PKH

Prozesskostenhilfe und Schriftform

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Prozesskostenhilfe und Schriftform
PKH

Prozesskostenhilfe im Arbeitsgerichtsverfahren

Die Prozesskostenhilfe spielt im Arbeitsrecht eine nicht unerhebliche Rolle. Es kann nämlich vorkommen, dass der Arbeitnehmer zum Beispiel eine Lohnklage einreichen möchte, allerdings die Einschaltung eines Rechtsanwaltes hier wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre. Zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer den Anwalt selbst bezahlen müsste . Vor dem Arbeitsgericht gilt nämlich die Regelung, dass außergerichtlich und in der ersten Instanz jede Partei, also Arbeitnehmer und Arbeitgeber, immer die eigenen Kosten selbst zu tragen haben (§ 12 Abs. 1a ArbGG). Dies gilt unabhängig davon, ob der Prozess gewonnen oder verloren wird.

Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung

Bei der Prozesskostenhilfe muss man unterscheiden zwischen der Prozesskostenhilfe, die letztendlich nur die Frage betrifft, ob die Gerichtskosten selbst zu tragen sind und der Beiordnung eines Rechtsanwalts. Bei der Beiordnung geht es darum, ob dem Arbeitnehmer nicht nur die Gerichtskosten zunächst erlassen werden, sondern ob er auch die Hilfe eines Rechtsanwalts auf Staatskosten in Anspruch nehmen kann. Dies sind zwei verschiedene Fragen, auch wenn man in der Praxis oft selbstverständlich davon ausgeht, dass bei der Gewährung von Prozesskostenhilfe auch ein Anwalt beigeordnet wird. Dies ist eben nicht immer der Fall.

Darlehen des Staates

Darüber hinaus kann die Prozesskostenhilfe auch als Ratenzahlung gewährt werden und die Gewährung von Prozesskostenhilfe heißt noch lange nicht, dass der Staat dem Bedürftigen das Geld schenkt, sondern dies ist eher als eine Art Darlehen zu verstehen. Der Arbeitnehmer bzw. die bedürftige Person, denn auch ein Arbeitgeber kann Prozesskostenhilfe für ein Arbeitsgerichtsverfahren bekommen, muss bis zu vier Jahre nach Abschluss des Verfahrens jedes Jahr wenigstens einmal ein Auskunft über sein Einkommen erteilen und es kann im Nachhinein dann die Gewährung der Prozesskostenhilfe aufgehoben werden mit der Folge, dass die Kosten dann zu zahlen sind.

Finanzierung von Lohnklagen und Kündigungsschutzklage

Wenn also der Arbeitnehmer eine Lohnklage über 1000 € brutto erheben möchte, dann macht die Erhebung über ein Rechtsanwalt kaum Sinn, da die Anwaltskosten hier vom Arbeitnehmer selbst zu tragen sind, auch wenn der Arbeitgeber ohne Grund den Lohn einfach nicht gezahlt hat. Auch bei einer Kündigungsschutzklage kommt nicht selten der Gedanke, diese über Prozesskostenhilfe zu finanzieren.

Prozesskostenhilfe – Gewährung durch das Gericht

Hier stellt sich dann die Frage, ob gegebenfalls das Arbeitsgerichtsverfahren über Prozesskostenhilfe finanziert werden soll. Dies gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer nicht über ausreichend wirtschaftliche Mittel verfügt, Einkommen/Vermögen, um den Arbeitsgerichtsprozess selbst zu finanzieren.

Voraussetzungen für die Gewährung der PKH

Für die Gewährung von Prozesskostenhilfe müssen von daher drei Voraussetzung vorliegen:

  1. Schlechte wirtschaftliche Verhältnisse
  2. Keine Mutwilligkeit
  3. Erfolgsaussichten

keine Anwaltsbeiordnung in einigen Fällen

Zu beachten ist aber, dass gerade im Arbeitsgerichtsverfahren, hier kann ich aus Erfahrung im Bezug auf das Arbeitsgericht Berlin jedenfalls sprechen, keine Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung erfolgt, wenn es sich um eine einfache Lohnklage handelt und der Arbeitnehmer auch eine Lohnabrechnung des Arbeitgebers hat und der Arbeitgeber einfach den unstreitigen Lohn nicht zahlt. Hier bekommt selbst die mittellose Partei-zumindest beim Arbeitsgericht Berlin-keinen Rechtsanwalt im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet. Der Hintergrund ist der, dass der Arbeitnehmer über die Rechtsantragstelle beim Arbeitsgericht die Prozesse selbst einleiten kann, da er dort Hilfe bei der Klageerhebung bekommen. Zwar findet keine Rechtsberatung statt, diese dürfte aber in solchen Fällen auch nicht notwendig sein, denn es ja ganz klar, welcher Lohn hier geltend zu machen ist.

Einkommensverhältnisses

Für die Gewährung von Prozesskostenhilfe vor dem Arbeitsgericht ist erforderlich, dass ein entsprechender Antrag gestellt wird. Diesen Antrag kann der Arbeitnehmer selbst stellen oder auch ein Rechtsanwalt. Der Arbeitnehmer muss seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber dem Gericht erklären. Dazu ist ein entsprechender Vordruck vom Arbeitnehmer komplett auszufüllen und beim Gericht einzureichen. Nur so kann der Arbeitnehmer glaubhaft machen, dass er aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage ist die Kosten des Verfahrens selbst zu tragen.

Formularerklärung

Er stellt sich dann die Frage, ob die entsprechende Erklärung, also das Formular, vom Arbeitnehmer zu unterzeichnen ist. Bisher ist man in der Regel davon ausgegangen, dass dies erforderlich ist. Der Arbeitnehmer unterschreibt die entsprechende Formularerklärung und gleichzeitig gibt er damit auch eine eidesstattliche Versicherung ab, dass sie Angaben vollständig und wahrheitsgemäß sind. Von daher haben die Gerichte in der Vergangenheit darauf geachtet, dass die entsprechenden Erklärungen auch unterschrieben waren.

Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm

Nun gibt es eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Hamm (Beschluss vom 6.12.2021 – 14 Ta 410/21), wonach es nicht zwingend erforderlich ist, dass sowohl der Antrag auf Prozesskostenhilfe als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unterschrieben sein müssen.

Sachverhalt

Beim Fall des Landesarbeitsgerichtes Hamm reichte ein Rechtsanwalt per Computer Fax ein Prozesskostenhilfegesuch beim Arbeitsgericht ein, wobei weder der Prozesskostenhilfeantrag des Anwalts für seine Mandanten als auch die PKH-Erklärung unterschrieben waren.

Beschluss des LAG Hamm

Trotz alledem hier das Landesarbeitsgericht dies für ausreichend und führte dazu aus:

Ein Prozesskostenhilfeantrag, der nicht zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt, sondern schriftlich gestellt wird (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO), muss vom Antragsteller unterschrieben und mit der Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben versehen werden (vgl. BGH 4. Mai 1994 – XII ZB 21/94 – juris, Rn. 8).

Dieser Anforderung ist hinsichtlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse genügt, wenn feststeht, dass diese von der Partei stammt. § 117 Abs. 2 ZPO verlangt auch in der seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts im Jahre 2013 geltenden Fassung nicht, dass die Erklärung, um wirksam zu sein, eigenhändig unterschrieben sein muss und im Original vorgelegt wird (vgl. BGH 10. Juli 1985 – IVb ZB 47/85 – juris, Rn. 3). Ein solches Erfordernis stellt auch die PKHVordruckVO vom 22. Januar 2014 nicht auf (vgl. LAG Schleswig-Holstein 17. Mai 2017 – 6 Ta 67/17 – juris, Rn. 14). Ein vollständig ausgefüllter Erklärungsvordruck kann auch in Form eines elektronischen Dokuments mit eingescannter Unterschrift vorgelegt werden, wenn die Erklärung unzweifelhaft vom Antragsteller stammt und er zu seinen Angaben steht (Sächsisches LAG 25. Oktober 2018 – 4 Ta 52/18 (8) – juris, Rn. 18).

Es entspricht im Übrigen der langjährigen Entwicklung der Rechtsprechung, dem technischen Fortschritt auf dem Gebiet der Telekommunikation Rechnung zu tragen und die Übermittlung bestimmender Schriftsätze auch durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts zuzulassen. Entspricht bei einem solchen Computerfax ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen, so ist die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, dass seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht ist, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen kann. Auch der Wille, einen solchen Schriftsatz dem Gericht zuzuleiten, kann in aller Regel nicht ernsthaft bezweifelt werden (vgl. Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes 5. April 2000 – GmS-OGB 1/98 – juris, Rn. 15 f.; ebenso BVerfG 4. Juli 2002 – 2 BvR 2168/00 – juris, Rn. 20 ff.). Insoweit ist zu beachten, dass ein Computerfax wie auch das Telefax kein im Sinne des § 46c ArbGG elektronisches, sondern weiterhin – nach Ausdruck – ein schriftliches Dokument ist und dementsprechend keiner elektronischen Signatur bedarf.

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer einen formgerechten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingereicht, indem er unter Hinweis auf die gewählte Übertragungsform („Computerfax“) die fehlende eigenhändige Unterzeichnung erklärte. Im Übrigen sind keine Zweifel ersichtlich, dass Antrag und Erklärung nicht vom Antragsteller stammen.

LAG Hamm, Beschluss vom 6.12.2021 – 14 Ta 410/21

Anmerkung:
Die Entscheidung ist interessant. Insbesondere deshalb, dann wahrscheinlich nun vermehrt Prozesskostenhilfegesuche mit der Prozesskostenhilfe_Erklärung als Anlage über das besondere elektronische Anwaltspostfach bei den Gerichten eingereicht werden. Nach der obigen Entscheidung reicht es aus, wenn klar ist, dass der Mandant die Erklärung ausgefüllt hat.


Urteile zur Prozesskostenhilfe

  1. BAG: PHK-Erklärung zu spät eingereicht – kein Anspruch auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe.
  2. LAG München: Aufhebung der Prozesskostenhilfe bei nicht mitgeteilter Adressänderung und höheres Einkommen!
  3. BAG: Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung bei nicht unverzüglichen Mitteilung eines Anschriftswechsels oder einer wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage nur bei Absicht oder grober Nachlässigkeit zulässig
  4. LAG Rheinland-Pfalz : Prozesskostenhilfe und Verbraucherinsolvenzverfahren
  5. LAG Berlin-Brandenburg: Unwahre Angaben im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

LAG Rheinland-Pfalz : Prozesskostenhilfe und Verbraucherinsolvenzverfahren

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Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 27.4.2016 – 7 Ta 53/16) hat entschieden, dass allein die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens des Arbeitnehmers/ Antragstellers nicht automatisch dazu führt, dass ratenfreie Prozesskostenhilfe für eine Arbeitsgerichtsverfahren zu gewähren ist. Auch hier kann eine Ratenzahlungsanordnung erfolgen. Allerdings kann hier lediglich der monatlich unpfändbare Betrag des Einkommens zugrund gelegt werden, wenn die Ratenhöhe berechnet wird.

Die Entscheidung ist nachvollziehbar. Es kommt immer auf das tatsächlich zur Verfügung stehende Einkommen des Antragstellers bei der Gewährung des Prozesskostenhilfe an.

In der Praxis wird auch häufig danach gefragt, ob allein das Bestehen von Verbindlichkeiten (Schulden) zur Gewährung der Prozesskostenhilfe führt. Schulden werden aber nur berücksichtigt, wenn diese tatsächlich getilgt werden (oder monatlich vollstreckt werden) , da diese ja nur dann das monatliche Einkommen verringern.

Rechtsanwalt Andreas Martin

LAG Berlin-Brandenburg: Unwahre Angaben im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren

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Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte sich mit folgendem Fall zu beschäftigen:

Ein Berliner Rechtsanwalt erhob für seine Mandanten Klage gegen den Arbeitgeber und verlangte noch nicht gezahltes Arbeitsentgelt. Zuvor hatte er gegen den Arbeitgeber für seine Mandantin Kündigungsschutzklage eingereicht und das Verfahren durch einen Vergleich beendet. In diesem Verfahren ( Kündigungsschutzverfahren) hatte der Anwalt für seine Mandantin Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung beantragt. Bereits hier gab es schon Unklarheiten, insbesondere wurden die Kontoauszüge unkenntlich gemacht. Die Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts wurde allerdings gewährt.

In den Verfahren auf Lohnklage beantragt Rechtsanwalt für seine Mandantin ebenfalls Prozesskostenhilfe, er reichte dazu aber keine neue Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Mandanten ein, sondern verwies auf die ursprüngliche Erklärung, dem Kündigungsschutzverfahren von seiner Mandantin abgegeben wurde. Er gab dazu an, dass keine Änderungen eingetreten seien.

Das Arbeitsgericht Berlin forderte die Arbeitnehmerin über ihren Rechtsanwalt auf nochmals die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzureichen. Dies machte dann die Klägerin und es ergab sich zunächst aus der Erklärung, dass die Klägerin mittlerweile ein Kind geboren hatte und sich in Elternzeit befand. Ein Beleg über den Kontostand der Klägerin war nicht beigefügt. Auch gab die Klägerin an, dass sie eine Riesterrente habe.

Das Arbeitsgericht Berlin forderte denRechtsanwalt aus, dass seine Mandantin hier den Kontostand nachweisen und nähere Angaben / Belege zur Riesterrente machen solle. Dies machte dann der Anwalt und es stellt sich heraus,dass ein Guthabenstand von 1.768,85 EUR vorlag, aber keine Riesterrente.

Das Arbeitsrecht Berlin wies den Antrag der Klägerin/Arbeitnehmerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung für die Lohnklage mit der Begründung zurück, dass die Klägerin hier im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren wissentlich falsche Angaben gemacht habe.

Gegen den Beschluss legte der Rechtsanwalt sofortige Beschwerde ein und das Arbeitsgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab und leitete die Akte an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg weiter.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 10.2.2016 10 Ta 85/16) hielt die Beschwerde für zulässig und begründet und führte dazu aus:

In der Sache ist das Beschwerdegericht von einer Verwirkung des Anspruchs auf Prozesskostenhilfe auf Grundlage einer analogen Anwendung des § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ausgegangen. Nach dieser Vorschrift soll das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe im Nachhinein u.a. aufheben, wenn die Antragstellerin im Überprüfungsverfahren absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über ihre persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat. Die Vorschrift des § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO hat vor allem Sanktionscharakter (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2012 – IV ZB 16/12). Daher kann das Gericht die Prozesskostenhilfebewilligung bei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten falschen Angaben des Antragstellers auch dann aufheben, wenn die Bewilligung nicht auf diesen Angaben beruht, sofern die falschen Angaben jedenfalls generell geeignet erscheinen, die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zu beeinflussen. Wird eine bewilligte Prozesskostenhilfe in Anwendung dieser Vorschrift widerrufen, wirkt sich der Sanktionscharakter dahin aus, dass die staatliche Leistung nachträglich entzogen wird und die Antragstellerin zur Erstattung der Kosten und Auslagen herangezogen werden kann.

Würde man den Rechtsgedanken des § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO aber bereits im Bewilligungsverfahren anwenden und Verfahrenskostenhilfe wegen falscher Angaben versagen, ergäbe sich eine deutlich weiter reichende Folge, nämlich dass das beabsichtigte gerichtliche Verfahren überhaupt nicht geführt werden kann, letztendlich also der Zugang zum Rechtsschutz insgesamt versagt oder zumindest erheblich beeinträchtigt wird.

Anmerkung:

Das Landesarbeitsgericht hat hier für die Klägerin entschieden, da es schlichtweg keine Vorschrift gibt, die im PKH-Bewilligkeitverfahren normiert, dass keine Prozesskostenhilfe bei wissentlich unwahren Angaben gewährt wird. Eine solche Vorschrift gibt es nur innerhalb des PKH-Prüfungsverfahrens (also nach der Bewilligung der PKH – meist 1 Jahr später müssen nochmals Angaben gemacht werden).

LAG Berlin-Brandenburg: Privatinsolvenz führt nicht automatisch zur Gewährung von ratenfreier Prozesskostenhilfe!

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Eine Arbeitnehmerin wehrte sich gegen eine Kündigung ihres Arbeitgebers mittels Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Berlin. Gleichzeitig beantragte diese über ihren Rechtsanwalt Prozesskostenhilfe für das Kündigungsschutzverfahren in der ersten Instanz unter Beiordnung ihres Anwalts. Die Arbeitnehmerin/Klägerin hatte bereits zuvor wegen Überschuldung einen Antrag auf Privatinsolvenz gestellt. In der Güteverhandlung schlossen die Parteien einen Vergleich.

Das Arbeitsgericht Berlin gewährte der Klägerin Prozesskostenhilfe allerdings auf Ratenzahlung. Die Ratenhöhe betrug 134 €.

Die Klägerin/Antragstellerin wehrte sich gegen die Ratenzahlungsanordnung des Arbeitsgerichtes im Prozesskostenhilfebeschluss. Sie trug dazu vor, dass sie nicht verstehen könne, weshalb ihr nur Prozesskostenhilfe auf Ratenzahlung gewährt wurde, da sie doch Privatinsolvenz beantragt habe.

Die von der Klägerin eingereichte sofortige Beschwerde gegen die Ratenzahlungsanordnung im Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss blieb vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (27.7.205 10 Ta 1125/15) ohne Erfolg.

Die Beschwerde war unbegründet und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wies darauf hin, dass bei der Frage, ob Prozesskostenhilfe mit oder ohne Ratenzahlung oder gegebenfalls gar nicht gewährt wird, allein die tatsächlichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers ausschlaggebend sind. Daran ändert auch ein gestellter Antrag auf Eröffnung einer Privatinsolvenz/ oder gar die Eröffnung einer Privatinsolvenz nichts. Denn damit ist nicht automatisch gesagt, dass der Antragstellerin/Klägerin weniger Einkommen zur freien Verfügung steht. Es kommt hier allein auf die tatsächlichen Verhältnisse an; und nach diesem war Prozesskostenhilfe nur gegen Ratenzahlung anzuordnen.

Das LAG führte dazu aus:

Auch in Fällen der Insolvenz ist die Bedürftigkeit nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Denn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bedeutet nicht, dass die Betroffene zur Aufbringung der Prozesskosten nicht in der Lage ist. Der Schuldnerin verbleibt nämlich angesichts der im Gesetz festgeschriebenen Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen von ihrem Einkommen ein Betrag, der vom Insolvenzverfahren nicht erfasst wird und deshalb – nach Abzug der in § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO genannten berücksichtigungsfähigen Ausgaben – zum Bestreiten der Prozesskosten einzusetzen ist (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23. September 2009 – 6 Ta 153/09, Kammergericht, Beschluss vom 7. September 2007 – 17 W 10/07 – NJOZ 2008, 533).

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

LAG Hessen: Prozesskostenhilfe- auch regelmäßige Überstunden zählen als prägendes Einkommen des Antragstellers

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Das Landesarbeitsgericht Hessen (Beschluss vom 30.12.2014 – 1 Ta 589/149) hat in einem Beschwerdeverfahren über Prozesskostenhilfebewilligung entschieden, dass bei der Ermittlung des erzielten Monatseinkommens des Antragstellers (PKH bekommen nur Antragsteller, die bedürftig sind und den Prozess von daher nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können) auch eine Überstundenvergütung zu berücksichtigen ist, wenn diese regelmäßig anfällt. Diese wäre dann dem Grundeinkommen hinzuzurechnen.

Anmerkung:
Vielen Gerichtsverfahren vor den Arbeitsgerichten – so auch in Berlin vor dem Arbeitsgericht Berlin – werden über Prozesskostenhilfe finanziert. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer (aber auch für Arbeitgeber besteht diese Möglichkeit, wenn auch dies in der Praxis selten vorkommt) aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse den Prozess nicht aus eigenen Mitteln finanzieren kann, dass Erfolgsaussichten bestehen und keine Mutwilligkeit vorliegt.

Dazu muss der Antragsteller ein Formular ausfüllen (welches Sie PKH Formular finden) und in diesem Formular angeben, wie hoch sein monatliches Einkommen ist. Die ist auch zu belegen; beim Arbeitnehmer eben durch den letzten Lohnzettel.

Wenn auf dieser Lohnabrechnung nun eine Überstundenvergütung aufgeführt ist, stellt sich die Frage, ob diese regelmäßig erzielt wird. Dann könnte der Arbeitnehmer z.B. dies widerlegen durch die Vorlage der letzten (vorherigen) Lohnabrechnungen, auf denen dann z.B. diese Überstunden nicht ausgezahlt wurden. Wird die Überstundenvergütung regelmäßig gezahlt, dann wird diese als „regelmäßiges Einkommen“ beim Arbeitnehmer berücksichtigt und damit berechnet das Gericht dann, ob ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe besteht oder nicht.

Rechtsanwalt Andreas Martin

LAG Berlin-Brandenburg: Arbeitsgericht muss nicht an fehlende PKH-Unterlagen erinnern!

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In einem Kündigungsschutzverfahren nebst PKH-Antrag und Beiordnungsantrag vor dem Arbeitsgericht Cottbus teilte die Anwältin der Klägerin in der Klageschrift mit (was üblich ist), dass sie die Prozesskostenhilfeunterlagen dem Gericht nachreichen wird.

Das Arbeitsgericht beraumte einen Gütetermin an, der jedoch aufgrund einer außergerichtlichen Einigung zwischen den Parteien nicht stattfand, stattdessen baten die Parteien um Protokollierung einer Einigung gem § 278 Abs 6 ZPO.

Das Gericht beschloss dann den Vergleich und stellte diesen an die Parteien zu. Erst danach reichte die Anwältin der Klägerin die Prozesskostenhilfeunterlagen an das Arbeitsgericht.

Das Arbeitsgericht Cottbus wies den Antrag zurück, da die Unterlagen erst nach Abschluss des Verfahrens bei Gericht eingingen. Dagegen legte die Rechtsanwältin sofortige Beschwerde ein. Das Arbeitsgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab.

Das LAG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 15.05.2015 – 10 Ta 765/15) wies die Beschwerde ab und führte dazu aus, dass bei Abschluss der Instanz die Gewährung der VKH nicht mehr möglich sei (BAG Urteil vom 5. Dezember 2012 – 3 AZB 40/12 und BAG 16. Februar 2012 – 3 AZB 34/11 – Rn. 13).

Weiter wurde darauf verwiesen, dass das BAG (Urteil vom 5. Dezember 2012 (3 AZB 40/12) auch bereits entschieden hat, dass das Arbeitsgericht nicht verpflichtet ist darauf hinzuweisen, dass der Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin noch nicht bescheidungsfähig war, weil keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin vorlag.

RA A. Martin

LAG Berlin-Brandenburg: Kindergeld ist prozesskostenhilferechtlich nicht das Einkommen des betreuenden Elternteils, sondern Einkommen des Kindes

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Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 29.9.2014 –  3 Ta 1494/14) hat beschlossen, dass bei der Berechnung der Prozesskostenhilfe das Kindergeld als Einkommen des Kindes zu berücksichtigen ist und nicht das Einkommen des betreuenden Elternteils darstellt. Das Kindergeld wird beim Unterhaltsfreibetrag des Kindes berücksichtigt (abgezogen).

Das LAG führt dazu in seinem Beschluss (siehe obigen Link zur Beschlussbegründung) aus:

…………..

(b) Zu Recht hat das Arbeitsgericht das Kindergeldnicht zum Einkommen der Klägerin gerechnet.

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(aa) Zwar hat der Bundesgerichtshof in seiner (früheren) Rechtsprechung die Wertung des Sozialhilferechts auch auf das PKH-Recht für anwendbar gehalten und demzufolge Kindergeld als Elterneinkommen berücksichtigt, soweit es nicht zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts eines minderjährigen Kindes zu verwenden ist, § 82 Abs. 1 Satz 3 SGB XII (vgl. BGH 26. Januar 2005 – XII ZB 234/03 -, NJW 2005, 2393). Mit dem am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 hat der Gesetzgeber indessen zur Umsetzung einer sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebenden Forderung die unterhaltsrechtliche Behandlung des Kindergeldes in § 1612 b BGB nF neu konzipiert und durch die Neuregelung zum Ausdruck gebracht, dass das Kind einen Anspruch auf die Auszahlung des Kindergeldes oder die Erbringung entsprechender Naturalleistung gegen denjenigen Elternteil hat, der das Kindergeld von der Familienkasse ausgezahlt erhält (vgl. hierzu BVerfG 14. Juli 2011 – 1 BvR 932/10 – Rn. 10, 19, BeckRS 2011, 53176) (so insgesamt OLG Rostock 6. September 2012 – 10 WF 218/12 – BeckRS 2013, 06690).

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(bb) Das Kindergeld ist vorliegend auch nicht hälftig als Einkommen des betreuenden Elternteils zu berücksichtigen. Denn neben der zur Anrechnung gelangenden und für den Barunterhalt des Kindes einzusetzenden Hälfte des Kindergeldes soll die weitere Hälfte des Kindergeldes den betreuenden Elternteil nach der gesetzgeberischen Intention bei der Erbringung seiner Betreuungsleistung unterstützen (vgl. auch BVerfG 14. Juli 2011 – 1 BvR 932/10 – Rn. 20, BeckRS 2011, 53176). Der Gesetzgeber hat in § 1612b BGB das Kindergeld nicht mehr den Eltern, sondern den Kindern selbst als deren eigenes Einkommen familienrechtlich bindend und unabhängig vom Außenverhältnis zwischen dem Bezugsberechtigten und der Familienkasse zugewiesen (vgl. BT-Drucks 16/1830, S. 29 f.). Kindergeld wird zwar nach wie vor den Eltern zur Auszahlung gebracht und soll diese auch nach wie vor bei der Erfüllung ihrer jeweiligen Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind entlasten. Doch haben Eltern das Kindergeld nach § 1612b BGB nF als Einkommen des Kindes zu verwenden und für das Kind einzusetzen. Da das Kindergeld beide Elternteile, also den barunterhaltspflichtigen ebenso wie den betreuenden Elternteil entlasten soll, ist es jeweils zur Hälfte für den Bar- und den Betreuungsunterhalt des Kindes zu verwenden (vgl. BT-Drucks 16/1830, S. 30) (so BVerfG 14. Juli 2011- 1 BvR 932/10 – Rn. 37, aaO). Beide Elternteile haben unabhängig davon, ob sie Bar- oder Betreuungsunterhalt leisten, nun den auf sie entfallenden Kindergeldanteil ausschließlich für den Unterhalt des Kindes zu verwenden. Kein Elternteil darf also den gemäß § 1612b BGB auf ihn entfallenden Kindergeldanteil mehr für eigene Zwecke nutzen. Dabei kann in Anbetracht der Orientierung der Höhe des Kindergeldes am Existenzminimum des Kindes davon ausgegangen werden, dass der Bezugsberechtigte das Kindergeld auch tatsächlich für die Bedürfnisse seines Kindes verwendet (vgl. BVerfG 14. Juli 2011- 1 BvR 932/10 – Rn. 48, aaO). Mit dieser gesetzgeberischen Zielsetzung ist es aber nicht vereinbar, das Kindergeld prozesskostenhilferechtlich ganz oder anteilig als Einkommen der antragstellenden Partei zu berücksichtigen. Als dem Kind zuzurechnendes Einkommen kann das Kindergeld vielmehr nur gemäß § 115 Abs. 1 Satz 7 ZPO im Wege des Abzugs von dem auf das Kind entfallenden Unterhaltsfreibetrag Berücksichtigung finden (vgl. OLG Rostock 6. September 2012 – 10 WF 218/12 – BeckRS 2013, 06690; aA LSG Niedersachsen-Bremen 11. März 2013 – L 11 AS 1495/12 B).

 

Rechtsanwalt A. Martin

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Hauptantrag auf Annahmeverzugslohnansprüche im Kündigungsschutzverfahren mutwillig

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Gerade beim Arbeitsgericht Berlin schauen die Richter häufig genauer hin, wenn es um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für Arbeitsrechtsstreitigkeiten geht. Ein beliebter Abweisungsgrund für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH-Bewilligung ist die sog. Mutwilligkeit. So hält man beim Arbeitsgericht Berlin auch häufig Lohnklagen über Arbeitslohn, den der Arbeitgeber bereits abgerechnet hat und der damit unstreitig ist für mutwillig mit der Folge, dass dem Arbeitnehmer zwar Prozesskostenhilfe bewilligt wird aber ohne Anwaltsbeiordnung mit der Begründung die Klage kann der Arbeitnehmer ja selbst einreichen. Dies sieht das LAG Berlin-Brandenburg leider ebenso.

LAG Berlin-Brandenburg und Kündigungsschutzklage/ Anträge

Nun hat der LAG Berlin-Brandenburg (Entscheidung vom 20.04.2012 – 26 TA 525/11) entschieden, dass es ebenfalls mutwillig ist, wenn der klagende Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren als zusätzlichen Hauptantrag seinen Annahmeverzugslohn geltend macht. Dies sei nach Ansicht das LAG nicht wirtschaftlich sinnvoll.

Das LAG führt dazu aus:

Mutwillig ist in der Regel eine Rechtsverfolgung, wenn eine wirtschaftlich leistungsfähige, also nicht bedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage von ihr Abstand nehmen oder ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde, weil ihr ein kostengünstigerer Weg offen steht und dieser Weg ebenso erfolgversprechend ist. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 1 GG iVm. dem in Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsstaats- und dem in Art. 20 Abs. 1 GG normierten Sozialstaatsprinzip zu beurteilen. Das sich daraus ergebende Prinzip der Rechtsschutzgleichheit und die Garantie des effektiven Rechtsschutzes gebieten es, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen. Der unbemittelten Partei darf die Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung im Vergleich zur bemittelten Partei nicht unverhältnismäßig erschwert werden. Der Unbemittelte muss grundsätzlich ebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können wie ein Bemittelter. Dies erfordert keine völlige Gleichstellung. Jedoch muss der Unbemittelte einem solchen Bemittelten gleichgestellt werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und die möglichen Kostenfolgen berücksichtigt (vgl. BVerfG 18. März 2003 – 1 BvR 329/03 – ZInsO 2003, 653, zu II 2 a der Gründe).

Hätte daher eine bemittelte Partei, die vernünftig abwägt und die möglichen Kostenfolgen berücksichtigt, begründeten Anlass gehabt, neben einem Kündigungsschutzantrag Annahmeverzugsansprüche im Rahmen von Hauptanträgen geltend zu machen, ist diese Möglichkeit auch der unbemittelten Partei zu eröffnen. Dabei können sich insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Rechtsverfolgung sachliche Gründe ergeben.

Mutwilligkeit liegt danach regelmäßig vor, wenn eine Partei keine nachvollziehbaren Sachgründe dafür vorbringt, warum sie ihre im Rahmen der Kündigungsschutzklage geltend gemachten Annahmeverzugsansprüche nicht im Wege von den Streitwert im Falle eines Unterliegens mit dem Hauptantrag nicht beeinflussenden uneigentlichen Hilfsanträgen, sondern im Wege den Streitwert unmittelbar erhöhenden Haupanträgen geltend macht und sie nicht plausibel erklärt, aus welchen Gründen sie Haupt- statt Hilfsanträge stellt, obwohl sie das gleiche Klageziel mit deutlich geringerem Kostenrisiko erreichen kann. Werden vom Ausgang eines Kündigungsschutzprozesses abhängige Annahmeverzugsansprüche im Rahmen von Hilfsanträgen geltend gemacht, wirken sich diese nicht streitwerterhöhend aus, wenn die Klage hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages abgewiesen wird. Ein unechter Hilfsantrag ist nur zu bewerten, wenn über ihn entschieden wurde oder er Gegenstand eines Vergleichs der Parteien ist (LAG Berlin-Brandenburg 8. November 2007 – 17 Ta (Kost) 6198/07). Ein Hilfsantrag ist zur Berechnung der anwaltlichen Vergütung nur zu bewerten, wenn über ihn entschieden oder eine vergleichsweise Regelung getroffen wird (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 29. März 2011 – 17 Ta (Kost) 6029/11). Hätte die Partei die Kosten „aus eigener Tasche“ zu zahlen, stünde nicht zu erwarten, dass sie eine permanente Verteuerung des Prozesses durch ständige Klageerweiterungen auf Gehaltszahlungen bedenkenlos durchführen würde (vgl. LAG Hamm 12. Juni 2009 – 14 Ta 834/08, Rn. 5). Derjenige, der auf Kosten des Staats den Prozess führen möchte, muss dafür den preiswertesten Weg wählen (GMPM-G/Germelmann § 11a Rn. 110).

bb) Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Vorgehen des Klägers hier mutwillig. Er hat keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe für sein Vorgehen dargelegt. Es bestand eine gleichwertige prozessuale Möglichkeit mit deutlich geringerem Kostenrisiko.

Darüber hinaus kam auch keine Beiordnung nach § 11 a Arbeitsgerichtsgesetz mehr in Betracht, da das LAG Berlin-Brandenburg sogar von einer offensichtlichen Mutwilligkeit ausgegangen ist.

Anwalt A. Martin

Schlecker – Insolvenzverwalter schickt wohl 10.000 betriebsbedingte Kündigungen an Mitarbeiter raus – was kann man dagegen tun?

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Nach den neuesten Pressemitteilungen in Sachen Schlecker ist die Finanzierung der Auffanggesellschaft (Transfergesellschaft) gescheitert. Die FDP meint wohl, dass der Staat sich aus der Insolvenz raushalten soll. Angeblich sollen – laut Presse – bereits vom Insolvenzwalter 10.000 betriebsbedingte Kündigungen an die Mitarbeiter verschickt worden sein.

Die Transfergesellschaft hätte ohnehin nicht für eine Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter gesorgt, sondern nur für eine Übergangszeit Vermittlungsversuche der dann ehemaligen Schlecker-Mitarbeiter bei Zahlung eines geringeren Gehaltes unternommen.

Was können die Mitarbeiter nun machen?

Gegen die betriebsbedingten Kündigungen können die Mitarbeiter der Drogeriekette Schlecker innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen (in Berlin wäre dies das Arbeitsgericht Berlin, Magdeburger Platz 1). Die Rechtswirksamkeit der Kündigung wir dann vom Arbeitsgericht überprüft. Insbesondere Mitarbeiter, die bereits langjährig bei Schlecker beschäftigt waren und gute Sozialdaten haben (Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) könnten mit der Kündigungsschutzklage Erfolg haben.

Sicher ist dies natürlich nicht, da man zum jetzigen Zeitpunkt eben nicht sagen kann, ob überhaupt noch später Arbeitsplätze zur Verfügung stehen (z.B. bei Weiterführung eines Teils des Betriebs oder bei Veräußerung desselben – also beim Betriebsübergang). Dies weiß wohl derzeit allein der Insolvenzverwalter.

Sofern eine Rechtsschutzversicherung besteht, wird man als Anwalt in der Regel zur Klage raten. Gegebenenfalls kann auch eine Finanzierung des Kündigungsschutzprozesses über Prozesskostenhilfe realisiert werden. Dies sollte der beauftragte Rechtsanwalt vor Ort prüfen.

Update:

Die Verfahren sind mittlerweile abgeschlossen.


LAG Berlin-Brandenburg: Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Arbeitsrecht und Verhältnis zur PKH

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Vielen Arbeitnehmer und auch Arbeitgebern ist unbekannt, dass es im Arbeitsgerichtsverfahren noch etwas ähnliches, wie den Prozesskostenhilfeantrag gibt, nämlich den sog. Beiordnungsantrag.

Die Beiordnung vor dem Arbeitsgericht ist in § 11 a Abs. 1, Satz 1 ArbGG geregelt.

Dort heißt es:

(1) Einer Partei, die außerstande ist, ohne Beeinträchtigung des für sie und ihre Familie notwendigen Unterhalts die Kosten des Prozesses zu bestreiten, und die nicht durch ein Mitglied oder einen Angestellten einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern vertreten werden kann, hat der Vorsitzende des Arbeitsgerichts auf ihren Antrag einen Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Gegenpartei durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Die Partei ist auf ihr Antragsrecht hinzuweisen. 

(2) Die Beiordnung kann unterbleiben, wenn sie aus besonderen Gründen nicht erforderlich ist, oder wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich mutwillig ist.

Anders als bei der Prozesskostenhilfe ist in der Regel nicht erforderlich, dass hinreichende Aussicht auf Erfolg in der Sache besteht. Insoweit sind die Voraussetzungen der Beiordnung geringer als bei der PKH, wobei – widerum – anders als bei der PKH erforderlich ist, dass die Gegenseite anwaltlich vertreten ist.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg – Entscheidung zur Beiordnung

Das  Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer, Entscheidung vom 10.02.2011, AZ 26 Ta 45/12)  hatte hier über einen ursprünglichen wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnten Prozesskostenhilfeantrag mit anschließender Beschränkung auf eine Beiordnung zu entscheiden. Das LAG wies auf zwei wesentliche Punkte hin, nämlich dass

  • in einem PKH-Antrag als Minus auch ein Antrag auf Beiordnung nach§ 11 a Abs. 1, Satz 1 ArbGG enthalten ist
  • offensichtliche Mutwilligkeit liegt nur dann vor, wenn sich klar die Aussichtslosigkeit der Klage aus dem Gesetz ergibt; wenn die Rechtsfolge sich nicht aus dem Gesetz ergibt, sondern aus der Rechtsprechung, ist in der Regel eine Beiordnung erforderlich

Das LAG führt aus:

aa) Es ist umstritten, ob in einem unbegründeten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe als Minus ein Beiordnungsantrag enthalten ist. Die ganz überwiegende Ansicht in Literatur und Rechtsprechung bejaht das wohl mit Recht . ……..  Wegen der „Ähnlichkeit“ der Wirkungen von Prozesskostenhilfe und Beiordnung nach § 11 a ArbGG und der teilweisen Übereinstimmung in den Voraussetzungen sowie der Tatsache, dass die Beiordnung letztlich ebenso wie die Prozesskostenhilfe als Teil der Sozialhilfe angesehen werden muss, wäre in dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe aber jedenfalls auch ein (hilfsweise gestellten) Antrag auf Beiordnung nach § 11 a ArbGG zu sehen (GMPM-G/Germelmann § 11a Rn. 1). ……….

(1) Letzteres ist möglich, wenn die Beiordnung aus besonderen Gründen nicht erforderlich ist oder wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich mutwillig ist. Besondere Gründe im Sinne von § 11 a Abs. 2 ArbGG können vorliegen, wenn ein Rechtsstreit in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht sehr einfach gelagert ist. Die den Antrag stellende Partei darf offensichtlich keine Schwierigkeiten haben, ihre Interessen im Prozess ohne die Mitwirkung eines Rechtsanwalts sinnvoll wahrzunehmen. Entscheidend ist, ob die Partei aufgrund ihrer persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Verfahrens in der Lage ist, den Prozess auch ohne Beiordnung eines Anwalts sachgerecht zu führen (GMPM-G/Germelmann, § 11 a Rn. 67). Offensichtliche Mutwilligkeit im Sinne des § 11 a Abs. 2 ArbGG ist nicht gleichzusetzen mit der Mutwilligkeit im Sinne des § 114 S. 1 ZPO, diese reicht nicht aus (vgl. GMPM-G/Germelmann, § 11 a Rn. 69). Offensichtlich mutwillig ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn auf den ersten Blick ohne nähere Prüfung erkennbar ist, dass sie erfolglos sein muss (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 11. Juni 2007 – 15 Ta 1077/07 – LAGE § 114 ZPO 2002 Nr. 7, zu II der Gründe). Nur in besonders klar liegenden Fällen aussichtsloser Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung kann der Beiordnungsantrag zurückgewiesen werden (vgl. LAG Hamm 7. Februar 2011 – 14 Ta 510/10, Rn. 22).

(2) Danach war die Beiordnung weder aus besonderen Gründen nicht erforderlich noch offensichtlich mutwillig. Es waren die sich nicht aus dem Gesetz, sondern erst aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergebenden Grundsätze zu den Anforderungen an die Wirksamkeit der Kündigung eines nicht unter den Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallenden Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen. In einer solchen Konstellation, in der die Erfolgsaussichten zudem von der Einlassung des Arbeitgebers abhängen, kann von einer auf den ersten Blick ohne nähere Prüfung erkennbaren Erfolglosigkeit nicht die Rede sein. Die persönlichen Kenntnisse der Beschwerdeführerin waren ersichtlich nicht ausreichend, um einen solchen Prozess allein führen zu können.

Rechtsanwalt A. Martin