Arbeitszeitkonto
Vergleich im Kündigungsschutzverfahren und Arbeitszeitkonto

Vergleich und Guthaben auf Arbeitszeitkonto
Die meisten Kündigungsschutzverfahren vor den Arbeitsgerichten enden in der Güteverhandlung durch einen Vergleich. Der Vergleich wird vom Richter dann zu Protokoll diktiert. Beim Arbeitsgericht Berlin haben die Richter oft vorformulierte Textbausteine für typische Vergleichsregelungen. Die Verwendung solche Textbausteine oder die Verwendung von Standardformulierungen ohne Anpassung durch die Parteien oder kann durchaus problematisch sein, wie folgender Fall zeigt:
Sachverhalt
Die Arbeitnehmerin war bei der Arbeitgeberin als Sekretärin beschäftigt. Nachdem die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmerin fristlos gekündigt hatte, schlossen die Parteien im Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht am 15. November 2016 einen gerichtlichen Vergleich.
Freistellung unter Urlaubsgewährung
Dort war geregelt, dass das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Arbeitgeberkündigung mit Ablauf des 31. Januar 2017 enden wird und das bis dahin die Arbeitnehmerin unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der vereinbarten Vergütung unter Anrechnung von Resturlaub freigestellt wird. Eine allgemeine Abgeltungs- bzw. Ausgleichsklausel enthält der Vergleich nicht.
Guthaben auf Arbeitszeitkonto
Was die Arbeitgeberin wohl nicht – zumindest nicht zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses bedachte, war, dass die Arbeitnehmerin noch 67,10 Gutstunden auf ihren Zeitarbeitskonto hatte.
Diese machte die Arbeitnehmerin sodann geltend.
Zahlungsklage zum Arbeitsgericht
Da die Arbeitgeberin hier nicht zahlte, klagte die Arbeitnehmerin auf Zahlung von 1.317,28 Euro brutto nebst Zinsen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 19. Juni 2018 – 12 Sa 218/18) hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen.
BAG entscheidet für Arbeitnehmerin
Der fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts gab der Klägerin recht und die Revision führte zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
In seiner Pressemitteilung Nr. 40/19 vom 20.11.2019 führt das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 20. November 2019 – 5 AZR 578/18) aus:
Endet das Arbeitsverhältnis und können Gutstunden auf dem Arbeitszeitkonto nicht mehr durch Freizeit ausgeglichen werden, sind sie vom Arbeitgeber in Geld abzugelten. Die Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht in einem gerichtlichen Vergleich ist nur dann geeignet, den Anspruch auf Freizeitausgleich zum Abbau von Gutstunden auf dem Arbeitszeitkonto zu erfüllen, wenn der Arbeitnehmer erkennen kann, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Freizeitausgleich von der Arbeitspflicht freistellen will. Daran fehlte es vorliegend. In dem gerichtlichen Vergleich ist weder ausdrücklich noch konkludent hinreichend deutlich festgehalten, dass die Freistellung auch dem Abbau des Arbeitszeitkontos dienen bzw. mit ihr der Freizeitausgleichsanspruch aus dem Arbeitszeitkonto erfüllt sein soll.
Eine Freistellung in einem gerichtlichen Vergleich erfüllt den Anspruch des Arbeitnehmers auf Freitzeitausgleich zum Abbau des Arbeitszeitkontos nur dann, wenn in dem Vergleich hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass mit der Freistellung auch ein Positivsaldo auf dem Arbeitszeitkonto ausgeglichen werden soll. Dem genügt die Klausel, der Arbeitnehmer werde unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt, nicht.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
BVerwG: Personalrat hat nur Anspruch auf anonymisierte Daten zur Arbeitszeit
Das Bundesverwaltungsgericht hatte sich mit einer Beschwerde des Personalrats der Duisburger Agentur für Arbeit zu befassen. Dieser wollte von der Behörde eine eigene Einsicht in das dort genutzte elektronische Zeiterfassungssystem. Dabei ging es ihm vor allem darum unmittelbaren Zugriff auf die Arbeitszeitkonten der hier Beschäftigte zu erhalten.
Bundesverwaltungsgericht: Datenschutz geht vor
Die Agentur für Arbeit verweigerte den direkten Zugriff auf die Daten und vertrat die Auffassung, dass der Personalrat allein einen Anspruch auf die Vorlage von anonymisierten Arbeitzeitdaten hätte. Aus Gründen des Datenschutzes dürfte die Agentur keine persönlichen Daten weitergeben.
BVerwG- anonyme Daten nur nötig
Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil v. 19.03.2014, Az.: 6 P 1.13) gab der Agentur Recht und führte in seiner Pressemitteilung dazu aus:
Der Personalrat hat Anspruch auf Auskunft durch die Dienststelle, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich ist. Er kann sich hier zwar auf seine Aufgabe berufen, die Einhaltung der zugunsten der Beschäftigten geltenden Gesetze, Tarifverträge und Dienstvereinbarungen zu überwachen. Soweit er dafür Einsicht in die Arbeitszeitdaten der Beschäftigten verlangen kann, genügt es jedoch, wenn ihm diese Daten in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt werden; ein unmittelbarer („lesender“) Zugriff auf die Arbeitszeitdaten der namentlich bezeichneten Beschäftigten ist nicht erforderlich.
RA A. Martin
Anerkenntnis des Arbeitgebers durch Lohnabrechnung oder Auszug aus Arbeitszeitkonto
Macht der Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung von Lohn – z.B. vor dem Arbeitsgericht mittels Lohnklage – geltend, muss er in der Regel alle Tatsachen darlegen und notfalls beweisen, die anspruchsbegründend sind. Der Arbeitnehmer muss u.a. nachweisen, dass er seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß erbracht hat und in welcher Höhe der Arbeitslohn vereinbart wurde. Dies kann im Einzelfall – gerade,wenn monatlich diverse Zuschläge und Zulagen fällig werden – schwierig sein.
Nachweis der Höhe des Lohnes bei Anerkenntnis durch Lohnabrechnung/ oder Ausdruck Arbeitszeitkonto
Den Nachweis kann sich der Arbeitnehmer im Prozess vor dem Arbeitsgericht sparen, wenn der Arbeitgeber die Höhe des Lohnes bereits anerkannt hat. Dies kann durch die Lohnabrechnung des Arbeitgebers für den einzelnen Monat geschehen. Die Rechtsprechung sieht grundsätzlich in der erteilten Lohnabrechnung ein Anerkenntnis des Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 20.10.1982 – 5 AZR 110/82 – hier für den Fall der Anwendung von tarifvertraglichen Ausschlussfristen). Der Arbeitgeber stellt mit der Lohnabrechnung den Arbeitslohn streitlos.
Das Gleiche gilt für die Erteilung eines Auszuges aus dem Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers. Auch hierin sieht die Rechtsprechung eine Streitlosstellung des Arbeitslohnes (BAG, Urteil vom 28.07.2010 – 5 AZR 521/09).
RA Martin