Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin

Ist Bereitschaftszeit zu vergütende Arbeitszeit?

Gepostet am Aktualisiert am


Ist Bereitschaftszeit zu vergütende Arbeitszeit?
Bereitschaftszeit = Arbeitszeit?

Ist der Bereitschaftsdienst vergütungspflichtige Arbeitszeit?

In medizinischen Berufen (Ärzte, Krankenpfleger) , bei der Feuerwehr und auch in anderen Berufen besteht das Problem, dass häufig Bereitschaftszeiten vom Arbeitnehmer in erheblichem Umfang geleistet werden müssen. Der Arbeitnehmer ist zwar während dieser Zeiten oft nicht am Arbeitsplatz, sondern überwiegend werden diese Zeiten zu Hause geleistet, allerdings kann der Arbeitnehmer in seiner „Freizeit“ nicht frei disponieren und muss immer erreichbar sein. Es stellt sich die Frage, ob diese Zeiten nun als reguläre Arbeitszeit zu werten sind, so dass der Arbeitgeber die Bereitschaftszeit zu vergüten hat.

Man muss grundsätzlich zwischen „echten“ Bereitschaftsdienst und der sog. „Rufbereitschaft“ unterscheiden. Es stellt sich auch die Frage, ob Rufbereitschaft unter bestimmten Bedingungen zu bezahlen ist.

Was ist Bereitschaftsdienst oder Bereitschaftszeit?

Im Unterschied zur Vollarbeit liegt ein Bereitschaftsdienst vor, wenn der Arbeitnehmer sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen, regulären Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhält, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Der Arbeitnehmer kann während des Bereitschaftsdienstes seine Zeit weitgehend frei gestalten und  sich ggfs. auch ausruhen. Der Arbeitnehmer muss jedoch stets in der Lage sein, unverzüglich seine Tätigkeit aufnehmen zu können. Er darf sich nicht vom Bereitschaftsort entfernen. Dies ist zusätzliche Arbeitszeit, welche zu bezahlen ist.

Was sind die vertraglichen Grundlagen eine vergütungspflichtige Bereitschaftszeit?

Als vertragliche Grundlage der Bereitschaftszeiten kommt vor allem ein Tarifvertrag aber auch der Arbeitsvertrag in Betracht.

Der geleistete Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit. Dies entspricht mittlerweile der ständigen Rechtsprechung. Sämtliche Zeiten des Bereitschaftsdienstes gehören zur Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 ArbZG.

Mit der uneingeschränkten Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 ArbZG hat der deutsche Gesetzgeber die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgenommene Auslegung des Begriffs der „Arbeitszeit“ in das deutsche Recht übernommen.

Den geleisteten Bereitschaftsdienst kann grundsätzlich als Arbeitszeit einordnen, was insbesondere für folgende Punkte Konsequenzen hat:

  • Höchstarbeitszeiten (Bereitschaftszeit =Arbeitszeit)
  • Ruhephasen (es gibt in der Regel keine Ruhezeitenwährend des Bereitschaftsdienstes)
  • Vergütung (der Bereitschaftsdienst ist zu bezahlen)

In Bezug auf die Vergütungspflicht ist aber auszuführen, dass die Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit nicht immer dazu führen muss, dass der Arbeitgeber den gleichen Lohn für die Bereitsschaftsstunden zahlen muss. Es können arbeitsvertraglich oder auch tarifvertraglich andere – also auch geringere – Stundensätze vereinbart werden.

Dabei darf aber der gesetzliche Mindestlohn nicht unterschritten werden.

Was ist der Unterschied zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst?

Vom Bereitschaftsdienst ist die Rufbereitschaft zu unterscheiden. Beide habe oft die Gemeinsamkeit der ständigen Erreichbarkeit des Mitarbeiters. Eine Rufbereitschaft liegt regelmäßig dann vor, wenn sich der Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten hat, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Häufig wird vereinbart, dass der Arbeitnehmer telefonisch (in der näheren Umgebung) erreichbar sein soll.

Der Arbeitnehmer ist bei der Wahl seines Aufenthaltsorts nur insoweit eingeschränkt, als er im Bedarfsfall die Arbeitsaufnahme gewährleisten muss.

Wichtig ist hier,dass eine Rufbereitschaft nicht zu einer unzulässigen Einschränkung des Arbeitnehmers führen darf, so dass ein bestimmter Aufenthaltsort vorgegeben wird oder eine sehr kurze Zeit für die Arbeitsaufnahme vorgeschrieben wird. In diesen Fällen liegt keine echte Rufbereitschaft vor, denn hier sind die Einschränkungen für den Arbeitnehmer vergleichbar mit dem echten Bereitschaftsdienst.

Die Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit. Es soll aber nochmals darauf hingewiesen werden, dass im Einzelfall sich die angebliche Rufbereitschaft als Bereitschaftsdienst herausstellen kann. Die Bezeichnung allein und die Tatsache, dass man nicht am Arbeitsort ist, sind nicht vollends ausschlaggebend für die Einordnung als Rufbereitschaft.

Im Fall des Abrufs ist die Zeit der tatsächlichen Inanspruchnahme einschließlich eventueller Wegezeiten dagegen als Arbeitszeit anzurechnen.

Achtung: Auf die Bezeichnung im Arbeitsvertrag durch den Arbeitgeber kommt es nicht an, sondern wie diese zusätzliche Arbeitszeit genau ausgestaltet ist. So kann eine als Rufbereitschaft bezeichnete Zeit dennoch zu vergütende Arbeitszeit sein, wenn der Arbeitnehmer hier sehr stark eingeschränkt ist.

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

Aktuell gibt es nun eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 11.11.2021 – Rs. C-214/20) zur Rufbereitschaft eines Feuerwehrmannes.

Der EuGH führt dazu aus, dass Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG dahingehend auszulegen ist, dass Bereitschaftszeit, die ein Reserve-Feuerwehrmann in Form von Rufbereitschaft leistet und während deren dieser mit Genehmigung seines Arbeitgebers eine selbständige berufliche Tätigkeit ausübt, aber im Fall eines Notrufs innerhalb einer maximalen Frist von zehn Minuten seine Dienstwache erreichen muss, keine „Arbeitszeit“. Dabei spielte beim Fall des EuGH auch eine Rolle, dass der Feuerwehrmann noch eine anderen Tätigkeit während dieser Bereitschaftszeit ausüben durfte und auch nicht an allen von seiner Dienstwache aus durchgeführten Einsätzen teilzunehmen. Der Feuerwehrmann konnte also während der Rufbereitschaft die Zeit, in der seine beruflichen Leistungen als Feuerwehrmann nicht in Anspruch genommen wurden, frei zu gestalten. Vom Ergebnis sah der Europäische Gerichtshof keine vergütungspflichte Arbeitszeit in der Rufbereitschaft.

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin – A. Martin

Anwalt Arbeitsrecht Berlin – Blog

Gepostet am Aktualisiert am


Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Berlin
Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin

Anwalt Arbeitsrecht Berlin

Fachanwalt für Arbeitsrecht Andreas Martin

Auf meinen diesen Blog (Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin Blog) erhalten Sie Informationen zum Arbeitsrecht, insbesondere aktuelle Entscheidungen der Arbeitsgerichte.

Den ersten Artikel zum Arbeitsrecht habe ich im März 2009 hier veröffentlicht.

Als Author – Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Andreas Martin – bin ich seit dem Jahr 2003 als Anwalt zugelassen und bin vor allem am Standort in Berlin (Marzahn-Hellersdorf) im Arbeitsrecht tätig.

Überwiegend beschäftige ich mich mit Kündigungsschutz (Kündigungsschutzklagen) und berate und vertrete vor allen in der Problematik „Kündigung und Abfindung„. Ein Großteil meiner arbeitsrechtlichen Verfahren habe ich vor dem Arbeitsgericht Berlin.

Der Blog beschäftigt sich mit arbeitsrechtlichen Problemen und vor allen aktuellen Entscheidung der Landesarbeitsgerichte und des Bundesarbeitsgericht sowie der Rechtsprechung des EuGH, soweit diese Bezug zum Arbeitsrecht hat.

Der Schwerpunkt liegt auf dem Bereich Berlin-Brandenburg.

Innerhalb des Arbeitsrechtes geht es vor allem dann um Artikel und Entscheidungen zur Thematik Kündigung, Abfindung, Kündigungsschutz, Lohn, Urlaub, Überstundenvergütung, Haftung des Arbeitnehmers und anderen Bereichen des Arbeitsrechts.

Viel Spaß beim Lesen!

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Haftung des Arbeitgebers für ein falsches Arbeitszeugnis?

Gepostet am Aktualisiert am


Oft sind Arbeitnehmer mit dem Zeugnisinhalt nicht zufrieden. Sehr oft wird vermutet, dass der Arbeitgeber letztendlich hier einen Geheimcode verwendet und versucht unerkannt dem Arbeitnehmer ein schlechtes Zeugnis „unterzujubeln“. In der Praxis ist dies aber eher selten der Fall. Oft wird hinter harmlosen Formulierung vermutet, dass der Arbeitgeber
eine negative Botschaft dahinter verstecken wollte. Oft ist diese Vermutung falsch.

wichtige Angaben im Arbeitszeugnis

Worauf auf jeden Fall zu achten ist, ist, dass das Arbeitszeugnis das Ausstellungsdatum den letzten Arbeitstag enthält und auf dem Firmenpapier zu fertigen und zu unterschreiben (vom Geschäftsführer) ist. Das Zeugnis darf zweimal geknickt werden, um dies per Brief zu übersenden (ein Anspruch auf Übersendung besteht aber nicht). Einen Anspruch auf eine Schlussformulierung wie zum Beispiel: „wir wünschen dem Arbeitnehmer alles Gute und bedanken uns für die geleistete Arbeit“, hat der Arbeitnehmer nicht, so das Bundesarbeitsgericht (BAG-Urteil vom 20.02.2001, NZA 2001 834).

unwahres Arbeitszeugnis – Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers

Eine weitere Frage die sich stellt ist, inwieweit der Arbeitgeber sich schadenersatzpflichtig macht, wenn er ein unwahres Zeugnis erstellt?

zwei Fallgruppen beim unwahren Zeugnis

Hier sind zwei Fallgruppen in Bezug auf das unwahre Zeugnis zu unterscheiden:

  • der betroffene Arbeitnehmer macht Schadenersatzansprüche geltend
  • der neue Arbeitgeber macht Schadenersatzansprüche geltend

Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers beim schlechten, unwahren Arbeitszeugnis

Grundsätzlich ist es so, dass der Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer ein schlechtes Zeugnis ausstellt, nachweisen muss, dass die Arbeitsleistung tatsächlich schlechter als der Durchschnitt der anderen Arbeitnehmer war. Möchte der Arbeitnehmer ein besseres Zeugnis als ein durchschnittliches, muss der Arbeitnehmer nachweisen, dass er besser als der Durchschnitt war.

entgangene Verdienst beim schlechten Zeugnis

Stellt der Arbeitgeber widerrechtlich ein schlechtes Zeugnis aus, so kann theoretisch der Arbeitnehmer Schadenersatzansprüche haben. Ein solcher Schadenersatz könnte sich theoretisch darauf beziehen, dass der Arbeitnehmer den durch das schlechte Zeugnis kausal verursachten entgangenen Verdienst geltend macht (BAG-Urteil vom 16.11.1995, EZA § 630 BGB Nr. 20).

Dies ist in der Praxis aber kaum nachzuweisen. Der Arbeitnehmer müsste also faktisch darlegen und notfalls beweisen, dass er aufgrund des schlechten Zeugnisses eine Ablehnung erhalten hätte und den Job ansonsten bekommen hätte, was schon sehr sehr schwierig sein dürfte.

Schadenersatz des neuen Arbeitgebers beim unwahren Arbeitszeugnis

Andererseits muss der Arbeitgeber natürlich der Wahrheitspflicht Genüge tun und darf auch kein Arbeitszeugnis ausstellen, das zu gut ist, wenn der Arbeitnehmer letztendlich schlecht war. Der Arbeitgeber, der ein zu gutes Arbeitszeugnis ausstellt, kann ebenfalls haften und zwar gegenüber dem neuen Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer aufgrund des guten Zeugnisses einstellt. Dieser Schadenersatzanspruch kann durchaus realistischer sein, als der Schadenersatzanspruch, den der Arbeitnehmer geltend machen möchte, weil er ein zu schlechtes Zeugnis hat.

Der klassische Fall hierfür ist der, dass z. B. der Arbeitgeber einen Kassierer, der den Arbeitgeber wissentlich bestohlen hat, ein Zeugnis ausstellt und behauptet, dass dieser ehrlich war (BGH-Urteil vom 15.05.1979, DB 1979, 2378).

Aber auch dürfte der Nachweis nicht so einfach sein.

Rechtsanwalt
Andreas Martin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Kanzlei Berlin-Marzahn

Mehrere Kündigungen durch den Arbeitgeber ausgesprochen- was machen?

Gepostet am Aktualisiert am


Mehrere Kündigungen durch den Arbeitgeber ausgesprochen- was machen?

Nicht selten kommt es vor, dass der Arbeitgeber oder dessen Rechtsanwalt (für diesen) mehrere Kündigungen des Arbeitsverhältnisses aussprechen.

außerordentliche Kündigung, hilfsweise ordentlich

Allein schon die häufig anzutreffende Kündigungsvariante

Hiermit kündige ich Ihnen das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum nächstzulässigen Termin!

– enthält 2 Kündigungserklärungen, nämlich eine außerordentliche und eine (hilfsweise) ordentliche. Dies ist aber kein Problem. Der Kündigungsschutzantrag sollte, dann so formuliert werden, dass beide Kündigungen angegriffen werden.

Beispiel: Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die ordentliche Kündigung vom … , noch durch die im gleichen Schreiben hilfsweise erklärte außerordentliche Kündigung beendet worden ist.

Kündigungsschutzklage gegen alle Kündigungen des Arbeitgebers

Will der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung des Arbeitgebers vorgehen, bleibt ihm nur die Möglichkeit der Erhebung der Kündigungsschutzklage innerhalb einer Frist von 3 Wochen. Macht er dies nicht, dann wird die Kündigung nach § 7 Kündigungsschutzgesetz wirksam.

Das Problem ist, dass dies auch für eine Kündigung gilt, die der Arbeitnehmer übersehen hat!

Beispiel: Der Arbeitgeber kündigt dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos am 1. März 2018. Am gleichen Tag erhält der Arbeitnehmer mit gesondertem Schreiben eine ordentliche und fristgemäße Kündigung zum 30. April 2018. Der Arbeitnehmer erhebt innerhalb von 3 Wochen die Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Berlin und wehrt sich allein gegen die außerordentliche Kündigung. Die ordentliche Kündigung erwähnt er nicht.

Ergebnis: 3 Wochen (+ 1 Tag) nach dem Zugang der ordentlichen Kündigung wird das Arbeitsverhältnis zum 30.04.2018 beendet; auch wenn noch beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche anhängig ist. Die Klage ist nur gegen die außerordentliche Kündigung gerichtet und erfasst sich die ordentliche Kündigung.

Wichtig!

Der Arbeitnehmer muss sich also gegen alle Kündigungen wehren, die er erhält. Vergißt er eine, dann wird diese – in der Regel – wirksam.

Ausnahme: doppelt verlautbare Kündigungen

Eine Ausnahme bilden die sog. doppelt verlautbaren Kündigungen. Diese liegen vor, wenn mehrere gleichlautenden Kündigung übergeben oder (auch auf unterschiedlichen Weg) zugestellt werden.

Beispiel: Die Arbeitnehmerin unterschreibt auch – zur Bestätigung des Zugangs der Kündigung – ein gleichlautendes (identisches) Exemplar der Kündigungserklärung und gibt es dem Arbeitgeber. Das andere identische Exemplar behält sie. 

Es liegt hier ein einheitlichen Kündigungsvorgang vor (sog. doppelt verlautbare Kündigung) und damit liegt nur eine Kündigungserklärung (Willenserklärung) vor. 

Folgekündigungen und allgemeiner Feststellungsantrag

Auch Folgekündigungen (Kündigungen, die nach der ersten Kündigung ausgesprochen werden) werden nicht durch die Kündigungsschutzklage erfasst.

Dazu wie folgt:

Wird nämlich lediglich eine Kündigungsschutzklage erhoben, dann werden Folgekündigungen regelmäßig nicht erfasst, denn die Kündigungsschutzklage hat nur einen sog. punktuellen Streitgegenstand und erfasst nur die Kündigung, gegen diese sie sich richtet.

Ausnahmen – 3-Wochenfrist beginnt nicht zu laufen

Wie so oft, gibt es hier auch Ausnahmen. Die 3-Wochenfrist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage kann unter Umständen nicht mit dem Zugang beim Arbeitnehmer zu laufen beginnt und von daher auch nicht ablaufen kann, so zum Beispiel wenn der Arbeitgeber die Zustimmung einer Behörde für die Kündigung benötigt (§ 4 Abs. 1 Satz 4 KSchG, wie z.B. bei der Kündigung eines Schwerbehinderten (Integrationsamt) oder einer Schwangeren.

allgemeiner Feststellungsantrag

Auch kann und sollte der Arbeitnehmer immer neben dem konkreten Feststellungsantrag einen allgemeinen Feststellungsantrag stellen, der dann alle Folgekündigungen erfasst. Damit ist die 3-Wochenfrist gewahrt, wenn der Arbeitnehmer später – und dies muss er zwingend machen – mit seinem Antrag klarstellt, dass er auch gegen die (konkret zu bezeichnenden) Folgekündigungen vorgehen will. Dies darf aber nicht vergessen werden.

Ergebnis: Der Arbeitnehmer sollte alle Schreiben, zumindest nach dem Zugang einer Kündigung des Arbeitgebers sorgsam lesen und prüfen, ob diese nicht eine Kündigungserklärung enthalten. Wird eine erneute Kündigung ausgesprochen, sollte sich der Arbeitnehmer sorgsam den Tag des Zugangs der Kündigung notieren und seinen Rechtsanwalt umgehend informieren. Er muss für den Erhalt der Kündigung nicht unterzeichnen (dem Arbeitgeber die Kündigung bestätigen). Der Anwalt wird dann die Kündigungsschutzklage erweitern.

Rechtsanwalt Andreas Martin

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kanzlei Berlin Marzahn- Hellersdorf

Frohes und gesundes Jahr 2018!

Gepostet am


Ich wünsche allen Mandanten und Lesern dieses Blogs ein frohes und gesundes Jahr 2018!

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Andreas Martin

„Mitarbeiter werden bei Rückkehr des Arbeitnehmers kündigen“ – rechtfertigt pauschal keinen Auflösungsantrag des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess

Gepostet am


In der Praxis kommt es oft vor, dass der Arbeitnehmer, der eine Kündigung des Arbeitgebers erhält, sich zwar gegen die Kündigung wehren möchte (Kündigungsschutzklage), allerdings in der Regel nicht beabsichtigt beim alten Arbeitgeber weiterzuarbeiten. Der Arbeitnehmer  erhebt Kündigungsschutzklage zum zuständigen Arbeitsgericht  (in Berlin ist dies das Arbeitsgericht Berlin) und vor dem Arbeitsgericht (Güteverhandlung) wird dann ein Vergleich geschlossen, meistens ein Abfindungsvergleich.

Diese Rechnung geht aber nicht auf, wenn  der Arbeitgeber während des Kündigungsschutzprozesses die Kündigung „zurücknimmt“ ( Angebot auch Fortsetzung  des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen).  In dieser Situation bleibt dem Arbeitnehmer, der fest entschlossen ist nicht mehr beim  alten Arbeitgeber zu arbeiten, nur die Möglichkeit  einen sogenannten Auflösungsantrag  beim Arbeitsgericht zu stellen. Ein solcher Antrag  Ist aber schwierig zu begründen.  Die Gerichte stellen hohe Anforderungen.  Der Grund dafür ist der, dass das Kündigungsschutzrecht ein Bestandsschutzrecht ist und kein Abfindungsrecht.

Das  Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 13.12.2016 – 7 Sa 1318/16) hatte nun den umgekehrten Fall zu entscheiden.  Der Arbeitgeber kündigte einer Arbeitnehmerin,  dieser Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Berlin  und  wehrte sich von daher gegen die Kündigung.  weiter stellte die Arbeitnehmerin einen sogenannten Weiterbeschäftigungsantrag.

Der Arbeitgeber reagierte darauf und stellte einen Auflösungsantrag mit der Begründung, dass es ihm nicht mehr zumutbar sei die Arbeitnehmerin zu beschäftigen.  Als Grund gab er an,  dass mehrere Arbeitnehmer in Betrieb geäußert hätten, dass sie das Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber kündigen werden, sofern die Arbeitnehmerin wieder Arbeitsplatz zurückkehren würde.

In der Berufungsinstanz vor dem Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg ging es nur noch um die Weiterbeschäftigungsantrag und überwiegend um den Auflösungsantrag des Arbeitgebers, den Auflösungsantrag des Arbeitgebers wies das Landesarbeitsgericht ab.

Das Landesarbeitsgericht Berlin.Brandenburg dazu aus:

Das Arbeitsgericht hat den Auflösungsantrag zu Recht zurückgewiesen und dem Weiterbeschäftigungsantrag entsprochen. Auch das ergänzte und teilweise neue Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine andere Entscheidung.

…….

Bei der Entscheidung über einen Auflösungsantrag ist davon auszugehen, dass das Kündigungsschutzgesetz die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei Sozialwidrigkeit der Kündigung nur ausnahmsweise zulässt. Das Kündigungsschutzgesetz ist nach seiner Konzeption ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz (BAG 24. November 2011 – 2 AZR 429/10 – NZA 2012, 610; BAG vom 24. März 2011 – 2 AZR 674/09 – NZA-RR 2012, 243). An die Auflösungsgründe sind deshalb strenge Anforderungen zu stellen.
….

Geht es um Spannungen zwischen Arbeitnehmern und anderen Arbeitnehmern oder Vorgesetzten, so darf der Arbeitgeber diese Spannungen nicht ohne Beachtung der Verursachungsanteile zu Lasten eines Arbeitnehmers lösen. Weder kann die bloße Weigerung von Arbeitskollegen, mit einem Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten, die Auflösung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG rechtfertigen, noch kann dem Arbeitgeber gestattet sein, sich auf Auflösungsgründe zu berufen, die von ihm selbst oder von Personen, für die er einzustehen hat, provoziert worden sind (BAG vom 10. Oktober 2002 – 2 AZR 240/01 – DB 2003, 999) Dabei gilt, dass der Arbeitgeber zunächst verpflichtet ist, mäßigend auf die Beteiligten einzuwirken (BAG vom 23. Oktober 2008 – 2 AZR 483/07 – NZA-RR 2009, 362 ). So hat es das BAG im Rahmen einer Auflösung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG als klärungsbedürftig angesehen, ob Spannungen zu anderen Kollegen durch geeignete und zumutbare Schritte seitens des Arbeitgebers (Konfliktmanagement) vermieden werden können. Wird ein Verhalten Dritter als Auflösungsgrund herangezogen, muss der Arbeitgeber darlegen, dass er alles Zumutbare getan hat, um einen Ausgleich zwischen den Arbeitnehmern herbeizuführen (BAG vom 10. Oktober 2002 – 2 AZR 483/07).

Rechtsanwalt Andreas Martin

Rechtsschutzversicherung und Kündigungsschutzklage – was wird bezahlt?

Gepostet am Aktualisiert am


Rechtschutzversicherung und Kündigungsschutzklage

Gerade in Arbeitsrechtsstreitigkeiten/ Bestandsschutzstreitigkeiten (bei Erhebung von Kündigungsschutzklagen) lohnt es sich für den Arbeitnehmer meistens, wenn er eine Rechtsschutzversicherung hat. Die Kosten für eine solchen Kündigungsschutzverfahren können hier erheblich sein.

Die Anwaltsgebühren – welche sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmen – sind der Posten, der mit Abstand am größten ist, da die Gerichtskosten im Kündigungsschutzverfahren im Normalfall nicht besonders hoch sind und in bestimmten Fällen, z. B. für den Fall der Rücknahme der Kündigungsschutzklage oder dem Abschluss des Vergleiches (was sehr oft zumindest beim Arbeitsgericht Berlin vorkommt) komplett entfallen. Auch ist im Arbeitsgerichtsverfahren kein Vorschuss auf die Prozesskosten zu zahlen. Eine Erstattung für die Anwaltsgebühren der Gegenseite scheidet im Arbeitsrecht im außergerichtlichem Bereich und in der 1. Instanz vor dem Arbeitsgericht aus.

Beispiel: Der Arbeitnehmer hat eine monatliche Bruttovergütung von € 2.500 pro Monat und klagt gegen eine Kündigung des Arbeitgebers. Im Gütetermin schließt der Anwalt des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber einen Abfindungsvergleich (dessen Höhe für die Anwaltskosten in der Regel unerheblich ist). Die Anwaltskosten des Arbeitnehmers – die er selbst tragen muss -betragen hier rund € 1.900.

Bei Eintritt des Rechtsschutzfalles – was ist zu machen?

Sofern der Arbeitnehmer die Kündigung erhält, sollte er den Zugang der Kündigung notieren und sodann sofort mit dem Rechtsschutzversicherer Kontakt aufnehmen. Dabei ist zu beachten, dass es nicht sinnvoll ist, den Versicherungsmakler anzurufen, sondern direkt bei der Schadenhotline des Rechtsschutzversicherers. Diese findet man meist auf der Versicherungskarte oder den Versicherungsschein.

Beispiele für Schadenhotline bekannter Rechtschutzversicherer:

Allianz: 0800 1122 555

ARAG: 0211 99 333 99

DAS/ERGO: 0800 3746 555

Roland: 0221 8277 500

ÖRAG: 0211 529 5555

Advocard: 040 23 73 10

HUK Coburg: 0800 2485 732

DEURAG: 0800 033 87 24

Dort meldet man den Schaden an und die Mitarbeiter überprüfen sofort, ob dem Grunde nach Rechtsschutz für die Abwehr der Kündigung (Kündigungsschutzklage) durch einen Rechtsanwalt nach eigener Wahl besteht. Auch wenn meist noch keine verbindliche schriftliche Zusage zu diesem Zeitpunkt erfolgt, so weiß doch der Arbeitnehmer, dass Rechtsschutz für die Erhebung der Kündigungsschutzklage mit hoher Wahrscheinlichkeit erteilt werden wird.

Beratung bei Kündigung durch einen Rechtsanwalt

Macht dies der Arbeitnehmer nicht, setzt er sich der Gefahr aus, dass er sich kostenpflichtig beim Rechtsanwalt beraten lässt und die Rechtsschutzversicherung dann – aus welchen Gründen auch immer – die Kosten nicht übernimmt, da kein Rechtsschutz besteht. Diese Fälle treten in der Praxis – so meine Erfahrung als Anwalt in Berlin- Marzahn – nicht selten auf. Es kann z. B. sein, dass die Wartezeit für die Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung noch nicht abgelaufen ist, eine Rate nicht gezahlt wurde oder der Arbeitnehmer nicht richtig mitversichert (als Lebenspartner) wurde.

Anruf bei Rechtzschutzversicherung vor dem Beratungstermin beim Anwalt

Von daher rate ich den Mandanten bei Vereinbarung eines Gesprächstermins – zum Beispiel bei Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber- immer, dass sie kurz vorher bei Ihrer Rechtsschutzversicherung anrufen und dies erfragen. Der Arbeitnehmer hat dann einfach eine gewisse Sicherheit, wenn er zum Anwalt zur Beratung kommt.

Selbstbeteiligung im Rechtschutzfall?

Auch sollte der Arbeitnehmer immer erfragen, in welcher Höhe eine Selbstbeteiligung besteht. Meist beträgt die Selbstbeteiligung 150,00 €. Viele Arbeitnehmer haben aber auch gar keine Selbstbeteiligung vereinbart. Dies erfragt der Anwalt – der dann später ohnehin eine schriftliche Deckungsanfrage tätig – dann später auch. Die Rechtschutzversicherer zeigen sich manchmal kulant, wenn es nur bei der Beratung über Kündigung bleibt und erlassen die Selbstbeteiligung.

Welche Kosten werden vom Rechtsschutzversicherer bei der Kündigungsschutzkalge übernommen?

Der Rechtsschutzversicherer zahlt im Normalfall die Anwaltsgebühren für die Erhebung der Kündigungsschutzklage sowi die Gerichtskoten. Dies beschränkt sich auf den konkreten Kündigungsschutzantrag und ggf. auf den allgemeinen Feststellungsantrag. Für den Arbeitnehmer ist nur wichtig zu wissen, dass die Rechtsschutzversicherung die Kosten zunächst für die Erhebung der Kündigungsschutzklage deckt. Der größte Posten sind dabei die Anwaltsgebühren und diese fallen in einer ganz bestimmten Höhe an, sodass es diesbezüglich eigentlich Klarheit geben dürfte.

Was wird nicht von der Rechtsschutzversicherung übernommen?

Meistens weisen Rechtsschutzversicherer bereits im ersten Schreiben darauf hin, dass die Kosten für die Stellung eines Weiterbeschäftigungsantrages erst übernommen werden, wenn die Güteverhandlung gescheitert ist. Ein solcher Antrag sollte dann bedingt gestellt werden. Der Grund ist der, dass sich durch den Weiterbeschäftigungsantrag der Streitwert erhöht und sich danach die Anwaltsgebühren richten. Der Streitwert beim Weiterbeschäftigungsantrag erhöht sich meistens um ein Brutto-Monatsgehalt.

Künftige Gehaltsansprüche im Kündigungsschutzprozess

Werden mit der Kündigungsschutzklage zukünftig entstehende noch nicht fällige Lohn- und Gehaltsansprüche anhängig gemacht, ist damit zu rechnen, dass der Versicherer auch hier Mehrkosten (auch hier erhöht sich der Streitwert im Normalfall) nicht übernehmen wird. In bestimmten Fällen kann aber trotzdem die Geltendmachung durchaus sinnvoll und auch angebracht sein, wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitgeber eine Zahlung nicht vornehmen wird. Auch ist es meiner Erfahrung nach – zumindest in Berlin ist dies so – dass im Kündigungsschutzprozess sich der Arbeitgeber stärker auf Kündigungsproblematik fixiert und dabei nicht besonders sorgfältig prüft, inwieweit die Annahmeverzugslohnansprüche (so nennt man diese Ansprüche) vorliegen oder nicht, um diese Ansprüche dann in diesem Prozess durchzusetzen.

Nicht rechtshängige Ansprüche

Das Problem besteht darin, wenn nicht rechtshängige Ansprüche geltend gemacht werden. Oft ist es so, dass Kündigungsschutzverfahren durch einen Vergleich enden. Hier im Vergleich auch aufzunehmen, dass z. B. Urlaub abzugelten ist, Arbeitzeugnis zu erteilen. Das Gericht legt ggf. einen höheren Streitwert fest und dadurch wären die Gesamtkosten insgesamt für die Versicherung höher. Die Versicherungen verlangen hier meistens, dass diese Positionen, die hier mitverglichen wurden, im Streit standen, sonst wird meistens die Erhöhung des Streitwertes hier nicht akzeptiert.

Außergerichtliche Anwaltskosten?

Die Versicherungen weisen auch darauf hin, dass diese die Kosten für die außergerichtliche Vertretung durch den Rechtsanwalt im Kündigungsrechtsstreit nicht übernehmen. Schreibt der Rechtsanwalt also den Arbeitgeber an, dann entsteht hierfür eine 1,3 Geschäftsgebühr im außergerichtlichen Bereich. Diese Gebühr wird zum Teil auf die später dann entstehende Gebühr für die Klageerhebung angerechnet, es gibt hier aber häufig Probleme bei der Erstattung. Im Normalfall besteht auch kein Anlass den Arbeitgeber außergerichtlich noch anzuschreiben.

außergerichtliche Tätigkeit im Kündigungsschutzverfahren manchmal erledigt

In bestimmten Fällen kann dies aber notwendig sein, insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung wegen Verstoßes nach § 174 BGB zurückweist, da der Ausspruch der Kündigung durch eine Person erfolgt ist, deren Bevollmächtigung dem Arbeitnehmer nicht bekannt ist und keine Vollmacht im Original beigefügt wurde. Auch kann es durchaus sinnvoll sein, beim Arbeitgeber zu erfragen, welche Kündigungsgründe vorliegen, und ob ggf. Tarifverträge Anwendung finden. Auch die Mitteilung einer Schwangerschaft bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber wäre mitzuteilen. Für all dies ist es meistens nicht sinnvoll, dies in der Kündigungsschutzklage bereits zu machen, da hier kurze Fristen gelten. Der Arbeitgeber bekommt die Kündigungsschutzklage dann vom Arbeitsgericht zugestellt und dann ist schon einige Zeit vergangen und die Fristen könnten ggf. abgelaufen sein.

Es ist von daher immer im Einzelfall zu entscheiden, ob außergerichtlich mit dem Arbeitgeber vor Klageerhebung nochmals Kontakt aufgenommen wird.

Anwaltszwang auf Seiten der Rechtsschutzversicherung?

Grundsätzlich hat der Versicherungsnehmer freie Wahl in Bezug auf den Rechtsanwalt. Die Rechtsschutzversicherung wird allerdings fast immer einen Rechtsanwalt vorschlagen, der mit der Versicherung zusammenarbeitet. Dies muss nicht zwangsläufig für den Versicherungsnehmer schlecht sein. Allerdings ist die Beauftragung des Anwalts auch Vertrauenssache und von daher haben die Versicherungsnehmer grundsätzlich die freie Auswahl unter den Rechtsanwälten und davon sollte man auch Gebrauch machen.

Welche Unterlagen sollte man mit zum Rechtsanwalt für die Beratung mitnehmen?

Folgende Unterlagen sollte man zum Beratungstermin beim Anwalt wenigstens mitnehmen:

  • Rechtschutzversicherungskarte/ Versicherungsschein (am besten schon mit Schadennummer, sofern schon vorhanden)
  • Kündigung (mit notierten Zugangsdatum)
  • Arbeitsvertrag (nebst Ergänzungen)
  • Abmahnungen falls vorhanden
  • letzten 3 Lohnabrechnungen

Wie sollte man nach dem Erhalt einer Kündigung durch den Arbeitgeber vorgehen?

1. Ruhe bewahren und die 3-Wochenfrist für die Klage ab Erhalt der Kündigung notieren

2. Kostenübernahme und Schadennummer bei Rechtschutzversicherer erfragen

3. Beratungstermin beim Rechtsanwalt vereinbaren (Unterlagen nicht vergessen)

Rechtsanwalt Andreas Martin

Marzahner Promenade 22
12679 Berlin

(Nähe Eastgate)
Tel.: 030 74 92 1655
Fax: 030 74 92 3818
E-mail: info@anwalt-martin.de

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Berliner Schule kündigt (AfD-) Lehrer – weil der bei der Bärgida mitdemonstriert.

Gepostet am


Ein Berliner wurde als Lehrer für Chemie am Evangelischen Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin angestellt.

Kündigung in der Probezeit

Dort arbeitete er aber nur 3 Wochen. Als die Schule erfuhr, dass der Lehrer bei der Bärgida (Ableger der Pegida) mitdemonstriert und Mitglied der AfD ist, kündigte diese dem Lehrer das Arbeitsverhältnis noch in der Probezeit.

idenditäre Bewegung / Beobachtung des Verfassungsschutzes

Angeblich soll der Lehrer auch mit der sog. „Identitären Bewegung“ sympathisieren. Sowohl „Bärgida“ als auch die „Identitären“ stehen unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.

Kündigung nicht wegen Mitgliedschaft des Lehrers in der AfD

Die Schule betonte, dass die Kündigung nicht im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft des Lehrers in den AfD stehe.

Kündigung in der Probzeit fast immer für Arbeitnehmer problematisch

Zur Problematik der Kündigung in der Probezeit hatte ich ja bereits Ausführungen gemacht. Grundsätzlich ist es für den Arbeitnehmer sehr schwierig gegen eine Kündigung in der Probezeit vorzugehen. Es existiert hier nur ein rudimentärer Kündigungsschutz für den Arbeitnehmer; der sog. Mindestkündigungsschutz.

während Probezeit nur Mindestkündigungsschutz

Dieser soll den Arbeitnehmer vor treuwidrige bzw. sittenwidrige Kündigungen schützen. Darüber hinaus ist eine solche Probezeitkündigung auch dann unwirksam, wenn diese gegen das Diskriminierungsverbot nach dem AGG verstößt. Die im AGG aufgeführten Fälle liegen hier aber nicht vor (es gibt nach dem AGG keine Diskriminierung wegen der politischen Gesinnnung).

In der Rechtsprechung wurde bereits eine Kündigung in der Probezeit wegen der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft als sittenwidrig angesehen. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

Kündigung wegen Parteimitgliedschaft könnte problematisch

Wäre die Kündigung wegen der Parteimitgliedschaft ausgesprochen worden, könnte diese  problematisch sein. Dies ist aber – so zumindest die Schule –  nicht der Grund für die Kündigung gewesen. Für die Mitgliedschaft in der NPD nebst „Aufruf zum Umsturz der Gesellschaft“ hatte das BAG sogar eine Kündigung nach der Probezeit für rechtmäßig gehalten. Der Fall ist hier aber nicht vergleichbar.

Da der Arbeitnehmer hier darlegen und notfalls beweisen muss, dass die Kündigung sittenwidrig oder treuwidrig ist, ist ein solcher Prozess fast immer schwierig zu führen.

Rechtsanwalt Andreas Martin

Kaisers- Mitarbeiter in Berlin hoffen auf Lösung ohne betriebsbedingte Kündigungen

Gepostet am Aktualisiert am


Der Ausverkauf von Kaisers – auch in Berlin – sollte bereits erfolgen, nun gibt es eine letzte Frist für Kaiser’s Tengelmann. Der Eigentümer Karl-Erivan Haub hat nun die Pläne zur Zerschlagung der angeschlagenen Supermarktkette Kaisers für zwei Wochen – ab dem 23.09.2016  – ausgesetzt.

letzter Versuch der Einigung

Innnerhalb dieser 2-Wochenfrist – soll ein letzten Versuch unternommen werden, doch noch eine einvernehmliche Lösung im Streit um die Abwicklung der Kaisers Supermärkte zu finden.

Es soll weiter verhandelt werden.

bei Scheitern der Verhandlunge – droht die Zerschlagung von Kaisers

Sofern aber die Verhandlungen scheitern, soll sofort mit dem Einzelverkauf der einzelnen Kaisers – Filialen begonnen werden. Gerade in Berlin würde dies im schlimmsten Fall tausende betriebsbedingte Kündigungen bedeuten.

Kaisers Berlin mit 5.500 Mitarbeitern

Allein in Berlin gibt es 124 Filialen mit rund 5500 Mitarbeitern, die nun auf eine annehmbare Lösung – ohne eine Vielzahl an betriebsbedingten Kündigungen – hoffen.

betriebsbedingte Kündigungen bei Kaisers wahrscheinlich

Selbst im besten Fall dürfte es aber ohne betriebsbedingte Kündigungen nicht gehen. Arbeitnehmer, die dann hiervor betroffen sind, sind aber nicht schutzlos gestellt, sondern haben die Möglichkeit die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage anzugreifen.

Kündigungsschutzklage in Berlin – Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Berlin

In Berlin wäre – für Mitarbeiter von Kaisers, die in Berlin gearbeitet haben – das Arbeitsgericht Berlin zuständig. Der Umstand, dass es – gegebenenfalls – zu einer Schließung von vielen Filialen von Kaisers kommt, rechtfertigt nicht in jedem Fall eine betriebsbedingte Kündigung.

Kaisers- Mitarbeiter sind vor dem Arbeitsgericht nicht von vornherein chancenlos

Ob eine solche Kündigung rechtmäßig ist, hängt immer von Einzelfall ab. Gerade in Hinblick auf die zwingend vorzunehmende Sozialauswahl (sofern, dass Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, was beiden meisten Mitarbeitern der Fall sein wird), sind oft betriebsbedingte Kündigungen unwirksam.

Darüber hinaus kann die Kündigung auch aus weiteren Gründen unwirksam sein (z.B. formelle Fehler; fehlende Massenentlassungsanzeige etc). Ob dies der Fall ist, sollte von einem Rechtsanwalt überprüft werden.

nach Klage – Gütetermin vor dem Arbeitsgericht

Nach der Kündigungsschutzklage würde dann der Fall vor dem Arbeitsgericht (Berlin) verhandelt werden. Zunächst findet – meist innerhalb von 3 bis 4 Wochen nach Klageeingang – ein sog. Gütetermin vor dem Arbeitsgericht statt. Hier wird dann nach einer gütlichen Lösung gesucht. Hat der Arbeitgeber schlechte Chancen im Verfahren, wird oft eine Abfindung angeboten. Ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung besteht aber meist nicht; auch wenn man dies in den Medien immer wieder liest. Ob eine Abfindung zu erzielen ist, hängt vom Einzelfall ab. Wenn der Arbeitgeber meint, dass er „alles richtig gemacht hat“, wird er im Normalfall keine oder nur eine sehr geringe Abfindung anbieten. Dies gilt auch dann, wenn – und dies in bei „Massenentlassungen“ leider der Normalfall – wenn wenig finanzieller Spielraum auf Seiten des Arbeitgebers vorhanden ist.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin

BAG: sachgrundlose Befristung trotz vorheriges Heimarbeitsverhältnis möglich

Gepostet am


Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 24.8.16, 7 AZR 342/14) hat entschieden, dass ein Arbeitsvertrag auch ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren kalendermäßig befristet werden, auch wenn zwischen den Parteien unmittelbar zuvor ein Heimarbeitsverhältnis bestanden hat.

Eine Arbeitnehmerin war für ihren Arbeitgeber vom 15.6.09 bis zum 31.8.10 als Heimarbeiterin tätig war. Im Anschluss daran, schloss der Arbeitgeber mit der Arbeitnehmerin am 1.9.10 ein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis. Der Arbeitsvertrag wurde zunächst für die Dauer von einem Jahr befristet und später  bis zum 31.8.2012 verlängert.

Die Arbeitnehmerin meinte, dass eine solche Befristung ohne Sachgrund nicht möglich gewesen sei, denn es hat ja bereits zuvor eine „Arbeitsverhältnis“, wenn auch ein Heimarbeitsverhältnis, bestanden. In derartigen Fällen wäre eine sachgrundlose Befristung nicht mehr möglich, da zuvor (wenigsten in den letzten 3 Jahren) kein Arbeitsverhältnis bestanden haben darf.

Der Arbeitgeber sah dies anders und die Arbeitnehmerin erhob daraufhin Entfristungsklage zum Arbeitsgericht auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung am 31.8.12 geendet hat.

Die Vorinstanzen haben die Klage der Arbeitnehmerin abgewiesen. Die Revision der Frau hatte vor dem Siebten Senat des BAG keinen Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht (Pressemitteilung 43/16) führt dazu aus:

Die Befristung des Arbeitsvertrags ist wirksam. Der Arbeitsvertrag konnte nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die Dauer von zwei Jahren ohne Vorliegen eines sachlichen Grunds befristet werden. Eine sachgrundlose Befristung ist zwar nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Ein Heimarbeitsverhältnis nach § 2 Abs. 1 HAG ist jedoch kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 14 Abs. 2 TzBfG.

Anmerkung:

Hätte bevor ein „normales Arbeitsverhältnis“ bestanden, dann wäre eine sachgrundlose Befristung nicht mehr möglich gewesen. Das BAG sieht aber im Heimarbeitsverhältnis kein „normales Arbeitsverhältnis“, da es hier eine Reihe von Sonderbestimmungen (Heimarbeitsgesetz) gibt.

Rechtsanwalt Andreas Martin