Zwangsvollstreckung

Vollstreckung eines Arbeitszeugnisses

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Vollstreckung eines Arbeitszeugnisses
Zeugnisvollstreckung aus Vergleich

In diesem Artikel geht es darum, ob man aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich ein Arbeitszeugnis vollstrecken kann.

Zeugnisstreitigkeiten vor den Arbeitsgericht

Zeugnisstreitigkeiten sind bei den Arbeitsgerichten recht unbeliebt. Auch Anwälte führen diese Rechtsstreitigkeiten eher ungern und wahrscheinlich würden viele Kollegen hier zusätzliche Honorarvereinbarungen treffen, da sich der Aufwand im Vergleich zu den Gebühren nicht lohnt.

Kündigung und Kündigungsschutzklage

Nach einer Kündigung des Arbeitgebers gibt es im Gütetermin-nach Erhebung der Kündigungsschutzklage durch den Arbeitnehmer-oft einen Vergleich. Man einigt sich dann, unter anderen oft auf die Zahlung einer Abfindung und in diesem Vergleich wird dann auch das Arbeitszeugnis geregelt.

Zeugnisregelung im arbeitsgerichtlichen Vergleich

Fast immer findet man entsprechende Formulierungen in arbeitsgerichtlichen Vergleich über die Erteilung eines Arbeitszeugnisses.

Qualifiziertes Zeugnis

Manchmal findet man im arbeitsgerichtlichen Vergleich nur die Regelung, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist dem Arbeitnehmer „ein qualifiziertes Zeugnis“ zu erstellen. Genauso wäre es bei der Formulierung ein Arbeitszeugnis herstellen, das sich „auf Leistung und Führung“ erstreckt. Der Hintergrund ist der, dass dies oft geschieht, wenn man sich auf eine Zeugnisnote nicht vor Gericht einigen kann. In beiden Fällen wäre eine solche Formulierung vollstreckbar. Die Note bestimmt aber allein der Arbeitgeber. Der Übernehmer kann dann später gegebenenfalls im Wege der Zeugnisberichtigung gegen den Inhalt des Zeugnisses vorgehen. das Arbeitszeugnis ist aber grundsätzlich vollstreckbar, da der Begriff „qualifiziertes Zeugnis“ bestimmt genug ist.

mit der Note „gut“

Da der Arbeitnehmer nicht darauf angewiesen sein möchte, dass der Arbeitgeber die Zeugnisnote selbst festlegt und später nochmals nach tritt, nach dem Ende des Rechtsstreit, wird oft vereinbart, dass der Arbeitgeber ein qualifiziertes Zeugnis mit einer bestimmten Note, zum Beispiel mit der Note gut erteilt und dass sich diese Note sowohl auf die Leistungsbeurteilung als auch auf die Führungsbeurteilung erstreckt.

Beispiel für eine solche Formulierung:

Die Beklagte erteilt dem Kläger ein qualifiziertes und wohlwollendes Endzeugnis mit der Leistungs- und Führungsbeurteilung „gut“ sowie einer der Benotung üblichen Abschlussformel.

Zeugnisformulierung „gut“

In den meisten Fällen ist dies unproblematisch und der Arbeitgeber wird dann später auch das Zeugnis dementsprechend erstellen. Es gibt aber einige wenige Fälle, wo dies nicht geschieht.

Für den Arbeitnehmer stellt sich dann die Frage, ob er gegen den Arbeitgeber auf Erteilung des Zeugnisses mit der Note gut aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich die Zwangsvollstreckung betreiben kann.

Um das Ergebnis vorwegzunehmen, dies ist in der Regel nicht möglich. Der Inhalt ist nicht vollstreckbar.

Das Bundesarbeitsgericht (Bundesarbeitsgericht (Beschluss vom 14. Februar 2017 -9 AZB 49/16) ) hat nämlich bereits entschieden, dass entsprechenden arbeitsgerichtliche Vergleiche, in denen die Note für das Zeugnis geregelt ist, nicht vollstreckbar sind. Diese sind zu unbestimmt.

Dagegen gibt es auch einige Entscheidung der Landesarbeitsgerichte (so das Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 18.01.2021, Az.: 13 Ta 364/20), die trotzdem von einer Vollstreckbarkeit ausgehen. In der Regel werden sich aber die entscheidenden Arbeitsgerichte an das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes orientieren.

auf Grundlage eines Zwischenzeugnisses

Manchmal findet man in arbeitsgerichtlichen Vergleichen die Formulierung, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist das Arbeitszeugnis auf Grundlage eines bereits erteilten Zwischenzeugnisses zu erteilen.

Eine solche Formulierung könnte zum Beispiel lauten:

Der Arbeitgeber verpflichtet sich dem Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis das sich auf Leistung und Führung erstreckt, auf Grundlage des Zwischenzeugnisses vom 31. Januar 2023 zu erteilen.

Beispiel für eine Zeugnisformulierung

Es ist umstritten, ob eine solche Formulierung vollstreckbar ist. Das Problem ist, dass das Zwischenzeugnis dem arbeitsgerichtlichen Vergleich beizufügen wäre, damit dieses auch vollstreckbar wäre. Die reine Bezugnahme reicht in der Regel nicht aus, davon gehen jeweils die meisten Arbeitsgericht aus. Die zu vollstreckende Handlung muss ohne Rückgriff auf andere Dokumente aus dem Vergleich erkennbar sein. Dies ist ohne Beifügung des Zwischenzeugnisses (als Anlage zum Vergleich) nicht möglich.

nach dem Entwurf des Arbeitnehmers

Es gibt auch noch eine andere mögliche Formulierung, die der Praxis auch ab und zu vorkommen. Man kann im gerichtlichen Vergleich regeln, dass der Arbeitgeber berechtigt ist eine Zeugnisentwurf zu fertigen und dass der Arbeitgeber von diesem Entwurf nur aus wichtigem Grund abweichen darf. Auch hier ist die Formulierung nicht ganz eindeutig, allerdings dürfte eine Vollstreckung möglich sein, wenn der Arbeitnehmer nachweisbar dem Arbeitgeber den Zeugnisentwurf übersandt hat.

Text im Vergleich aufnehmen

Die sicherste Variante für den Arbeitnehmer ist leider auch die unpraktischste. Man kann nämlich den kompletten Zeugnistext im Vergleich bereits mit aufnehmen lassen. Dies kann dann sinnvoll sein, wenn man den Vergleich gerichtlich in Abwesenheit protokollieren lässt. Dann ist der Aufwand nicht so groß und man schickt dem Arbeitsgericht den entsprechenden Text zu und dieser wird dann im Vergleich komplett aufgenommen. Dann gibt es keinen Streit über den Inhalt des Zeugnisses und das Zeugnisses auch mit diesem Inhalt, also mit entsprechenden Benotung für die Leistung und für die Führung des Arbeitnehmers, vollstreckbar.

In der Praxis wird dies kaum gemacht, da der Aufwand doch recht groß ist und die Rechtsschutzversicherung in der Regel nicht den Anwalt vergütet, der im Kündigungsschutzrechtstreit ein Zeugnis fertigt. Der Mandant müsste dies also selbst zahlen oder das Zeugnis selbstständig formulieren.

Zusammenfassung

Regelung im VergleichVollstreckbarkeit
„qualifiziertes Zeugnis“vollstreckbar
„mit Note gut“nicht vollstreckbar
„auf Grundlage des Zwischenzeugnisses vom …“umstritten
„nach dem Entwurf des Arbeitnehmers“vollstreckbar
komplettes Zeugnis im Vergleich formulierenvollstreckbar

Rechtsanwalt Andreas Martin

BAG: Rückforderung von Lohnzahlungen des Arbeitgebers nach Insolvenzbeantragung

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Es kommt nicht gerade selten vor, dass der Arbeitgeber, der den Lohnanspruch des Arbeitnehmers nicht bedient, kurz vor der Insolvenz steht. Der Arbeitnehmer hat hier selten einen tieferen Einblick in die finanzielle Situation des Arbeitgebers und kann diese meist nur grob abschätzen.

Rückforderung bei Zahlungen nach Insolvenz

Zahlt der Arbeitgeber nach Beantragung der Insolvenz an den Arbeitnehmer noch Lohn und wird dann später das Insolvenzverfahren eröffnet, kann der Insolvenzverwalter unter bestimmten Umständen diese Zahlungen anfechten und den Lohn vom Arbeitnehmer zurückfordern. Dies gilt dann, wenn der Arbeitnehmer zuvor die Zwangsvollstreckung einleitet oder bereits mit der Vollstreckung droht und der Arbeitgeber aufgrund dieses Druckes zahlt.

Das Resultat ist, dass der Arbeitnehmer dann den Lohn an den Insolvenzverwalter zurückzahlen muss.  Dies ist ein Problem, wenn der Arbeitnehmer für diesen Zeitraum kein Insolvenzgeld bekommen würde (weil z.B. mehr als 3 Monate Lohn ausstehen oder die Löhne länger als 3 Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig waren). Zwar kann er nach der Anfechtung und Rückzahlung seine Forderung als Masseverbindlichkeit beim Insolvenzverwalter anmelden, allerdings kommt hierbei in den meisten Fällen nichts raus.

BAG-Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hatte über folgenden Fall zu entscheiden:

Sachverhalt (verkürzt):

Ein Arbeitnehmer (Baugewerbe) verklagte seinen Arbeitgeber auf Zahlung von rückständigen Lohn. Es bestanden Lohnrückstände von November 2010 bis Februar 2011 (4 Monate). Mitte März 2011 – noch vor der Verhandlung – stellte der Arbeitgeber einen Antrag auf Insolvenz. Eine Woche später kam es zum Abschluss eines Vergleichs vor dem Arbeitsgericht. Ende Mai 2011 drohte der Arbeitnehmer die Zwangsvollstreckung an und erwirkte ein vorläufiges Zahlungsverbot. Mitte Juli zahlte dann der Arbeitgeber die Nettolöhne für Dezember 2010 bis Februar 2011 an den Arbeitnehmer. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der Eigenkündigung des Arbeitnehmers zum 1.7.20111. Für die Monate Mai und Juni 2011 erhielt der Arbeitnehmer Insolvenzgeld. Ende August 2011 wurde dann das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter eingesetzt. Dieser verlange vom Arbeitnehmer im Wege der Insolvenzanfechtung die Rückzahlung von € 3.584,52 und zwar die Nettolöhne, die der Arbeitgeber aufgrund der Vollstreckungsandrohung (aus dem Vergleich) gezahlt hatte. Die Anfechtung erfolgte nach Ablauf der Ausschlussfrist des BRTV-Bau.

Urteil des BAG

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 27.2.2014 – 10 AZR 367/13) gab dem Insolvenzverwalter Recht. Der Arbeitnehmer wurde verpflichtet die erhaltenen Löhne zurückzuzahlen. Das BAG sah kein Problem in der Nichteinhaltung der tarifvertraglichen Ausschlussfrist durch den Insolvenverwalter. Der Insolvenzveralter nahm die Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung vor.

§ 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO lautet:

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1. wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,

Hier fragt sich der Normalbürger natürlich, weshalb der Arbeitnehmer den Lohn – der ihm doch zusteht -zurückzahlen muss.

Dies beantwortet das BAG so:

Eine inkongruente Deckung im Sinne des Anfechtungsrechts liegt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, die mit dem gesetzgeberischen Willen im Einklang steht (BAG 31. August 2010 – 3 ABR 139/09 – Rn. 23), bereits dann vor, wenn der Schuldner während der „kritischen Zeit“ der letzten drei Monate vor dem Eröffnungsantrag oder in der Zeit nach Stellen des Insolvenzantrags unter dem Druck unmittelbar drohender Zwangsvollstreckung leistet, um diese zu vermeiden. Unerheblich ist, ob die Zwangsvollstreckung im verfahrensrechtlichen Sinne schon begonnen hatte, als die Leistung des Schuldners erfolgte. Die Inkongruenz wird durch den zumindest unmittelbar bevorstehenden hoheitlichen Zwang begründet (BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 466/12 – Rn. 24 f.; 19. Mai 2011 – 6 AZR 736/09 – Rn. 12; BGH 18. Dezember 2003 – IX ZR 199/02 – zu I 2 a aa der Gründe, BGHZ 157, 242). Ein die Inkongruenz begründender Druck einer unmittelbaren bevorstehenden Zwangsvollstreckung besteht allerdings noch nicht, wenn der Schuldner nach Zustellung eines Titels die titulierte Forderung erfüllt, ohne dass der Gläubiger die Zwangsvollstreckung zuvor eingeleitet oder angedroht hat (BGH 20. Januar 2011 – IX ZR 8/10 – Rn. 8).

Der Arbeitnehmer hätte hier die Vollstreckung nicht betreiben oder androhen dürfen, um sich nicht der Gefahr der Rückforderung auszusetzen. Dies ist leicht gesagt, da in solchen Situationen, der Arbeitnehmer meist keine Zahlung ohne Androhung oder Durchführung der Zwangsvollstreckung erhält. Meist weiß er auch gar nichts vom Insolvenzantrag des Arbeitgebers.

RA A. Martin