Entschädigung

BAG: keine vorschnelle Verwirkung von Schadenersatzansprüchen wegen Mobbing

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Ein Arbeitnehmer machte gegen einen früheren Vorgesetzten einen Schmerzensgeldanspruch wegen jahrelangen Mobbing in Höhe von mindestens 10.000 Euro (Mindestschaden) geltend. Er soll im Zeitraum von 2006 bis 2008 von diesem schikaniert worden sein. Der letzte Vorfall war angeblich im Februar 2008. Der Arbeitnehmer war über einen langen Zeitraum krank geschrieben u.a. wegen Depressionen.

Erst im Dezember 2010 klagte der Arbeintehmer gegen seinen früheren Vorgesetzten auf Schmerzensgeld vor dem Arbeitsgericht.

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg (Urteil vom 25. Juli 2013 – 5 Sa 525/11) (darüber hatte ich bereits berichtet) wies in 2. Instanz den Anspruch des Arbeitnehmers wegen Verwirkung zurück. Der Arbeitnehmer habe schlichtweg (hier 2 Jahre) zu lange mit der Klage gewartet.

Die dagegen gerichtete Revision zum Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 11. Dezember 2014 – 8 AZR 838/13) hatte Erfolg. Das BAG hob das Urteil auf und verwies die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das LAG Nürnberg zurück.

Das BAG ging von keiner Verwirkung aus und führte dazu in seiner Pressemitteilung Nr. 65/14 vom 11.12.2014 aus:

Eine Verwirkung, die nur unter ganz besonderen Umständen zu bejahen ist, scheidet hier aus. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein bloßes Zuwarten nicht als „treuwidrig“ anzusehen. Ein Unterlassen begründet nur dann ein Umstandsmoment, wenn aufgrund zusätzlicher besonderer Umstände eine Pflicht zur zeitnahen Geltendmachung besteht. In der vorzunehmenden Gesamtabwägung darf nicht auf eventuelle Beweisschwierigkeiten auf Seiten des Anspruchsgegners abgestellt werden. Das durch Richterrecht geschaffene Institut der Verwirkung darf in seiner Anwendung nicht dazu führen, dass die gesetzliche Verjährung unterlaufen wird. Das Landesarbeitsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob tatsächlich ein Mobbinggeschehen festzustellen ist.

Die Entscheidung des BAG ist richtig. Eine Verwirkung besteht aus einem Zeit- und einem Umstandsmoment. Das Abwarten allein reicht im Normalfall für eine Verwirkung nicht aus.

 

Rechtsanwalt Andreas Martin

Muss das Gericht im Mobbing-Prozess den Arbeitnehmer als Partei vernehmen?

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Klagt der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber wegen Mobbing so besteht sehr häufig ein Beweisproblem. Der Arbeitnehmer muss zunächst (und dies ist nicht alles) nämlich darlegen und notfalls beweisen, dass eine Mobbinghandlung (Schikane) seitens des Arbeitgebers vorliegt. Häufig gibt es hier meist wenig und keine Zeugen.

Parteivernehmung im Arbeitsgerichtsprozess

Im Zivilprozess – die Zivilprozessordnung gilt auch im Arbeitsgerichtsprozess mit wenigen Einschränkungen – gibt es die Möglichkeit als Beweismittel die Partei (also z.B. den Kläger / Arbeitnehmer) zu vernehmen. Dies ist meist der Notanker für den Arbeitnehmer. Die Frage ist, ob dies – und wenn ja- möglich ist und ob ggfs. sogar das Gericht von Amts wegen eine Parteivernehmung durchführen muss.

Sachverhalt: Schikane durch Vorgesetzten

Ein Arbeitnehmer, der als „System-Support-Analyst“ tätig war, wurde von seinem Vorgesetzten gemobbt. Dieser sagte – so der Arbeitnehmer – u.a., dass der Arbeitnehmer nie eine Beförderung erhalten werde solange wie er dessen Vorgesetzter sei. Es gab eine Vielzahl ähnlicher diskriminierende Äußerungen, wie z.B., dass er Arbeitnehmer von zu Haus aus arbeiten solle, wenn er sich krank fühle und die Inanspruchnahme der Elternzeit würde „schmerzliche Folgen“ für den Arbeitnehmer haben und er würde dem Arbeitnehmer das Arbeitsleben „horribel“ machen.

„Sie arbeiten nicht hart genug, denn Sie sehen nicht gestresst aus!“

Der Arbeitnehmer musste sich die obigen Äußerungen regelmäßig anhören und bekam in Folge dessen Schlafstörungen und Depressionen.

Klage auf Entschädigung bzw. Schmerzensgeld wegen Mobbing

Der Arbeitnehmer klage sodann vor dem Arbeitsgericht auf Entschädigung / Schmerzensgeld wegen Mobbing am Arbeitsplatz. Weiter sollte der Arbeitgeber alle materiellen und immateriellen Zukunftsschäden übernehmen. Für die Mobbinghandlungen seines Vorgesetzten hatte der Arbeitnehmer als Beweismittel nur allein seine Vernehmung als Partei angeboten. Weitere Beweismittel, insbesondere Zeugen, hatte der Arbeitnehmer nicht. Eine Parteivernehmung nach § 447 ZPO scheiterte an der fehlenden Zustimmung der Gegenseite. Es blieb also nur die Parteivernehmung von Amts wegen nach § 248 ZPO durch das Gericht, die nicht der Zustimmung der Gegenseite bedarf.

Entscheidung des Arbeitsgerichts München/ LAG

Das Arbeitsgericht München (Urteil vom 29.03.11  – 21 Ca 12312/10) wies die Klage des Arbeitnehmers ab. Das LAG München wies ebenfalls die Berufung zurück (abgesehen von einer geringen Bonuszahlung, die aber nichts mit den Mobbing-Anträgen zu tun hatte).

BAG – Entscheidung : Mobbing

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 14.11.2013, 8 AZR 813/12) hat das Urteil des LAG München aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG München zurückverwiesen.

Das BAG meint, dass der Arbeitnehmer hier genau die einzelnen Vorfälle vorgetragen habe (mit genauen Datum, insgesamt 6 Fälle) und das LAG München die Parteivernahme des Klägers / Arbeitnehmers nicht einfach mit der Begründung “ es fehle an einer gewissen Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitgegenständlichen Behauptungen“, hätte ablehnen dürfen.

Das BAG führte in seiner Urteilsbegründung aus:

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
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1. Dass die vom Kläger behaupteten Äußerungen seines Vorgesetzten tatsächlich getätigt worden sind, muss der Kläger beweisen, weil er für das Vorliegen von Mobbinghandlungen, aus denen er seinen Entschädigungs-, Schmerzensgeld- und Schadensersatzanspruch herleitet, darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. BAG 24. April 2008 – 8 AZR 347/07 – Rn. 41).
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a) Grundsätzlich gehen einer Parteivernehmung andere Beweismittel, insbesondere der Zeugenbeweis nach §§ 373 ff. ZPO vor. Nach allgemeiner Meinung ist die Parteivernehmung nach §§ 445 ff. ZPO ein subsidiäres Beweismittel (vgl. Thomas/Putzo/Reichold ZPO 34. Aufl. Vorbem. § 445 Rn. 1; Zöller/Geimer/Greger ZPO 29. Aufl. Vorbem. § 445 Rn. 5; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 71. Aufl. Übersicht § 445 Rn. 7).
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b) Dem Kläger hätte ein anderes Beweismittel als die eigene Parteieinvernahme zur Verfügung gestanden. Er hätte für die Richtigkeit seiner Behauptungen seinen Vorgesetzten S als Zeugen benennen können. Dass dieser die „Mobbing-Äußerungen“ selbst getätigt haben soll, steht dem nicht entgegen. Allein die Tatsache, dass die Beklagte, also nicht der Zeuge selbst, die vom Kläger behaupteten Äußerungen des Zeugen bestritten hatte, führt nicht dazu, dass für den Kläger ein solches Beweisangebot aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausscheidet. Auch wenn eine Aussage des Zeugen, welche die Behauptungen des Klägers bestätigen würde, für den Zeugen selbst und die Beklagte, als deren Repräsentant der Zeuge aufgetreten war, ungünstige Folgen hätte, musste der Kläger nicht zwingend davon ausgehen, der Zeuge werde die klägerischen Behauptungen nicht bestätigen. Dieser wäre zu einer wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet gewesen. Sowohl bei einer uneidlichen als auch bei einer eidlichen Falschaussage hätten ihm strafrechtliche Konsequenzen gedroht (§§ 153, 154 StGB). Allein deshalb durfte der Kläger – gleichsam im Wege einer „vorweggenommenen Beweiswürdigung“ – nicht davon ausgehen, der Zeuge werde wahrheitswidrig unter Inkaufnahme strafrechtlicher Folgen die angeblich von ihm getätigten Äußerungen leugnen, und deshalb auf das Beweisangebot „Zeugenvernehmung“ verzichten. Hinzu kommt, dass der Zeuge, um eine Zwangslage zwischen Falschaussage und einer wahrheitsgemäßen Aussage mit negativen Folgen für sich zu vermeiden, die Möglichkeit der Zeugnisverweigerung nach § 384 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO gehabt hätte.
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c) Nachdem der Kläger den ihm möglichen Zeugenbeweis nicht angetreten hatte, musste das Landesarbeitsgericht darüber entscheiden, ob es den Kläger für die Richtigkeit seiner streitigen Behauptungen nach § 448 ZPO als Partei vernehmen sollte. Allein die Tatsache, dass der Kläger für seine bestrittenen Behauptungen keinen ihm möglichen Zeugenbeweis angeboten hat, entbindet das Landesarbeitsgericht nicht von dieser Verpflichtung. Nach ständiger Rechtsprechung ist Voraussetzung für eine Parteivernehmung der beweispflichtigen Partei gemäß § 448 ZPO, dass für die zu beweisende Tatsache aufgrund einer vorausgegangenen Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. BGH 9. März 1990 – V ZR 244/88 – Rn. 14, BGHZ 110, 363; 16. Juli 1998 – I ZR 32/96 – Rn. 20 mwN; BAG 16. September 1999 – 2 AZR 712/98 – zu II 2 f dd der Gründe; 6. Dezember 2001 – 2 AZR 396/00 – zu B III 2 b bb der Gründe, BAGE 100, 52).
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d) Von diesem Grundsatz ist im konkreten Streitfalle auch unter der Berücksichtigung der Rechtsprechung zur Beweisführung bei sogenannten „Vier-Augen-Gesprächen“ auszugehen.
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Der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG 22. Mai 2007 – 3 AZN 1155/06 – Rn. 17, BAGE 122, 347) hat eine Verpflichtung zur Vernehmung einer beweispflichtigen Partei nach § 448 ZPO oder zur Anhörung derselben nach § 141 ZPO ebenfalls nur für den Fall gesehen, dass „ein Gespräch allein zwischen den Parteien stattgefunden hat und deshalb kein Zeuge, auch kein ‚gegnerischer‘ Zeuge zugegen ist“. Im vorliegenden Streitfalle ist diese Fallkonstellation ebenfalls nicht gegeben, weil die vom Kläger geschilderten Vier-Augen-Gespräche nicht mit der Beklagten, dh. derem Geschäftsführer als Beklagtenvertreter, geführt worden waren, sondern mit seinem Vorgesetzten, der als Zeuge – wenn auch als „gegnerischer“ Zeuge – gemäß §§ 373 ff. ZPO hätte vernommen werden können. Im Übrigen stellt der Dritte Senat in der zitierten Entscheidung auch darauf ab, dass eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO nur in Frage kommt, „soweit dessen Voraussetzungen vorliegen“ (BAG 22. Mai 2007 – 3 AZN 1155/06 – Rn. 16, aaO). Dies kann nur heißen, dass auch der Dritte Senat davon ausgeht, eine Parteieinvernahme der beweispflichtigen Partei komme grundsätzlich nur dann in Frage, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die zu beweisende Tatsache spricht.
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Auch in den zwei weiteren vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen, in denen eine Pflicht zur Parteivernehmung nach § 448 ZPO bejaht bzw. eine solche nicht beanstandet worden war, stand einer Partei ein Zeuge für ein Vier-Augen-Gespräch zur Verfügung, welcher vernommen worden war (vgl. BAG 6. Dezember 2001 – 2 AZR 396/00 – BAGE 100, 52 und 19. November 2008 – 10 AZR 671/07 -; so auch: BGH 9. Oktober 1997 – IX ZR 269/96 -; 16. Juli 1998 – I ZR 32/96).
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e) Damit war das Landesarbeitsgericht nicht – gleichsam von Amts wegen – verpflichtet, den Kläger gemäß § 448 ZPO als Partei zu vernehmen. Vielmehr musste es prüfen, ob eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür sprach, dass die vom Kläger geschilderten Äußerungen seines Vorgesetzten in den Vier-Augen-Gesprächen tatsächlich gefallen waren. Dafür hätte das Landesarbeitsgericht in nachprüfbarer Weise darlegen müssen, weshalb es von der Parteivernehmung des Klägers abgesehen hat. Andernfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass es von seinem ihm nach § 448 ZPO eingeräumten Ermessen überhaupt Gebrauch gemacht hat. Verneint das Landesarbeitsgericht die gewisse Wahrscheinlichkeit der Beweistatsache und lehnt es deshalb eine Parteivernehmung ab, so müssen seine Feststellungen in einer § 286 ZPO genügenden Weise getroffen sein (BGH 9. März 1990 – V ZR 244/88 – zu I 1 b der Gründe, BGHZ 110, 363). Daran fehlt es vorliegend. Das Landesarbeitsgericht hat ohne nähere Angabe von Gründen lediglich festgestellt, dass „ein sog. Anfangs- oder Anbeweis für die behaupteten Tatsachen“ fehlt. Aus welchen Gründen es zu dieser Feststellung gelangt ist, hat das Berufungsgericht nicht ausgeführt. Allein der Hinweis darauf, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 4. November 2011 persönlich anwesend war und Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, ist in diesem Zusammenhang unbehelflich, weil daraus nicht ersichtlich wird, ob das Gericht dem Kläger Fragen gestellt hat oder ob er und gegebenenfalls welche Erklärungen er in der mündlichen Verhandlung abgegeben hat. Diesbezüglich enthält auch die Sitzungsniederschrift keine Feststellungen.

Eine wahrscheinlich eher für Juristen interessante Entscheidung des BAG. Die Rechtsprechung zu den sog. „Vier-Augen-Gesprächen“ ist aber auch für andere Prozesse vor den Arbeitsgerichten interessant, insbesondere bei Kündigungs – und Abmahnsachverhalten gibt es häufig Beweisprobleme für den relevanten Sachverhalt. Hier wäre die Rechtsprechung zu beachten.

 

Anwalt Andreas Martin

 

 

 

LAG R-P: € 120.000 Schmerzensgeld und Entschädigung wegen Mobbing ?

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Die Grenze für beantragte Schmerzensgeldforderungen und Entschädigung (wegen Mobbing) setzt häufig nur die Fantasie des klagenden Arbeitnehmers bzw. dessen Rechtsanwalts. Diese ist manchmal fern jeglicher Realität.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hatte im Jahr 2012 über einen solchen Fall zu entscheiden. Eine langjährig beschäftigte, schwerbehinderte Verwaltungsfachkraft, behauptete seit dem Jahr 2009 durch diverse Handlungen der Geschäftsführerin der Arbeitgeberin gemobbt worden zu sein. Solche Handlungen sollen zum Beispiel darin zu sehen sein, dass die Arbeitnehmerin angeblich bei Personalfragen stetig übergangen wurde, ihr die Leitungsrolle in ihrer Abteilung entzogen wurde und auch die Geschäftsführerin ihre seit Jahren den „morgendlichen Gruß verweigert“. Für all diese Benachteiligungen forderte die Arbeitnehmerin Entschädigung/Schmerzensgeld von mehr als 120.000 € (genau € 120.185,22 nebst Erstattung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten von über 4.000 €; die ja grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind).

 Klageabweisung in der ersten Instanz

Das Arbeitsgericht Mainz wies die Klage der Arbeitnehmerin ab. Dagegen wandte sich die Arbeitnehmerin mittels Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz.

Berufung zum LAG mittels Schriftsatz von mehr als 200 Seiten!

Der Berufungsschriftsatz der Anwältin der klagenden Angestellten enthielt insgesamt über 200 Seiten! Erstaunlich ist aber, dass sich die Kollegin – nach den Angaben des LAG- erst auf den Seiten 197 bis 204 mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinandersetzte und sich damit das Beste / Wichtigste für den Schluss des Schriftsatzes in aller Kürze aufhob. Es kommt aber noch schlimmer …. . Die Kollegin diktierte – wie auch der hiesige Verfasser (mit ständigen Beanstandungen seitens der Leser)- mit einem Texterkennungsprogramm, was eigentlich nicht schlimm ist. Dumm ist nur, wenn beim Diktat und/ oder bei der Übertragung so viele Fehler verbleiben/ entstehen, dass der Text unverständlich ist und dann auch nicht korrigiert wird.

Dies rügte das LAG.

Erst in Gliederungspunkt 3.) folgt die „Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung“ (Seite 197-204). Dieser dritte Teil des Schriftsatzes vom 08.06.2012 ist weitgehend unverständlich. Dies beruht, wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 23.08.2012 (Bl. 1597-1606 d.A.) angegeben hat, auf Übertragungsfehlern des elektronischen Diktiersystems, die bei der Endkontrolle des Schriftsatzes offensichtlich übersehen wurden.

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Jedoch genügt auch der Teil der Seiten 197 bis 204 des Schriftsatzes vom 08.06.2012, der aus sich heraus noch verständlich war, nicht den Mindestanforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung. 

 Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz verwarf die Berufung als unzulässig, machte aber dennoch kurze Ausführungen darüber, dass auch ohnehin die Berufung inhaltlich keinen Erfolg hätte, wenn diese zulässig gewesen wäre.

Das LAG (Urteil vom 20.09.2012 – 10 SA 121/12) führte dazu aus:

III.  Ohne dass es für die Entscheidung noch darauf ankommt, hat die Berufung der Klägerin auch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der ausführlichen Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage vollumfänglich unbegründet und daher abzuweisen ist.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Entschädigung und Schmerzensgeld noch auf Ersatz eines materiellen Schadens. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die außergerichtliche und gerichtliche Rechtsverfolgung besteht ebenfalls nicht.

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Entschädigung und Schmerzensgeld in Höhe von mindestens € 120.125,88. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

1.1. Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch nicht mit Erfolg auf §15Abs. 1 und § 15 Abs. 2 AGG stützen.

Die Klage scheitert schon daran, dass die Klägerin die Ausschlussfrist des § 61 b Abs. 1 ArbGG nicht eingehalten hat. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift muss eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden. Bei dieser Frist handelt es sich um eine von Amts wegen zu prüfende materielle Ausschlussfrist, deren Nichteinhaltung zum Verfall des Anspruchs führt.

Die am 03.05.2010 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangene Klage wahrt die Dreimonatsfrist nicht. Die Klägerin hat den Anspruch mit Schreiben ihrer früheren Rechtsanwältin vom 24.11.2009 gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. Die Dreimonatsfrist ist bereits am 24.02.2010 abgelaufen.
Soweit die Klägerin meint, die in § 61 b Abs. 1 ArbGG und in § 15 Abs. 4 AGG geregelten Ausschlussfristen verstießen gegen Europarecht, trifft dies nicht zu. Dies hat das BAG mit seinen Urteilen vom 21.06.2012 (8 AZR 188/11 – Juris) und vom 15.03.2012 (8 AZR 37/11 und 8 AZR 160/11 – Juris) mit ausführlicher Begründung entschieden, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Die Berufungskammer schließt sich dieser Rechtsprechung an.

1.2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

Das Arbeitsgericht ist zutreffend von den – auch von der Berufungskammer geteilten – Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Haftung des Arbeitgebers in sog. Mobbing-Fällen (BAG 28.10.2010 – 8 AZR 546/09 – AP Nr. 7 zu § 611 BGB Mobbing, mwN.) ausgegangen. Insoweit kann auf die grundsätzlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass sowohl das erstinstanzliche als auch das zweitinstanzlich nochmals erweiterte Vorbringen der Klägerin keinen Anspruch auf Schmerzensgeld unter dem Gesichtspunkt des Mobbings bzw. des Strainings rechtfertigt. Weder aus den von der Klägerin angeführten einzelnen Vorfällen noch aus der anzustellenden Gesamtschau lässt sich der Schluss ziehen, sie sei von der neuen Geschäftsführerin des Beklagten, die am 01.07.2009 ihren Dienst aufgenommen hat, systematisch schikaniert und diskriminiert worden.

Das Arbeitsgericht hat unter ausführlicher und sorgfältiger Würdigung des beiderseitigen Sachvortrags zu den einzelnen von der Klägerin geschilderten Vorfällen festgestellt, dass die einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen weder für sich genommen, noch in einer Gesamtschau rechtsverletzenden Charakter haben, und dies eingehend begründet. Diesen Ausführungen schließt sich die Berufungskammer nach Würdigung des weiteren Vorbringens vollinhaltlich an.

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren die Bewertungen der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen durch das Arbeitsgericht angreift, wiederholt sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen und ihre andere – subjektive – Bewertung der Vorgänge. Soweit sie bemängelt, das Arbeitsgericht habe es unterlassen, durch eine Gesamtschau den rechtsverletzenden Charakter der Handlungen oder Verhaltensweisen und die ihnen zugrunde liegende Systematik und Zielrichtung festzustellen, übersieht sie, dass das Arbeitsgericht auf Seite 48 des Urteils unter A. II 2 der Entscheidungsgründe ausgeführt hat, dass auch eine Gesamtschau der geschilderten Vorgänge nicht geeignet ist, den Mobbingvorwurf zu stützen.

Soweit die Klägerin in der Berufungsverhandlung nochmals als besonders schwerwiegend herausgestellt hat, dass ihr die neue Geschäftsführerin den Titel „Leiterin“ des Personalbüros sowie die Leitungsbefugnis gegenüber anderen Mitarbeitern des Personalwesens entzogen habe, ist eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Sinne einer „Herabwürdigung“ auch für die Berufungskammer nicht feststellbar. Selbst wenn die neue Geschäftsführerin kraft ihres Direktionsrecht nicht berechtigt gewesen sein sollte, die Kompetenzen und Zuständigkeiten der Klägerin im Personalbüro neu zu ordnen und zu ändern, hätte sie damit nicht ihre Rücksichtnahmepflichten gegenüber der Klägerin verletzt. Das Arbeitsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen grundsätzlich nicht geeignet sind, die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vertragspflichtverletzung oder einer unerlaubten Handlung zu erfüllen (BAG 16.05.2007 – 8 AZR 709/06 – AP Nr. 5 zu § 611 Mobbing). Eine solche in der Praxis häufig vorkommende Konfliktsituation ist ein Streit über Inhalt und Grenzen des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts. Die von der Klägerin geschilderten Konflikte offenbaren eindrucksvoll, dass es zu erheblichen Spannungen zwischen der Klägerin und ihrer neuen Vorgesetzten gekommen ist. Das sind typische Komplikationen, die nicht das erfüllen, was rechtlich unter „Mobbing“ zu verstehen ist. Die Ausführungen der Klägerin vermögen kein gezieltes, schikanöses, herabwürdigendes Verhalten ihrer neuen Vorgesetzten zu belegen. Die Klägerin hat nur subjektive Empfindlichkeiten dargelegt.

Die von der Klägerin begehrte Entschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt. Die Forderung ist aber auch von der geforderten Mindesthöhe her völlig übersetzt.

Als Anwalt sieht man solche Fälle mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Sicherlich ist hier fast alles schiefgegangen, was schiefgehen konnte, aber niemand ist fehlerfrei. Trotzdem soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch ich die eingeklagte Höhe die Entschädigung wegen der angeblichen Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Angestellten für etwas überhöht halte.

Am Ende bleiben der Angestellte nun statt der Entschädigung nicht unerhebliche Rechtsverfolgungskosten und die Erfahrung, dass man beim Pokern mit einem schlechten Blatt auch verlieren kann.

RA A. Martin