Arbeitsgericht Berlin
Beleidigung des Arbeitgebers als „Ming Vase“ – fristlose Kündigung!

Kündigung wegen Beleidigung im Arbeitsverhältnis
Die Beleidigung des Arbeitgebers ist fast nie eine gute Idee. Manche Arbeitnehmer können sich aber-Hier kann auch die Situation eine Rolle spielen-nicht zurückhalten. Ist die Beleidigung erst einmal raus, ist das Dümmste, was der Arbeitnehmer machen kann, dass man diese auch noch rechtfertigt und daran festhält.
Beleidigung = Abmahnung oder Kündigung
Im Arbeitsrecht ist es nämlich so, dass eine Abmahnung dann entbehrlich ist, wenn von vornherein klar ist, dass der Arbeitnehmer für die Zukunft sein Verhalten nicht ändern wird. Wer also nicht einsieht, dass ein Fehler begangen hat und vielleicht dann sogar noch dummerweise ankündigt, dass er zukünftig sich ähnlich verhalten wird, muss in der Regel damit rechnen, dass er keine Abmahnung mehr erhält, sondern vielleicht sogar gleich eine Kündigung. Es besteht hier nämlich dann Wiederholungsgefahr.
Abmahnung als milderes Mittel
Beleidigungen des Arbeitgebers können-ohne Abmahnung-schon eine außerordentliche und fristlose Kündigung rechtfertigen.
Hierbei kommt es darauf an, ob es dem Arbeitgeber nach den Gesamtumständen überhaupt noch zumutbar ist das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fortzusetzen. Es kommt auch auf die Situation an, die zu der Äußerung geführt hat, insbesondere, ob durch ein Verhalten des Beleidigten der Arbeitnehmer provoziert worden ist oder ohne Anlass die Herabwürdigung erfolgte.
grobe Beleidigung rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung
Im Falle einer groben Beleidigung muss der Arbeitnehmer in der Regel mit einer sofortigen (fristlosen) Kündigung, aus außerordentlichem Grund rechnen. Eine Abmahnung kommt hier nur noch selten in Betracht. Unter einer groben Beleidigung ist aber nur eine besonders schwere, den Angesprochenen kränkende Beleidigung, dies heißt eine bewusste und gewollte Ehrenkränkung aus gehässigen Motiven zu verstehen.
Rettungsanker „Entschuldigung“
Die einzige Rettung kann dann noch da bestehen, dass sich der Arbeitnehmer sofort beim Arbeitgeber entschuldigt und glaubhaft versichert, dass er hier in einer emotionalen Ausnahmesituation überreagiert hat und dass dies in der Zukunft nicht mehr vorkommt.
Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin
Das Arbeitsgericht Berlin (Beschluss vom 5. Mai 2021, Aktenzeichen 55 BV 2053/21) hatte sich nun mit einem Fall zu beschäftigen, indem ein Arbeitnehmerin in einem Kaufhaus ihre Vorgesetzten als „Ming Vase“ bezeichnet hat und dann auch mittels einer Geste des Nach-Hinten-Ziehens der Augen und Wiederholung „Na Sie wissen schon, die Ming-Vase“ bestärkt hat.
Daraufhin bekam sie als Quittung und sollte eine außerordentlich und fristlose Kündigung erhalten, allerdings war hier eine Zustimmung des Betriebsrats notwendig, die der Betriebsrat nicht erteilte. Die Arbeitnehmerin war nämlich geschützt als Ersatzmitglied des Betriebsrats.
Der Arbeitgeber vermutete hier rassistisches Gedankengut und teilte darüberhinaus auch mit, dass eine solche Haltung nicht hinnehmbar sei, da ein internationales Publikum im Kaufhaus verkehre.
Das Arbeitsgericht hatte sich nun im Rahmen der Ersetzung der Zustimmung zur Kündigung mit dem Fall zu beschäftigen.
Das Arbeitsgericht Berlin entschied zugunsten des Arbeitgebers und hielt die Kündigung der Arbeitnehmerin für wirksam. In seiner Pressemitteilung Nummer 15/21 vom 18. Mai 2021 führte das Arbeitsgericht Berlin dazu folgendes aus:
Die Bezeichnung der mit den Worten „Ming Vase“ gemeinten Vorgesetzten und die zur Verstärkung der Worte verwendeten Gesten der Mitarbeiterin seien zur Ausgrenzung von Mitmenschen anderer Herkunft, deren Beleidigung und zu deren Herabsetzung geeignet und rechtfertigen unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls eine außerordentliche Kündigung. Die Verkäuferin habe zunächst gegenüber einer Kollegin gesagt, „Heute muss ich darauf achten, dass ich die ausgesuchten Artikel richtig abhake, sonst gibt es wieder Ärger mit der Ming-Vase“. Sie habe auf Nachfrage eines anwesenden Vorgesetzten, was damit gemeint sei erklärt „Na Sie wissen schon, die Ming-Vase“ und die Augen mit den Fingern nach hinten gezogen, um eine asiatische Augenform zu imitieren. In der dann erfolgten arbeitgeberseitigen Anhörung zu dem Vorfall habe die Verkäuferin erklärt, eine Ming Vase stehe für sie für einen schönen und wertvollen Gegenstand. Das Imitieren der asiatischen Augenform sei erfolgt, um nicht „Schlitzauge“ zu sagen, bei „schwarzen Menschen/Kunden“ verwende sie den Begriff „Herr Boateng“, weil sie diesen toll finde. In der Gesamtbetrachtung liege eine rassistische Äußerung vor, die die Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen des Kaufhauses als Arbeitgeber verletze. Hierin liege eine erhebliche Herabwürdigung der gemeinten Vorgesetzten. Zudem sei es für ein Kaufhaus von internationalen Ruf nicht hinnehmbar, wenn eine Verkäuferin als Aushängeschild im täglichen Kontakt mit internationalem Publikum dieses wahlweise als Ming Vase oder Herr Boateng oder mit sonstigen abwertenden Formulierungen bezeichnen könnte.
Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gegeben.
Anmerkung: Hier sieht man, dass bei einer solchen Beleidigung auch der Kündigungsschutz als Betriebsratsmitglied (hier Ersatzmitglied) nichts mehr nutzt.
weitere Artikel zum Thema Beleidigung und Kündigung
- Beleidigung des Arbeitgebers am Arbeitsplatz -„Arschl…“ – Unterlassungserklärung?
- Beleidigungen des Arbeitgebers auf Facebook „Menschenschinder und Ausbeuter“ können eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen
- LAG Sachsen: vulgäre Beleidigungen eines Oberarztes
- Wann ist eine Kündigung wegen Störung des Betriebsfriedens möglich?
- Was ist der Schutz des Arbeitnehmers vor einer außerordentlichen Kündigung?
- Üble Nachrede per Whatsapp – „Kollege ist verurteilter Vergewaltiger“ – außerordentliche Kündigung !
- Arbeitnehmer bezeichnet Chef als „soziales Arschloch“ – Kündigung rechtmäßig!
- LAG Düsseldorf: Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes wegen Äußerung “ … wie vor 70 Jahren“ nicht rechtmäßig!
- Arbeitnehmer fast Azubi an die Brust – Kündigung wegen sexueller Belästigung wirksam?
- Kündigungsschutzklage im Arbeitsrecht
Arbeitsgericht Berlin – neue Corona-Regeln!
Corona-Regeln beim Arbeitsgericht Berlin
Das Arbeitsgericht Berlin ist derzeit wegen der Corona-Pandemie noch im eingeschränkten Betrieb (Notbetrieb). Dies heißt, dass im März und April 2020 nur ausnahmsweise noch Sitzungen stattgefunden haben. Nur in Eilfällen wurde noch terminiert.
Dies wird sich nun im Mai 2020 ändern!

Arbeitsgericht Berlin- Fragen zu Sitzungen und Corona
Wann gibt es beim Arbeitsgericht Berlin wieder Verhandlungen? Welche Regeln gelten bei den Verhandlungen bei Gericht?Verhandlungen beim Arbeitsgericht
Im März und April 2020 wurde beim Arbeitsgericht Berlin (Magdeburger Platz 1) nicht mehr terminiert. Das heißt, dass nur ausnahmsweise Güteverhandlungen – auch in Kündigungsschutzverfahren – stattgefunden haben.
Dies war letztendlich die Entscheidung der einzelnen Richter, allerdings fanden kaum noch Verhandlungen statt und bereits anberaumte (terminierte Verhandlungen) wurden abgesagt.
Dies änder sich bereits am Mai 2020. Ich habe in den letzten beiden Tagen bereits Termine (Lohnklage und Kündigungsschutzsache) beim Arbeitsgericht Berlin für Mitte Mai 2020 erhalten. Es handelt sich um Güteverhandlungen.
Kammertermine sollen wohl derzeit noch nicht stattfinden; auch nicht im Mai 2020.
Eine Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Berlin oder des LAG Berlin-Brandenburg gibt es noch nicht.
Achtung
Ab Mai 2020 finden wieder Gütetermine beim Arbeitsgericht Berlin statt.
neue Corona-Regeln

Zusammen mit der Ladung zur Güteverhandlung verschicken die Kammern des Arbeitsgerichts Berlin nun ein Merkblatt („Wichtige Verhaltensregeln zum Infektionsschutzgesetz“) zum Verhalten beim Gericht in Anbetracht der Corona-Krise.
Dieses Schreiben beinhaltet folgende Verhaltensregeln, welche bei den Verhandlungen zu beachten sind:
Zutritt zum Gerichtsgebäude ExpandFür den Zutritt in das Gebäude des Arbeitsgerichts Berlin braucht man die Ladung zum Verhandlungstermin.
Weiter wird der Zutritt erst 15 Minuten vor dem Termin gestattet.
grippeähnliche Symptome ExpandBei grippeähnliche Symptomen ist das Gericht zuvor telefonisch zu informieren. Es wird dann entschieden, ob das Gebäude betreten werden darf.
Mund- und Nasenschutz ExpandDas Tragen eines Mund- und Nasenschutzes wird von Seiten des Gerichts dringend empfohlen.
Formular nach § 32 Infektionsschutzgesetz ExpandDie im Gerichtsgebäude anwesenden Personen / Besucher werden mittels einen Formulars „Erfassung der Anwesenden in Sitzungen“ erfasst. Dort sind Namen und Anschrift sowie der Tag und der Sitzungssaal des Arbeitsgerichts einzutragen.
Dieses Formular wird in der Regel zusammen mit dem Merkblatt und der Ladung zum Termin vom Gericht übersandt.
Mindestabstand ExpandAuf allen Wegen und in den Sitzungssälen des Gerichts ist ein Mindestabstand von 2 Metern einzuhalten. Berührungen sollen vermieden werden.
Händewaschen ExpandVor dem Betreten des Sitzungssaales sollen sich die Besucher des Gerichts (auf dem WC) die Hände waschen.
Hustenetikette ExpandDie „Hustenetikette“ (was für ein schönes Wort) soll eingehalten werden, d.h. Husten und Niesen in die Ellenbeuge.
Verhalten im Sitzungssaal ExpandBeim Eintreten in den Sitzungssaal soll auf den Mindestabstand geachtet werden.
Die Überreichung von Schriftsätzen soll angekündigt werden. Diese sind dann unter Wahrung des Mindestabstandes zu übergeben.
nach dem Verhandlungstermin Expand
Nach Ende des Verhandlungstermins soll das Gebäude des Arbeitsgericht Berlin unverzüglich verlassen werden.
Achtung
Ohne Ladung darf man das Gerichtsgebäude nicht betreten.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin
Arbeitsgericht Berlin- Termine werden nun aufgehoben!

Aufgrund der Corona-Krise werden nun beim Arbeitsgericht Berlin und beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die meisten bereits anberaumten Termine – auch Kündigungsschutzsachen – aufgehoben. Dies ist besonders deshalb ärgerlich, da spätere Verfahren wegen betriebsbedingter Kündigungen wegen der Corona-Epidemie dann wohl auch nicht sofort terminiert werden können.
Entscheidung über Aufhebung der Termine treffen die einzelnen Richter selbst
Einige Richter des Arbeitsgerichts Berlin führen aber dennoch die Gütetermine immer noch durch. Aufgrund des Grundsatzes der Unabhängigkeit des Richters entscheiden letztendlich die Richter selbst, ob die anberaumten Termine stattfinden oder nicht, auch wenn es eine Empfehlung von der Direktorin des LAG Berlin-Brandenburg gibt, dass die Termine besser aufgehoben werden sollen.
Aufhebung der mündlichen Verhandlungen geschieht beim Arbeitsgericht Berlin derzeit überwiegend
In den meisten Fällen werden die Termine aufgehoben.
Ein Verschieben der Termine findet derzeit nicht statt, da man nicht weiß, wie lange die Ausnahmesituation (Corona-Epidemie) noch andauern wird.
spätere Vergabe der Termine
Bei einer späteren Terminsvergabe wird das Arbeitsgericht die Bestandsschutzsachen (Kündigungsschutzverfahren) aber bevorzugt behandeln, d.h. dann würden zunächst die Gütetermine/ Kammertermine in den Kündigungsschutzverfahren stattfinden.
Wann dies sein wird, weiß derzeit niemand.
eingeschränkter Betrieb beim Arbeitsgericht Berlin
Beim Arbeitsgericht Berlin und beim Landesarbeitsgericht Berlin -Brandenburg findet derzeit ein eingeschränkter Betrieb statt. Die Rechtsantragsstelle ist nicht tätig, aber auch nur stark eingeschränkt.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Haftung des Bauherrn für Sozialversicherungsabgaben des Subunternehmers?

Nicht selten beauftragt ein Bauherr – bei größeren Bauvorhaben– einen Generalunternehmer, der dann wiederum Subunternehmer beauftragt. Kann der Subunternehmer die Sozialversicherungsabgaben / den Lohn für seine Arbeitnehmer nicht zahlen, haftet der Generalunternehmer nach § 14 des Arbeitnehmerentsendegesetzes für das Mindestentgelt wie ein Bürge.
§ 14 lautet:
Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 8 wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Das Mindestentgelt im Sinne des Satzes 1 umfasst nur den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auszuzahlen ist (Nettoentgelt).
Keine Haftung der Bauherrin für ausstehende Lohnzahlungen von Subunternehmern
Das Bundesarbeitsgericht hatte nun über folgenden Fall zu entscheiden:
Die beklagte Bauherrin hatte auf einem ihr gehörenden Grundstück in Berlin ein Einkaufszentrum (Mall for Berlin) errichten lassen, das sie verwaltet und in dem sie Geschäftsräume an Dritte vermietet. Für den Bau des Gebäudes beauftragte die Beklagte einen Generalunternehmer, der mehrere Subunternehmer einschaltete. Bei einem dieser Subunternehmer war der Kläger (Arbeitnehmer) als Bauhelfer beschäftigt. Der Subunternehmer / Arbeitgeber des Klägers blieb diesem – trotz rechtskräftiger Verurteilung in einem Arbeitsgerichtsprozess – Lohn schuldig.
Über das Vermögen des Generalunternehmers wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet, so dass auch bei diesem nicht mehr viel zu holen war.
Der Kläger hatte deshalb wegen des ihm für seine Arbeit auf der Baustelle des Einkaufszentrums noch zustehenden Nettolohns die beklagte Bauherrin in Anspruch genommen und vor dem Arbeitsgericht Berlin verklagt. Er trug im Prozess dazu vor, dass auch die beklagte Bauherrin hafte nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz als Unternehmerin für die Lohnschulden eines Subunternehmers.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Januar 2018 – 21 Sa 1231/17 – hat die Berufung des klagenden Arbeitnehmers zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 16. Oktober 2019 – 5 AZR 241/18 -) keinen Erfolg.
Das Bundesarbeitsgericht führte in seiner Pressemitteilung 31/19 vom 16.10.2019 folgendes aus:
Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte unterliegt als bloße Bauherrin nicht der Bürgenhaftung des Unternehmers nach § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz* (AEntG). Der Begriff des Unternehmers ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Vorgängerregelung in § 1a AEntG aF nach dem vom Gesetzgeber mit dieser Bestimmung verfolgten Sinn und Zweck einschränkend auszulegen. Erfasst wird nur der Unternehmer, der sich zur Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung verpflichtet hat und diese nicht mit eigenen Arbeitskräften erledigt, sondern sich zur Erfüllung seiner Verpflichtung eines oder mehrerer Subunternehmer bedient. Gibt er auf diese Weise die Beachtung der zwingenden Mindestarbeitsbedingungen aus der Hand, ist es gerechtfertigt, ihm die Haftung für die Erfüllung der Mindestlohnansprüche der auch in seinem Interesse auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer aufzuerlegen. Dies trifft auf die Beklagte nicht zu. Sie hat lediglich als Bauherrin den Auftrag zur Errichtung eines Gebäudes für den betrieblichen Eigenbedarf an einen Generalunternehmer erteilt und damit nicht die Erfüllung eigener Verpflichtungen an Subunternehmer weitergegeben. Mit der Vergabe des Bauauftrags schaffte sie nur die Grundlage dafür, ihrem Geschäftszweck, der Vermietung und Verwaltung des Gebäudes, nachgehen zu können.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Arbeitsgericht Berlin: Kündigung bei der Bundeswehr wegen Verbindungen zur rechtsextremen Szene.
Das Arbeitsgericht Berlin hatte über eine Kündigung eines Mitarbeiters der Bundeswehr, welcher als Hausmeister über 30 Jahre tätig war, zu entscheiden.
Der Mitarbeiter soll einer rechtsextremen Kameradschaft zugehörig gewesen sein und sich an mehreren Veranstaltungen der rechten Szene beteiligt haben.
Das Bundesministerium für Verteidigung erklärte im Dezember 2018 daraufhin die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie im Januar 2019 die außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist zum 30. September 2019.
Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 17.07.2019, Aktenzeichen 60 Ca 455/19) hat die außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist des Arbeitsverhältnisses für rechtswirksam gehalten und führt dazu in der Pressemitteilung Nr. 19/19 vom 17.07.2019 aus:
Das Arbeitsgericht hielt die Kündigung grundsätzlich für gerechtfertigt, jedoch in Ansehung des über 30 Jahre bestehenden Arbeitsverhältnisses und des Lebensalters des Mitarbeiters nur mit sozialer Auslauffrist.
Gegen das Urteil kann Berufung an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Anmerkung:
In bestimmten Fällen – so z.B. bei sehr langer Betriebszugehörigkeit – kann eine außerordentliche Kündigung auch mit sozialer Auslauffrist notwendig sein. Von daher muss eine außerordentliche Kündigung nicht immer fristlos erfolgen.
A. Martin -Anwalt
Arbeitsgericht Berlin: Umsetzung einer muslimischen Lehrerin mit Kopftuch zulässig.
Eine muslimische Lehrerin in Berlin, die ein muslimisches Kopftuch trug, wollte nach ihrem Referendariat an einer Berliner Grundschule unterrichten. Dies wollte das Land Berlin nicht und wies der Lehrerin eine Stelle als Lehrerin an einem Oberstufenzentrum zu. Dagegen klagte die Lehrerin und trug vor, dass der Grund für die Umsetzung allein das Tragen des muslimischen Kopftuches sei. Sie sei in ihre Religionsfreiheit verletzt. Das Land Berlin meinte hingegen, dass das Berliner Neutralitätsgesetz eine solche Umsetzung gebiete.
Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin
Das Arbeitsgericht Berlin (Aktenzeichen 60 Ca 8090/17) hat die Klage der Lehrerin abgewiesen. In der Pressmitteilung Nr. 08/18 vom 09.05.2018 führt das Arbeitsgericht aus:
Das Arbeitsgericht hat die Umsetzung für rechtmäßig gehalten. Die Klägerin sei nach ihrem Arbeitsvertrag verpflichtet, auch an einem Oberstufenzentrum zu unterrichten. Eine unerlaubte Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Religion liege nicht vor. Vielmehr habe das Land Berlin bei der Zuweisung des Arbeitsplatzes beachten müssen, dass das Berliner Neutralitätsgesetz den Einsatz einer Lehrerin mit Kopftuch an einer Grundschule verbiete. Das Neutralitätsgesetz verstoße nicht gegen verfassungsrechtliche Vorschriften. Der Berliner Gesetzgeber habe in zulässiger Weise das Verhältnis zwischen der Religionsfreiheit der öffentlich Bediensteten und dem Gebot der religiösen Neutralität des Staates geregelt. Die Religionsfreiheit der Klägerin müsse daher hinter dem schützenswerten Interesse des Landes Berlin an einer religionsneutralen Ausgestaltung der Grundschulen zurückstehen.
Gegen das Urteil kann Berufung an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Kanzlei Berlin-Marzahn Hellersdorf
Arbeitsgericht Berlin: Bauherrn der „Mall of Berlin“ haftet nicht für Lohnforderungen der Arbeitnehmer eines Subunternehmers
Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 03.05.2017 – Az. 14 Ca 14814/16) hat die Lohnklage eines Bauarbeiters abgewiesen, der im Jahr 2014 als Bauhelfer für einen Subunternehmer bei der Errichtung der „Mall of Berlin“ tätig war.
Der Kläger /Arbeitnehmer hatte zunächst erfolgreich seinen Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Berlin auf Zahlung des Mindestlohns verklagt , allerdings nützte dies im wenig, da keine Zahlung durch den Arbeitgeber erfolgte und die Zwangsvollstreckung erfolglos blieb.
Daraufhin verklagte er den Bauherrn der „Mall of Berlin“ ebenfalls vor dem Arbeitsgericht Berlin. Er begründet dies damit, dass nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) und dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) der Bauherrn für seine Subunternehmer haften kann, so der Kläger. Eine solche Haftung besteht zumindest gegen den Generalunternehmer, welche hier aber in Insolvenz gegangen war und somit stellte sich die Frage, ob der Bauherr – als Bürge für den ausstehenden Lohn – an dessen statt haften würde.
Dem folgte das Arbeitsgericht Berlin nicht und führte in seiner Pressemitteilung Nr. 11/17 vom 03.05.2017 aus:
Bauträger im Sinne des AEntG ist danach nur derjenige, der baut, um das errichtete Gebäude gewinnbringend zu veräußern. Wer hingegen ein Bauwerk errichtet, um durch den Bau eigenen gewerblichen Zwecken (z.B. Vermietung des Gebäudes) zu dienen, ist zwar „Bauherr“, aber nicht „Bauträger“.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Arbeitsgericht Berlin: Kündigung eines Redakteurs wegen angeblicher Nähe zur AfD
Das Arbeitsgericht Berlin (Aktenzeichen 42 Ca 2980/16) hatte über die Klage eines Redakteurs der „Welt“ zu verhandeln, mit der er sich gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses mittels Kündigungsschutzklage wandte.
Dem Redakteur wurde u. a. vorgeworfen, dass er der AfD entgeltliche Beratungsleistungen angeboten und damit seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verletzt hat. Die Vorwürfe sind zwischen den Parteien umstritten. Welche Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis hier verletzt sein sollen, ist nicht vom Arbeitsgericht in der Pressemitteilung (24/16) mitgeteilt worden.
Am 16.06.2016 schlossen die Parteien dann einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht Berlin.
Anmerkung:
Ob die Nähe zur AfD (Alternative für Deutschland) als Kündigungsgrund ausreicht, dürfte selbst bei einem Redakteur zweifelhaft sein. Ein Verstoß gegen ein Verbot einer bestimmten Nebentätigkeit (falls dieses arbeitsvertraglich wirksam geregelt wurde, was schwierig sein dürfte), dürfte ebenfalls für eine verhaltensbedingte Kündigung – jedenfalls nicht ohne Abmahnung – nicht in Betracht kommen.
Rechtsanwalt Andreas Martin