Arbeitszeugnis
Abwicklungsvertrag und Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage

Abwicklungsverträge kommen in der Praxis oft vor. Diesen haben den Zweck die Modalitäten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach einer Kündigung zu regeln.
Abwicklungsvertrag und Kündigungsschutzklage
Nicht selten wird im Abwicklungsvertrag geregelt, dass der Arbeitnehmer auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet. Dies kann problematisch sein.
Unterschied zum Aufhebungsvertrag
Oft wird der Abwicklungsvertrag mit dem Aufhebungsvertrag verwechselt. Im Gegensatz zu einem Aufhebungsvertrag führt der Abwicklungsvertrag selbst nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Abwicklungsvertrag wird vielmehr im Anschluss an eine (arbeitgeberseitige) Kündigung geschlossen, sofern es zu einer Einigung der Parteien kommt und der Bedarf für einen Vertragsschluss besteht.
Der Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis während der Abwicklungsvertrag regelt die Modalitäten nach einer Beendigung (z.B. durch Kündigung).
vorformulierter Vertrag- Überprüfung AGB
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BAG- Urteil vom 24.09.2015 – 2 AZR 347/14) handelt es sich bei einer Vereinbarung über die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses um einen Verbrauchervertrag. Dieser wird durch die Gerichte entsprechen der §§ § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB sowie von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB überprüft (allgemeine Geschäftsbedingungen). Diese strenge Prüfung der Vereinbarung durch die Arbeitsgericht findet nur dann nicht statt, wenn der Arbeitnehmer ernsthaft Einfluss auf den Inhalt der Vereinbarung hatte, was selten der Fall ist.
Abwicklungsvertrag und Sperre
Zu beachten ist, dass der Arbeitnehmer sozialrechtlich verpflichtet ist, die Wirksamkeit der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung zu prüfen. Wehrt sich der Arbeitnehmer nicht gegen eine unwirksame Kündigung und schließt einen Abwicklungsvertrag, wird er in der Regel eine Sperre erhalten. Das Bundessozialgericht hat dazu entschieden, dass dann das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer beendet wurde (BSG 18.12.2003 – B 11 AL 35/03).
Von daher sollte sich der Arbeitnehmer dringend zur Vermeidung einer Sperrzeit in ungewissen Fällen vor dem Abschluss eines Abwicklungsvertrages durch einen Rechtsanwalt über die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage beraten lassen.
Inhalt des Abwicklungsvertrags
Der Abwicklungsvertrag wird in der Regel folgendes regeln:
- Hinweis auf Beendigung durch Kündigung zum bestimmten Datum
- ggfs. Freistellung des Arbeitnehmers / Lohnzahlungspflicht
- ggfs. Zahlung einer Abfindung
- Anrechnung von Urlaub und Überstunden bei Freistellung
- Arbeitszeugnis / Arbeitspapiere
- ggfs. Ausgleichsklausel
Regelung über Klageverzicht (Kündigungsschutzklage)
Nicht selten versuchen Arbeitgeber mit in den Abwicklungsvertrag zu schreiben, dass der Arbeitnehmer auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage – wenn zuvor eine Kündigung ausgesprochen wurde – verzichtet. Eine solcher Klageverzicht kann aber problematisch sein.
Verzicht auf Erhebung einer Kündigungsschutzklage
Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers unwirksam. Es liegt dann eine unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vor.
Ohne Gegenleistung oder ohne angemessene Gegenleistung im Abwicklungsvertrag kann der Arbeitnehmer nicht wirksam auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichten!
Eine unangemessene Benachteiligung liegt und damit die Unwirksamkeit des Abwicklungsvertrag liegt also vor, wenn
- ohne Gegenleistung auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtet wird
- ohne angemessene Gegenseite auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtet wird
angemessene Gegenleistung für Verzicht
Auch die Zusage eines guten Arbeitszeugnisses reicht nicht aus. Denn nach dem Bundesarbeitsgericht ist die in einer Abwicklungsvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein gutes Zeugnis mit überdurchschnittlichen Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, keine ausreichende Kompensation für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage für eine zuvor ausgesprochene Kündigung (BAG – Urteil vom 24.09.2015 – 2 AZR 347/14).
Rechtsanwalt Andreas Martin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Marzahner Promenade 22
12679 Berlin
Tel.: 030 74 92 16 55
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BAG: Zeugnisbeurteilung „zur vollen Zufriedenheit“ ist nicht beanstanden
Der letzte Streit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist häufig das Zeugnis. Probleme gibt es immer dann, wenn man „nicht im Guten“ auseinandergegangen ist.
Zu der Leistungsbeurteilung und den gängigen Beurteilungen im qualifizierten Arbeitszeugnis hatte ich bereits ebenso, wie zum „Code der Arbeitgeber“ geschrieben.
Die Beurteilung im Arbeitszeugnis „zu unserer vollen Zufriedenheit“ entspricht der Schulnote 3, während „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“, der Schulnote 2 und „zu unserer vollsten Zufriedenheit“, der Schulnote 1 entsprechen.
Eine Mitarbeiterin einer Zahnarztpraxis bekam vom Arbeitgeber im Arbeitszeugnis die Beurteilung „zu unserer vollen Zufriedenheit“, also die Note 3, obwohl – nach ihrer Aussage – in dieser Branche die üblichen Beurteilungen, „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ (also 2) oder besser sind.
Die Arbeitnehmerin klagte gegen das Arbeitszeugnis und die Vorinstanzen (das Arbeitsgericht Berlin und das LAG Berlin-Brandenburg) gaben der Arbeitnehmerin Recht mit der Begründung, dass der Arbeitgeber nicht dargelegt habe, dass die von der Klägerin (Arbeitnehmerin) begehrte Beurteilung nicht zutreffen sein.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 18. November 2014 – 9 AZR 584/13 ) gab dem Arbeitgeber Recht und stellte klar, dass nicht der Arbeitgeber nachweisen müsse, dass seine Beurteilung richtig sei, sondern die Arbeitnehmerin, dass sie eine bessere Beurteilung verdiene. Darauf, welche Beurteilungen in der Branche üblich sind, kommt es nicht an.
In der Pressemitteilung führt das BAG dann aus:
Die vom Landesarbeitsgericht zur Ermittlung einer durchschnittlichen Bewertung herangezogenen Studien, nach denen fast 90 % der untersuchten Zeugnisse die Schlussnoten „gut“ oder „sehr gut“ aufweisen sollen, führen nicht zu einer anderen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an. Ansatzpunkt ist die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Begehrt der Arbeitnehmer eine Benotung im oberen Bereich der Skala, muss er darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist. Im Übrigen lassen sich den Studien Tatsachen, die den Schluss darauf zulassen, dass neun von zehn Arbeitnehmern gute oder sehr gute Leistungen erbringen, nicht entnehmen. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Untersuchungen eingegangen sind, die dem Wahrheitsgebot des Zeugnisrechts nicht entsprechen. Der Zeugnisanspruch nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO richtet sich auf ein inhaltlich „wahres“ Zeugnis. Das umfasst auch die Schlussnote. Ein Zeugnis muss auch nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein.
…..
Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden.
Neu ist an der Entscheidung des BAG allenfalls, dass es bei der Frage, was eine durchschnittliche Bewertung ist, nicht darauf ankommt, was in der Branche üblich ist oder nicht.
Im vorliegendem Fall heißt dies, dass die Arbeitnehmerin darlegen und beweisen muss, dass sie besser als nur Durchschnitt war und wenn sie dies kann, dann wäre das Zeugnis zu berichtigen.
RA A. Martin
Arbeitszeugnis nicht erstellt – Schadenersatz gegen den Arbeitgeber
Nach § 109 Gewerbeordnung hat der Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer ein einfaches Zeugnis – auch ohne Aufforderung – zu erstellen. Nach Aufforderung muss der Arbeitgeber eine qualifiziertes Arbeitszeugnis erstellen. Macht er Arbeitgeber dies nicht kann ein Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers bestehen:
Der Arbeitnehmer kann einen Schadensersatzanspruch gegen den säumigen Arbeitgeber herleiten:
- aus Verzug, Nichterteilung oder verspäteter Erteilung des Zeugnisses,
- aus der Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten wegen unvollständiger oder unrichtiger Zeugniserteilung.
Verletzt der Arbeitgeber schuldhaft seine Pflicht, dem Arbeitnehmer rechtzeitig ein ordnungsgemäßes Zeugnis zu erteilen, so haftet er dem Arbeitnehmer. Dies kann der sog. Minderverdienst sein, der diesem dadurch entsteht, dass er bei Bewerbungen kein ordnungsgemäßes Zeugnis nachweisen kann.
Den Schadenersatzanspruch nebst Voraussetzungen muss aber der Arbeitnehmer beweisen. Dies dürfte häufig schwierig sein, insbesondere beim Nachweis des sog. Minderverdienstes.
RA A. Martin
Bundesarbeitsgericht: Entscheidung zum Arbeitszeugnis – kein Anspruch auf Dank, Bedauern und gute Wünsche (Dankes- und Bedauernformel)
Das Bundesarbeitsrecht hat am 11. Dezember 2012 entschieden, dass der Arbeitnehmer im qualifizierten Arbeitszeugnis keinen Anspruch darauf hat, dass das Arbeitszeugnis damit endet, dass der Arbeitgeber sich beim Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit bedankt, dass er (also der Arbeitgeber) das Ausscheiden des Arbeitnehmers bedauert und diesen für dessen Zukunft alles Gute wünscht.
Dankes- und Bedauernformel
Gerade eine solche Formel (Dankes- und Bedauernformel) hat in der Praxis gerade bei guten Arbeitszeugnissen eine große Rolle gespielt. Fehlte ein entsprechender Schlusssatz, wurde dies von Arbeitnehmerseite häufig als ein unvollständiges oder schlechtes Arbeitszeugnis empfunden und vermutet, dass über einen sog. „Code der Arbeitgeber“ potentiellen neuen Arbeitgebern mitgeteilt werden würde, dass man insgeheim froh sei, dass der Arbeitnehmer das Unternehmen verlässt.
BAG ohne Dank und Bedauern geurteilt
Das Bundesarbeitsgericht hat dieser Praxis nun eine Absage erteilt. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf entsprechende Formulierungen, die ja das Empfinden des Arbeitgebers ausdrücken. Begründet hat dies das Bundesarbeitsgericht damit, dass im Gesetzestext, § 109 Abs. 1 S. 3 GewO allein von Angaben über die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers die Rede ist und nicht davon, was der Arbeitgeber empfindet, wenn der Arbeitnehmer ausscheidet. Im Übrigen seinen solche „Zusätze“ nicht beurteilungsneutral und bieten Spielraum zur Relativierung.
§ 109 Abs. 1 GewO lautet:
1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
Das BAG (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11. Dezember 2012 – 9 AZR 227/11 –) führt in seiner Pressemitteilung dazu aus:
Der Arbeitgeber ist gesetzlich nicht verpflichtet, das Arbeitszeugnis mit Formulierungen abzuschließen, in denen er dem Arbeitnehmer für die geleisteten Dienste dankt, dessen Ausscheiden bedauert oder ihm für die Zukunft alles Gute wünscht. Das einfache Zeugnis muss nach § 109 Abs. 1 Satz 2 GewO mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten. Der Arbeitnehmer kann gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken. Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers gehören damit nicht zum notwendigen Zeugnisinhalt. Ist der Arbeitnehmer mit einer vom Arbeitgeber in das Zeugnis aufgenommenen Schlussformel nicht einverstanden, kann er nur die Erteilung eines Zeugnisses ohne diese Formulierung verlangen.
Der Kläger leitete einen Baumarkt der Beklagten. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte ihm die Beklagte ein Arbeitszeugnis mit einer überdurchschnittlichen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Das Zeugnis endet mit den Sätzen: „Herr K scheidet zum 28.02.2009 aus betriebsbedingten Gründen aus unserem Unternehmen aus. Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“ Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Schlusssatz sei unzureichend und entwerte sein gutes Zeugnis. Er habe Anspruch auf die Formulierung: „Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.“ Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Schlusssätze in Zeugnissen, mit denen Arbeitgeber in der Praxis oft persönliche Empfindungen wie Dank oder gute Wünsche zum Ausdruck bringen, sind nicht „beurteilungsneutral“, sondern geeignet, die objektiven Zeugnisaussagen zu Führung und Leistung des Arbeitnehmers zu bestätigen oder zu relativieren. Wenn ein Arbeitgeber solche Schlusssätze formuliert und diese nach Auffassung des Arbeitnehmers mit dem übrigen Zeugnisinhalt nicht in Einklang stehen, ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, ein Zeugnis ohne Schlussformel zu erteilen. Auch wenn in der Praxis, insbesondere in Zeugnissen mit überdurchschnittlicher Leistungs- und Verhaltensbeurteilung, häufig dem Arbeitnehmer für seine Arbeit gedankt wird, kann daraus mangels einer gesetzlichen Grundlage kein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Dankesformel abgeleitet werden.
Stellt man allein auf den Wortlaut des Gesetzes ab, so wird man dem Bundesarbeitsgericht sicherlich Recht geben. Allerdings gibt der Wortlaut ohnehin nicht viel her und in der Praxis hat sich über Jahre ein Kampf ums Arbeitszeugnis, um Formulierungen und um den meist überschätzten „Code der Arbeitgeber“ ausgetragen, der zu gefestigten Standardformulierungen geführt hat. Die Entscheidung wird aber den Kampf nicht nochmal neu entbrennen lassen. Zukünftig wird das Arbeitszeugnis in der Standardform dann etwas kürzer ausfallen.
RA A. Martin
der Fall „Schlecker“ – wer stellt die Arbeitszeugnisse für die Mitarbeiter aus?
Über den Insolvenzfall Schlecker hatte ich ja bereits mehrfach berichtet. Mittlerweile dürften die ersten Gütetermine in den Kündigungsschutzsachen anstehen. Es ist zu erwarten, dass die Schlecker-Anwälte wohl ähnliche Angebote an die klagenden Arbeitnehmer unterbreiten werden, so dass wohl auch die ersten Gütetermine von einigen Kollegen besucht werden, um zu sehen, was im eigenem Fall zu erwarten ist. Gerade bei großen Arbeitsgerichten, wie z.B.beim Arbeitsgericht Berlin, wird dies auch – schon aufgrund der Vielzahl der Fälle – möglich sein.
Arbeitszeugnis – Schlecker
Für die Arbeitnehmer, die nicht geklagt haben und deren Arbeitsverhältnisse von daher mit 3-Monatsfrist enden, stellt sich die Frage, wie und ob die Mitarbeiter an ein Arbeitszeugnis kommen.
Ausscheiden vor der Insolvenz
Scheidet der Mitarbeiter bereits vor der Insolvenz aus,dann hat der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis zu erstellen. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, wenn er länger als 6 Monate beim Arbeitgeber tätig war.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach der Insolvenz
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss sich der Arbeitnehmer an den Insolvenzverwalter wenden, um das Arbeitszeugnis zu bekommen. Dieser nimmt die Arbeitgeberfunktionen wahr. In der Regel wird der Insolvenzverwalter (Geiwitz) aber sich für die Beurteilung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber und im Fall Schlecker an die Vorgesetzten des Arbeitnehmers wenden, da er in der Regel keine Kenntnis von der bisher erbrachten Arbeitsleistung des Arbeitnehmers hat.
RA Martin
BAG: nochmals zu verschlüsselten Arbeitszeugnissen (Code der Arbeitgeber)
Nachdem sich bei Arbeitnehmern herumgesprochen hat, dass Arbeitgeber manchmal in Arbeitszeugnisse harmlos klingende Formulierungen verwenden, die aber unter Arbeitgebern auf negative Eigenschaften des Arbeitnehmers hinweisen, wird nun häufig hinter fast jeder Formulierung des Arbeitgebers vermutet, dass hier in „Geheimcode“ vorliegt und der Arbeitgeber eigentlich den Arbeitnehmer ein schlechtes Zeugnis ausgestellt hat.
der Fall des Bundesarbeitsgericht
Ein Arbeitgeber führte im Arbeitszeugnis aus :
„Wir haben den Kläger als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte. Der Kläger war jederzeit bereit, sich über die normale Arbeitszeit hinaus für die Belange des Unternehmens einzusetzen. Er erledigte seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.“
Der Arbeitnehmer vermutete – gerade aufgrund der Formulierung – „kennen gelernt„, dass der Arbeitgeber eigentlich genau das Gegenteil ausdrücken wollte und klage durch alle Instanzen.
Das BAG (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. November 2011 – 9 AZR 386/10 ) meinte schließlich, dass hier eben kein versteckter Code der Arbeitgeber vorliegt und führte aus:
„Der Kläger wendet sich, soweit für die Revisionsinstanz noch maßgeblich, gegen die Formulierung „kennen gelernt“. Er hat die Auffassung vertreten, diese Formulierung werde in der Berufswelt überwiegend negativ verstanden. Damit bringe der Arbeitgeber verschlüsselt zum Ausdruck, dass gerade das Gegenteil der jeweiligen Aussage zutreffe. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers war vor dem Neunten Senat ohne Erfolg. Die im Zeugnis der Beklagten enthaltene Formulierung, „als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt“, erweckt aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts nicht den Eindruck, die Beklagte attestiere dem Kläger in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation.“
Die Entscheidung ist zu begrüßen, da – wie gesagt- hinter jeder Klausel nun „Böses“ vermutet wird, was häufig nicht der Fall ist. Ein Geheimcode – wenn es diesen denn tatsächlich in den häufig behaupteten Umfang gibt- setzt voraus, dass beide Seiten (also Alt-Arbeitgeber und Neu-Arbeitgeber) diesen lesen können, woran es in der Praxis – zumindest bei kleineren Betrieben – scheitert. Im Übrigen hat der Arbeitgeber ohnehin in der Praxis die Möglichkeit beim „Alt-Arbeitgeber“ anzurufen und einfach nachzufragen; einen Geheimcode bedarf es hierfür nicht.
Anwalt Martin
Arbeitszeugnis – fehlende Dankes- und Wunschformel
Gerade beim Arbeitszeugnis gibt es viele Mythen und häufig ist vom sog. Geheimcode der Arbeitgeber die Sprache. Dass dies nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, bescheinigt nun das LAG Düsseldorf.
Sehr gutes Zeugnis bei fehlender Dankes- und Wunschformel?
Der Arbeitgeber erteilte ein ansonsten sehr gutes Arbeitszeugnis. Im Zeugnis fehlt allerdings die abschließende Dankes- und Wunschformel; also dass der sein Bedauern über das Ausscheiden des Arbeitnehmers zum Ausdruck bringt und ihm für das weitere Arbeitsleben alles Gute wünscht.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Die Arbeitnehmerin klagte vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf auf hinzufügen dieser Formel. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Berufung vor dem LAG Düsseldorf war aber erfolgreich.
Das LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 3.11.2010, 12 Sa 974/10) sah in der fehlenden Abschlussformel „mangelndes Wohlwollen“ des Arbeitgebers und damit ein „Geheimzeichen“ für potentielle Folgearbeitgeber. Nach dem LAG gelte dies jedenfalls bei guten und sehr guten Zeugnissen.
Anwalt Martin
Zwischenarbeitszeugnis – wann hat der Arbeitnehmer einen Anspruch ein Zwischenzeugnis?
Zwischenarbeitszeugnis – wann hat der Arbeitnehmer einen Anspruch ein Zwischenzeugnis?
Dass man als Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses hat, weiß fast jeder Arbeitnehmer. Von einem Zwischenzeugnis oder Zwischenarbeitszeugnis haben auch schon die meisten Arbeitnehmer gehört. Wann man aber als Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses hat, das wissen die wenigsten Arbeitnehmer.
Zwischenzeugnis – was ist das?
Neben dem einfachen Arbeitszeugnis und dem qualifizierten Arbeitszeugnis gibt es auch noch das sog. Zwischenzeugnis. Genau genommen handelt es sich nicht um eine eigene „Art“ eines Arbeitszeugnisses, sondern meistens um ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, welches in der Form eines Zwischenzeugnisses erstellt wird.
Typisch für das Zwischenzeugnis ist, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses – z.B. durch Kündigung, Aufhebungsvertrag oder Zeitablauf – nicht unmittelbar bevorsteht.
Anspruch auf Ausstellung des Zwischenzeugnisses – Rechtsgrundlagen?
Eine gesetzliche Norm, die den Anspruch auf Erteilung des Zwischenzeugnisses regelt, gibt es nicht. Der Anspruch erfolgt aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer. Begrenzt wird diese Verpflichtung durch die Treuepflicht des Arbeitnehmers. Faktisch heißt dies auch, dass der Arbeitnehmer nicht in jeder Situation einen Anspruch auf Erteilung des Zwischenzeugnisses hat.
Wann kann der Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis vom Arbeitgeber verlangen?
Nur in besonderen Fällen, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung des Zwischenzeugnisses. Es muss faktisch ein besonderes Interesse (triftiger Grund) des Arbeitnehmers an der Erteilung des Zwischenzeugnisses vorliegen.
Ein solches Interesse kann in folgenden Fällen gegeben sein:
- Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses für lange Zeit (mehr als 1 Jahr)
- Wechsel des Vorgesetzten
- außerbetriebliche Bewerbung
- bevorstehender Betriebsübergang
- Einberufung zum Wehr- oder Zivildienst
- Beantragung der Elternzeit
- Eröffnung des Insolvenzverfahrens
- Stellenwechsel innerhalb des Betriebes
Das Arbeitszeugnis – was man als Arbeitnehmer wissen muss!
Das Arbeitszeugnis – was man als Arbeitnehmer wissen muss!
Scheidet der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis aus hat er einen Anspruch auf Zeugniserteilung. Wie viele wissen, ist Zeugnis nicht gleich Zeugnis. Hier gibt es Unterschiede.
1. Welche Arten von Arbeitszeugnissen gibt es?
Das Arbeitszeugnis ist eine schriftliche Bescheinigung des Arbeitgebers über den Inhalt, die Dauer und den Verlauf eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses. Es gibt verschiedene Arbeitszeugnisse. Man unterscheidet nach dem Zeitpunkt der Ausstellung und dem Inhalt. So gibt es Zwischen-, End- und vorläufige Zeugnisse sowie das einfache und das qualifizierte Arbeitszeugnis.
Die gesetzliche Grundlage hierfür findet man in
§ 109 GewO, welche lautet:
(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
2. das einfache Arbeitszeugnis
Das einfache Arbeitszeugnis muss stets Angaben über die Person des Arbeitnehmers (vollständiger Name, Geburtsdatum, Adresse) und die Art und Dauer der Beschäftigung enthalten, siehe § 109 Abs. 1 , Satz 1 und 2 der Gewerbeordnung. Die Beschäftigung muss umfassend beschrieben sein.
Weiter ist die Dauer des Arbeitsverhältnisses anzugeben. Unterbrechnungen tatsächlicher Art (Krankheiten/Streiks etc.) dürfen nicht angegeben werden.
Das einfache Arbeitszeugnis enthält keine Leistungsbeurteilung und keine Beurteilung des Verhaltens des Arbeitnehmers.
In der Praxis spielt das einfache Arbeitszeugnis kaum eine Rolle. Der Arbeitgeber muss dies bei Beendigung des Arbeitsverhältnis – auch ohne Verlangen des Arbeitnehmers – von sich aus ausstellen. Fast alle (neuen) Arbeitgeber wünschen aber ein qualifiziertes Arbeitszeugnis.
3. das qualifizierte Arbeitszeugnis
Das qualifizierte Zeugnis enthält – im Gegensatz zum einfachen Arbeitszeugnis – eine Leistungs– und eine Verhaltensbeurteilung, die nach der Tätigkeitsbeschreibung eingeführt wird. Es ist auf Verlangen des Arbeitnehmers auszustellen (siehe § 109 Abs 1, Satz 3 der Gewerbeordnung). Das heißt, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist ein solcher Zeugnis von sich aus auszustellen, sondern nur nach Verlangen des Arbeitnehmers.
Das Zeugnis besteht aus einer Verhaltens- und einer Leistungsbeurteilung:
Bei der Verhaltensbeurteilung muss der Arbeitgeber beschrieben, wie sich der Arbeitnehmer gegenüber Arbeitskollegen und dem Arbeitgeber und Kunden verhalten hat.
Bei der Leistungsbeurteilung wird muss sich der Arbeitgeber mit der Leistung des Arbeitnehmers auseinandersetzen. Hier haben sich einige Redewendungen unter den Arbeitgebern durchgesetzt, aus denen man einen Rückschluss auf die Leistung des Arbeitnehmers ziehen kann. Böse Zungen sprechen hier sogar von einen „Code der Arbeitgeber„, da eben nicht im Zeugnis steht: „Der Arbeitnehmer erbrachte eine gute Leistung.“, sondern z.B. „Der Arbeitnehmer arbeitete zu meiner vollen Zufriedenheit.“
Das Arbeitszeugnis muss klar und verständlich formuliert werden.
Der Zeugnis muss arbeitsfördernd sein, dass heißt, es muss den Arbeitnehmer mit diesem Zeugnis möglich sein einen neuen Job zu bekommen. Andererseits gilt auch der Wahrheitsgrundsatz.
Bei der Beurteilung geht man vom Grundsatz aus, dass die Arbeitsleistung dem Schnitt nach eines Arbeitnehmers grundsätzlich durchschnittlich ist. Abweichungen nach „unten“ (schlechter) muss der Arbeitgeber, gewollte Abweichungen nach „oben“ (besser) muarbeitsförderndss der Arbeitnehmer beweisen.
Die Formulierung „zur vollen Zufriedenheit“ entspricht einer durchschnittlichen Leistung.
Das Zeugnis muss wahr sein.
4. Code der Arbeitgeber – Zeugnissprache
Welche Formulierungen des Arbeitgeber haben, welche Bedeutung?
- „hat sich bemüht, die übertragenden Arbeiten zur Zufriedenheit zu erledigen“ – sehr negative Beurteilung
- „hat die ihm übertragenden Aufgaben zur Zurfriedenheit erledigt“ – unterdurchschnittlich
- „hat die ihm übertragenden Aufgaben zur vollen Zurfriedenheit erledigt“ – durchschnittlich
- „hat die ihm übertragenden Aufgaben zur vollsten Zurfriedenheit erledigt“ – überdurchschnittlich
Als Zeitfaktor werden dann noch in Kombination mit den obigen Ausdrücken die Worte: „stets„, „jederzeit„, „immer“ und „im Großen und Ganzen“ verwendet.
Einen Anspruch auf eine Schlussformel, wonach das Ausscheiden des Arbeitnehmers bedauert wird und ihm für die bisherige Arbeit gedankt wird und ihm für die Zukunft alles Gute gewünscht wird, besteht nicht.