Entlassung von Beamten auf Probe – Voraussetzungen

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Entlassung von Beamten auf Probe - Voraussetzungen
Beamte auf Probe

Probezeit bei Beamten

Das öffentliche Dienstrecht, welches für Beamte gilt, ist dem privatrechtlichen Arbeitsrecht ähnlich. Zu beachten ist aber, dass hier die Beziehung zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten stärker ist als zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Wenn jemand Beamter werden will, dann beginnt dies oft mit dem sogenannten Beamtenverhältnis auf Probe. Das Gegenstück im Arbeitsrecht ist die Probezeit im Arbeitsverhältnis.

Beamtenrechtliche Probezeit – was ist das?

Die Probezeit beim Beamten dient den Dienstherrn dazu zu prüfen, ob der Beamte für die vorgesehene Arbeit geeignet ist und die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse mit sich bringt. Der Beamte kann in dieser Zeit prüfen, ob ihm die Stelle zusagt und seinen Vorstellungen entspricht.

Prüfung der Eignung des Beamten in der Probezeit

Als laufbahnrechtliche Probezeit wird die Zeit im Beamtenverhältnis auf Probe bezeichnet, während der sich der Beamte bewähren muss. Für Bundesbeamte regelt § 28 der Bundeslaufbahnverordnung, dass Beamte sich in der Probezeit in vollem Umfang bewährt haben, wenn sie nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung wechselnde Anforderungen ihrer Laufbahn erfüllen können. Dies muss der Dienstherr am Ende der Probezeit einschätzen und dann die Entscheidung über eine mögliche Entlassung treffen. Nach § 11 des Bundesbeamtengesetzes gilt für die Feststellung der Bewährung ein strenger Maßstab, da diese Entscheidung weitreichende Auswirkungen hat.

Ziel: Beamter auf Lebenszeit

Zum Beamten auf Probe wird ernannt, wer seinen Vorbereitungsdienst erfolgreich abgeschlossen hat und danach – z.B. als Richter, Staatsanwalt oder Polizist, zur späteren Verwendung als Beamter auf Lebenszeit vorgesehen ist. Die Probezeit für Beamte dauert in der Regel drei Jahre. Diese kann aber auch verkürzt und maximal auf 5 Jahre verlängert werden.

einfache Trennung bei nicht bestandener Probezeit

Das Beamtenverhältnis auf Probe ist durch den Gesetzgeber geschaffen worden, um dem Dienstherrn die Möglichkeit zu geben, Eignung, Fähigkeiten und Leistung des Beschäftigten zu erproben und sich bei fehlender Eignung von ihm ohne Schwierigkeiten zu trennen.

Entscheidung des Dienstherrn ist nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar

Maßstab für die Beurteilung der Bewährung durch den Dienstherrn sind die Anforderungen des auf Lebenszeit zu übertragenden Amtes. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob sich der Beamte in der laufbahnrechtlichen Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil, das sachverständig und zuverlässig nur der Dienstherr abgeben kann.

Feststellung der Nichtbewährung durch Dienstherrn

Für die Feststellung der Nichtbewährung genügen dabei nach der Rechtsprechung (BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2022 – BVerwG 4 B 41.21) bereits begründete ernsthafte Zweifel des Dienstherrn. Eine solche Entscheidung des Dienstherrn ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe beachtet oder sachfremde Erwägungen vermieden worden sind. Das Gericht setzt also nicht seine Beurteilung der Bewährung an Stelle des Dienstherrn, sondern überprüft nur dessen Entscheidung auf Unsachlichkeit.

aktueller Fall des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zur Probezeitentlassung

In einem bemerkenswerten Fall hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Beschluss des OVG vom 17.01.2024, OVG 10 S 41/22) die Entlassung einer Probebeamtin des Auswärtigen Amtes bestätigt. Das Verwaltungsgericht hatte die Beschwerde der Probebeamtin für zulässig und begründet gehalten.

Das OVG Berlin-Brandenburg hält aber die angegriffene Entlassungsverfügung des Dienstherrn für rechtmäßig.

Sachverhalt der OVG-Entscheidung

Eine Regierungsekretärin beim auswärtigem Amt wurde als Beamtin auf Probe im März 2020 berufen. In der Probezeit gab es - in der Corona-Pandemie – bestimmte Vorgaben des Dienstherrn (Maske, Temperaturmessungen etc). Dagegen wandte sich die Sekretärin per E-Mail mehrfach an den Dienstherrn. Bereits im Mai 2022 entließ der Dienstherr die Sekretärin aus dem Beamtenverhältnis und begründete dies mit einer mangelnden gesundheitlichen Eignung, auf Bedenken hinsichtlich der weltweiten Versetzbarkeit und führte auch aus, dass die Sekretärin charakterliche Eignungsmängel hätte. Dies begründete der Dienstherr damit, dass die Beamtin wesentliche Aspekte des Gedankenguts der sog. „Querdenkerbewegung“ teile oder diesen zumindest nahestehe.

Die Sekretärin äußerte sich u.a. wie folgt:

„Schleichende Einschränkung der Freiheit durch Corona-Maßnahmen, erst Fiebermessen, nun noch Einchecken in der Kantine, Aufpasser, die dort die Sitzordnung überwachen. Dazu große Sorge um die ‚souveräne Europäische Union‘; sie sehe das World Economic Forum in Davos und Herrn Schwab hinter Maßnahmen, die sie als ‚great reset‘ bezeichnete und die Frau von der Leyen als Weisungsempfängerin von Herrn Schwab ausführe. Frau T…stehe dagegen ein für das Grundgesetz und die ‚souveräne EU‘, sie äußere hier nur ihre Meinung, im Übrigen sei sie im Osten aufgewachsen und habe Erfahrungen mit repressiven Systemen gemacht. Appellierte mehrmals an mich: ‚Sehen Sie das denn nicht auch?!‘“.

OVG Berlin – https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/JURE240001694/part/L

Begründung des Beschlusses des OVG

Das OVG begründete den Beschluss damit, dass die im März 2020 ernannte Beamtin Verhaltensmuster und Ansichten, die eine Nähe zur „Querdenker-Bewegung“ vermuten ließen zeigte. Ihre Einstellungen und Handlungen, insbesondere im Kontext der Corona-Pandemie, wurden vom Oberverwaltungsgericht als unvereinbar mit den Pflichten und Erwartungen an eine Beamtin des Auswärtigen Dienstes eingestuft.

Das OLG führe dazu in seiner Begründung folgendes aus:

(2.) Unabhängig davon durfte die Antragsgegnerin auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens in ihrem Entlassungsbescheid vom 11. Mai 2022 zu Recht auch von einer mangelnden Bewährung der Antragstellerin in charakterlicher Hinsicht ausgehen, wobei insoweit – wie eingangs (unter 2.a.) ausgeführt – für die Feststellung der Nichtbewährung bereits begründete ernsthafte Zweifel des Dienstherrn genügen. Solche begründeten ernsthaften Zweifel sind nach Lage der Dinge hier gegeben. Im Einzelnen:Randnummer

(a.) Der Entlassungsbescheid hebt insoweit darauf ab, dass das Verhalten und die Ausführungen der Antragstellerin, die diese im Zusammenhang mit Covid-19-Bekämpfungsmaßnahmen der Antragsgegnerin gezeigt habe, nahelegten, dass sie wesentliche Aspekte des Gedankenguts der sog. „Querdenkerbewegung“ teile oder diesen zumindest nahestehe, wobei sich die Querdenkerbewegung dadurch auszeichne, dass staatliche Maßnahmen, insbesondere solche der Gefahrenabwehr und -prävention im Rahmen der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, als überzogen und als vermeintlicher Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung abgelehnt würden. Auch insoweit hat das Werturteil der Antragsgegnerin, wonach von begründeten ernsthaften Zweifeln an der (charakterlichen) Eignung der Antragstellerin auszugehen sei, innerhalb des oben – unter 2.a. – aufgezeigten rechtlichen Rahmens Bestand.Randnummer

(b.) Die sog. „Querdenker-Bewegung“ ist ausweislich der Feststellungen im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2021, an deren Richtigkeit der Senat keinen Anlass hat zu zweifeln, mit dem Beginn der Coronapandemie und der Durchsetzung staatlicher Beschränkungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Lage entstanden; insoweit sei es in Deutschland nicht nur zu gesellschaftlichen Diskussionen und legitimen Protestaktionen gegen diese Maßnahmen gekommen, sondern in einigen Fällen seien die öffentlich geäußerten Meinungen oder Aktionen von Personenzusammenschlüssen und Einzelpersonen über einen solchen legitimen Protest hinausgegangen und hätten tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen aufgewiesen (vgl. Bundesministerium des Innern und für Heimat – Hrsg.- , Verfassungsschutzbericht 2021, S. 116: „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“). Die Akteure dieses Phänomenbereichs zielen dabei ausweislich der im Verfassungsschutzbericht 2021 getroffenen Feststellungen darauf ab, wesentliche Verfassungsgrundsätze außer Geltung zu setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates oder seiner Einrichtungen erheblich zu beeinträchtigen, machen demokratische Entscheidungsprozesse und Institutionen von Legislative, Exekutive und Judikative verächtlich, sprechen ihnen öffentlich die Legitimität ab und rufen zum Ignorieren behördlicher oder gerichtlicher Anordnungen und Entscheidungen auf. Diese Form der Delegitimierung erfolge über eine ständige Agitation gegen und Verächtlichmachung von demokratisch legitimierten Repräsentantinnen und Repräsentanten sowie Institutionen des Staates und ihrer Entscheidungen; hierdurch könne das Vertrauen in das staatliche System insgesamt erschüttert und dessen Funktionsfähigkeit beeinträchtigt werden (vgl. Bundesministerium des Innern und für Heimat, a.a.O). Gängige, durch Angehörige des Delegitimierungsspektrums rezipierte Verschwörungserzählungen sind ausweislich der Feststellungen im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2022 unter anderem Narrative wie beispielsweise der „Great Reset“ oder Erzählungen über eine vermeintlich von den Eliten geplante „Neue Weltordnung“. Den beiden Verschwörungserzählungen sei dabei gemein, dass vermeintlich mächtigen Einzelpersonen oder den „Eliten“ allgemein unterstellt werde, sie würden die Umsetzung einer neuen Ordnung anstreben und aktuelle Entwicklungen, wie beispielsweise die Coronapandemie, als Mittel zur Erreichung dieser Ziele einsetzen (vgl. Bundesministerium des Innern und für Heimat – Hrsg.-, Verfassungsschutzbericht 2022, S. 117).Randnummer

Dahingehende Äußerungen von Beamten stellen, wie das Bundesverwaltungsgericht jüngst klargestellt hat, einen Verstoß gegen die beamtenrechtliche Treuepflicht dar (grundlegend BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2023 – BVerwG 2 WD 11.22 -, juris Rn. 17 ff. für den Fall eines Soldaten im Ruhestand; zur „nahtlosen“ Übertragung dieser Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts auf Beamtinnen und Beamten des Bundes und der Länder vgl. Gärditz, JZ 2023, 1082, 1086). Nach § 60 Abs. 1 Satz 3 BBG müssen sich Beamtinnen und Beamte durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Hierbei handelt es sich um eine beamtenrechtliche Kernpflicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 2021 – BVerwG 2 A 7.21 -, juris Rn. 26). Aus ihr folgt auch, dass Beamtinnen und Beamte dem aus freien Wahlen hervorgegangenen Bundestag und der von ihm demokratisch legitimierten Bundesregierung Loyalität schulden. Sie sind zur Verfassungs- und Staatstreue auch und gerade in Krisenzeiten und ernsthaften Konfliktsituationen verpflichtet (BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2023 – BVerwG 2 WD 11.22 -, juris Rn. 20). Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass weder der Staat noch die Gesellschaft ein Interesse an unkritischen Beamtinnen und Beamten haben. Äußerungen der hier in Rede stehenden Art lassen sich indes nicht auf eine polemisch-überspitzte Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung reduzieren, die vom Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG noch erfasst wäre (dazu i.E. BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2023 – BVerwG 2 WD 11.22 -, juris Rn. 35 ff.; vgl. zu den verfassungsrechtlichen Fragen vertiefend Gärditz, JZ 2023, 1082, 1083). Äußerungen etwa dahin, dass staatliche Eingriffsmaßnahmen, die zur Bekämpfung des COVID-19-Virus ergriffen wurden, gegen Menschenrechte verstießen und auf eine staatliche Diktatur oder einen gesellschaftlichen Kollaps hinausliefen bzw. bereits zu einer Diktatur geführt hätten, bzw. durch die Maßnahmen solle eine „Neue Weltordnung“ begründet werden, gehen über die noch zulässige Kritik hinaus; denn sie enthalten darüber hinaus den Vorwurf, die Bundesregierung strebe unter Bruch der Verfassung eine Diktatur an (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2023 – BVerwG 2 WD 11.22 -, juris Rn. 26 und 27).

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg 10. Senat / OVG 10 S 41/22

Anmerkungen:

Gerade in der Probezeit sollte man sich mit der Äußerung von „Verschwörungstheorien“ zurückhalten. Dies gilt erst Recht, wenn man Beamter auf Probe ist und sich in einem besonderen Gewaltverhältnis befindet.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

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