Arbeitsverhältnis
Darf man einen schwerbehinderten Arbeitnehmer in der Probezeit kündigen?
Schwerbehinderte Arbeitnehmer genießen besonderen Kündigungsschutz. Dies ist geregelt ist den §§ 85 ff. des SGB IX . Eine Kündigung eines Schwerbehinderten oder einer gleichgestellten Personen bedarf grundsätzlich der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Man spricht hier vom sogenannten Sonderkündigungsschutz, der außerhalb / bzw. neben dem Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz besteht.
Wann beginnt der Sonderkündigungsschutz eines Schwerbehinderten?
Der Schutz vor einer Kündigung des Arbeitgebers beginnt bei einem schwerbehinderten Arbeitnehmer nicht sofort mit Beginn des Arbeitsverhältnisses.
Dazu regelt § 90 SGB IX :
§ 90 Abs. 1, Satz 1 SGB IX – Ausnahmen
(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten nicht für schwerbehinderte Menschen,
1. deren Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht oder
………………..
Wartezeit/ Probezeit 6 Monate für Kündigungsschutz
Von daher muss zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung beim Schwerbehinderten das Arbeitsverhältnis ohne (rechtliche) Unterbrechung bereits 6 Monate bestanden haben.
Der besondere Kündigungsschutz beginnt also auch hier – wie z.B. bei Kündigungen nach dem Kündigungsschutzgesetz – nach einer bestimmten Wartezeit.
Probezeit = Wartezeit bei Kündigungen gegenüber schwerbehinderten Arbeitnehmern
Der Begriff Probezeit ist hier etwas missverständlich. Mit Probezeit bezeichnet man allgemeinhin die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist zu Beginn des Arbeitsverhältnisses (siehe § 622 I BGB). Die Probezeit kann – aber muss nicht -zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden. In der Regel beträgt diese ebenfalls 6 Monate, so dass – zufällig – mit Ablauf der Probezeit auch der Kündigungsschutz des schwerbehinderten Arbeitnehmers eintritt.
Wartezeitkündigung nach § 90 SGB IX
Die Wartezeit nach § 90 SGB IX hat aber mit der Probezeit nichts zu tun, auch wenn oft diese beiden Zeitspannen zufällig übereinstimmen. Dies soll ein Beispiel verdeutlichen:
Beispiel: Der schwerbehinderte Arbeitnehmer wird am 1.1.2014 vom Arbeitgeber eingestellt. Es wird ein unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen und eine Probezeit von 3 Monaten,also bis zum 1.4.2014 vereinbart. Nach Ablauf der Probezeit ab 1.5.2014 kündigt der Arbeitgeber (Zugang gleicher Tag beim Arbeitnehmer) dem schwerbehinderten Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ordentlich.
Ergebnis: Die Kündigung ist wirksam. Diese erfolgte vor dem Ablauf der 6-monatigen Wartezeit nach § 90 Abs. 1, Satz 1 SGB IX. Dass die Kündigung nach dem Ablauf der Probezeit nach § 622 BGB erfolgte, ist unerheblich. Allein § 90 SGB IX regelt, wann der besondere Kündigungsschutz vor Schwerbehinderte eintritt. Im übrigen greift auch kein allgemeiner Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, da auch dieser an eine Wartezeit von 6 Monaten gehüpft ist.
Rechtsprechung
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil v. 27.08.2010 – 13 Sa 988/10) hatte entschieden, dass der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte erst nach Ablauf der 6-monatigen Wartezeit entsteht. Weiter wurde entschieden, dass die Anzeigepflichtverletzung nach § 90 Abs. 3 SGB IX – wonach der Arbeitgeber die Kündigung dem Integrationssamt anzeigen muss – nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.
Zusammenfassung zum zeitlichen Eintritt des Sonderkündigungsschutzes nach §§ 84 ff. SGB IX
Ein Schwerbehinderter bekommt den besonderen Kündigungsschutz erst nach einer ununterbrochenen Wartezeit von 6 Monaten ab Arbeitsvertragsbeginn.
Anwalt A. Martin
Ist das Abwerben von Kunden durch ehemalige Mitarbeiter zulässig?
Während des bestehenden Arbeitsverhältnis es ist dem Arbeitnehmer grundsätzlich untersagt sich im Wettbewerb mit seinen Arbeitgeber zu setzen. Von daher ist es unzulässig, wenn der Arbeitnehmer während des bestehenden Arbeitsverhältnisses einer Konkurrenztätigkeit nachgeht. Dies gilt selbst dann, wenn sich im Arbeitsvertrag kein ausdrückliches Wettbewerbsverbot befindet.
Wettbewerbsverbot nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Sofern das Arbeitsverhältnis beendet ist, besteht grundsätzlich auch kein Wettbewerbsverbot für den ausgeschiedenen Arbeitnehmer mehr. Eine Ausnahme hiervon besteht dann, wenn ein solches nachvertragliches Wettbewerbsverbot zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart wurde. Diese Vereinbarung muss selbstverständlich wirksam sein. Daran fehlt es, wenn eine so genannte Karenzentschädigung vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer nicht gezahlt wird. Der Arbeitnehmer muss nicht ohne Entschädigung auf den Wettbewerb zum ehemaligen Arbeitgeber verzichten. In vielen Fällen sind entsprechende nachvertragliche Wettbewerbsabreden unwirksam. Ob dies der Fall ist, sollte letztendlich ein Rechtsanwalt überprüfen.
Zu beachten ist aber auch, dass während des bestehenden Kündigungsschutzverfahrens ein Wettbewerbsverbot des Arbeitnehmers besteht.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses und fehlendes Konkurrenzverbot
Ist das Arbeitsverhältnis beendet und fehlt es an einer Vereinbarung über ein Wettbewerbsverbot, so kann sich der Arbeitnehmer grundsätzlich im Wettbewerb zum Arbeitgeber setzen. Er ist nicht an einer Konkurrenztätigkeit gehindert.
Abwerben von Kunden des ehemaligen Arbeitgebers
Das LAG Köln (Urteil vom 18.01.2012 – 9 Ta 407/11) führt dazu aus:
Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses endet gleichzeitig die Pflicht des Arbeitnehmers zur Wettbewerbsenthaltung. Der Arbeitgeber kann sich vor einer nachvertraglichen konkurrierenden Tätigkeit des Arbeitnehmers nur durch die Vereinbarung eines bezahlten und höchstens zwei Jahre befristeten Wettbewerbsverbots nach §§ 74 ff. HGB schützen. Fehlt es an einer rechtswirksamen Wettbewerbsabrede, kann der Arbeitnehmer wie jeder Dritte zu seinem ehemaligen Arbeitgeber in Wettbewerb treten. Hierbei kann er sein im Arbeitsverhältnis erworbenes Erfahrungswissen einschließlich der Kenntnis von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen einsetzen und in den Kundenkreis des Arbeitgebers eindringen.
Eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht sowie eine allgemeine nachvertragliche Treueplicht begründen deshalb für den Arbeitgeber regelmäßig keinen Anspruch gegen den ehemaligen Arbeitnehmer auf Unterlassung von Wettbewerb. Ein solcher Anspruch ergibt sich wegen der demArbeitnehmer gesetzlich gewährleisteten Wettbewerbsfreiheit – vom Fall des wirksamen Wettbewerbsverbots abgesehen – nur nach den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz vor unlauterem Wettbewerb,§ 1 UWG, §§ 823, 826 BGB.
Das heißt, dass im Normalfall der Arbeitnehmer auch Kunden des ehemaligen Arbeitgebers abwerben darf. Nur in Ausnahmefällen ist dies nicht zulässig.
Ausnahmen von der „Abwerbefreiheit“
Solche Ausnahmen können z.B. sein:
- Verwendung von rechtswidrig beschafften Kundenlisten
- Verleitung zum Vertragsbruch
In der Praxis für ein solches wettbewerbswidriges Verhalten des ehemaligen Mitarbeiters der Arbeitgeber – sofern er hier Ansprüche geltend machen möchte – darlegungs- und beweislastpflichtig. Dies ist häufig für den Arbeitgeber recht schwierig. Es muss z.B. im Fall rechtswidrig erlangter Kundenlisten neben der rechtswidrigen Erlangung auch nachweisen, dass der ehemalige Arbeitnehmer auch tatsächlich diese Kundendaten verwendet hat.
RA A. Martin
BAG: kein Arbeitsvertrag zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher bei ihm nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung
Über die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Baden-Württemberg zur Frage, ob eine nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung dazu führt, dass zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis zu Stande kommen, wenn der Arbeitgeber (Verleiher) den Arbeitnehmern nicht nur vorübergehend überlässt, hatte ich bereits berichtet. Grundlegend hatte das LAG B-W dazu im Jahr 2012 entschieden (11 SA 24/12).
nicht nur vorübergehende Überlassung
Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass dies nicht dazu führt, dass der Leiharbeitnehmer faktisch zum Arbeitnehmer des Entleihers wird und zwischen beiden ein Arbeitsverhältnis zu Stande kommen. Diese Rechtsfolge sieht das Bundesarbeitsgericht nur, so wie dies das Gesetz auch vorgibt, wenn der Verleiher keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzt.
In seiner Pressemitteilung für das BAG (Urteil vom 10. Dezember 2013 – 9 AZR 51/13 -) dazu folgendes aus:
Besitzt ein Arbeitgeber die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zu überlassen, kommt zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher kein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers entgegen der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergehend erfolgt. § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fingiert das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich bei fehlender Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet. Das Unionsrecht gibt kein anderes Ergebnis vor. Die Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (Leiharbeitsrichtlinie) sieht keine bestimmte Sanktion bei einem nicht nur vorübergehenden Einsatz des Leiharbeitnehmers vor. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Leiharbeitsrichtlinie überlässt die Festlegung wirksamer, angemessener und abschreckender Sanktionen bei Verstößen gegen Vorschriften des AÜG den Mitgliedstaaten. Angesichts der Vielzahl möglicher Sanktionen obliegt deren Auswahl dem Gesetzgeber und nicht den Gerichten für Arbeitssachen.
Gerade bei der Zeitarbeit ist derzeit viel in Bewegung. Die Entscheidung des BAG schließt eine lang diskutierte Unsicherheit der Branche. Leider erfolgen viele Arbeitnehmerüberlassung eben nicht nur vorübergehend, sondern gezielt um einen tatsächlichen Bedarf dauerhaft zu bedienen. Es sind aber noch viele andere Rechtsfragen vom BAG zur Zeitarbeit zu entscheiden, so dass es auch in der Zukunft interessant bleibt.
RA A. Martin
LAG Schleswig-Holstein: erweiterte Anhörung des Betriebsrates bei Diebstahlsverdacht
Eine Mitarbeiterin eines Schwimmbades wurde beschuldigt Fundsachen der Badegäste gestohlen zu haben. Der Arbeitgeber sprach eine fristlose Kündigung und hilfsweise eine ordentliche Kündigung aus.
Nach der Anhörung der Arbeitnehmerin wurden noch zwei weitere Kündigungen und zwar Verdachtskündigungen (einmal fristlos und einmal ordentlich) durch den Arbeitgeber ausgesprochen.
Vor jeder Kündigung wurde der Betriebsrat angehört. Der Arbeitgeber informiert allerdings den Betriebsrat nicht über den bisherigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses, insbesondere nicht darüber, dass das bisherige Arbeitsverhältnis „störungsfrei“ verlaufen ist.
Ob der Diebstahl begangen wurde, war zwischen den Parteien streitig.
Die Arbeitnehmerin erhob gegen die Kündigungen Kündigungsschutzklage und gewann vor dem Arbeitsgericht Neumünster. Die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes durch den Arbeitgeber blieb ohne Erfolg.
LAG Schleswig-Holstein
Das LAG (Aktenzeichen: 2 Sa 305/11 – Verkündet am 10.01.2012) führte dazu aus:
Keinem von beiden Schreiben kann entnommen werden, ob die Beklagte eine Interessenabwägung vorgenommen hat und welches Ergebnis diese hatte. Der Arbeitgeber ist gehalten, dem Betriebsrat den bei Einleitung des Anhörungsverfahrens vorhandenen Kenntnisstand mitzuteilen. Dazu gehören auch entlastende Umstände bei 10
Pflichtwidrigkeiten des Arbeitnehmers (Fitting, Rn. 24 zu § 102 BetrVG). Im Hinblick
auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.06.2010 (2 AZR 541/09 –
DB 2010,2395) ist auch im Fall einer strafbaren Handlung des Arbeitnehmers vom
Arbeitgeber eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung und Interessenabwägung dahingehend vorzunehmen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz der eingetretenen Vertrauensstörung zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, lassen sich
nicht abschließend festlegen. Jedenfalls gehören hierzu die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen – störungsfreier – Verlauf. Hat das Arbeitsverhältnis über viele
Jahre hinweg ungestört bestanden, ist eine genaue Prüfung dahingehend vorzunehmen, ob die sich dadurch verfestigte Vertrauensbeziehung durch eine erstmalige Enttäuschung des Vertrauens vollständig und unwiederbringlich zerstört werden konnte.
Die Entscheidung ist deshalb interessant, da hier Bezug genommen wird auf die Emmely- Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes und wieder die Begriffe „Vertrauenskapital“ und „störungsfreier Verlauf“ eine Rolle spielen. Zukünftig sollte von daher der Arbeitgeber bei Straftaten oder bei Bestehen eines Verdachtes einer Straftat durch den Arbeitnehmer auch umfassend über den bisherigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses dem Betriebsrat informieren.
Anwalt Martin
Aufhebungsvertrag in der Probezeit
Die Probezeit im Arbeitsverhältnis ermöglicht es dem Arbeitgeber einen Arbeitnehmer „zu testen“ und auch der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit sich bei Nichtgefallen schneller vom Arbeitgeber zu lösen. In der Regel beträgt die Probezeit maximal 6 Monate und kann nur in Ausnahmefällen verlängert werden (z.B. bei Erkrankung des Arbeitnehmer in der Probezeit).
Kündigung während der Probzeit
Die außerordentliche Kündigung ist während der Probezeit immer möglich, wie im gesamten Arbeitsverhältnis auch. Ordentlich kann der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ebenfalls kündigen, es sei denn es besteht besonderer Kündigungsschutz auf Seiten des Arbeitnehmers (z.B. Schwangerschaft).
Aufhebungsvertrag in der Probezeit – weshalb?
Für den Arbeitnehmer ist der Abschluss eines Aufhebungsvertrages im Arbeitsverhältnis in der Regel immer mit der Gefahr verbunden,dass er – bei anschließender Arbeitslosigkeit – eine Sperre vom Arbeitsamt bekommt, da er faktisch freiwillig seinen Arbeitsplatz aufgegeben hat. Dies gilt während der Probezeit auch auch – um so mehr – während des „normalen“ Arbeitsverhältnisses. Von daher sollte die Entscheidung gut überlegt sein. Es macht fast immer Sinn einen Rechtsanwalt vorher einzuschalten, zumindest für eine Beratung.
Aufhebungsvertrag zur Erweiterung / Verlängerung der Probezeit?
Sieht der Arbeitgeber die Probezeit als nicht bestanden an, so wird er in der Regel das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung beenden. Der Arbeitnehmer hat in der Regel auch keine Chance sich gegen die formal wirksame Kündigung zu wehren, da der allgemeine Kündigungsschutz erst nach Ablauf von 6 Monaten eintritt (neben den weieren Voraussetzungen des KSchG); es sei denn es besteht besonderer Kündigungsschutz (z.B. Schwangerschaft).
Weitere Chance für den Arbeitnehmer durch Aufhebungsvertrag?
Will dem Arbeitnehmer aber den Arbeitnehmer eine weitere Bewährungschance einräumen, lässt sich eine faktische Verlängerung der Probezeit dadurch erreichen, dass der Arbeitsvertrag mit einer längeren Frist aufgehoben und dem Mitarbeiter für den Fall der Bewährung die Wiedereinstellung zugesagt wird. Eine Verlängerung der Probezeit – auch einvernehmlich – mit den Arbeitnehmer über 6 Monate hinaus, ist für den Arbeitgeber immer riskant, denn es kann gut sein, dass diese Vereinbarung später vom Arbeitsgericht für unwirksam gehalten wird. Die Chancen dafür stehen gut, denn die Verlängerung über 6 Monate hinaus ist eben der absolute Ausnahmefall.
Statt einer Probezeitkündigung kann der Arbeitgeber also mit dem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag mit Auslauffrist vereinbaren, die zu einem überschaubaren Zeitpunkt nach Ablauf der regulären Kündigungsfrist endet. Ganz risikolos ist dies auch nicht, denn wenn die Auslauffrist zu lang ist, wird man den Arbeitgeber unterstellen, dass er faktisch die Regelungen über die Probezeit /Befristungskontrolle umgehen will.
Anwalt – A. Martin
Woher weiß ich, dass auf mein Arbeitsverhältnis ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag Anwendung findet?
In Deutschland gibt es ungefähr 73.000 Tarifverträge. Von diesen 73.000 Tarifverträgen sind ungefähr 476 allgemeinverbindlich. Viele Arbeitnehmer wissen nicht, dass auf ihr Arbeitsverhältnis gegebennenfalls ein Tarifvertrag Anwendung findet. Dies ist allerdings sehr wichtig. Findet ein Tarifvertrag Anwendung, gibt es eine Vielzahl von Regelungen, welche Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber zu beachten haben. Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag findet auf das Arbeitsverhältnis ohne nähere Einbeziehung automatisch Anwendung. Dies gilt auch dann, wenn weder der Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber in einer Gewerkschaft beziehungsweise Arbeitgebervereinigung sind.Für Arbeitnehmer stellt sich nun die Frage, wo man diese allgemein verbindlichen Tarifverträge finden kann.
Hinweis im Arbeitsvertrag?
Der Arbeitgeber ist verpflichtet im Arbeitsvertrag auf bestehende Tarifverträge hinzuweisen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Nachweisgesetz (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Nachweisgesetz). Weistt der Arbeitgeber auf bestehende Tarifverträge, welche Anwendung finden, nicht hin, kann dies einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers auslösen, wenn dieser zum Beispiel Ausschlussfristen aus dem Tarifvertrag versäumt.
Suche nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag
Wird der Tarifvertrag im Arbeitsvertrag nicht bezeichnet, muss der Arbeitnehmer selbst nach den entsprechenden Tarifverträgen suchen. Eine Hilfe bietet hierbei das Bundesministerium für Arbeit und Soziales an. Auf der Internetseite des Bundesministeriums kann man eine Liste -geordnet nach Branchen-der derzeit gültigen allgemein verbindlichen Tarifverträge in Deutschland finden.
Die Liste über die derzeit gültigen allgemeinverbindlichen Tarifverträge finden Sie hier.
Anwalt Martin – Rechtsanwalt Berlin
BAG: Wettbewerbsverbot im gekündigten – aber noch nicht beendeten – Arbeitsverhältnis
Es kommt häufiger vor, dass sich im Arbeitsverträgen diverse Klauseln befinden, die es dem Arbeitnehmer untersagen bei Konkurrenzfirmen tätig zu werden. Diese Klauseln sind aber manchmal unwirksam, da viele Arbeitgeber häufig über das Ziel hinausschießen und dem Arbeitnehmer – ohne Karenzentschädigung – zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot verpflichten wollen, was unzulässig ist. Aber selbst, wenn im Arbeitsvertrag nichts geregelt ist, so besteht in der Regel ein Verbot (aus Treu und Glauben) des Arbeitnehmers während des bestehenden Arbeitsverhältnis bei der Konkurrenz zu arbeiten (innervertragliches Wettbewerbsverbot). Dies leuchtet ein.
Gilt dies aber auch noch, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt hat und der Arbeitnehmer sich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage wehrt?
Konkurrenztätigkeit im Kündigungsschutzverfahren
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich bereits mit mehreren solchen Fällen auseinandergesetzt. Das BAG geht auch im Kündigungsschutzverfahren – also, wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Wirksamkeit einer Kündigung streiten – von einem innervertraglichen Wettbewerbsverbot des Arbeitnehmers aus.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 28.1.2010, 2 AZR 1008/08) führt dazu aus:
Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt(st. Rspr., Senat 26. Juni 2008 – 2 AZR 190/07 – Rn. 15 mwN, AP BGB § 626 Nr. 213 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 21). Die für Handlungsgehilfen geltende Regelung des § 60 Abs. 1 HGB konkretisiert einen allgemeinen Rechtsgedanken.
Dem Arbeitnehmer ist aufgrund des Wettbewerbsverbots nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt. Ihm ist ebenso wenig gestattet, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen.
Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses. Deshalb darf ein Arbeitnehmer grundsätzlich auch nach Ausspruch einer von ihm gerichtlich angegriffenen außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers keine Konkurrenztätigkeit ausgeübt haben, wenn die Kündigung sich später als unwirksam herausstellt. Er ist in der Regel auch während des Kündigungsschutzprozesses an das vertragliche Wettbewerbsverbot gebunden(Senat 25. April 1991 – 2 AZR 624/90 – AP BGB § 626 Nr. 104 = EzA BGB § 626 nF Nr. 140). Dies gilt unabhängig davon, ob eine Karenzentschädigung angeboten (aA LAG Köln 4. Juli 1995 – 9 Sa 484/95 – zu II der Gründe, AP HGB § 75 Nr. 9; APS/Dörner 3. Aufl. § 1 KSchG Rn. 325) oder er vorläufig weiterbeschäftigt wird (aA MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 626 BGB Rn. 124).
Ob das Wettbewerbsverbot im gekündigten Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht gleich weit reicht wie in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin jedenfalls durch die Weitergabe der persönlichen Daten von Patienten an die Firma „S“ ihre Vertragspflichten schuldhaft verletzt hat(§ 241 Abs. 2 BGB). Auf diese Weise hat sie nicht lediglich ihre Arbeitskraft verwertet, sondern die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Beklagten unmittelbar gefährdet.
Im Ergebnis bejaht das BAG das bestehende Wettbewerbsverbot auch im gekündigten Arbeitsverhältnis für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses. Trotzdem führt nicht ein jeder Verstoß zum Recht des Arbeitgebers auf außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses (welches dann im Kündigungsschutzprozess ausgeübt werden kann, z.B. durch eine Schriftsatzkündigung).
Im vorliegendem Fall hielt es das BAG aber für ausreichend, dass eine ehemalige Pflegedienstmitarbeiterin nach der Kündigung (und vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses) die Daten der ehemaligen Patienten an ein Konkurrenzunternehmen weitergeleitet hatte.
Bei einer außerordentlichen Kündigung ist auch immer (hier von Seiten des Arbeitgebers) an die 2-Wochenfrist des §626 II BGB zu denken!
Rechtsanwalt Martin
BAG: Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bei Leiharbeit im Verhältnis Entleiher – Arbeitnehmer?
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für einen Leiharbeiter eröffnet ist, der einen Anspruch gegen den Entleiher auf einer Entschädigung nach dem AGG hatte, also nicht zwischen dem Leiharbeiter und dem Verleiher!
Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten – Leiharbeit
Der Rechtsweg ist zu den Arbeitsgerichten eröffnet, wenn es sich um eine Streitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis handelt. Das Bundesarbeitsgericht bejahte hier die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Nr. 1 a /b ArbGG und führte dazu aus:
„Das gilt in gleicher Weise für Streitigkeiten zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher, die ihren Ursprung in der Arbeitnehmerüberlassung haben. Werden dem Entleiher wesentliche Arbeitgeberfunktionen vom Verleiher übertragen, so muss dieser gespaltenen Arbeitgeberstellung bei der Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen Rechnung getragen werden. Ergeben sich bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher aus dem Leiharbeitsverhältnis, ist nach Sinn und Zweck der Zuständigkeitsnorm des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet (hM: GMP/Matthes/Schlewing ArbGG 7. Aufl. § 2 Rn. 52; Schwab/Weth/Walker ArbGG 3. Aufl. § 2 Rn. 85; GK-ArbGG/Schütz Stand Dezember 2010 § 2 Rn. 72b; LAG Hamburg 24. Oktober 2007 – 4 Ta 11/07 – für einen Auskunftsanspruch nach § 13 AÜG; LAG Hamm 4. August 2003 – 2 Ta 739/02 – EzAÜG BGB § 611 Haftung Nr. 11, für einen Schadensersatzanspruch des Entleihers; aA ErfK/Koch § 2 ArbGG Rn. 16). Ebenso sind die Arbeitsgerichte zuständig bei unerlaubten Handlungen zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher, soweit sie mit dem Leiharbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen, § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d ArbGG.“
Das BAG stellt also darauf ab, dass der Entleiher – wie fast immer – rein faktisch wesentliche Arbeitgeberfunktionen ausübt und sich von daher daran festhalten lassen muss.
Kündigungsfristen und Dauer des Arbeitsverhältnisses
Die Kündigungsfristen spielen bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber oder auch bei der Arbeitnehmerkündigung immer eine Rolle. Eine Regelung der gesetzlichen Kündigungsfristen befindet sich in § 622 BGB. Diese Regelung stellt auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses ab. Dies scheint doch recht eindeutig zu sein. Übersehen wird dabei, dass auch – zugegeben in nur wenigen Fällen – die Beschäftigungszeiten aus vormaligen Arbeitsverhältnissen mit dem Arbeitgeber berücksichtigt werden können. In diesem Fall können sich meist andere/ längere Kündigungsfristen für die Arbeitnehmer ergeben, was ein erheblicher Vorteil für den Arbeitnehmer sein kann.
Dauer des Beschäftigungsverhältnisses
Für die Berechnung der Kündigungsfristen im Arbeitsrecht ist die Dauer der Beschäftigung beim Arbeitgeber zu berücksichtigen. In der Regel ist dies mit dem letzten Arbeitsverhältnis gleichzusetzen, wovon auch fast alle Arbeitnehmer ausgehen. Dies muss aber nicht zwingend immer der Fall sein. Es sind auch Fälle denkbar, bei denen vorherige Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen sind.
Anrechnung von vorherigen Arbeitsverhältnissen
Vorherige Arbeitsverhältnisse beim gleichem Arbeitgeber können unter bestimmten Bedingungen bei der Berechnung der Kündigungsfrist eine Rolle spielen. Eine solche Berücksichtigung kann möglich sein, wenn zwischen dem aktuellen und den vorrangegangenen Arbeitsverhältnis ein enger sachlicher Zusammenhang besteht.
sachlicher Zusammenhang und Dauer der Unterbrechung
Weniger problematisch sind die Fälle, bei denen faktisch zwei Arbeitsverhältnisse zeitlich ineinander übergehen und keine zeitliche Unterbrechung vorgelegen hat. Wenn hier ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Arbeitsverhältnissen besteht, dann ist bei der Dauer der Beschäftigung der gesamte Zeitraum beider Arbeitsverhältnisse zur berücksichtigen.
Häufiger sind aber Arbeitsverhältnisse, die zeitlich unterbrochen sind. Also der Arbeitgeber kündigt und beschäftigt dann aber den Arbeitnehmer z.B. zwei Monate später wieder zu gleichen oder ähnlichen Bedingungen. Solche Fälle kommen in der Landwirtschaft und auch auf dem Bau häufig vor. Hier verlangt die Rechtsprechung einen sachlichen Zusammenhang – wie oben – aber auch keine lange Unterbrechung. Je länger die Unterbrechung ist, desto höher sind die Anforderungen an den sachlichen Zusammenhang.
Lange Unterbrechungen sind meist problematisch. Die Zeitdauer, die noch gerade zulässig ist, ist schwer zu bestimmen. Eine Unterbrechung für die Dauer der Schulferien im Sommer (2 Monate) wurde vom BAG noch als zulässig angesehen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG 22.09.2005, NZA 2006, 429) hat aber bereits entschieden, dass eine Unterbrechung von 5 Monaten bereits zu lang ist, um berücksichtigungsfähig zu sein, egal, auch wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Arbeitsverhältnissen besteht.
Von daher ist die Grenzziehung hier schwierig. Jedenfalls kann man sagen, dass jeder Unterbrechung die länger als einige Wochen ist, problematisch sein dürfte.