vergleich.
Wie läuft der Gütetermin beim Arbeitsgericht ab?
Nach Einreichung der Kündigungsschutzklage erhält der Arbeitnehmer die Ladung zum Gütetermin recht schnell und der Arbeitgeber bekommt eine Abschrift der Klage nimmst der Ladung zur Güteverhandlung. Der erste Termin ist also der Gütetermin (die Güteverhandlung) beim Arbeitsgericht, der bereits zwischen 4-7 Wochen nach Einreichung der Klage stattfindet.
Der Gütetermin läuft vom Arbeitsgericht in der Regel so ab, dass der Richter pro Termin ungefähr 15 Minuten einplant (so beim Arbeitsgericht Berlin). Die Sache wird aufgerufen und der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber betreten den Gerichtssaal. Das Gericht (Einzelrichter) sitzt vorne und die Parteien, also Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sitzen mit einigen Abstand voneinander an eigenen Tischen.
Das Gericht wird dann kurz die Anwesenheit feststellen und mitteilen, dass die Sache nun verhandelt wird. In der Regel wird der Berufsrichter kurz in den Streitstand einführen, also kurz darstellen, um was es geht und da der Arbeitnehmer ja die Kündigungsschutzklage eingereicht hat und meistens vom Arbeitgeber noch keine Erwiderung erfolgt ist, wird er den Arbeitgeber fragen, was der Grund für die Kündigung ist. Sodann wird der Arbeitgeber den Kündigungsgrund darlegen, wobei das Gericht hier die Ausführungen nicht mitschreiben lässt. Es geht nur darum, dass das Gericht grob informiert ist. In diesem Termin wird noch nichts entschieden. Es gibt auch keine Beweisaufnahme.
Sodann wird der Arbeitnehmer kurz eine Stellungnahme abgeben, weshalb er meint, dass der Grund für die Kündigung nicht zutreffend ist.
Dann wird das Gericht fragen, ob man sich in der Sache gütlich einigen will. Hier ist es oft so, dass das Gericht selbst ein Interesse daran hat, dass der Rechtsstreit durch eine Einigung der Parteien erledigt wird. In diesem Fall muss das Gericht nämlich kein Urteil schreiben und es gibt auch keinen weiteren Termin und die Sache ist für den Richter erledigt. Meistens spricht das Gericht von sich aus auch die Zahlung eine Abfindung an. Sodann werden dann Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Höhe der Abfindung verhandeln, wenn beide grundsätzlich dazu bereit sind.
Wenn man sich dann geeinigt hat, über die Höhe der Abfindung und den weiteren Konditionen, wird das Gericht meistens von sich aus den Vergleichstext protokollieren. In Berlin ist es so, dass das Gericht hier bestimmte Muster verwendet. Aus dem Protokoll kann man dann als Arbeitnehmer die Zwangsvollstreckung auf Zahlung der Abfindung durchführen, falls der Arbeitgeber nicht zahlt, was selten vorkommt.
Welche Regelung findet man im Prozessvergleich, wenn man sich beim Gericht einigt?
Die Einigung im Gütetermins oder auch im Kammertermin wird vom Gericht protokolliert und in einem Vergleich festgehalten. Dieser Vergleich nennt sich Prozessvergleich. Dieser Vergleich ist ein Vollstreckungstitel und der Arbeitnehmer kann dort Regelungen, sofern diese vollstreckbar formuliert wurden, auch gegenüber dem Arbeitgeber vorstrecken, wenn der Arbeitgeber zum Beispiel diese Regelung nicht erfüllt.
Typische Regelung im Prozessvergleich im Kündigungsschutzverfahren können sein:
- Ende des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt
- Abrechnung des Arbeitsverhältnisses bis zum Beendigungszeitpunkt
- Freistellung des Arbeitnehmers unter Fortzahlung der Vergütung
- Anrechnung von Urlaub und Überstunden im Freistellungszeitraum
- Zahlung eine Abfindung
- Erstellung und Übersendung eines Arbeitszeugnis mit einer bestimmten Note
- Herausgabe von Gegenständen durch die Parteien
- Erstellung eine Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III
- Erledigungsklausel oder allgemeine Ausgleichsklausel
Welche Fehler werden oft bei Prozessvergleich gemacht?
Bei der Formulierung des Vergleiches muss man darauf achten, dass dieser verständlich ist und ganz klar ist, wer welche Leistungen wie erbringen muss.
Problematisch ist es, wenn die Parteien anfangen sich bestimmte Zeitpunkte für Zahlungen auszudenken und diese nicht genau bestimmen. Wenn zum Beispiel geregelt wird, dass die Zahlung der Abfindung mit der letzten Lohnabrechnung erfolgt, so ist dies eine sehr unglückliche Formulierung, da die Formulierung "letzte Lohnabrechnung" nicht bestimmt genug ist.
Bei der Zahlung von Lohn muss klar sein, in welcher Höhe der Lohn zu zahlen ist, ansonsten ist dieser Anspruch nicht vollstreckungsfähig. Dies ist kein großes Problem, wenn der Rechtsstreit nur für erledigt erklärt wird, wenn allerdings eine allgemeine Ausschlussklausel am Ende des Vergleiches steht, kann dies durchaus problematisch werden.
Gibt es immer eine Einigung im Gütetermin?
Nein. Die meisten Gütetermine führen zu einer Einigung, meistens auch zu einer Abfindungszahlung im Kündigungsschutzverfahren. Es ist aber durchaus möglich, dass entweder der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer keine Einigungsbereitschaft haben. Dann scheitert der Gütetermin und das Gericht beraumt einen Kammertermin an.
Muss der Arbeitgeber eine Abfindung abieten?
Nein. Der Arbeitgeber muss keine Abfindung anbieten, da in den meisten Fällen der Arbeitnehmer keinen Anspruch Abfindung hat. Wie oben bereits ausgeführt wurde, kann auch der Gütetermin scheitern, wenn zum Beispiel der Arbeitgeber entweder gar keine Abfindung zahlen möchte oder sein Angebot auf Abfindungszahlungen für den Arbeitnehmer zu gering ist.
Wonach bestimmt sich die Höhe der Abfindung?
Die Abfindung ist reine Verhandlungssache. Psychologisch spielt auch eine Abfindungsformel hier eine Rolle, allerdings bestimmt sich die Abfindung eher nach dem Prozessrisiko und nach einigen weiteren Kriterien als nach einer Formel. Oft fangen oft aber die Vergleichsverhandlungen mit den Hinweis auf ein Abfindungsformel an und zwar immer von der Seite für den diese dann günstig erscheint.
Welche Abfindungsformel hat das Arbeitsgericht Berlin?
Beim Arbeitsgericht Berlin gilt die Abfindungsformel "ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Arbeitsjahr". Dies gilt aber auch nicht für alle Branchen und hängt auch vom Alter des Arbeitnehmers ab. Bei älteren Arbeitnehmern, die schwer wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern sind, wird man in der Regel von höheren Beträgen ausgehen. Wichtiges zu wissen, dass diese Abfindungsformel keine rechtliche Relevanz für die Vergleichsverhandlungen hat. Man kann also eine weitaus höhere Abfindung vereinbaren aber auch eine geringere.
Kann der Arbeitgeber auch die Kündigung zurücknehmen?
Grundsätzlich kann der Arbeitgeber auch die Kündigung "zurücknehmen". Eigentlich kann man eine Kündigung, die ein Gestaltungsrecht ist, nicht zurücknehmen, allerdings legt die Rechtsprechung eine Rücknahmeerklärung des Arbeitgebers so aus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen anbietet. Der Arbeitnehmer kann dies annehmen oder ablehnen.
Wie lange dauert der Gütetermin beim Arbeitsgericht?
Man kann grundsätzlich sagen, dass der Gütetermin recht schnell durchgeführt wird. In Berlin dauert der Termin ungefähr eine Viertelstunde.
Was passiert, wenn der Gütetermins scheitert?
Wenn der Gütetermins scheitert, vermerkt das Gericht dies im Protokoll der Güteverhandlung. Das Gericht setzt dann den Parteien Fristen für die Erwiderung auf die jeweiligen Schriftsätze der Gegenseite. Darüber hinaus wird oft schon der Termin für die Kammerverhandlung im Protokoll vermerkt. Dieser ist dann mehrere Monate später. Bis dahin haben die Parteien dann Zeit auf die jeweiligen Schriftsätze der Gegenseite zu erwidern.
Sind die Erwiderungsfristen wichtig?
Die Einhaltung der Schriftsatzfristen für die Erwiderung auf den Vortrag der Gegenseite ist wichtig. Das Gericht kann verspäteten Vortrag, auch wenn dies nicht ganz einfach für das Gericht ist, zurückweisen. Man muss sich das so vorstellen, dass eine Klage nicht wie in amerikanischen Filmen in der mündlichen Verhandlung entschieden wird, sondern meistens durch gute Schriftsätze. D. h., dass man hier besonders sorgfältig auf das jeweilige Schreiben der Gegenseite erwidern sollte.
Allerdings ist die Zurückweisung wegen Verspätung durch das Gericht recht schwierig.
Was ist ein Kammertermin?
Ein Kammertermin ist der Termin, der nach dem Gütetermin folgt und an dem die Kammer des Arbeitsgerichtes teilnimmt. Während im Gütetermin der Einzelrichter, und dies ist der Berufsrichter, die Verhandlung leitet, sind im Kammertermin drei Richter anwesend. Es ist zum einen der Berufsrichter aus dem Gütetermin und zwei ehrenamtliche Richter. Bei den ehrenamtlichen Richtern ist einer jeweils aus dem Arbeitnehmerlager und eine aus dem Arbeitgeberlager. Die Kammer entscheidet zusammen.
Wie läuft der Kammertermin ab?
Der Kammertermin läuft grundsätzlich so ab, dass das Gericht die Anträge aufnimmt und dann mit den Parteien, also mit Arbeitnehmer und Arbeitgeber bzw. deren Anwälten, bestimmte Punkte, die das Gericht für problematisch hält, bespricht. Das Gericht fragt dann gegebenfalls zu bestimmten Sachverhalten noch nach und äußert auch schon in bestimmten Bereichen vorsichtig seine Rechtsauffassung. Ein Anwalt kann im Kammertermin bereits sehr gut erkennen, in welche Richtung die Kammer entscheiden wird.
Gibt es nach dem Kammertermin direkt ein Urteil?
In den meisten Fällen bekommt der Anwalt das Protokoll des Kammertermins bzw. die Partei zugestellt und am Ende des Protokolls steht bereits der Urteilstenor. Dies muss aber nicht immer so sein. Das Ergebnis des Kammertermins kann auch eine Beweisaufnahme sein. Dies kommt aber selten vor.
Wie lange dauert die Kündigungsschutzklage (das Kündigungsschutzverfahren)?
Wie lange das Kündigungsschutzverfahren nach Einreichung der Kündigungsschutzklage dauert, hängt davon ab, welchen Verlauf es nimmt. Gibt es eine Einigung im Gütetermin, dann ist das Verfahren sehr schnell nach 3-7 Wochen zu Ende je nachdem, wann der Gütetermin angesetzt wurde.
Gibt es aber keine Einigung, dann wird das Gericht einen Kammertermin festlegen und dieser ist meist mehrere Monate später. Dann kann es durchaus sein, dass das Verfahren sogar zwischen einem halben Jahr bis zu einem Jahr dauert.
Welche Kosten entstehen bei einer Kündigungsschutzklage
Es entstehen zum einen die Gerichtskosten. Die Gerichtskosten werden nicht als Vorschuss erhoben und sind recht gering, verglichen mit denen eines Zivilverfahrens. Darüber hinaus entstehen die Anwaltsgebühren. Die Anwaltsgebühren richten sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Sowohl die Gerichtskosten als auch die Anwaltsgebühren werden nach einer Tabelle nach dem so genannten Streitwert berechnet. Den Streitwert setzt das Gericht am Schluss des Verfahrens fest. Der Streitwert berechnet sich aus dem Bruttomonatseinkommen des Arbeitnehmers.
Anhand der unten beigefügten Tabelle ist zu sehen, wie hoch die Kosten insgesamt – Anwaltskosten und Gerichtskosten – sind. Die Anwaltskosten erhöht beim Abschluss eines Vergleiches. Es sind also immer die Gerichtskosten und die Anwaltskosten entweder mit Vergleich oder ohne Vergleich zusammen zu rechnen.
Die Gerichtskosten trägt am Ende der Verlierer des Prozesses.
> Die Gerichtskosten entfallen bei
- einem Vergleich
- einer Klagerücknahme.
> Wichtig: > In der ersten Instanz und außergerichtlich tragen sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber immer die eigenen Anwaltskosten, egal, ob diese gewinnen oder verlieren!
Ihr monatliches Bruttoeinkommen | Gerichtskosten | Anwaltskosten ohne Vergleich | Anwaltskosten mit Vergleich |
---|---|---|---|
€ 1.500 | € 322 | € 1.017,45 | € 1.414,91 |
€ 1.800 | € 364 | € 1.184,05 | € 1.648,15 |
€ 2.000 | € 364 | € 1.184,05 | € 1.648,15 |
€ 2.200 | € 406 | € 1.350,65 | € 1.881,39 |
€ 2.500 | € 448 | € 1.517,25 | € 2.114,63 |
€ 2.700 | € 490 | € 1.683,85 | € 2.347,87 |
€ 3.000 | € 490 | € 1.683,85 | € 2.347,87 |
€ 3.200 | € 532 | € 1.850,45 | € 2.581,11 |
€ 3.500 | € 590 | € 2.005,15 | € 2.797,69 |
€ 3.800 | € 590 | € 2.005,15 | € 2.797,69 |
€ 4.000 | € 590 | € 2.005,15 | € 2.797,69 |
€ 4.300 | € 590 | € 2.005,15 | € 2.797,69 |
€ 4.500 | € 648 | € 2.159,85 | € 3.014,27 |
€ 4.800 | € 648 | € 2.159,85 | € 3.014,27 |
€ 5.000 | € 648 | € 2.159,85 | € 3.014,27 |
€ 6.000 | € 706 | € 2.314,55 | € 3.230,85 |
Hinweis: Die Tabelle richtet sind nach dem Anwaltsgebühren im Jahr 2021. Die Mehrwertsteuer und die Unkostenpauschale sind in den Anwaltsgebühren enthalten.
Anhand der unten beigefügten Tabelle ist zu sehen, wie hoch die Kosten insgesamt – Anwaltskosten und Gerichtskosten – sind. Die Anwaltskosten erhöht beim Abschluss eines Vergleiches. Es sind also immer die Gerichtskosten und die Anwaltskosten entweder mit Vergleich oder ohne Vergleich zusammen zu rechnen.
Beispiel: > Der Arbeitnehmer hat ein Bruttomonatseinkommen von € 2.500. Sein Anwalt erhebt Kündigungsschutzklage. Im Gütetermin wird ein Abfindungsvergleich geschlossen. Durch den Vergleich entfallen die Gerichtskosten. Die Anwaltsgebühren erhöhen (siehe oben Anwaltsgebühren mit Vergleich) und betragen € 2.114,63.
> weiteres Beispiel zu den Kosten: Der Arbeitnehmer hat ein Bruttomonatseinkommen von € 3.000. Sein Anwalt erhebt Kündigungsschutzklage. Es kommt zu keiner Einigung und das Gericht entscheidet im Kammertermin gegen den Arbeitnehmer. Von daher betragen dessen Kosten € 490 an Gerichtskosten und € 1.683,85 an Anwaltskosten.
> weiteres Beispiel zu den Kosten: Wie vorstehend, jetzt gewinnt aber den Arbeitnehmer den Kündigungsschutzprozess. Seine Kosten sind von daher nur die eigenen Anwaltskosten. Diese betragen € 1.683,85.
Kann man gegen das Urteil der ersten Instanz vorgehen?
Ist der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber mit dem Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens in der ersten Instanz nicht einverstanden, besteht die Möglichkeit gegen das Urteil innerhalb eines Monats Berufung einzulegen und dann innerhalb eines weiteren Monats die Berufung zu begründen. Im Berlin ist die Berufungsinstanz das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg.
Kann man gegen das Berufungsurteil vorgehen?
Wenn das Berufungsurteil im Kündigungsschutzverfahren ergeht, besteht die Möglichkeit gegen dieses Urteil Revision zum Bundesarbeitsgericht einzureichen, wenn das Landesarbeitsgericht die Revision zugelassen hat. Dies macht das Landesarbeitsgericht aber nur selten. Eine Zulassung der Vision kommt zum Beispiel dann in Betracht, wenn eine noch nicht ausgeurteilte Rechtsfrage, die eine gewisse Bedeutung hat, vom Bundesarbeitsgericht entschieden werden sollte.
Ansonsten besteht nur die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht. Die Erfolgsaussichten dafür sind aber recht gering (unter 5 %).
Darf ich nach Erhebung der Kündigungsschutzklage schon woanders arbeiten?
Grundsätzlich darf der Arbeitnehmer nach Erhebung der Kündigungsschutzklage, also im Kündigungsschutzverfahren bereits woanders arbeiten, wenn seine Kündigungsfrist abgelaufen ist und er nicht bei einem Konkurrenzunternehmen tätig wird.
> Beispiel: Der Arbeitgeber kündigt dem Arbeitnehmer ordentlich mit unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 30.4.2021. Die Kündigung erhält der Arbeitnehmer im Februar 2021. Der Arbeitnehmer erhebt Kündigungsschutzklage. Hier kann der Arbeitnehmer nach Ende seiner Kündigungsfrist, also ab dem 1.5.2021 woanders arbeiten, allerdings nicht bei der Konkurrenz.
Muss der Arbeitgeber den Lohn nachzahlen, wenn er den Prozess verliert?
Grundsätzlich ja. Dieser Anspruch nennt sich Annahmeverzugslohn. Wenn also der Arbeitgeber das Kündigungsschutzverfahren im Dezember 2021 durch Urteil verliert und der Arbeitnehmer zum 31.5.2021 gekündigt wurde, dann muss der Arbeitgeber den Lohn bis dahin nachzahlen. Anzurechnen ist aber ein Zwischenverdienst des Arbeitnehmers, wenn dieser woanders gearbeitet hat.
Der Arbeitgeber hat ja auch einen Auskunftsanspruch, da der Arbeitnehmer eine Obliegenheit hat sich sogar woanders Arbeit zu suchen. Dieses Risiko ist für den Arbeitgeber recht gefährlich. Um ein solches Risiko zu vermeiden, gibt es oft, zumindest dann wenn der Arbeitgeber keine großen Chancen im Kündigungsschutzprozess für sich sieht, Verhandlungen, die mit einer Abfindungszahlungen an den Arbeitnehmer enden.
Wichtige Entscheidungen und Artikel zum Thema Kündigungsschutzklage
Nachfolgend finden Sie eine Liste wichtiger Artikel zur Kündigung und Kündigungsschutzklage.
- Änderungskündigung im Arbeitsrecht
- betriebsbedingte Kündigung im Arbeitsrecht
- Abfindung im Arbeitsrecht
- Wann muss das letzte Gehalt nach der Kündigung gezahlt werden?
- § 7 KSchG – Wirksamkeitsfiktion- was heißt das?
- Welche Frist gilt bei fristloser Kündigung?
- Was ist der Schutz des Arbeitnehmers vor einer außerordentlichen Kündigung?
- Abwicklungsvertrag und Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage
- BAG und Auskunftsanspruch beim Annahmeverzugslohn
- Betriebsbedingte Corona-Kündigungen werden zunehmen!
- BAG: Abfindung und Insolvenzverfahren
- Außerordentliche (fristlose) Kündigung und hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses!
- Mehrere Kündigungen durch den Arbeitgeber ausgesprochen- was machen?
- Betriebsbedingte Kündigung bei Schließung einer Filiale/ Betriebsstätte durch den Arbeitgeber- was tun?
- BAG: Wiedereinstellungsanspruch nach Kündigung besteht nicht im Kleinbetrieb!
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin
Kündigung bei Weigerung einer Corona-Schutzimpfung möglich?

Corona-Kündigung für Impfgegner zulässig?
In den Medien hört man derzeit von einem Fall aus Sachsen-Anhalt. Der Betreiber eines Pflegeheimes soll seine Mitarbeiter zur Corona-Schutzimpfung angehalten haben. Wer sich dann nicht gegen Covid19 impfen lassen wollte, wurde gekündigt. Zuvor versuchte der Chef nach seine Mitarbeiter zu überzeugen sich doch noch impfen zu lassen , dabei soll schon den Impfgegnern mit der Kündigung gedroht worden sein, welche dann auch bei mehreren Mitarbeitern erfolgte. Arbeitsgerichtlich wurde der Fall noch nicht geklärt.
Gibt es eine Pflicht des Arbeitnehmers zur Corona-Impfung?
Eine Pflicht zur Corona-Schutzimpfung gibt es für Arbeitnehmer grundsätzlich nicht. Eine solche Verpflichtung ergibt sich nicht aus dem Gesetz (Infektionsschutzgesetz) und auch bei der entsprechenden Verordnung (Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2) ist ausdrücklich keine Corona-Impfpflicht geregelt worden.
Gegen Masern muss allerdings geimpft werden (Masernschutzgesetz).
Regelung über Impfpflicht im Arbeitsvertrag?
Denkbar wäre allenfalls, dass ich im Arbeitsvertrag eine entsprechende Verpflichtung befindet. Dies dürfte wohl so gut wie nie der Fall sein. Bei bestimmten Berufsgruppen, ist dies aber denkbar, die zum Beispiel mit schwer kranken Personen zu tun haben.
Darf der Arbeitgeber die Impfung gegen SARS-CoV-2 (Corona) anordnen?
Nein, der Arbeitgeber hat kein Recht eine solche Anordnung zu treffen. Eine solche Impfanordnung wäre nicht mehr im Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Auch wenn der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern eine sogenannte Fürsorgepflicht hat, kann er die Arbeitnehmer nicht zur Impfung gegen Corona verpflichten. Der Arbeitnehmer hat ein Recht auf Selbstbestimmung, insbesondere, wenn es – wie hier – um ein außerdienstliches Verhalten geht. Ob eine solche Corona-Schutzimpfung sinnvoll bzw. zweckmäßig ist, was meiner Ansicht nach der Fall ist, kann dabei dahinstehen. Dies spielt keine Rolle. Der Arbeitnehmer darf nicht – zumal, wenn es um seine körperliche Unversehrtheit geht – auch unvernünftig verhalten.
Gibt es eine Impfpflicht für Pflegepersonal?
Nein, auch eine Impfpflicht für Pflegepersonal gibt es nicht. Dies gilt selbst dann, wenn hier schwer krank Personen gepflegt werden müssen. Auch hier geht es nicht darum, ob eine solche Verweigerungshaltung des Arbeitnehmers eine Impfung gegen Covid-19 abzulehnen, nachvollziehbar oder vernünftig ist. Diese Entscheidung obliegt allein dem Arbeitnehmer.
strafrechtliche Verantwortung aber bei Impfverweigerer denkbar
Immerhin kann der Arbeitnehmer bei einer Infektion mit Corona eine erhebliche Anzahl von Personen im Pflegeheim gefährden. Eine solche Gefahr besteht, was unter Umständen sogar zu einer strafrechtlichen Verantwortung des Arbeitnehmers führen kann (beim Bewusstsein über seine Erkrankung und die Ansteckungsgefahr und das Risiko für die betreuten Personen).
Ist eine Kündigung wegen eine Verweigerung einer Corona-Schutzimpfung möglich?
Wie oben bereits ausgeführt, existiert keine Impfpflicht in Bezug auf Covid19 des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber darf eine Impfung auch nicht anweisen. Von daher verhält sich der Arbeitnehmer nicht entgegen den Regelungen seines Arbeitsvertrages oder entgegen einer wirksamen Anweisung des Arbeitgebers. Dem Arbeitnehmer kann man keinen arbeitsrechtlichen Vorwurf machen, auch verstößt er nicht gegen Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag. Von daher scheidet eine verhaltensbedingte Kündigung von Seiten des Arbeitgebers aus.
Der Arbeitgeber darf kein unvernünftiges Verhalten des Arbeitnehmers sanktionieren, wenn dies in keinem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht.
Ist in Ausnahmefällen beim Pflegeperson eine Kündigung denkbar?
Beim Pflegepersonal ist aber in Ausnahmefällen denkbar, dass der Arbeitgeber sogenannten Impfverweigerern das Arbeitsverhältnis personenbedingt kündigt. Wichtig ist, dass es bei der personenbedingten Kündigung in der Regel keinen Vorwurf an den Arbeitnehmer gibt. Der Arbeitnehmer handelt nicht schuldhaft. Der Grund für die Kündigung ist der, dass der Arbeitnehmer nicht mehr geeignet für die Arbeit ist und dieser Grund in seiner Person zu sehen ist.
keine Einsatzmöglichkeit des Arbeitnehmers mehr
Denkbar wäre zum Beispiel, dass Angehörige oder Patienten oder Behörden eine Impfung für Pflegepersonal vorschreiben. Der Arbeitgeber darf dann den umgeimpften Arbeitnehmer nicht mehr bei diesen Patienten einsetzen und kann dann personenbedingt kündigen, wenn keine andere Beschäftigungsmöglichkeit besteht. Auch hier ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Der Arbeitgeber muss nach anderen Beschäftigungsmöglichkeiten suchen und dazu unter Umständen eine Änderungskündigung aussprechen. Die Durchsetzung einer Änderungskündigung ist oft schwierig.
Anmerkung:
Eine Kündigung wegen verweigerte Corona-Impfung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Eine betriebsbedingte Kündigung wegen Corona kommt bei eine Impfweigerung durch Arbeitnehmer in der Regel nicht in Betracht.
Zu den neuen Corona-Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz finden Sie hier Ausführungen.
Was ist eine vorsorgliche Kündigung?

Eine vorsorgliche Kündigung kommt in der Praxis nicht selten vor. Der Arbeitgeber will mit dieser sicherstellen, dass zumindest diese (vorsorgliche) Kündigung das Arbeitsverhältnis bzw. den Arbeitsvertrag beendet hat. Oft wird diese auch als hilfsweise oder vorsorgliche Kündigung bezeichnet
Was ist die vorsorgliche Kündigung?
Die vorsorgliche Kündigung ist eine unbedingte Kündigung. Sie wird für den Fall erklärt, dass eine bereits erfolgte Kündigung rechtsunwirksam ist. Kündigungen müssen für eine ihre Wirksamkeit nämlich unbedingt sein. Eine Ausnahme ist die sog. innenprozessuale Bedingung. Wenn der Arbeitgeber also eine bedingte Kündigung ausspricht, dann wäre diese schon deshalb unwirksam.
Beispiel: Der Arbeitgeber schreibt im Kündigungsschreiben, dass er das Arbeitsverhältnis zum Arbeitnehmer kündigt, es sei denn, der Arbeitnehmer kommt am Montag wieder zur Arbeit.
Eine solche Kündigung ist bedingt und damit unwirksam.
Fall der vorsorglichen Kündigung
Der klassische Fall der vorsorglichen Kündigung ist der, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigt und dieser dann Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht einreicht. Vor dem Arbeitsgericht wird schnell klar, dass die Kündigung unwirksam sein könnte, da z.B. der Arbeitgeber die Kündigungserklärung mit einer Paraphe unterzeichnet haben könnte. Der Anwalt rät zu einer weiteren Kündigung, die aber nicht an Stelle der ersten Kündigung treten soll, denn diese könnte vielleicht ja doch wirksam sein und würde das Arbeitsverhältnis – da dieser früher erfolgte – zu einem früheren Zeitpunkt beenden (siehe Kündigungsfristen).
Formulierung
Hier würde der Arbeitgeber nochmals kündigen und diese gegebenenfalls so formulieren:
Ich gehe davon aus, dass meine Kündigung vom … das Arbeitsverhältnis mit Ihnen zum …. ordentlich beendet hat. Für den Fall, dass die vorstehende Kündigung aber rechtsunwirksam sein sollte, kündigen ich Ihnen hiermit rein vorsorglich nochmals das Arbeitsverhältnis mit ordentlicher Frist zum …. .
Vorsorglich zum nächstmöglichen Zeitpunkt
Oft wird aber auch im ersten Kündigungsschreiben eine vorsorgliche Kündigung erklären (meistens als hilfsweise bezeichnet).
Die Formulierung lautet dann oft so:
Hiermit kündige wir Ihr Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung aus außerordentlichem Grund. Sollte die außerordentliche Kündigung keinen Bestand haben, kündigen wir vorsorglich ordentlich zum …. .
Kündigungsschutzklage
Auch gegen die vorsorgliche Kündigung muss der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht einreichenden, um zu verhindern, dass aufgrund der Fiktionswirkung des § 7 KSchG die Kündigung wirksam wird. Dies darf nicht vergessen werden. Dies gilt auch dann, wenn die vorsorgliche Kündigung während des Kündigungsschutzprozesses erfolgt. Der Arbeitnehmer muss nämlich im Kündigungsschutzprozess jede Kündigung einzeln angreifen.
Kündigungsgründe für die vorsorgliche Kündigung
Die vorsorgliche Kündigung kann auch auf Gründe gestützt werden, die bereits zum Zeitpunkt der ersten Kündigung bestanden haben. Sie kann auch statt des Nachschiebens von Kündigungsgründen erfolgen.
FAQ- Fragen und Antworten:
Was bedeutet fristlose Kündigung mit vorsorglicher Kündigung?
Die Kombination von einer fristlosen, also außerordentlichen Kündigung mit einer vorsorglich ordentlichen Kündigung kommt recht oft vor. Damit will der Arbeitgeber sicherstellen, dass wenn die außerordentliche, fristlose Kündigung unwirksam ist, dass dann-und zwar nur für diesen Fall-die ordentliche Kündigung greifen soll. Der Arbeitgeber hat also zwei Versuche, mit einer Kündigung durchzukommen und es liegen rechtlich gesehen zwei Kündigungen vor, wobei die ordentliche Kündigung nur dann zum Tragen kommt, wenn die außerordentliche unwirksam ist. Der Arbeitnehmer muss sich gegen beide Kündigungen, wenn er insgesamt dagegen vorgehen will, dass sein Arbeitsverhältnis durch diese Kündigungen beendet wurde, mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht wehren.
Was bedeutet eine Kündigung, äußerst hilfsweise und vorsorglich?
Oft benutzt ein Arbeitgeber, der außerordentlich und fristlos ein Arbeitsverhältnis kündigen möchte und dann hilfsweise ordentlich kündigt, folgende Formulierung:
Hiermit kündige ich das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis fristlos aus außerordentlichen Grund, äußerst hilfsweise und vorsorglich kündige ich das Arbeitsverhältnis ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
Hier gilt das oben Gesagte. Diese Erklärung besteht aus einer unbedingten fristlosen, außerordentlichen Kündigung und nur für den Fall, dass diese nicht wirksam ist, erfolgt eine hilfsweise ordentliche Kündigung.
Achtung:
Nur, wenn der Arbeitnehmer sich durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gegen beide Kündigungen wehrt, überprüft das Gericht die Kündigungen auf deren Rechtmäßigkeit. Andernfalls gilt die Wirksamkeitsfiktion des § 7 des KSchG und die außerordentliche Kündigung wird wirksam. Auf die ordentliche Kündigung kommt es dann ja nicht mehr an, dass diese nur für den Fall erfolgt, dass die außerordentliche unwirksam ist.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Rechtsschutzversicherung und Kündigungsschutzklage – was wird bezahlt?

Gerade in Arbeitsrechtsstreitigkeiten/ Bestandsschutzstreitigkeiten (bei Erhebung von Kündigungsschutzklagen) lohnt es sich für den Arbeitnehmer meistens, wenn er eine Rechtsschutzversicherung hat. Die Kosten für eine solchen Kündigungsschutzverfahren können hier erheblich sein.
Die Anwaltsgebühren – welche sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmen – sind der Posten, der mit Abstand am größten ist, da die Gerichtskosten im Kündigungsschutzverfahren im Normalfall nicht besonders hoch sind und in bestimmten Fällen, z. B. für den Fall der Rücknahme der Kündigungsschutzklage oder dem Abschluss des Vergleiches (was sehr oft zumindest beim Arbeitsgericht Berlin vorkommt) komplett entfallen. Auch ist im Arbeitsgerichtsverfahren kein Vorschuss auf die Prozesskosten zu zahlen. Eine Erstattung für die Anwaltsgebühren der Gegenseite scheidet im Arbeitsrecht im außergerichtlichem Bereich und in der 1. Instanz vor dem Arbeitsgericht aus.
Beispiel: Der Arbeitnehmer hat eine monatliche Bruttovergütung von € 2.500 pro Monat und klagt gegen eine Kündigung des Arbeitgebers. Im Gütetermin schließt der Anwalt des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber einen Abfindungsvergleich (dessen Höhe für die Anwaltskosten in der Regel unerheblich ist). Die Anwaltskosten des Arbeitnehmers – die er selbst tragen muss -betragen hier rund € 1.900.
Bei Eintritt des Rechtsschutzfalles – was ist zu machen?
Sofern der Arbeitnehmer die Kündigung erhält, sollte er den Zugang der Kündigung notieren und sodann sofort mit dem Rechtsschutzversicherer Kontakt aufnehmen. Dabei ist zu beachten, dass es nicht sinnvoll ist, den Versicherungsmakler anzurufen, sondern direkt bei der Schadenhotline des Rechtsschutzversicherers. Diese findet man meist auf der Versicherungskarte oder den Versicherungsschein.
Beispiele für Schadenhotline bekannter Rechtschutzversicherer:
Allianz: 0800 1122 555
ARAG: 0211 99 333 99
DAS/ERGO: 0800 3746 555
Roland: 0221 8277 500
ÖRAG: 0211 529 5555
Advocard: 040 23 73 10
HUK Coburg: 0800 2485 732
DEURAG: 0800 033 87 24
Dort meldet man den Schaden an und die Mitarbeiter überprüfen sofort, ob dem Grunde nach Rechtsschutz für die Abwehr der Kündigung (Kündigungsschutzklage) durch einen Rechtsanwalt nach eigener Wahl besteht. Auch wenn meist noch keine verbindliche schriftliche Zusage zu diesem Zeitpunkt erfolgt, so weiß doch der Arbeitnehmer, dass Rechtsschutz für die Erhebung der Kündigungsschutzklage mit hoher Wahrscheinlichkeit erteilt werden wird.
Beratung bei Kündigung durch einen Rechtsanwalt
Macht dies der Arbeitnehmer nicht, setzt er sich der Gefahr aus, dass er sich kostenpflichtig beim Rechtsanwalt beraten lässt und die Rechtsschutzversicherung dann – aus welchen Gründen auch immer – die Kosten nicht übernimmt, da kein Rechtsschutz besteht. Diese Fälle treten in der Praxis – so meine Erfahrung als Anwalt in Berlin- Marzahn – nicht selten auf. Es kann z. B. sein, dass die Wartezeit für die Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung noch nicht abgelaufen ist, eine Rate nicht gezahlt wurde oder der Arbeitnehmer nicht richtig mitversichert (als Lebenspartner) wurde.
Anruf bei Rechtzschutzversicherung vor dem Beratungstermin beim Anwalt
Von daher rate ich den Mandanten bei Vereinbarung eines Gesprächstermins – zum Beispiel bei Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber- immer, dass sie kurz vorher bei Ihrer Rechtsschutzversicherung anrufen und dies erfragen. Der Arbeitnehmer hat dann einfach eine gewisse Sicherheit, wenn er zum Anwalt zur Beratung kommt.
Selbstbeteiligung im Rechtschutzfall?
Auch sollte der Arbeitnehmer immer erfragen, in welcher Höhe eine Selbstbeteiligung besteht. Meist beträgt die Selbstbeteiligung 150,00 €. Viele Arbeitnehmer haben aber auch gar keine Selbstbeteiligung vereinbart. Dies erfragt der Anwalt – der dann später ohnehin eine schriftliche Deckungsanfrage tätig – dann später auch. Die Rechtschutzversicherer zeigen sich manchmal kulant, wenn es nur bei der Beratung über Kündigung bleibt und erlassen die Selbstbeteiligung.
Welche Kosten werden vom Rechtsschutzversicherer bei der Kündigungsschutzkalge übernommen?
Der Rechtsschutzversicherer zahlt im Normalfall die Anwaltsgebühren für die Erhebung der Kündigungsschutzklage sowi die Gerichtskoten. Dies beschränkt sich auf den konkreten Kündigungsschutzantrag und ggf. auf den allgemeinen Feststellungsantrag. Für den Arbeitnehmer ist nur wichtig zu wissen, dass die Rechtsschutzversicherung die Kosten zunächst für die Erhebung der Kündigungsschutzklage deckt. Der größte Posten sind dabei die Anwaltsgebühren und diese fallen in einer ganz bestimmten Höhe an, sodass es diesbezüglich eigentlich Klarheit geben dürfte.
Was wird nicht von der Rechtsschutzversicherung übernommen?
Meistens weisen Rechtsschutzversicherer bereits im ersten Schreiben darauf hin, dass die Kosten für die Stellung eines Weiterbeschäftigungsantrages erst übernommen werden, wenn die Güteverhandlung gescheitert ist. Ein solcher Antrag sollte dann bedingt gestellt werden. Der Grund ist der, dass sich durch den Weiterbeschäftigungsantrag der Streitwert erhöht und sich danach die Anwaltsgebühren richten. Der Streitwert beim Weiterbeschäftigungsantrag erhöht sich meistens um ein Brutto-Monatsgehalt.
Künftige Gehaltsansprüche im Kündigungsschutzprozess
Werden mit der Kündigungsschutzklage zukünftig entstehende noch nicht fällige Lohn- und Gehaltsansprüche anhängig gemacht, ist damit zu rechnen, dass der Versicherer auch hier Mehrkosten (auch hier erhöht sich der Streitwert im Normalfall) nicht übernehmen wird. In bestimmten Fällen kann aber trotzdem die Geltendmachung durchaus sinnvoll und auch angebracht sein, wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitgeber eine Zahlung nicht vornehmen wird. Auch ist es meiner Erfahrung nach – zumindest in Berlin ist dies so – dass im Kündigungsschutzprozess sich der Arbeitgeber stärker auf Kündigungsproblematik fixiert und dabei nicht besonders sorgfältig prüft, inwieweit die Annahmeverzugslohnansprüche (so nennt man diese Ansprüche) vorliegen oder nicht, um diese Ansprüche dann in diesem Prozess durchzusetzen.
Nicht rechtshängige Ansprüche
Das Problem besteht darin, wenn nicht rechtshängige Ansprüche geltend gemacht werden. Oft ist es so, dass Kündigungsschutzverfahren durch einen Vergleich enden. Hier im Vergleich auch aufzunehmen, dass z. B. Urlaub abzugelten ist, Arbeitzeugnis zu erteilen. Das Gericht legt ggf. einen höheren Streitwert fest und dadurch wären die Gesamtkosten insgesamt für die Versicherung höher. Die Versicherungen verlangen hier meistens, dass diese Positionen, die hier mitverglichen wurden, im Streit standen, sonst wird meistens die Erhöhung des Streitwertes hier nicht akzeptiert.
Außergerichtliche Anwaltskosten?
Die Versicherungen weisen auch darauf hin, dass diese die Kosten für die außergerichtliche Vertretung durch den Rechtsanwalt im Kündigungsrechtsstreit nicht übernehmen. Schreibt der Rechtsanwalt also den Arbeitgeber an, dann entsteht hierfür eine 1,3 Geschäftsgebühr im außergerichtlichen Bereich. Diese Gebühr wird zum Teil auf die später dann entstehende Gebühr für die Klageerhebung angerechnet, es gibt hier aber häufig Probleme bei der Erstattung. Im Normalfall besteht auch kein Anlass den Arbeitgeber außergerichtlich noch anzuschreiben.
außergerichtliche Tätigkeit im Kündigungsschutzverfahren manchmal erledigt
In bestimmten Fällen kann dies aber notwendig sein, insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung wegen Verstoßes nach § 174 BGB zurückweist, da der Ausspruch der Kündigung durch eine Person erfolgt ist, deren Bevollmächtigung dem Arbeitnehmer nicht bekannt ist und keine Vollmacht im Original beigefügt wurde. Auch kann es durchaus sinnvoll sein, beim Arbeitgeber zu erfragen, welche Kündigungsgründe vorliegen, und ob ggf. Tarifverträge Anwendung finden. Auch die Mitteilung einer Schwangerschaft bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber wäre mitzuteilen. Für all dies ist es meistens nicht sinnvoll, dies in der Kündigungsschutzklage bereits zu machen, da hier kurze Fristen gelten. Der Arbeitgeber bekommt die Kündigungsschutzklage dann vom Arbeitsgericht zugestellt und dann ist schon einige Zeit vergangen und die Fristen könnten ggf. abgelaufen sein.
Es ist von daher immer im Einzelfall zu entscheiden, ob außergerichtlich mit dem Arbeitgeber vor Klageerhebung nochmals Kontakt aufgenommen wird.
Anwaltszwang auf Seiten der Rechtsschutzversicherung?
Grundsätzlich hat der Versicherungsnehmer freie Wahl in Bezug auf den Rechtsanwalt. Die Rechtsschutzversicherung wird allerdings fast immer einen Rechtsanwalt vorschlagen, der mit der Versicherung zusammenarbeitet. Dies muss nicht zwangsläufig für den Versicherungsnehmer schlecht sein. Allerdings ist die Beauftragung des Anwalts auch Vertrauenssache und von daher haben die Versicherungsnehmer grundsätzlich die freie Auswahl unter den Rechtsanwälten und davon sollte man auch Gebrauch machen.
Welche Unterlagen sollte man mit zum Rechtsanwalt für die Beratung mitnehmen?
Folgende Unterlagen sollte man zum Beratungstermin beim Anwalt wenigstens mitnehmen:
- Rechtschutzversicherungskarte/ Versicherungsschein (am besten schon mit Schadennummer, sofern schon vorhanden)
- Kündigung (mit notierten Zugangsdatum)
- Arbeitsvertrag (nebst Ergänzungen)
- Abmahnungen falls vorhanden
- letzten 3 Lohnabrechnungen
Wie sollte man nach dem Erhalt einer Kündigung durch den Arbeitgeber vorgehen?
1. Ruhe bewahren und die 3-Wochenfrist für die Klage ab Erhalt der Kündigung notieren
2. Kostenübernahme und Schadennummer bei Rechtschutzversicherer erfragen
3. Beratungstermin beim Rechtsanwalt vereinbaren (Unterlagen nicht vergessen)
Rechtsanwalt Andreas Martin
Marzahner Promenade 22
12679 Berlin
(Nähe Eastgate)
Tel.: 030 74 92 1655
Fax: 030 74 92 3818
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Fachanwalt für Arbeitsrecht
BAG: betriebsbedingte Kündigung – Arbeitgeber muss nicht Arbeitsplatz im Ausland anbieten
Kündigt der Arbeitgeber betriebsbedingt dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis, so muss er zunächst überprüfen, ob nicht ein anderer freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht, auf den der Arbeitnehmer entsprechend seiner Qualifikation und der geschuldeten Arbeit (gegebenenfalls nach zumutbarer Fortbildung/Weiterbildung) versetzt werden kann, § 1 Abs. 2 KschG. Dies wird oft übersehen.
Änderungskündigung
Notfalls muss der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen, welche immer noch besser als eine betriebsbedingte Kündigung ist.
BAG: Arbeitsplätze im Ausland bleiben unberücksichtigt
Das Bundesarbeitsgericht hatte nun zu entscheiden, ob hierbei auch Arbeitsplätze zu berücksichtigen sind, die sich im Ausland befinden. Die deutsche Arbeitgeberin – ein Unternehmen der Textilindustrie – hatte nämlich in der tschechischen Republik eine Betriebsstätte. Hier wäre ein Einsatz-nach Auffassung des Arbeitnehmers- noch möglich gewesen. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis ohne dies zu berücksichtigen. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage gegen die betriebsbedingte Kündigung der Arbeitgeberin.
Arbeitnehmer verlor den Kündigungsschutzprozess
Der Arbeitnehmer verlor den Kündigungsschutzprozess in allen Instanzen.
Entscheidung des BAG
Das BAG (Urteil vom 29. August 2013 – 2 AZR 809/12 ) führt in seiner Pressemitteilung aus:
Die aus § 1 Abs. 2 KSchG folgende Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung – ggf. im Wege der Änderungskündigung – eine Weiterbeschäftigung zu geänderten, möglicherweise auch zu erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen anzubieten, bezieht sich grundsätzlich nicht auf freie Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb des Arbeitgebers. Der Erste Abschnitt des KündiguDie aus § 1 Abs. 2 KSchG folgende Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung – ggf. im Wege der Änderungskündigung – eine Weiterbeschäftigung zu geänderten, möglicherweise auch zu erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen anzubieten, bezieht sich grundsätzlich nicht auf freie Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb des Arbeitgebers. Der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes ist gemäß § 23 Abs. 1 KSchG nur auf Betriebe anzuwenden, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen. In diesem Sinne muss auch der Betriebsbegriff in § 1 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 KSchG verstanden werden. Ob dies der Berücksichtigung von Beschäftigungsmöglichkeiten im Ausland entgegensteht, falls der Arbeitgeber seinen Betrieb als Ganzen oder einen Betriebsteil unter Wahrung der Identität verlagert, war nicht zu entscheiden.ngsschutzgesetzes ist gemäß § 23 Abs. 1 KSchG nur auf Betriebe anzuwenden, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen. In diesem Sinne muss auch der Betriebsbegriff in § 1 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 KSchG verstanden werden. Ob dies der Berücksichtigung von Beschäftigungsmöglichkeiten im Ausland entgegensteht, falls der Arbeitgeber seinen Betrieb als Ganzen oder einen Betriebsteil unter Wahrung der Identität verlagert, war nicht zu entscheiden.
häufige Probleme mit der Rechtsschutzversicherung bei Kündigung durch den Arbeitgeber
Wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer kündigt, denkt der Arbeitnehmer im Normalfall darüber nach, ob es Sinn macht sich mittels Kündigungsschutzklage gegen die Arbeitgeberkündigung zu wehren. Die Chancen des Kündigungsschutzprozesses kann letztendlich nur ein Anwalt abschätzen. Ob dann tatsächlich geklagt wird, hängt vor allem dann davon ab, ob die Finanzierung des Kündigungsschutzprozesses geklärt ist.
Rechtsschutzversicherung und Kündigungsschutzklage
Dem Arbeitnehmer ist in der Regel schon stark geholfen, wenn er eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat, die für den Arbeitsrechtsfall greift. Arbeitnehmer meinen oft, dass „alles versichert“ sein; dies habe ihnen ihr Versicherungsmakler gesagt. Nicht in allen Fällen erfolgt aber die Erteilung einer Deckungszusage für das Kündigungsschutzverfahren durch die Rechtsschutzversicherung.
Folgende Probleme kann es hier geben:
- Arbeitsrecht ist nicht mitversichert
- die Wartezeit für den Eintritt der Deckungsschutzes ist noch nicht abgelaufen (6 Monate)
- es liegt noch kein Rechtschutzfall / Versicherungsfall vor (z.B. keine Kündigung)
- dem Arbeitnehmer wird eine Straftat vorgeworfen
- die Versicherungsprämien wurden nicht gezahlt
Was kann der Arbeitnehmer machen?
Um Rechtssicherheit zu haben, ob nun Rechtsschutz für die Kündigungsschutzklage besteht oder nicht, sollte der Arbeitnehmer – vor dem Anwaltsbesuch – die Schadenhotline der Rechtsschutzversicherung anrufen und dort nachfragen, ob Versicherungsschutz besteht oder nicht. Den eigenen Versicherungsmakler anzurufen macht meistens keinen Sinn, da dieser oft gar nicht weiß unter welchen Voraussetzungen Rechtsschutz besteht.
Welche Probleme kann es später nach Erteilung der Deckungszusage durch die Rechtsschutz für das Kündigungsschutzverfahren geben?
Auch nach der Erteilung der Deckungszusage durch die Rechtsschutzversicherung gibt es Streitfälle, vor allem dann zwischen Anwalt und der Versicherung.
Über folgende Punkte herrscht oft Streit:
- keine Deckungszusage auch für das außergerichtliche Verfahren, sondern nur für die Kündigungsschutzklage
- die Versicherungen decken in der Regel nur für die Kosten des Klageverfahrens und nicht für die des außergerichtlichen Verfahren in Kündigungsschutzsachen, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor (schon Klärung im außergerichtlichen Verfahren zu erwarten)
- kein Weiterbeschäftigungsantrag vor dem Scheitern der Güteverhandlung
- die Rechtsschutzversicherungen übernehmen in der Regel nicht die zusätzlichen Kosten für das Stellen eines Weiterbeschäftigungsantrages vor dem Scheitern der Güteverhandlung (Streitwerterhöhung)
- keine Geltendmachung von künftigen Lohnforderungen
- für das Einklagen – neben der Kündigungsschutzklage – von zukünftigen Gehaltsansprüchen müssen besondere Gründe vorliegen, wie z.B. der drohende Verfall durch Ausschlussfristen
RA Martin
§ 12 Kündigungsschutzgesetz und die Nichtfortsetzungserklärung mit dem alten Arbeitgeber
Es kommt häufig vor, dass der Arbeitnehmer während der Dauer des Kündigungsschutzprozesses vor dem Arbeitsgericht / Landesarbeitsgerichts (Berufung), welcher von mehreren Monaten bis mehreren Jahren dauern kann, eine neue Arbeit gefunden hat. Dies ist zulässig; der Arbeitnehmer ist sogar gehalten, sich nach einer neuen Beschäftigung umzusehen. Gewinnt er den Kündigungsschutzprozess, dann hat er auf einmal 2 bestehende Arbeitsverhältnisse und zwar mit dem alten und dem neuen Arbeitgeber, welche er selbstverständlich nicht gleichzeitig erfüllen kann.
§ 12 KSchG – Lösung vom alten Arbeitsverhältnis
Das Kündigungsschutzgesetz gibt den Arbeitnehmer in dieser Situation die Möglichkeit sich vom alten Arbeitsvertrag zu lösen.
In § 12 Kündigungsschutzgesetz steht:
Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, ist jedoch der Arbeitnehmer inzwischen ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen, so kann er binnen einer Woche nach der Rechtskraft des Urteils durch Erklärung gegenüber dem alten Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei diesem verweigern. Die Frist wird auch durch eine vor ihrem Ablauf zur Post gegebene schriftliche Erklärung gewahrt. Mit dem Zugang der Erklärung erlischt das Arbeitsverhältnis. Macht der Arbeitnehmer von seinem Verweigerungsrecht Gebrauch, so ist ihm entgangener Verdienst nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis zu gewähren. § 11 findet entsprechende Anwendung.
Voraussetzungen sind also:
- rechtskräftiges obsiegendes Feststellungsurteil im Kündigungsschutzprozess des Arbeitnehmers
- neues Arbeitsverhältnis abgeschlossen vor Rechtskraft des Urteils
- schriftliche Erklärung gegenüber dem alten Arbeitgeber, dass das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt werden soll
- innerhalb 1 Woche ab Rechtskraft des Urteils/Abgabe zur Post maßgeblich
Rechtsfolge:
- Erlöschen des Arbeitsverhältnisses
- zeitliche Beschränkung des Annahmeverzugslohnanspruches
- maximal bis zur Eingebung des neuen Arbeitsverhältnisses
Was spricht dagegen?
Die Lösung über die Nichtfortsetzungserklärung kann Sinn machen, hat aber einen entscheidenden Nachteil, nämlich die zeitliche Beschränkung der Annahmelohnverzugsansprüche des Arbeitnehmers. Verdient der Arbeitnehmer im neuen Arbeitsverhältnis deutlich weniger, dann hat er für den gesamten Zeitraum des Kündigungsschutzprozesses einen Anspruch gegen den alten Arbeitgeber auf Zahlung des Differenzlohnes zwischen dem alten Arbeitslohn und abzüglich des „neuen Arbeitslohnes“,was eine erhebliche Summe bei langen Prozessen ausmachen kann. Hat der Arbeitnehmer dann nur kurze Zeit nach der Erhebung der Kündigungsschutzklage eine neue Arbeit begonnen, dann macht es häufig mehr Sinn keine Erklärung abzugeben und stattdessen das Arbeitsverhältnis mit dem alten Arbeitgeber ordentlich zu kündigen.
Anwalt Andreas Martin
LAG Sachsen: vulgäre Beleidigungen eines Oberarztes
Auch Oberärzte verhalten sich nicht immer anständig; dass stellte nun auch das LAG Sachsen (Entscheidung vom 11.02.2011 -3 Sa 461/10) fest.
Sachverhalt – Beleidigung rechtfertigt nich per se eine außerordentliche Kündigung
Ein Oberarzt, der bereits im Jahr 2009 eine Abmahnung wegen Beleidigung von Kollegen erhalten hatte, hatte ein Streitgespräch mit einer Kollegin (Assistenzärztin) zum Teil vor den behandelnden Patienten. Von der Kollegin „verabschiedete“ sich der Oberarzt mit den Worten:
Leck mich, fick dich!
Diese Worte hörte die Assistenzärztin aber nicht mehr, da der Oberarzt diese leise sprach, allerdings eine anwesende Krankenschwester. Der Arbeitgeber kündigte den Oberarzt das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen, wegen der Beleidigung, außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Die verhaltensbedinge Kündigung des Arbeitnehmers wurde dann vom Arbeitsgericht Dresden und später vom Landesarbeitsgericht Sachsen überprüft.
Kündigungsschutzprozess
Der Arbeitnehmer (Oberarzt) erhob Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Dresden. Das Arbeitsgericht Dresden wies die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers ab. Das Landesarbeitsgericht Sachsen hob – auf die Berufung des Arbeitnehmers hin – das erstinstanzliche Urteil auf und gab dem Oberarzt Recht.
LAG Sachsen
Das LAG Sachsen begründete dies wie folgt:
Vorliegend hat die Beklagte die Kündigung wegen eines Verhaltens des Klägers
erklärt, das steuerbar ist. Gemäß Bundesarbeitsgericht vom 04.06.1997 – 2 AZR
526/96 – ist das Abmahnungserfordernis bei jeder Kündigung zu prüfen, die wegen
eines steuerbaren Verhaltens des Arbeitnehmers oder aus einem Grund in seiner
Person ausgesprochen wurde, den er durch sein steuerbares Verhalten beseitigen
kann, – wenn also mittels Abmahnung eine Verhaltensänderung bewirkt und eine
Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden kann.
Davon, dass im Zeitpunkt des Kündigungsausspruches mit einer derartigen Verhaltensänderung des Klägers und der damit einhergehenden Wiederherstellung des
Vertrauens zu rechnen war, ist vorliegend auszugehen. 3 Sa 461/10
– Seite 16 –
Die Eignung des Geschehens als Kündigungsgrund folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger bereits am 03.02.2009 wegen angeblichen lautstarken Beschimpfens des Arztes … abgemahnt worden ist.
(4) Die Abmahnung vom 03.02.2009 ist unwirksam, denn sie erfüllt ausweislich
ihres Inhaltes nicht die Hinweis– bzw. Rügefunktion einer Abmahnung. Denn Aufgabe der Abmahnung ist es auf das zu beanstandende Fehlverhalten hinzuweisen
und es zu rügen. Der Arbeitgeber muss zunächst dem Arbeitnehmer deutlich machen, dass sein Verhalten vom Arbeitgeber als vertragswidrig angesehen wird. Dabei wird dem Arbeitnehmer das vertragsgemäße Verhalten sowie der konkrete Verstoß hiergegen aufgezeigt (vgl. KR-Fischermeyer, 9. Auflage, § 626 BGB Rn. 269
ff. m. w. N.). Eine nur schlagwortartige Umschreibung der Verfehlung wie etwa
Minderleistung oder lautstarkes Beschimpfen genügt den Anforderungen an die
Funktion nicht (vgl. LAG Stuttgart, LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 25)
Was heißt das?
Das LAG Sachsen hielt die ausgesprochene Beleidigung nicht per se für einen hier ausreichenden verhaltensbedingten Kündigungsgrund (ohne Abmahnung). Das LAG wies daraufhin, dass hier zunächst eine Abmahnung durch den Arbeitgeber hätte ausgesprochen werden müssen. Es gab zwar schon eine Abmahnung (aus dem Jahr 2009) wegen Beleidigung; diese war – wie dies in der Praxis häufig vorkommt- aber unwirksam, da zu unbestimmt. Das Fehlverhalten wurde vom Arbeitgeber nicht genau genug beschrieben. Dabei war unerheblich, dass der Arbeitnehmer gegen diese Abmahnung aus dem Jahr 2009 erst jetzt im Kündigungsschutzverfahren vorgegangen ist. Hier gibt es keinen kurzen Ausschlussfristen, wie z.B. bei der Kündigungsschutzklage. Der Arbeitnehmer hätte hier schon im Jahr 2009 eine sog. „Entfernungsklage“ einreichen können, musste dies aber nicht und hat die damalige Abmahnung im hiesigen Kündigungsschutzverfahren überprüfen lassen.
BAG: Wettbewerbsverbot im gekündigten – aber noch nicht beendeten – Arbeitsverhältnis
Es kommt häufiger vor, dass sich im Arbeitsverträgen diverse Klauseln befinden, die es dem Arbeitnehmer untersagen bei Konkurrenzfirmen tätig zu werden. Diese Klauseln sind aber manchmal unwirksam, da viele Arbeitgeber häufig über das Ziel hinausschießen und dem Arbeitnehmer – ohne Karenzentschädigung – zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot verpflichten wollen, was unzulässig ist. Aber selbst, wenn im Arbeitsvertrag nichts geregelt ist, so besteht in der Regel ein Verbot (aus Treu und Glauben) des Arbeitnehmers während des bestehenden Arbeitsverhältnis bei der Konkurrenz zu arbeiten (innervertragliches Wettbewerbsverbot). Dies leuchtet ein.
Gilt dies aber auch noch, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt hat und der Arbeitnehmer sich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage wehrt?
Konkurrenztätigkeit im Kündigungsschutzverfahren
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich bereits mit mehreren solchen Fällen auseinandergesetzt. Das BAG geht auch im Kündigungsschutzverfahren – also, wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Wirksamkeit einer Kündigung streiten – von einem innervertraglichen Wettbewerbsverbot des Arbeitnehmers aus.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 28.1.2010, 2 AZR 1008/08) führt dazu aus:
Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt(st. Rspr., Senat 26. Juni 2008 – 2 AZR 190/07 – Rn. 15 mwN, AP BGB § 626 Nr. 213 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 21). Die für Handlungsgehilfen geltende Regelung des § 60 Abs. 1 HGB konkretisiert einen allgemeinen Rechtsgedanken.
Dem Arbeitnehmer ist aufgrund des Wettbewerbsverbots nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt. Ihm ist ebenso wenig gestattet, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen.
Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses. Deshalb darf ein Arbeitnehmer grundsätzlich auch nach Ausspruch einer von ihm gerichtlich angegriffenen außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers keine Konkurrenztätigkeit ausgeübt haben, wenn die Kündigung sich später als unwirksam herausstellt. Er ist in der Regel auch während des Kündigungsschutzprozesses an das vertragliche Wettbewerbsverbot gebunden(Senat 25. April 1991 – 2 AZR 624/90 – AP BGB § 626 Nr. 104 = EzA BGB § 626 nF Nr. 140). Dies gilt unabhängig davon, ob eine Karenzentschädigung angeboten (aA LAG Köln 4. Juli 1995 – 9 Sa 484/95 – zu II der Gründe, AP HGB § 75 Nr. 9; APS/Dörner 3. Aufl. § 1 KSchG Rn. 325) oder er vorläufig weiterbeschäftigt wird (aA MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 626 BGB Rn. 124).
Ob das Wettbewerbsverbot im gekündigten Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht gleich weit reicht wie in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin jedenfalls durch die Weitergabe der persönlichen Daten von Patienten an die Firma „S“ ihre Vertragspflichten schuldhaft verletzt hat(§ 241 Abs. 2 BGB). Auf diese Weise hat sie nicht lediglich ihre Arbeitskraft verwertet, sondern die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Beklagten unmittelbar gefährdet.
Im Ergebnis bejaht das BAG das bestehende Wettbewerbsverbot auch im gekündigten Arbeitsverhältnis für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses. Trotzdem führt nicht ein jeder Verstoß zum Recht des Arbeitgebers auf außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses (welches dann im Kündigungsschutzprozess ausgeübt werden kann, z.B. durch eine Schriftsatzkündigung).
Im vorliegendem Fall hielt es das BAG aber für ausreichend, dass eine ehemalige Pflegedienstmitarbeiterin nach der Kündigung (und vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses) die Daten der ehemaligen Patienten an ein Konkurrenzunternehmen weitergeleitet hatte.
Bei einer außerordentlichen Kündigung ist auch immer (hier von Seiten des Arbeitgebers) an die 2-Wochenfrist des §626 II BGB zu denken!
Rechtsanwalt Martin