Urlaubsgewährung

Während des Urlaubs in Quarantäne – Nachgewährung?

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Wer als Arbeitnehmer während seines Urlaubs krank wird, hat einen Anspruch auf Nachgewährung von Urlaub. Die Frage, die sich stellt, ist die, ob dies auch dann gilt, wenn der Arbeitnehmer während seines bestehenden Erholungsurlaubes in eine sogenannte Corona-Quarantäne gehen musste. Diese ist nicht notwendigerweise mit einer Krankheit/Erkrankung verbunden und von daher rechtlich problematisch.

§ 9 des Bundesurlaubsgesetz und Nachgewährung von Urlaub

In § 9 des Bundesurlaubsgesetzes ist geregelt, dass Urlaub nachzugewähren ist, wenn der Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs erkrankt. Krankheit und Urlaubsgewährung schließen sich faktisch aus.

§ 9 BUrlG lautet:

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet.

keine gesetzliche Regelung für Corona-Quarantäne

Eine entsprechende Regelung für eine Quarantäne gibt es nicht. Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass zum damaligen Zeitpunkt der Gesetzgeber an eine solche Begebenheit nicht gedacht hatte oder dies schlichtweg nicht regeln wollte.

Quarantäne und Krankheit

Wichtiges ist auch, dass es hier nicht um den Fall geht, dass ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs in Corona-Quarantäne muss und darüber hinaus zum Arzt geht und sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung holt. In diesem Fall es unproblematisch der Urlaub nach zu gewähren, da der Arbeitnehmer auch arbeitsunfähig war/erkrankt war. Es greift dann die gesetzliche Regelung des § 9 des Bundesurlaubsgesetz.

Corona-Quarantäne ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Es geht um den Fall, dass der Arbeitnehmer nur in Corona – Quarantäne aufgrund einer behördlichen Anweisung ist aber keine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat. Wie oben bereits ausgeführt, ist dieser Fall gesetzlich nicht geregelt.

Arbeitszeitrichtlinie

Allerdings gibt es eine Richtlinie der Europäischen Union (Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG), wonach bestimmte Urlaubsfragen durch europäisches Recht überlagert werden.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hatte nun über ein Fall zu entschieden, bei welchem der Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs aufgrund behördlicher Anweisung in Quarantäne gehen musste.

Sachverhalt

Ein Schlosser bekam 8 Tage Erholungsurlaub für die Zeit vom 12. bis zum 21. Oktober 2020. Mit behörldichen Bescheid vom 14. Oktober 2020 ordnete die Stadt Hagen die Absonderung des Klägers in häusliche Quarantäne für die Zeit vom 9. bis zum 21. Oktober 2020 an, weil er zu einer mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Person Kontakt hatte. Dem Schlosser war es währnd der Quarantäne untersagt seine Wohnung ohne ausdrückliche Zustimmung des Gesundheitsamts zu verlassen und Besuch von haushaltsfremden Personen zu empfangen. Der Arbeitgeber zahlte das Urlaubsgeld und ging auch für den Zeitraum der Quarantäne von einer Urlaubsgewährung aus. Der Schlosser/ Kläger begehrt nun die Wiedergutschrift der Urlaubstage auf seinem Urlaubskonto und klagte vor den Arbeitsgericht.

Entscheidung des BAG

Das Landesarbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben. Das BAG – Beschluss vom 16. August 2022 – 9 AZR 76/22 (A) – konnte die Sache nicht sofort entscheiden und legte die Sache dem EuGH vor und führte dazu in seiner Pressemitteilung vom 16.08.2022 (Nr. 30/22) aus:

Für den Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts ist es entscheidungserheblich, ob es mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang steht, wenn vom Arbeitnehmer beantragter und vom Arbeitgeber bewilligter Jahresurlaub, der sich mit einer nach Urlaubsbewilligung durch die zuständige Behörde angeordneten häuslichen Quarantäne zeitlich überschneidet, nach nationalem Recht nicht nachzugewähren ist, weil der betroffene Arbeitnehmer selbst nicht krank war.

Bundesarbeitsgericht – Beschluss vom 16. August 2022 – 9 AZR 76/22 (A)

Eine Entscheidung gibt es derzeit noch nicht.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Corona – Quarantäne im Urlaub -was ist mit den Urlaubstagen?

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Corona - Quarantäne im Urlaub -was ist mit den Urlaubstagen?
Corona-Qarantäne im Urlaub

Die Corona-Zahlen neben wieder zu. Wer im Urlaub ist und während des Urlaubs an Covid19 erkrankt oder aus anderen Gründen in die häusliche Quarantäne muss, fragt sich, was mit den verlorenen Urlaubstagen ist?

Muss der Arbeitgeber den Urlaub nachgewähren?

Sind die Urlaubstage, die während der Quarantäne verstrichen sind weg oder bleiben diese, ähnlich wie bei der Arbeitsunfähigkeit und müssen vom Arbeitgeber später nochmals gewährt werden?

Dies soll hier kurz beantwortet werden.

Urlaub und Einreise und Ausreise – Corona-Bestimmungen

Auch in der Pandemie kann der Arbeitnehmer Urlaub außerhalb von Deutschland machen. Fährt der Arbeitnehmer allerdings ins Ausland, so sind bei der Rückreise nach Deutschland bestimmte Vorschriften zu beachten. Vor allem die Einreise in die Bundesrepublik nach einem Urlaub außerhalb von Deutschland regelt die sog. Coronavirus-Einreiseverordnung.  Hier in bestimmte Einreisebestimmungen zu beachten. Am einfachsten haben es hier vollständig geimpfte Personen. Diese Bestimmungen können dazu führen dass, insbesondere bei einem negartiven Corona-Test, der rückreisende Arbeitnehmer in die häusliche Quarantäne muss. Die Problematik ist dann, dass in der häuslichen Quarantäne während des Urlaubs dieser eigentlich keiner mehr ist. Von Erholung und dies ist nach dem Bundesurlaubsgesetz das Ziel des Erholungsurlaubs kann dann keine Rede mehr sein. Die Frage ist, ob in einer solchen Situation der Arbeitnehmer Anspruch auf Nachgewährung der Urlaubstage hat, die er in der Quarantäne verbracht hat.

Was regelt die Coronavirus-Einreiseverordnung?

Die Coronavirus-Einreiseverordnung vom 8. November 2021 normiert die coronabezogenen Regeln im Kontext der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Die Ersten Verordnung zur Änderung der Coronavirus Einreiseverordnung ist am 9. November 2021 in Kraft getreten und ist erst mit Ablauf des 15. Januar 2022 außer Kraft. Aufgrund steigender Fallzeiten (November 2021) ist damit zu rechnen, dass die Verordnung verlängert wird. Nach der VO sind alle Einreisenden verpflichtet bei der Einreise über einen Nachweis des Nichtvorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Impf-, Test-, Genesenennachweis) zu verfügen.Dies gilt unabhängig davon, ob dies sich in einem Hochrisikogebiet oder Virusvariantengebiet aufgehalten haben oder nicht.

Mit dem Inkrafttreten der neuen Einreiseverordnung zum 1. August 2021 entfällt nun die Kategorie der „einfachen“ Risikogebiete. Nun wird unter dem Oberbegriff „Risikogebiet“ nur noch zwischen Hochinzidenz- und Virusvariantengebiet unterschieden. Die aktuellen Listen der betroffenen Länder (Risikogebiete etc) finden Sie auf der Webseite des Robert Koch-Instituts . Beim Robert Koch Institut bzw. auf dessen Webseite kann man sich  auch während des Urlaubs informieren, welche Anforderungen für die Rückreise in die Bundesrepublik Deutschland vorliegen müssen. Auch findet man dort die Ausweisung von Risikogebieten.

Wenn man bei der Reise in die Bundesrepublik Deutschland nicht zur Abgabe der Ersatzmitteilung gebeten wird, ist man verpflichtet, entweder die digitale Einreiseanmeldung innerhalb von 24 Stunden nach Einreise nachzuholen oder die ausgefüllte Ersatzmitteilung per Post zu übersenden.

Dies gilt auch, wenn aufgrund fehlender technischer Ausstattung oder aufgrund technischer Störung eine digitale Einreiseanmeldung nicht möglich ist.

Bezüglich der Einreise mit Kindern gilt, dass Kinder unter 12 Jahren von der Nachweispflicht befreit sind.  Dies hat zur Folge, dass diese Kinder bei der Anreise keinen negativen Test vorlegen müssen.

Darüber hinaus können im Einzelfall sog. Impf- und Genesenennachweise einen negativen Testnachweis ersetzen und von der Einreisequarantäne befreien.

Eine strenge Testpflicht gilt für Einreisende nach Voraufenthalt in einem Virusvariantengebiet.

Bei Verstoß gegen die oben genannten Pflichten zur Meldung, Testung, Nachweispflicht oder zur häuslichen Quarantäne können die zuständigen Behörden empfindliche Bußgelder verhängen. 

negativer Testnachweis bei Einreise nach Deutschland

Einen negativen Testnachweis bzw. ein negatives Testergebnis ist bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland sinnvoll.

Für Kinder unter 12 Jahren endet die Quarantäne nach Voraufenthalt in einem Hochrisikogebiet nach dem fünften Tag der Einreise automatisch. 

Krankheit und Urlaub

Krankheit/ Arbeitsunfähigkeit und Urlaub schließen sich aus. Erkrankt der Arbeitnehmer im Urlaub, dann spart er sich die Tage, an denen er arbeitsunfähig war, auf und kann diese später als Urlaubstage noch nehmen. Kurz gesagt, während der Arbeitsunfähigkeit wird kein Urlaub verbraucht.

Rückgewähr von Urlaubstagen auch bei Quarantäne?

Anders ist dies bei einer notwendigen behördlichen Quarantäne im Urlaub wegen Corona. Hier ist der Arbeitnehmer nicht erkrankt und es gibt kein ärztliches Zeugnis. Eine gesetzliche Regelung gibt es hierfür nicht, was mit dem Urlaub während der Isolationsanordnung  passiert. Allerdings trägt der Arbeitnehmer das Risiko, dass nach der Festlegung des Urlaubs urlaubsstörende Ereignisse vorliegen. Diese fallen daher auch grundsätzlich in den Risikobereich des Arbeitnehmers. Eine direkte oder analoge Anwendung von § 9 BUrlG scheidet aus (so auch das Arbeitsgericht Bonn).

Die Urlaubstage sind vom Arbeitgeber nur dann nachzugewähren, wenn der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig war und die Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest nachgewiesen hat (Arbeitsgericht Bonn). Dies geht auch durch eine ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Eine solche Arbeitsunfähigkeit liegt aber bei bloßer Quarantäne nicht vor. Mehrere Arbeitsgerichte haben bereits entscheiden, dass urlaubsstörende Ereignisse grundsätzlich als Teil des persönlichen Lebensschicksals in den Risikobereich des einzelnen Arbeitnehmers fallen. Eine Urlaubserstattung gibt es im Einzelfall dann nicht. Solche für den Arbeitnehmer negativen Entscheidungen haben folgende Arbeitsgericht bereits getroffen:

  • Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 07.07.2021 – 2 Ca 504/21
  • Arbeitsgericht Oberhausen, Urteil vom 28.07.2021 – 3 Ca 321/21
  • Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2021 – 7 Sa 857/21.

Entgeltfortzahlung während behördlicher Insolationsanordnung

Die Entgeltfortzahlung während der Quarantäne ist eine andere Sache. Hier hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsentgelt, denn er ist – auch wenn er in Quarantäne ist – immer noch im Urlaub. Dies regelt das Bundesurlaubsgesetz.

Entscheidung des LAG Düsseldorf

Bei Urteil des LAG Düsseldorf ging es um angeordnete COVID-19-Quarantäne. Das Landesarbeitsgericht hielt die Nichtanrechnung auf den Urlaub für zulässig. Denn nach dem Bundesurlaubsgesetz geht der Urlaubsanspruch nur dann nicht unter, wenn eine  ärztliche AU-Bescheinigung die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmer während der Quarantäne bestätigt.

Sachverhalt des Landesarbeitsgerichts

Die Arbeitnehmerin war als Maschinenbedienerin in einem Produktionsbetrieb beschäftigt. Diese hatte in der Zeit vom 10.12.2020 bis zum 31.12.2020 bewilligtem Erholungsurlaub. Nach einem Kontakt mit ihrer mit COVID-19 infizierten Tochter ordnete das zuständige Gesundheitsamt zunächst eine häusliche Quarantäne bis einschließlich zum 16.12.2020 an. Bei einem Corona-Test am 16.12.2020 wurde bei der Arbeitnehmerin selbst eine Infektion mit COVID-19 festgestellt. Daraufhin ordnete das Gesundheitsamt nochmals für die Arbeitnehmerin die häusliche Quarantäne vom 06.12.2020 bis zum 23.12.2020 an. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch einen Arzt ließ sich die Arbeitnehmerin nicht ausstellen. Das Quarantäne-Anordnungsschreiben der Behörde enthielt den Hinweis, dass die Klägerin als Kranke im Sinne des § 2 Nr. 4 IfSG anzusehen sei. Faktisch war von daher die Arbeitnehmerin während ihres gesamten Urlaubs vom 10.12.2020 bis zum 23.12.2020 in Corona-Quarantäne und verlangte nun von ihrer Arbeitgeberin die Nachgewährung von 10 Urlaubstagen an Erholungsurlaub.

Begründung des LAG Düsseldorf

Das LAG führt dazu in seiner Pressemitteilung 19/21 vom 15.10.2021 aus:

„Die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat ebenso wie das Arbeitsge- richt Oberhausen die Klage abgewiesen und dies mit der gesetzlichen Regelung in § 9 BUrlG begründet. Die Vorschrift unterscheidet zwischen Erkrankung und darauf be- ruhender Arbeitsunfähigkeit. Beide Begriffe sind nicht gleichzusetzen. Danach erfor- dert die Nichtanrechnung der Urlaubstage bei bereits bewilligtem Urlaub, dass durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen ist, dass aufgrund der Erkrankung Arbeitsunfä- higkeit gegeben ist. Daran fehle es hier. Aus dem Bescheid des Gesundheitsamts ergibt sich lediglich, dass die Klägerin an COVID-19 erkrankt war. Eine Beurteilung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin und dies durch einen Arzt wurde nicht vorgenommen. Eine analoge Anwendung der eng begrenzten Ausnahmevorschrift des § 9 BUrlG kommt nicht in Betracht. Nach der Konzeption des BUrlG fallen urlaubsstörende Er- eignisse als Teil des persönlichen Lebensschicksals grundsätzlich in den Risikobe- reich des einzelnen Arbeitnehmers. Eine Analogie kommt nur in Betracht, wenn gene- rell und nicht nur ggfs. im konkreten Einzelfall eine COVID-19-Infektion zu Arbeitsun- fähigkeit führt. Dies ist nicht der Fall. Eine Erkrankung mit COVID-19 führt z.B. bei einem symptomlosen Verlauf nicht automatisch zu einer Arbeitsunfähigkeit. Es liegt damit bei einer COVID-19-Infektion keine generelle Sachlage vor, die eine entspre- chende Anwendung von § 9 BUrlG rechtfertigt.“

Anmerkung:

Der Arbeitnehmer, der sich bei Erkrankung an Corona auch tatsächlich krankschreiben lässt, ist hier besser dran. Für den Fall der Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit ist die Nachgewährung des Urlaubs vorgesehen.

Rechtsanwalt Andreas Martin- Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

Urlaub 2020 – was muss der Arbeitgeber jetzt machen?

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Urlaub 2020 - was muss der Arbeitgeber jetzt tun?
Urlaub 2020

Das Wichtigste vorab:

Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers verfällt nicht mehr so einfach zum Jahresende oder zum 31.03. des Folgejahres (§ 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz). Der Arbeitgeber muss noch im Jahr 2020 tätig werden, ansonsten kann der Arbeitnehmer den Urlaub auch noch im nächsten Jahr – nach dem 31.03.2021 – noch in Anspruch nehmen (Ersatzurlaub).

Urlaub 2020 – Gewährung durch Arbeitgeber

Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende entgegen und viele Arbeitnehmer haben noch nicht den kompletten Jahresurlaub erhalten. Das Problem ist, dass der Jahresurlaub auch nicht mehr ohne weiteres zum Jahresende beziehungsweise zum 31. März des nächsten Jahres verfallen kann.

Dafür ist Voraussetzung, dass der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des EuGH und des Bundesarbeitsgericht bestimmte Handlungen vornimmt.

Welche dies hier sind, soll kurz aufgezeigt werden.

Entscheidung des Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 19. Februar 2019- 9 AZR 541/15 –

Dazu führt das Bundesarbeitsgericht aus:

Das Bundesurlaubsgesetz lässt eine richtlinienkonforme Auslegung von § 7 BUrlG zu. Danach trifft den Arbeitgeber die Initiativlast bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG. Grundsätzlich führt erst die Erfüllung der daraus abgeleiteten Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen, zur Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG.

Weiter führt das BAG dazu aus:

Auch durch § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG wird das Verfahren der Gewährung und Inanspruchnahme von Urlaub nicht abschließend bestimmt. Die zeitliche Festlegung des Urlaubs ist nach Maßgabe dieser Bestimmung dem Arbeitgeber vorbehalten. Er gewährt den Urlaub durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben, besteht grundsätzlich nicht.

Mitwirkungshandlungen des Arbeitgebers

Bei der Gewährung des Urlaubs treffen den Arbeitgeber nun bestimmte Mitwirkungshandlungen. Nur, wenn er diese vornimmt, dann verfällt der Urlaub zum Jahresende bzw. zum 31.03. des Folgejahres.

Das Bundesarbeitsgericht dazu:

Die unionsrechtlich gebotenen Mitwirkungshandlungen unterstützen den Sinn und Zweck der Befristungsregelung des § 7 Abs. 3 BUrlG. Die Vorschrift dient in erster Linie dem Gesundheitsschutz. Die Befristung des Urlaubsanspruchs ist ein vom deutschen Gesetzgeber gewähltes Mittel, um den Arbeitnehmer dazu anzuhalten, den Urlaubsanspruch grundsätzlich im Urlaubsjahr geltend zu machen. Dadurch soll erreicht werden, dass jeder Arbeitnehmer tatsächlich in einem einigermaßen regelmäßigen Rhythmus eine gewisse Zeit der Erholung und Entspannung erhält. 

Was muss der Arbeitgeber tun?

Was das Arbeitgeber nun genau tun muss, beschreibt das Bundesarbeitsgericht so:

Der Arbeitgeber muss konkret und in völliger Transparenz dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Er muss ihn – erforderlichenfalls förmlich – dazu auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfällt, wenn er ihn nicht nimmt (vgl. EuGH 6.November 2018 – C-684/16 – [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften] Rn. 45).

Handlungen des Arbeitgebers – Urlaub

Der Arbeitgeber müsste von daher Folgendes machen:

  1. Mitteilung der Anzahl der noch bestehende Urlaubstage
  2. Aufforderung an den Arbeitnehmer den Urlaub zu nehmen
  3. Aufklärung über die Rechtsfolgen (Verfall des Urlaubsanspruch)

Diese Mitteilung und Aufforderung muss der Arbeitgeber beweissicher durchführen. Von daher sollte dies am besten – obwohl diese keine Voraussetzung ist – schriftlich erfolgen. Dies sollte sich der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer quittieren lassen.

Dies alles muss vor dem Verfall des Urlaubs geschehen und so rechtzeitig , dass der Arbeitnehmer den Urlaub noch nehmen kann.

Zur Problematik des Verfalls von Urlaubsansprüchen bei Krankheit und Verjährung bitte klicken.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin

Wann verjähren Urlaubsansprüche?

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Wann verjährt der Urlaubsanspruch?
Urlaub und Verjährung

Die Frage nach der Verjährung von Urlaubsansprüchen spielt mittlerweile wieder eine größere Rolle. Normalerweise verjähren Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis in der Regelzeit innerhalb von drei Jahren ab ihrer Entstehung, wobei die Anspruchsverjährung am Ende des Jahres beginnt, also am 31. Dezember. Dies ist eine Besonderheit des deutschen Rechts.

Dazu regelt § 199 Abs. 1 BGB

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1. der Anspruch entstanden ist und
2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Verjährungsbeginn nach § 199 I BGB

regelmäßige Verjährungsfrist im Arbeitsrecht

Von daher wäre die Frage eigentlich ganz einfach zu beantworten, dass Urlaubsansprüche jeweils zum Jahresende drei Jahre nach Entstehung verjähren.

Beispiel: Der Urlaub für das Jahr 2020 entsteht im Jahr 2020 und damit beginnt die Verjährung am 31.12.2020. Die Verjährung endet damit am 31.12.23.

Rechtsprechung des EuGH und neue Rechtsprechung des BAG

Ganz so einfach ist die Frage aber nicht, da mittlerweile die deutsche Urlaubsrechtsprechung sehr stark vom europäischen Recht (EG-Urlaubsrichtlinie) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof beeinflusst wird. Der EuGH hatte ja vor einiger Zeit auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht zum Verfall von Urlaubsansprüchen auf den Kopf gestellt. Das Bundesarbeitsgericht hat diesbezüglich seine Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen geändert. Diese können nun nicht mehr so einfach zum Jahresende verfallen. Zusätzliche Voraussetzungen müssen dazu vorliegen.

Verjährung jetzt wieder aktuelles Problem

Der also in der Vergangenheit viel häufiger Urlaubsansprüche einfach zum Jahresende bzw. zum 31.03. des Folgejahres (so auch die gesetzliche Regelung im Bundesurlaubsgesetz) verfallen sind, hat sich die Fragen nach der Verjährung (die ja viel länger ist) kaum gestellt. Dies ist nun aufgrund der obigen neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht zum Verfall von Urlaubsansprüchen anders. Nun es ist sogar wahrscheinlich, dass Urlaubsansprüche für die vergangenen Jahre gar nicht verfallen sind, sondern nur durch die Verjährung „erlöschen“. Zu beachten ist aber, dass die Verjährung eine Einrede ist, die die Gegenseite (also der Arbeitgeber) im Prozess erheben muss!

Tod des Arbeitnehmers und Urlaub

Im Übrigen geht der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers auch nicht mit dessen Tod unter. Die Erben können hier einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben. Auch hier spielt die Verjährung eine Rolle.

aktuelle Entscheidung des BAG zur Verjährung des Urlaubsanspruchs

Das Bundesarbeitsgericht (Beschluss vom 29. September 2020 – 9 AZR 266/20 (A)- ) hat nun in seiner Pressemitteilung vom 29.09.2020 mit der Nr. 34/20 mitgeteilt, dass er die Frage der Verjährung von Urlaubsansprüchen zur weiteren Klärung dem EuGH vorlegt. Es stellt sich nämlich die grundsätzliche Frage, ob die bezahlte Urlaubsgewährung überhaupt der Verjährung unterliegt.

der Fall des Bundesarbeitsgerichts

Eine Arbeitnehmerin verlangte in einem Arbeitsgerichtsprozess die Abgeltung von insgesamt 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren verlangt. Im Laufe des Prozesses hat die Gegenseite die Einrede der Verjährung erhoben.

die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage, ob die Verjährung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub sich nach den §§ 194 ff. richtet und ob der Anspruch überhaupt der Verjährung unterliegt in Rahmen einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Es ist hier also vor allem die Frage zu beantworten, ob der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub überhaupt verjähren kann. Davon abhängig ist dann auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung.

Vorlage zum EuGH

Begründet hat das Bundesarbeitsgericht die Vorlage zum EuGH wie folgt:

Bei unionsrechtskonformer Auslegung dieser Vorschrift erlischt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann (vgl. dazu Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 9 vom 19. Februar 2019). Diese Obliegenheiten hat der Beklagte nicht erfüllt. 

Vor diesem Hintergrund hat der Senat den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung über die Frage ersucht, ob es mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang steht, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bereits nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen konnte, gemäß § 194 Abs. 1, § 195 BGB der Verjährung unterliegt.

Es bleibt nun abzuwarten, wie der Europäische Gerichtshof diese Frage beurteilt.

Informationen zur Berechnung der Urlaubsabgeltung finden Sie hier.

Fachanwalt für Arbeitsrecht Andreas Martin – Berlin

Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsrecht möglich?

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Es kommt nicht selten vor, dass der Arbeitnehmer dringend eine Regelung eines Rechtsproblems, welches er mit dem Arbeitgeber hat, benötigt. Für diese Fälle gibt es das einstweilige Verfügungsverfahren/Arrestverfahren. Sondervorschriften existieren hier im Arbeitsrecht nicht. Es wird grundsätzlich auf die § 935 ff. ZPO verwiesen.

Ein solches Verfahren ist allerdings nicht in jeder Rechtsstreitigkeit möglich, typische Fälle sind:
– Geltendmachung von Arbeitsentgelt in Notlagen zur Existenzsicherung

Beschäftigung im laufenden Arbeitsverhältnis

Ausgabe von Arbeitspapieren bzw. eines Dienstwagens

– Verlängerung/Verkürzung der Arbeitszeit

– Urlaubsgewährung

kurzfristige Versetzung

– kurzfristige Zuweisung eines weit entfernten Arbeitsortes (z. B. Baustelle weit entfernt)
In diesen Fällen kann der Arbeitnehmer entsprechend eine einstweilige Verfügung beantragen/Arrest beantragen. Voraussetzung ist dafür eine Eilbedürftigkeit. Dem Arbeitnehmer darf es nicht zumutbar sein, bis zum Ende eines Hauptsacheverfahrens zu warten, dass ja im Normalfall mehrere Monate dauert.

Bei der Frage der Eilbedürftigkeit ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer selbst nicht zu lange warten darf. Im Normalfall sollte die äußerste Grenze hier ein Monat sein. In Extremfällen kann es auch sein, dass der Arbeitnehmer zwei Monate wartet und dann das einstweilige Verfügungsverfahren anstrebt (so hessisches Landgericht, Urteil vom 28.06.2010, Az. 16 Sa Ga 811/10).

Zu beachten ist auch, dass das einstweilige Verfügungsverfahren/Arrestverfahren in der Regel die Hauptsache nicht vorwegnehmen darf. Es geht hier nur um eine einstweilige (vorläufige) Regelung und nicht um eine endgültige Entscheidung. Im Hauptsacheverfahren selbst wird dann endgültig entschieden. Bis dahin gilt die einstweilige Regelung, oder das Gericht befristet diese.

Rechtsanwalt Andreas Martin

Was ist eine Urlaubsbescheinigung?

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Was ist eine Urlaubsbescheinigung?
Urlaubsbescheinigung

Urlaubsbescheinigung vom Arbeitgeber – was ist das?

Der Begriff Urlaubsbescheinigung ist vielen Arbeitnehmer bekannt, wenn auch in der Praxis kaum Urlaubsbescheinigungen durch Arbeitgeber ausgestellt werden.

Was ist eine Urlaubsbescheinigung?

Eine Urlaubsbescheinigung ist eine schriftliche Bestätigung des Arbeitgebers über dem im Kalenderjahr bereits erhaltenen Urlaub. Diese ist in § 6 Abs. 2 des Bundesurlaubsgesetz geregelt.

Weshalb ist eine Urlaubsbescheinigung notwendig?

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der Arbeitnehmer, der während des laufenden Kalenderjahres seine Arbeitsstelle wechselt und Urlaub beim neuen Arbeitgeber haben möchte, auf Verlangen, nachzuweisen hat, dass er beim „alten“ Arbeitgeber keinen oder nur teilweisen Urlaub erhalten hat. Damit sollen Doppelansprüche auf Urlaub ausgeschlossen werden. Der Arbeitnehmer soll nicht 2 x Urlaub im gleichen Kalenderjahr bekommen.

Beispiel: Der Arbeitnehmer B arbeitet seit dem 1.1.2014 beim Arbeitgeber A. Er scheidet dort am 31.07.2014 aus. Er hat für das volle Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen (hier 5-Tage-Woche). Da er in der zweiten Jahreshälfte nach erfüllter Wartezeit ausscheidet, hat der B einen Anspruch auf 20 Arbeitstagen an Urlaub gegen den A. Dieser gewährt den Urlaub beim Ausscheiden. Ab dem 1.8.2014 fängt er beim Arbeitgeber C an. Dort beantragt er Urlaub (Teilurlaub) für 5 (volle) Monate. Für 5 Monate bei 20 Arbeitstagen Urlaub im Jahr, hätte der B rund 8  Tage an Erholungsurlaub. Würde der Arbeitgeber C dem B nun noch 8 Tage an Urlaub gewähren, hätte der Arbeitnehmer B insgesamt 28 Tage an Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2014 erhalten. Dem C kommt also zu Gute, dass der B schon vollen Urlaub für das Jahr 2014 beim vorherigen Arbeitgeber erhalten hatte.

Den Nachweis über die Höhe des bereits erhaltenen Urlaubs kann durch eine sog. Urlaubsbescheinigung erbracht werden.

Wo ist Bescheinigung über den erhaltenden Urlaub gesetzliche geregelt?

Die Austellung der Urlaubsbescheinigung ist gesetzliche im Bundesurlaubsgesetz geregelt. Der Arbeitgeber muss diese ausstellen:

§ 6 Ausschluß von Doppelansprüchen  (1) Der Anspruch auf Urlaub besteht nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist.   (2) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen.

 

Muss der Arbeitnehmer die Ausstellung der Urlaubsbescheinigung beim Arbeitgeber beantragen?

Danach ergibt sich ein Anspruch  des Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnis auf eine solche Bescheinigung und zwar ohne Antrag des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber muss also von sich aus eine Bescheinigung über den erhaltenen Urlaub für den ausscheidenden Arbeitnehmer erstellen und herausgeben.

Wie kann die Urlaubsbescheinigung zum Beispiel aussehen?

Muster einer Urlaubsbescheinigung

„Herr ……. war bei uns im Zeitraum vom …… bis …… beschäftigt. Es wurde eine 5-Tage-Woche / 6- Tage-Woche vereinbart. Das Arbeitsverhältnis endete am …….. . Laut Arbeitsvertrag (Tarifvertrag) besteht ein Anspruch von …….. Arbeitstagen / Werktagen pro Kalenderjahr.

Für das Kalenderjahr ……. hat Herr ……… insgesamt Urlaub in Höhe von ……… Arbeitstagen/ Werktagen gewährt bekommen. Eine Urlaubsabgeltung erfolgte für das vorstehende Kalenderjahr nicht. Zusatzurlaub wurde nicht gewährt.

……………………….                          ………………………..
Ort, Datum                                          Unterschrift

Was muss in der Urlaubsbescheinigung stehen?

In der Urlaubsbescheinigung muss enthalten sein,

  1. welchen Urlaub der Arbeitnehmer um laufenden Kalenderjahr erhalten hat und
  2. wieviele Urlaubstage an Urlaub für das laufende Kalenderjahr abgegolten worden sind.

Rechtsanwalt Andreas Martin- Fachanwalt für Arbeitsrecht

BAG: unwiderrufliche Freistellung unter Gewährung von Urlaubsansprüchen

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In der Praxis kommt es häufig vor, dass gerade nach einer ordentlichen Kündigung der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer erklärt, dass er diesen für die Zukunft bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (also meistens innerhalb der Kündigungsfrist) unwiderruflich freigestellt unter Anrechnung von noch bestehenden Urlaubsansprüchen.

Freistellung unter Anrechnung von Urlaub häufig im Vergleich vor dem Arbeitsgericht

Dies geschieht auch häufig im Rahmen eines Vergleiches, der in der Güteverhandlung im Kündigungsschutzverfahren zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschlossen wurde. Hier kommt es meistens selten-nach Abschluss des Vergleichs-zu Streitigkeiten über die Urlaubsgewährung, denn beide Seiten war sich ja darüber einig, dass eine Freistellung unter Anrechnung von Urlaub erfolgen.

 Freistellungserklärung des Arbeitgebers

Stellt der Arbeitgeber allein durch eigene Erklärung frei unter Gewährung von Urlaub im Freistellungszeitraum, stellt sich die Frage, ob er dies so darf.

Rechtmäßigkeit der Freistellung und Rechtmäßigkeit der Urlaubsgewährung

Muss hier zwei Aspekte voneinander sauber trennen. Zum einen, die Frage, ob der Arbeitgeber freistellen darf und zum anderen die Frage, ob so eine Urlaubsgewährung-also ohne nähere Bestimmung und ohne Beachtung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers-erfolgen kann.

 

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit einen solchen Fall zu beschäftigen. Ein Arbeitgeber stellte seinen Arbeitnehmer bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses wie folgt frei:

 

Hiermit stelle ich Sie ab 01.07.2009 unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Noch bestehende Resturlaubsansprüche werden von Ihnen in der Zeit der unwiderruflichen Freistellung in Natur eingebracht.

 

Der Arbeitnehmer meinte, dass der Urlaub hier nicht wirksam gewährt werden konnte, da nicht klar war, an welchen Tagen eine Urlaubsgewährung im Freistellungszeitraum stattfinden sollte und darüber hinaus sei auch die Freistellung an sich unwirksam, was ebenfalls dazu führe, dass der Urlaub nicht genommen wurde.Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 16.7.2013, 9 AZR 50/12) stellte er klar, dass die Frage, ob wirksam freigestellt werden konnte nichts mit der Frage, ob der Urlaub genommen wurde zu tun hat. Zwar ist es problematisch, wenn der Arbeitgeber nicht genau mitteile an  welchen Tagen der Urlaub genommen werden kann, wenn aber, wie hier, der Urlaub nur im Freistellungszeitraum gewährt werden konnte, ist dies unbeachtlich. Auch wenn die Freistellung unwirksam wäre, würde dies nichts an der wirksamen Urlaubsgewährung ändern.

 

Das Bundesarbeitsrecht für dazu aus:

II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte dem Kläger 17 Urlaubstage aus dem Jahr 2009 im Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009 gewährte. Der Anspruch auf Urlaub war deshalb gemäß § 362 Abs. 1 BGB vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses erloschen. Ein Abgeltungsanspruch gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG konnte nicht mehr entstehen.

1. Mit der unwiderruflichen Freistellung des Klägers seit dem 1. Juli 2009 erfüllte die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Gewährung des streitgegenständlichen Resturlaubs.

a) Die Erfüllung eines Anspruchs auf Erholungsurlaub setzt voraus, dass der Arbeitnehmer im Voraus durch eine unwiderrufliche Freistellungserklärung des Arbeitgebers zu Erholungszwecken von seiner sonst bestehenden Arbeitspflicht befreit wird (BAG 19. Januar 2010 – 9 AZR 246/09 – Rn. 27). Diese Voraussetzungen erfüllte die Freistellungserklärung der Beklagten mit Schreiben vom 30. Juni 2009. Danach stellte sie den Kläger ab dem 1. Juli 2009 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Pflicht zur Arbeitsleistung frei. Noch bestehende Resturlaubsansprüche sollten in dieser Zeit in Natur eingebracht werden.

b) Der Erfüllungswirkung steht nicht entgegen, dass die Freistellungserklärung nicht erkennen lässt, an welchen Tagen die Beklagte den Kläger zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub und an welchen Tagen sie ihn zu anderen Zwecken freistellte.

aa) Einer nicht näher bestimmten Urlaubsfestlegung kann der Arbeitnehmer regelmäßig entnehmen, dass der Arbeitgeber es ihm überlässt, die zeitliche Lage seines Urlaubs innerhalb des Freistellungszeitraums festzulegen (BAG 19. März 2002 – 9 AZR 16/01 – zu II 2 b bb (2) der Gründe). Eine zeitliche Festlegung des – im Voraus erteilten – Urlaubszeitraums ist deshalb regelmäßig nicht notwendig. Dieses Recht des Klägers zur Festlegung des Urlaubszeitraums lässt sich der Freistellungserklärung der Beklagten entnehmen. Danach sollten noch bestehende Resturlaubsansprüche vom Kläger im Freistellungszeitraum in Natur eingebracht werden. Der Kläger rügt zu Unrecht, er habe mit dem Urlaubsantrag vom 12. Mai 2009, mit der Urlaubsaufstellung vom 30. Juni 2009 sowie mit Schreiben vom 1. Juli 2009 seine restlichen Urlaubsansprüche unter „Beantragung der Urlaubstermine“ geltend gemacht. Er trägt hierzu nicht vor, dass er damit abweichende Urlaubswünsche im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 geäußert habe. Dies wäre auch logisch nicht denkbar, weil ohnehin nur der Freistellungszeitraum vom 1. Juli 2009 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Urlaubsgewährung in Betracht kam.

bb) Vorliegend war auch nicht ausnahmsweise eine zeitliche Festlegung des Urlaubszeitraums notwendig.

(1) Der Arbeitnehmer kann, insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen, ein berechtigtes Interesse an einer solchen zeitlichen Festlegung haben. So hat er ein wirtschaftliches Interesse daran, sein Verhalten während des Freistellungszeitraums daran zu orientieren, ob ein etwaiger Zwischenverdienst der Anrechnung unterliegt oder nicht. Deshalb obliegt es dem Arbeitgeber in solchen Fällen, entweder den anrechnungsfreien Urlaubszeitraum konkret zu benennen, die Reihenfolge der Zeiträume zweifelsfrei festzulegen oder dem Arbeitnehmer auf andere Weise mitzuteilen, ob und innerhalb welcher Zeiträume die Anrechnungsvorschrift des § 615 Satz 2 BGB nicht zur Anwendung kommt.

(2) Solche berechtigten Interessen des Klägers sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere verzichtete die Beklagte durch die Freistellungserklärung darauf, einen etwaigen anderweitigen Verdienst des Klägers im gesamten Freistellungszeitraum mit Ausnahme des Urlaubszeitraums anzurechnen. Ein Vorbehalt, anderweitiger Verdienst werde angerechnet, ergibt sich aus der Erklärung vom 30. Juni 2009 nicht. Aus ihr folgt vielmehr, dass die Beklagte den Kläger von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung entbinden wollte (vgl. BAG 19. März 2002 – 9 AZR 16/01 – zu II 2 d der Gründe).

(3) Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte ihn von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freistellen durfte. Eine rechtswidrige Freistellung hätte lediglich zur Folge gehabt, dass der Kläger weiterhin einen Beschäftigungsanspruch hätte geltend machen können. Annahmeverzugsansprüche des Klägers wären nicht entstanden. Denn die Beklagte brachte mit der Freistellung zum Ausdruck, dass sie auch ohne Arbeitsleistung die Vergütungsansprüche des Klägers erfüllen werde.

 

LAG Berlin-Brandenburg: Feststellungsantrag bei Streit über Urlaub zulässig (Klage auf Feststellung des Bestehens einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen)

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Arbeitnehmer und Arbeitgeber streiten zuweilen auch über die Gewährung von Urlaub. Dabei ist zu beachten, dass Urlaubsansprüche zum Jahresende verfallen und nur unter bestimmten Umständen ins nächste Kalenderjahr übernommen werden und dann aber zwingend bis zum 31.03. des Folgejahres genommen werden müssen.

der Streit über die Anzahl der Urlaubstage

Wenn nun aber der Arbeitgeber meint, dass Urlaub schon verfallen ist und der Arbeitnehmer anderer Ansicht ist und meint, dass ihm im laufenden Jahr noch eine bestimmten Anzahl an Urlaubstagen zustehen, dann kann der Arbeitnehmer entweder auf die Gewährung einer konkreten Anzahl von Urlaubstagen während eines konkreten Zeitraumes klagen (Leistungsklage) oder auf Feststellung klagen, dass ihm z.B. für das Jahr 2012 noch 30 Tage an Erholungsurlaub zustehen (Feststellungsklage).

Leistungsklage auf Urlaubsgewährung

Die Leistungsklage geht der Feststellungsklage vor, da diese dem Arbeitnehmer schon ganz konkret den Urlaub zuspricht (genau genommen wird die Zustimmung zur Urlaubsgewährung – Willenserklärung – hier mit dem rechtskräftigen Urlaub fingiert) , während die Feststellungsklage dem Arbeitnehmer nur die Sicherheit verschafft, dass er eben noch z.B. 30 Tage an Urlaub im Kalenderjahr 2012 hat; hier kann es dann bei der Urlaubsgewährung wieder zu Streit z.B. über die zeitliche Lage des Urlaubs kommen.

Vorteile der Feststellungsklage

Die Feststellungsklage hat hier aber entscheidende Vorteile und immer mehr Arbeitsgericht halten diese bei der obigen Frage der Urlaubsgewährung für zulässig. Das Verfahren beim Leistungsantrag setzt ja voraus, dass der Arbeitnehmer bereits einen Urlaubsantrag beim Arbeitgeber gestellt hat und damit feststeht, von wann bis wann er den Urlaub nehmen will. Das Verfahren kann sich aber lange hinziehen mit dem Ergebnis, dass der Zeitraum dann schon überschritten ist und der Arbeitnehmer die Anträge fortlaufend anpassen muss, was nicht besonders prozessökonomisch ist. Bei der Feststellungsklage gibt es dieses Problem nicht.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin – Brandenburg

Das LAG Berlin – Brandenburg (Urteil vom 30.09.20111 – 6 Sa 1629/11) hatte sich mit einem ähnlichen Fall zu beschäftigen und kam zum Ergebnis, dass eine Feststellungsklage auf Feststellung des Bestehens einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen im jeweiligen Kalenderjahr zulässig ist und diesbezüglich ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Gleichwohl kam das Landesarbeitsgericht aber zum Ablehnen des Anspruches, da dieser nicht begründet war, was aber nichts an der grundsätzlichen Zulässigkeit der Feststellungsklage ändert.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg führte dazu aus:

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse an alsbaldiger richterlicher Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf restliche 22 Urlaubstage aus 2010 als Teil ihres Arbeitsverhältnisses zum Beklagten. Auf eine Leistungsklage brauchte sich die Klägerin nicht verweisen zu lassen. Eine Klage auf Gewährung von Urlaub während eines bestimmten Zeitraums wäre auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet, die gemäß § 894 ZPO erst mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben gölte, was bei längerer Dauer des Rechtsstreits zu wiederholter Anpassung des Antrags zwänge und deshalb nicht prozessökonomisch wäre (BAG, Urteil vom 12.04.2011 – 9 AZR 80/10 – NZA 2011, 1050 R 12 ff.; anders früher Urteil vom 17.11.1983 – 6 AZR 419/80 – juris)

Anwalt A. Martin

Wie viele Tage Urlaub stehen dem Arbeitnehmer beim Umzug zu?

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Wie viele Tage Urlaub stehen dem Arbeitnehmer beim Umzug zu?

Sonderurlaub oder bezahlte Freistellung von der Arbeit; das Kind hat mehrere Namen. Der Arbeitnehmer, der umzieht, fragt sich, ob er nicht einen Anspruch auf Sonderurlaub hat und wenn ja, für wie viele Tage?

Wie so häufig, kommt es bei der Juristerei immer „darauf an“.

Tarifvertrag und Freistellung

In einigen Tarifverträgen ist die Freistellung von der Arbeit expliziert geregelt, so z.B. im TöVD (§ 29). Dort wird beim Umzug des Angestellten 1 Tag frei gegeben. Allerdings ist im TöVD geregelt, dass dies (nur) beim Umzug aus betrieblichen Gründen gelten soll.

Für viele Arbeitnehmer findet aber kein Tarifvertrag Anwendung. Trotzdem hat der TöVD auch für diese eine Bedeutung, da die Rechtsprechung die dortigen Grundsätze häufig auch auf „normale“ Fälle anwendet.

Freistellung durch Arbeitsvertrag

Auch im Arbeitsvertrag können sich Regelungen befinden, die den Anspruch des Arbeitnehmers auf Freistellung regeln. Der Arbeitnehmer kann sich dann direkt auf die arbeitsvertraglichen Bestimmungen berufen.

Freistellung durch die sog. betriebliche Übung

Gewährt der Arbeitgeber 3x vorbehaltlos die Freistellung besteht ein Rechtsanspruch darauf. Die 3x-Regel ist als grobe Faustformel anerkannt.

Freistellung nach § 616 BGB

Der „Auffangtatbestand“  (also, wenn nichts mehr geht)  ist der § 616 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Dieser spielt in der Praxis eine große Rolle. Eine klare Regelung enthält er aber leider nicht.

Dieser lautet:

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.

Hier steht nichts vom Umzug des Arbeitnehmers. Aber die Rechtsprechung hat sich damit auseinandergesetz und meint, dass ein Anspruch auf Freistellung auch beim Umzug vorliegen kann, wenn der Umzug während der Arbeitszeit objektiv notwendig (BAG Urteil vom 25.04.1960 – 1 AZR 16/58) .  Vorstellbar sind hier Fälle von Schichtarbeit oder Montage im Schichdienst mit weiter Anfahrt zur alten Wohnung und zum Umzugsort.

Im Umkehrschluss heißt dies dann natürlich auch, dass alle anderen Arbeitnehmer, die während der Freizeit umziehen können, dies nach Feierabend oder am Wochenende machen müssen und keinen Anspruch auf bezahlte Freistellung haben.

Derjenige, der aber den Umzug nur während der Arbeitszeit erledigen kann, bekommt hierfür im Normalfall 1 Tag Sonderurlaub.

Dabei spielen eine Rolle:

  • Entfernung zur neuen Wohnung
  • normale Arbeitszeit
  • Umfang des Hausstandes
  • Einkommen des Arbeitnehmers

Anwalt Arbeitsrecht Berlin – RA A. Martin