Rückforderung überzahlten Urlaub beim Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte?

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Rückforderung von zu viel gezahlten Urlaub
Urlaubsentgelt und Rückforderung

Problematik der Rückforderung von Urlaubsentgelt

Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) die Ansprüche von Arbeitnehmern auf Urlaub und Urlaubsentgelt. Eine interessante Fragestellung ergibt sich, wenn ein Arbeitnehmer nach Gewährung des gesamten Jahresurlaubs in der ersten Jahreshälfte aus dem Unternehmen ausscheidet.

Urlaubsentgelt, Urlaubslohn und Urlaubsgeld

Urlaubsentgelt ist das Geld, dass der Arbeitnehmer während des Urlaubs vom Arbeitgeber erhält. Dies ist faktisch der Urlaubslohn. Der Begriff „Urlaubslohn“, ist nicht ganz richtig. Das Gesetz spricht vom Urlaubsentgelt.

Davon zu unterscheiden ist das Urlaubsgeld. Dies ist eine Sonderzahlung, die ein Arbeitnehmer zum Beispiel kurz vor dem Urlaub vom Arbeitgeber erhalten kann. Eine solche Sonderzahlung wird nicht von allen Arbeitgebern vorgenommen und ein Anspruch besteht nur, wenn dies ausdrücklich geregelt ist. Gesetzlich ist dies nicht vorgesehen.

Der Arbeitnehmer kann den vollen Jahresurlaub verlangen, wenn die Wartezeit abgelaufen ist. Die Wartezeit nach dem Bundesurlaubsgesetz beträgt 6 Monate. Hat ein Arbeitnehmer zum Beispiel im Jahr 2023 bereits sechs Monate gearbeitet (entscheidend ist die Dauer der Betriebszugehörigkeit), dann besteht bereits im Januar 2024 ein Anspruch des Arbeitnehmers auf den kompletten Jahresurlaub.

Wenn nun der Arbeitnehmer den Urlaub zum Beispiel im Januar 2024 nimmt und damit der komplette Jahresurlaub aufgebraucht ist und er kündigt dann später das Arbeitsverhältnis, zum Beispiel zum 31. März 2024, dann stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer hier eine Rückerstattung an den Arbeitgeber vornehmen muss. Er hat Urlaub und damit Geld bekommen, der ihm – im Nachhinein – nicht zusteht.

Rückforderung von Urlaubsansprüchen bei Überzahlung

Der Hintergrund ist nämlich der, dass nach § 5 Absatz 1 Nr. c des Bundesurlaubsgesetzes der Arbeitnehmer beim Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte nur einen Teilurlaubsanspruch hat.

Wenn er also zum 31. März 2024 ausscheidet, dann besteht sein Anspruch auf den Jahresurlaub 2024 nur in Höhe von drei Monaten.

Hätte der Arbeitnehmer also 20 Tage an Urlaub für das ganze Kalenderjahr 2024, dann stehen ihm tatsächlich beim Ausscheiden zum 31. März 2024 nur 5 Urlaubstage zu (20 Tage an Jahresurlaub ./. 12 × 3 Monate). Nun hat er aber Urlaubsentgelt für den gesamten Urlaub bekommen und nicht nur für 3 Monate. Dies war auch nicht falsch, da grundsätzlich- wie oben ausgeführt-der Arbeitnehmer einen Anspruch den kompletten Jahresurlaub nach der Wartezeit, also bereits in der ersten Jahreshälfte hatte. Erst im Nachhinein hat sich dieser Anspruch umgewandelt in einen Teilurlaubsanspruch und es stellt sich die Frage der Rückforderung.

Urlaub kann man nicht rausarbeiten

Um dies gleich klarzustellen, es stellt sich hier nur die Frage nach einer Überzahlung. Bereits gewährten Urlaub kann man nicht abarbeiten und nacharbeiten. Dies ist gesetzlich nicht vorgesehen. Es geht also nur um die Frage, ob der Urlaubsentgelt (der Urlaubslohn) vom Arbeitgeber zurückgefordert werden kann.

Eine ähnliche Problematik stellt sich bei der Frage der Kürzung von Urlaubsansprüchen in der Elternzeit.

Rechtlicher Rahmen

Nach § 5 Absatz 1 Nr. c des Bundesurlaubsgesetzes hat der Arbeitnehmer beim Ausscheiden nach erfüllter Wartezeit in der ersten Jahreshälfte nur einen Teilurlaubsanspruch. Bei einer Kündigung in der ersten Jahreshälfte hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Wie das Arbeitsverhältnis rechtlich endet, also ob durch Kündigung, Befristung oder Aufhebungsvertrag ist unerheblich.

Bundesurlaubsgesetz schließt Rückforderung aus

Für den obigen Fall gibt es aber eine klare gesetzliche Regelung. Das Bundesurlaubsgesetz schließt in § 5 Abs. 4 BUrlG den Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers auf Urlaubsentgelt aus.

Voraussetzung für diesen Forderungsausschluss ist aber Folgendes:

-der Arbeitnehmer wurde tatsächlich für den Urlaub freigestellt

und

-der Arbeitnehmer hat das Urlaubsentgelt auch schon erhalten.

Vor dem Erhalt des Urlaubsentgelts kann der Arbeitgeber von daher noch kürzen (also auch während des Urlaubs)!

Beispiel 1: Der Arbeitnehmer ist seit dem 1.1.2023 beim Arbeitgeber beschäftigt. Im Januar 2024 beantragt dieser für Februar 2024 den kompletten Jahresurlaub (20 Arbeitstage). Der Arbeitgeber genehmigt dem Urlaub und der Arbeitnehmer tritt seinen Urlaub Anfang Februar 2024 an. Am 16. Februar 2024 erhält dann der Arbeitgeber die Kündigung des Arbeitnehmers zum 31. März 2024.

Ergebnis zum Beispiel 1: Hier kann der Arbeitgeber-da noch keinen Urlaubslohn (Urlaubsengelt) gezahlt hat-den Lohn entsprechend kürzen.

Beispiel 2: Wie oben, die Arbeitnehmer hat aber bereits seinen vollen Urlaub für Februar 2024 erhalten und bekommt am 3. März 2024 auch das Urlaubsentgelt für den Monat Februar 2024. Am 4. März 2024 kündigte er das Arbeitsverhältnis zum 15. April 2024.

Ergebnis zum Beispiel 2: Hier kann der Arbeitgeber nicht mehr kürzen, da sowohl der Urlaub schon vom Arbeitnehmer genommen wurde und auch der Urlaubslohn bereits gezahlt wurde. Eine Kürzung des von daher nicht mehr möglich.

Fazit

Die Rückforderung von Urlaubsentgelt ist für den Fall ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer in der ersten Jahreshälfte (also bis zum 30.6.) ausscheidet und seinen kompletten Jahresurlaub und sein Urlaubsentgelt (bereits) erhalten hat.

FAQ

Wie lange ist der Mindesturlaub?

Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt nach dem Bundesurlaubsgesetz insgesamt 4 Wochen pro Kalenderjahr.


Kann man sich Urlaub auszahlen lassen?

Nein, Urlaub kann man sich im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht auszahlen lassen. Erst nach Beendigung wandelt sich der Urlaubsanspruch in einen Abgeltungsanspruch um.


Wie lange beträgt die Wartezeit nach dem BUrlG?

Die Wartezeit beträgt nach dem Bundesurlaubsgesetz 6 Monate. Nach abgelaufener Wartezeit besteht ein voller Urlaubsanspruch. Die Wartezeit muss nur einmal absolviert werden.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

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