Freizeit

Weshalb Sie eine SMS vom Arbeitgeber lieber lesen sollten!

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BAG: Arbeitnehmer haben kein absolutes Recht auf Unerreichbarkeit in Freizeit
SMS vom Arbeitgeber

Recht auf Unerreichbarkeit in Freizeit

Muss man jede SMS vom Arbeitgeber lesen? Besteht nicht während der Freizeit ein Recht auf absolute Unerreichbarkeit? Diese Fragen sollen hier anhand der neuesten Entscheidung des Bundesarbeitsgericht zur diesem Thema beantwortet werden.

Freizeit vs. Arbeitszeit

Freizeit und Arbeitszeit schließen sich aus. Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet in seiner Freizeit eine Arbeitsleistung zur bringen. Die Abgrenzung ist aber manchmal nicht ganz so einfach.

keine Entgegennahme von Anrufen und SMS in Freizeit?

Einige Juristen vertreten die Auffassung vertreten, dass es ein absolutes Recht auf Unerreichbarkeit des Arbeitnehmers in seiner Freizeit gibt. Dies heißt, dass der Arbeitnehmer in seiner Freizeit grundsätzlich für den Arbeitgeber unerreichbar sein kann. Er muss von daher-nach dieser Auffassung-auch keine Nachrichten des Arbeitgebers lesen und schon gar nicht Anrufe entgegennehmen.

Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein

In jüngster Zeit gab es dazu eine wegweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein (Urteil vom 27. September 2022 – 1 Sa 39 öD/22). Das LAG vertrat die Ansicht, dass ein Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, in ihrer Freizeit Weisungen des Arbeitgebers (hier per SMS) bezüglich des Dienstbeginns am nächsten Arbeitstag zur Kenntnis zu nehmen. Das LAG stellte fest, dass Arbeitnehmer ein „Recht auf Unerreichbarkeit“ hätten, und in ihrer Freizeit nicht Nachrichten des Arbeitgebers lesen müssten. Dazu müsste der Arbeitnehmer nämlich seine Freizeit unterbrechen, denn das Lesen einer dienstlichen SMS sei Arbeitszeit, denn der Arbeitnehmer wird hier fremdnützig tätig.

Bundesarbeitsgericht – Arbeitnehmer muss die SMS lesen

Diese Entscheidung hat das BAG nun aufgehoben und ist zum Ergebnis gekommen, dass der Arbeitnehmer – zumindest, wenn er mit einer Weisung zur Arbeitszeit rechnen muss – eine dienstliche SMS auch in seiner Freizeit lesen muss. Nach dem Bundesarbeitsgericht sei dies aber keine Arbeitszeit, sondern eine Verpflichtung zum Lesen des SMS ergäbe sich als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis.

Sachverhalt der Entscheidungen

Den Entscheidungen lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Ein Notfallsanitäter hatte gegen seinen Arbeitgeber, einen Rettungsdienstbetreiber, auf Entfernung einer Abmahnung und Gutschrift von Arbeitsstunden auf seinem Arbeitszeitkonto geklagt, da er an zwei Tagen nicht rechtzeitig zu einem Springerdienst erschienen war, dessen Beginn ihm am Vortag während seiner Freizeit per SMS mitgeteilt wurde.

Die Besonderheit des Falles besteht darin, dass es eine Betriebsvereinbarung gab, wonach ein Springerdienst des Arbeitnehmers vereinbart war. Beim sog. unkonkreten Springerdienst – der hier am 8. April 2021 vorlag – durfte nach der Betriebsvereinbarung der Arbeitgeber dem Kläger den Dienstbeginn für den nächsten Tag bis 20:00 Uhr des Vortages mitteilen. Der Arbeitgeber teilte am 7. April 2021 um 13:20 Uhr dem Arbeitnehmer auf dessen Handy per SMS mit, dass sein Dienst am 8. April 2021 um 6:00 Uhr beginnt. Der Arbeitnehmer las die SMS aber nicht. Am 8. April 2021 zeigte der Kläger um 07:30 Uhr telefonisch seine Arbeitsbereitschaft beim Arbeitgeber an. Der Arbeitgeber setzte ihn an diesem Tag nicht mehr ein, nachdem er zwischenzeitlich einen Mitarbeiter aus der Rufbereitschaft herangezogen hatte. Der Arbeitgeber erteilte dem Kläger eine Ermahnung, und bewertete den Tag als unentschuldigtes Fehlen. Für das unentschuldigte Fehlen zog der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ingesamt 11 Stunden vom Arbeitszeitkonto ab.

Begründung der Entscheidung des BAG

Das BAG hob die vorherige Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf und wies die Klage des Sanitäters gegenüber dem Arbeitgeber ab. Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass der Arbeitnehmer keine Korrektur des Arbeitszeitkontos verlangen kann, da er seine geschuldete Arbeitsleistung nicht wie angewiesen um 06:00 Uhr angeboten hatte. Die Weisung des Arbeitgebers per SMS zum Dienstbeginn war verbindlich, und der Arbeitnehmer war verpflichtet, diese auch außerhalb seiner Arbeitszeit zur Kenntnis zu nehmen.

Konkret führte das BAG dazu aus:

dd) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, von der wirksamen Konkretisierung des Dienstes keine Kenntnis gehabt zu haben. Die Weisung der Beklagten ist dem Kläger zugegangen. Für den Kläger bestand eine Nebenpflicht aus dem Vertragsverhältnis, die Zuteilung des Dienstes zur Kenntnis zu nehmen.

(1) Die Beklagte hat dem Kläger die Weisung erteilt, den Dienst am 8. April 2021 in der Rettungswache P mit Dienstbeginn 06:00 Uhr aufzunehmen. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte dies dem Kläger am 7. April 2021 um 13:27 Uhr per SMS mitgeteilt hat, die auf seinem Mobiltelefon eingegangen ist. Diese Feststellungen wurden in der Revision nicht – auch nicht mit einer Gegenrüge – angegriffen und sind somit für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO).

(2) Der Kläger war verpflichtet, die Weisung in Bezug auf den zugeteilten Dienst für den 8. April 2021 zur Kenntnis zu nehmen. Es handelt sich um eine mit der Arbeitspflicht in unmittelbarem Zusammenhang stehende Nebenleistungspflicht, der der Kläger als Folge der Regelung in § 4f Abs. 8 Satz 1 BV unterliegt. Dieser Pflicht hat er auch außerhalb seiner eigentlichen Dienstzeit als Notfallsanitäter nachzukommen. Das Landesarbeitsgericht hat dagegen rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger müsse außerhalb der Dienstzeit nicht Kenntnis von der Zuteilung des Dienstes nehmen. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann auf Grundlage der getroffenen Feststellungen in der Sache endentscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

(a) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Im Arbeitsverhältnis können die Vertragsparteien deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem anderen Teil die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen oder zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen (st. Rspr., vgl. BAG 25. Januar 2022 – 9 AZR 146/21 – Rn. 22; 21. Februar 2017 – 1 AZR 367/15 – Rn. 16, BAGE 158, 148; 2. November 2016 – 10 AZR 596/15 – Rn. 32, BAGE 157, 153; 19. Mai 2010 – 5 AZR 162/09 – Rn. 26, BAGE 134, 296).

(b) Die leistungssichernde Nebenpflicht, Kenntnis von der Zuteilung von konkretisierten Tag- und Spätdiensten zu nehmen, kommt im Streitfall in der Regelung von § 4f Abs. 8 Satz 1 BV zum Ausdruck. Danach kann der unkonkret zugeteilte Springerdienst für den Tag- und Spätdienst noch bis 20:00 Uhr des Vortags vor Dienstbeginn im Dienstplan weiter konkretisiert werden. Dies beinhaltet zugleich, dass der jeweils betroffene Arbeitnehmer spätestens ab diesem Zeitpunkt damit rechnen muss, für den folgenden Dienstbeginn einer konkretisierten Weisung zu unterliegen. Daraus folgt die Pflicht, Mitteilungen von Seiten der Beklagten zur Kenntnis zu nehmen. Ohne Erfüllung dieser Nebenpflicht kann der Arbeitnehmer den angestrebten Leistungserfolg, nämlich den Dienstantritt wie zugewiesen, der Beklagten nicht zukommen lassen.

c) Entgegen der Auffassung des Klägers musste er im Rahmen der geschuldeten Mitwirkungspflicht nicht ununterbrochen für die Beklagte erreichbar sein. Es blieb ihm überlassen, wann und wo er von der SMS Kenntnis nehmen wollte, mit der ihn die Beklagte über die Konkretisierung seines Springerdienstes informiert hat. Der Kläger war keineswegs verpflichtet, den gesamten Tag auf sein Mobiltelefon zu schauen und sich dienstbereit zu halten. Da die Beklagte die Konkretisierung des Dienstbeginns und Dienstortes bis 20:00 Uhr vornehmen konnte, war es ausreichend, dass er sich ab dieser Zeit informierte. Er hätte dies sogar erst am Morgen des Diensttages tun können. Aufgrund der Zuteilung eines unkonkreten Tagdienstes in dem ihm bekannten Dienstplan war er bereits informiert, dass der späteste Dienstbeginn zwischen 06:00 Uhr und 09:00 Uhr liegen würde (§ 4f Abs. 7 Satz 2 BV). Der Kläger war auch nicht verpflichtet, mit der Beklagten in Kommunikation zu treten. Er hatte lediglich die Nachricht der Beklagten über die Zuteilung eines bestimmten Dienstes für den folgenden Tag zur Kenntnis zu nehmen.

(d) Die Erfüllung dieser leistungssichernden Nebenpflicht führt nicht zu einer Kollision mit den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes und der Richtlinie 2003/88/EG. Bei der Kenntnisnahme der Weisung zum konkretisierten Dienst handelt es sich nicht um Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtliche Sinne.


(bb) Im Streitfall werden durch die Nebenpflicht zur Kenntnisnahme der Konkretisierung des Dienstes die Möglichkeiten des Klägers, seine Freizeit frei zu gestalten, nicht ganz erheblich im Sinne dieser Rechtsprechung beeinträchtigt. Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinne liegt daher nicht vor. Die Ruhezeit wird durch die Kenntnisnahme nicht unterbrochen. Der Kläger kann frei wählen, zu welchem Zeitpunkt er die Weisung zur Kenntnis nimmt. Der eigentliche Moment der Kenntnisnahme der SMS stellt sich als zeitlich derart geringfügig dar, dass auch insoweit von einer ganz erheblichen Beeinträchtigung der Nutzung der freien Zeit nicht ausgegangen werden kann. Auch der Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu den Fällen der Rufbereitschaft nicht thematisiert, dass der „Ruf“ zur Arbeitsleistung Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie sei.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. August 2023 – 5 AZR 349/22 –

FAQ

Gilt die Entscheidung des BAG für alle Arbeitsverhältnisse?

Nein. Das BAG entscheidet immer nur Einzelfälle und stellt diesbezüglich aber manchmal Grundsätze auf, die für viele Arbeitsverhältnisse dann gelten. Hier bestand die Besonderheit darin, dass Arbeitnehmer nach der Betriebsvereinbarung auf die Mitteilung der konkreten Arbeitszeit warten muss. Er musste also mit einer Benachrichtigung rechnen.


Muss ich als Arbeitnehmer jede SMS des Arbeitgebers lesen?

Nein. Der Arbeitnehmer kann dem Arbeitgeber sogar untersagen, dass dieser die private Telefonnummer nutzt. Sofern kein besonderer Fall vorliegt, dass der Arbeitnehmer sich zur Entgegennahme von Weisungen in der Freizeit verpflichtet hat, muss der nicht jede SMS des Arbeitgeber lesen.


Muss ich als Arbeitnehmer immer einsatzbereit sein, auch in meiner Freizeit?

Nein, der Arbeitnehmer hat immer noch ein Recht auf Unerreichbarkeit in seiner Freizeit. Dies gilt jedoch nicht für alle Fälle. Wenn ich mich als Arbeitnehmer – wie im obigen Fall -wirksam verpflichte in meiner Freizeit über den Arbeitsbeginn informiert zu werden, dann muss ich auch in meiner Freizeit diese Information entgegennehmen.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Äpfelschütteln gehört nicht zur Arbeit – kein Arbeitsunfall bei

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Der Geschäftsführer einer mittelständischen Unternehmens verletzte sich beim Äpfelschütteln auf dem Betriebsgelände. Auf dem Betriebsgeände befanden sich Äpfelbäume, die „gepflegt“ werden mussten und der emsige Geschäftsführer schüttelte die Bäume höchstpersönlich mit einer Markenstange. Die Äpfel verkaufte er dann. Beim Äpfelschütteln verletzte er sich und erlitt einen Bänderriss an der Schulter, der operiert werden musste und bis heute Probleme macht.

Bei seiner Berufsgenossenschaft beantragt er die Anerkennung als Arbeitsunfall. Die BG lehnte ab mit der Begründung, dass das Äpfelschütteln keine berufliche Tätigkeit, sondern dem Freizeitbereich zuzuordnen sei.

Dies sah der Geschäftsführer anders und klagte gegen die Entscheidung vor dem Sozialgericht. Er meinte, dass diese Tätigkeit der Pflege des Betriebsgeländes diene und von daher seiner beruflichen Tätigkeit zuzuordnen sei.

Das Sozialgericht Heilbronn ( Urteil v. 04.11.2014, S 6 U 1056/14) sah dies anders und gab der BG Recht.

Das Äpfelschütteln habe nicht der Pflege des äußeren Erscheinungsbildes des Grünstreifens im Betrieb gedient und demnach auch nicht der Außenwahrnehmung des Betriebsgeländes. Denn ein angrenzendes gemähtes Grundstück werde von Firmenkunden / Besuchern auch dann als gepflegt wahrgenommen, wenn Äpfel auf der Wiese lägen. Das Abschütteln der Äpfelbäume diente also nicht der Pflge. Dass der GF die geernteten Äpfel dann privat verkauft habe, unterstreiche, dass die Apfelernte der unversicherten Freizeit des G. zuzuordnen sei.

Vergütung der Freizeit für Personal auf Schiff?

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Vergütung der Freizeit für Personal auf Schiff?

Was as macht ein Bordingenieur in seine Freizeit? Besser wäre wohl die Frage, wo verbringt ein Bordingenieur seine Freizeit?

Die Antwort ist das Problem: Auf dem Schiff!

Da die Freizeit nicht so verbracht werden kann, wie der Ingenieur es sich vorstellt, kann sich schnell die Frage stellen, ob nicht die Freizeit die ohnehin auf dem Schiff -mangels Landgang – zu verbringen ist, nicht vom Arbeitgeber (der öffentlichen Hand) nach dem TVöD (Tarifvertrag öffentlicher Dienst) zu vergüten ist. Der Bordingenieur meinte auch, dass die Freizeit faktisch auchein  Bereitschaftsdienst ist, da er nimmer mit Sondereinsätzen rechnen müsse.

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich damit zu beschäftigen (BAG Urteil vom 28. Mai 2009 – 6 AZR 141/08 ) und entschied, dass eine Vergütung der Freizeit hier ausscheidet.

Das BAG wies – wie alle Vorinstanzen auch – die Klage zurück, da eine Anordnung auf Verbleib an Bord durch den Arbeitgeber nie getroffen wurde.

 

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin
Rechtsanwalt Martin Berlin - Arbeitsrecht

 

 

 

Anwalt Berlin

Alkohol am Arbeitsplatz oder wie viel darf man trinken?

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Alkohol am Arbeitsplatz oder wie viel darf man trinken?

Mann könnte nun denken, was soll die Frage, wer Alkohol am Arbeitsplatz trinkt, dem wird das Arbeitsverhältnis außerordentlich und meistens fristlos gekündigt und damit ist der Fall erledigt. Stimmt aber so nicht, wie die Juristen immer so schönen sagen, „es kommt darauf an“.

1.  kein Alkoholverbot im Betrieb 

Besteht kein ausdrückliches Alkoholverbot am Arbeitsplatz des Arbeitnehmers, dann kommt eine außerordentliche – fristlose – Kündigung nur in seltenden Fällen in Betracht. Ein solcher Fall könnte aber sein, dass der der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann und zudem auch noch andere gefährdet (z.B. „der betrunkene Krankführer oder Busfahrer). Ansonsten ist zunächst abzumahnen. In Bezug auf den Alkoholiker (siehe die Ausführungen weiter unten).

2.  Alkoholkonsum trotz Alkoholverbotetes

Hier wird die Luft für den Arbeitnehmer schon dünner. Hier liegt auf jeden Fall eine Pflichtverletzung vor, da eine Verpflichtung des Arbeitnehmers – unabhängig, ob die Arbeitskraft beeinträchtigt ist oder eine Gefährung vorliegt – eben kein Alkohol am Arbeitsplatz zu trinken. Hier ist eine Abmahnung auf jeden Fall möglich. Eine außerordentliche Kündigung ist – abhängig vom Einzelfall – auch möglich, wenn die Alkoholmißbrauch gravierend ist und zudem eine Gefährdung vom Arbeitnehmer ausgeht oder mehrfach eine Akoholisierung vorliegt. Man kann aber nicht ohne weiteres sagen, dass eine einmalige Alkoholisierung trotz Alkoholverbots bereits zwingend zu einer außerordentlichen Kündigung führt (selbst beim Gelegenheitstrinkler nicht).

3. Sonderfall Alkoholiker

Beim Alkoholiker ist anerkannt, dass eine Krankheit vorliegt, so dass im Normfall eine verhaltensbedingte Kündigung ausscheidet. Vielmehr ist es schwieriger für den Arbeitnehmer hier die Kündigung auszusprechen. Im Normalfall kommt nur eine personenbedingte Kündigung (wegen Alkoholismus) in Betracht.

Die Rechtmäßigkeit der Kündigung wird in drei Stufen vom Arbeitsgericht überprüft:

  • Prognose hinsichtlich der Entwicklung der Alkoholabhängigkeit muss negativ ausfallen
  • eine Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen muss vorliegen (Fehlzeiten)
  • die Beeinträchtigung führt zu einer unzumutbaren Belastung des Arbeitgebers

Muss der Arbeitnehmer einen Alkoholtest am Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber dulden?

Nein, er muss weder mitwirken (Atemalkoholtest) noch eine Blutentnahme dulden. Der Arbeitgeber kann aber versuchen später im Kündigungsschutzprozess über Zeugen die Alkoholisierung des Arbeitnehmers nachzuweisen (Alkoholfahne, schwankender Gang etc.). Von daher kann der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren – also nach Erhebung der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht – „gute Karten“ haben.

Kann ein Alkoholkonsum außerhalb der Arbeitszeit bereits zu einer Kündigung führen?

Ja, solche Fälle sind denkbar. Wenn ei Berufskraftfahrer wegen Alkoholkonsum in seiner Freizeit seine Fahrerlaubnis verliert, dann kann diese eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen. Der Arbeitnehmer kann dann nämlich seine Arbeitslseistung nicht mehr erbringen. Voraussetzung ist allerdings, dass eine anderweitige Unterbringung des Arbeitnehmers im Betrieb nicht möglich ist.

Rechtsanwalt Martin - Arbeitsrecht Berlin
Rechtsanwalt Martin – Arbeitsrecht Berlin