Beamter

Kann man einen Beamten aus den Dienst entfernen?

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Kann man einen Beamten aus den Dienst entfernen?
Entfernung Beamter aus Dienst

Kündigung und Entfernung

Wenn der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer kündigen möchte, so ist dies in der Regel ordentlich möglich, sofern ein Kündigungsgrund vorliegt. Bei der außerordentlichen (fristlosen) Kündigung muss sogar ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegen. Oft ist es schwierig einen entsprechenden Kündigungsgrund nachzuweisen, da der Arbeitgeber-wenn der allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz gilt-einen von drei im Kündigungsschutzgesetz geregelten Gründe für die Kündigung braucht. Oft kündigen Arbeitgeber den Arbeitnehmer, den diese gerade loswerden möchten und überlegen sich dann, wie die Kündigung am besten begründet werden kann.

Beamtenverhältnis und Maßnahmen bei Pflichtverletzung

Im Beamtenverhältnis ist dies anders. Ein Beamter auf Lebenszeit muss nicht mit einer Kündigung seines Dienstverhältnisses rechnen. Der Dienstherr (Arbeitgeber) kann allerdings bei schweren Pflichtverletzungen des Beamten entsprechende Maßnahmen/Disziplinarmaßnahmen ergreifen. Die schwerste Disziplinarmaßnahme ist der Widerruf / Entfernung des bzw. aus dem Beamtenverhältnisses.

Disziplinarvorschriften Beamte

Während die beamtenrechtlichen Pflichten in den Beamtengesetzen von Bund und Ländern festgelegt sind, regelt das Disziplinarrecht, welche Folgen Pflichtverletzungen nach sich ziehen können und welches Verfahren hierbei anzuwenden ist. Für die Beamtinnen und Beamten des Bundes gilt das Bundesdisziplinargesetz.


Disziplinarmaßnahmen

Sobald ein Beamter schuldhaft die ihm obliegenden Pflicht verletzt, begeht dieser ein Dienstvergehen. In solchen Fällen können vom Dienstherrn disziplinarrechtliche Maßnahmen ergriffen werden. Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für ein solches Dienstvergehen des Beamten vor, hat der Dienstvorgesetzte sogar die Pflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten und den Sachverhalt aufzuklären. Nach Abschluss muss der Dienstvorgesetzte dann entscheiden, ob das Verfahren eingestellt oder eine Disziplinarmaßnahme verhangen wird.

Bundesdisziplinargesetz

Das Bundesdisziplinargesetz (gilt nur für Bundesbeamte) sieht fünf Disziplinarmaßnahmen vor, die je nach Schwere des Dienstvergehens vom Dienstherrn ausgesprochen werden können.

Dies sind

  • Verweis
  • Geldbuße
  • Zurückstufung
  • Kürzung der Dienstbezüge und die
  • Entfernung aus dem Beamtenverhältnis

Ein Beamter wird nur bei schweren (schwersten) Dienstvergehen aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit muss durch den Verstoß endgültig verloren sein.


Urteil des OVG Rheinland-Pfalz

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 2. November 2022, Aktenzeichen: 3 A 10295/22) hatte nun über einen Fall der Entfernung eines Beamten aus dem Dienstverhältnis zu entscheiden.

JVA-Beamter hatte Betäubungsmittel dabei

Ein 38-jähriger Beamter einer JVA wurde wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge von einem Strafgericht rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der Dienstherrn entschied sich dazu den Beamten aus dem Dienst zu entfernen.

Die erste Instanz (Verwaltungsgericht Tier) hielt die beamtenrechtliche Entfernung für wirksam und entschied gegen den Landesbeamten.


Beamter verlor vor dem OVG

Der Beamte legte gegen die Entscheidung in der ersten Instanz die Berufung ein. Die Berufung wurde vom OVG zurückgewiesen.


Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts

In der Pressemitteilung Nr. 16/2022 der Justiz in Rheinland-Pfalz wurde dazu ausgeführt:

Maßgeblich für die Zurückweisung der Berufung des Beamten war für den Senat der durch die Straftat des Beamten eingetretene Vertrauensverlust. Dem stünden die von ihm geltend gemachten Milderungsgründe nicht entgegen. Vielmehr sei auch unter Berücksichtigung dieser Gründe das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Amtsführung des JVA-Beamten irreversibel zerstört. Die Dienstentfernung sei danach unumgänglich, auch um die Bediensteten im Justizvollzug wirksam an ihre Pflichten zu erinnern und von einer Nachahmung abzuhalten.

OVG Rheinland-Pfalz – Urteil vom 2. November 2022, Aktenzeichen: 3 A 10295/22

Anmerkung:

Zu beachten war, dass die Pflichtverletzung (Drogenbesitz) gerade eines Beamten im Vollzug einer JVA sehr schwer wiegt, da dieser ständig mit Gefangenen zu tun hat, die ggfs. selbst Drogen konsumieren.


Rechtsanwalt Andreas Martin

Versetzung eines schwerbehinderten Beamten und Beteiligung des Integrationsamtes

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Versetzung eines schwerbehinderten Beamten und Beteiligung des Integrationsamtes
Versetzung

Beamtenrecht und Versetzung in den Ruhestand

Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 07.07.2022 – BVerwG 2 A 4.21) hat entschieden, dass das Integrationsamt bei der Versetzung eines schwerbehinderten Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nicht nach Maßgabe des § 168 SGB IX zu beteiligen ist. Nach dem BVerwG ergibt sich auch nichts Gegenteiliges aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wie zum Beispiel aus dem Urteil des EuGH vom 9.3.2017 – Rs. C-406/15, weil das durch das Verfahren der Zurruhesetzung für Lebenszeitbeamte bewirkte Schutzniveau (§§ 44 ff. BBG) jedenfalls nicht hinter dem durch die §§ 168 ff. SGB IX für AN begründeten zurückbleibt.

Was war passiert?

Ein Beamter des BND klagte gegen seine Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit. Der Beamte erlitt am 12. September 2015 einen Autounfall und ist seitdem durchgehend „arbeitsunfähig“ erkrankt. Nach mehreren Untersuchungen und stationären Behandlungen sowie einer erfolglos durchgeführten Wiedereingliederung beauftragte der BND einen Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie mit der Erstellung eines psychiatrisch-neurologischen Fachgutachtens.

starke psychische Beeinträchtigungen

Der Facharzt stellte mehrere stark ausgeprägte psychische Erkrankungen fest, wie zum Beispiel rezidivierende depressive Störung, derzeit mittel- bis schwergradige Episode und teilte mit, dass der Beamte/ Kläger wegen einer gravierenden seelischen Erkrankung dienstunfähig sei.

Der Dienstherr beantragte mit dem an das Bundeskanzleramt gerichtetem Schreiben vom 7. Dezember 2018 die Zustimmung zur Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit. Das Bundeskanzleramt erteilte daraufhin mit Schreiben vom 10. Dezember 2018 „unter dem Vorbehalt, dass der Beamte keine Einwendungen erhebt – gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 BBG zu der beabsichtigten Maßnahme“ das Einverständnis.

Anhörung

Mit Schreiben vom 30. Januar 2019 wurde dann der Beamte vom BND angehört. Der Kläger wandte sich dagegen mit einem anwaltlichen Schreiben, allerdings ohne Erfolg.

Die Gleichstellungsbeauftragte, die Schwerbehindertenvertretung und der auf Antrag des Klägers hinzugezogene Personalrat erhoben keine Einwendungen gegen die beabsichtigte Versetzung des Klägers in den Ruhestand.

Versetzung in den Ruhestand

Mit Bescheid vom 15. Juli 2019 verfügte der Präsident des BND die Versetzung des Klägers in den vorzeitigen Ruhestand. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies der BND mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2021 zurück.

Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht

Es kam dann zum Gerichtsverfahren, da der Kläger am 16. Februar 2021 (Untätigkeits-)Klage erhob. Der Beamte stützte die Klage vor allem auf formelle Mängel der Beschwerde.

Hier bestand die Besonderheit, dass die Eingangsinstanz nicht das Verwaltungsgericht war, sondern die erste und einzige Instanz (§ 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO) das Bundesverwaltungsgericht.

Klageabweisung durch das BVerwG

Dieses hält die Klage für unbegründet und wies diese ab.

Das Bundesverwaltungsgericht führte dazu aus:

Der Beteiligung des Integrationsamtes bedurfte es nicht, obwohl beim Kläger bereits zu Beginn des Zurruhesetzungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 60 vom Hundert festgestellt und er als schwerbehinderter Mensch i. S. v. § 2 Abs. 2 SGB IX anerkannt war. Denn § 168 SGB IX, wonach die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes bedarf, ist nicht auf das Verfahren der Zurruhesetzung eines Lebenszeitbeamten nach §§ 44 ff. BBG anzuwenden (a. A. von Roetteken, ZBR 2018, 73 <79 ff.>; ders. jurisPR-ArbR 50/2021 Anm. 8 zu OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Juli 2021 – 4 B 14.19 -; Düwell, in: Dau/Düwell/Joussen/Luik, SGB IX, 6. Aufl. 2022, Vorbem. § 168 Rn. 11; Rolfs, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 22. Aufl. 2022, § 168 SGB IX Rn. 3). Dies gilt selbst im Hinblick auf den Umstand, dass die Zurruhesetzung nach §§ 44 ff. BBG auch Fälle erfasst, in denen der zur Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft führende körperliche Zustand des Beamten zugleich die Dienstunfähigkeit i. S. v. § 44 Abs. 1 BBG begründet.

Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (im Folgenden: RL 2000/78/EG) führt nicht dazu, dass die Vorschriften der §§ 168 ff. SGB IX auf das Verfahren der Zurruhesetzung eines Lebenszeitbeamten nach Maßgabe der §§ 44 ff. BBG anzuwenden sind.

Nach Art. 7 Abs. 2 RL 2000/78/EG steht im Falle von Menschen mit Behinderung der Gleichbehandlungsgrundsatz weder dem Recht der Mitgliedstaaten entgegen, Bestimmungen zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit am Arbeitsplatz beizubehalten oder zu erlassen, noch steht er Maßnahmen entgegen, mit denen Bestimmungen oder Vorkehrungen eingeführt oder beibehalten werden sollen, die einer Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt dienen oder diese Eingliederung fördern. Diese Bestimmung hat der Europäische Gerichtshof dahingehend ausgelegt, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, Maßnahmen im Sinne des Art. 7 Abs. 2 RL 2000/78/EG beizubehalten oder zu erlassen, dies aber nicht den Schluss zulässt, dass von den Mitgliedstaaten erlassene Bestimmungen außerhalb des Anwendungsbereichs des Unionsrechts liegen. Ist der Bereich des Unionsrechts eröffnet, haben die Mitgliedstaaten ihr Ermessen bei der Wahl zwischen den verschiedenen Durchführungsmodalitäten unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts auszuüben, zu denen insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung gehört (EuGH, Urteil vom 9. März 2017 – C-406/15, Milkova – NZA 2017, 439 Rn. 52 f.).

Urteil vom 07.07.2022 – BVerwG 2 A 4.21

Anmerkung:

Die Entscheidung zeigt, dass gerade bei Schwerbehinderten – auch wenn es hier um das Beamtenrecht ging – diverse Vorschriften einzuhalten sind. Es wäre für den Dienstherrn hier stark nachteilig gewesen, wenn nach dem langen Verfahren über die Einschätzung der Diensttauglichkeit nun alles an der fehlenden Beteiligung des Integrationsamtes gescheitert wäre.

Rechtsanwalt Andreas Martin

Beamter bekommt Freizeitausgleich für „Pausen in Bereithaltung“

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Beamter bekommt Freizeitausgleich für "Pausen in Bereithaltung"
Pause oder Arbeit?

Abgrenzung zwischen Pause und Arbeitszeit

Die Abgrenzung zwischen Pause und Arbeitszeit ist ein häufiges Problem im Arbeitsrecht. Nicht nur Arbeitnehmer haben mit dieser Problematik zu kämpfen, sondern auch Beamte. Im Endeffekt geht es fast immer darum, inwieweit dem Beamten bzw. dem Arbeitnehmer die Pausenzeit zur freien Verfügung steht. Jegliche Einschränkung der Pausenzeit führen dazu, dass man dann prüfen muss, ob die Pause gegebenenfalls schon den Charakter von Arbeitszeit hat.

Pausenzeiten im Arbeitsrecht

Nach dem deutschen Arbeitsrecht sind Pausen im Voraus feststehende Unterbrechungen der Arbeit, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat und frei über die Nutzung des Zeitraums bestimmen kann.

Bereitschaftszeiten und Rufbereitschaft beim Arbeitnehmer

Es gibt umfangreiche Rechtsprechung zur Frage, ob zum Beispiel Bereitschaftszeiten oder Rufbereitschaft eine Arbeitszeit darstellen, die zu vergüten ist oder nicht.


Beamte und Pausenzeiten in Bereithaltung

Wie oben bereits ausgeführt, stellt sich die Problematik auch bei Beamten. Dort gibt es zum Beispiel eine sogenannte „Pause zur Bereithaltung“. Hier ist die Frage, ob diese Pause tatsächlich Arbeitszeit ist und der Beamte gegebenfalls hier nachträglich einen Anspruch auf Freizeitausgleich hat oder nicht.


Entscheidung des Bundesverwaltunsgerichts

Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Oktober 2022- Aktenzeichen 2 C 24.21 hat ein Beamter einen Anspruch auf Freizeitausgleich, soweit die ihm gewährten Pausenzeiten in „Bereithaltung“ als Arbeitszeit zu qualifizieren sind und hieraus eine dienstliche Inanspruchnahme über die durchschnittlich zu erbringende regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus resultiert.

Fall des Bundesverwaltungsgerichts

Ein Bundespolizist hatte auf Anrechnung von nicht „richtig“ gewährten Pausenzeiten auf seine Arbeitszeit geklagt. Er machte geltend, dass ihm im Jahr 2013 diverse Pausen als sog. Pausenzeiten in „Bereithaltung“ gewährt wurden und dies Arbeitszeit sei und keine Pausengewährung, da er die Pausen nicht komplett zur freien Verfügung hatte. Mit seiner Klage wollte der Bundespolizist ingesamt 1.020 Minuten, der nicht gewährten Pausenzeiten in Freizeitausgleich haben. Die einzelne Pausen beliefen sich damals auf jeweils 30 bis 45 Minuten.


Da es sich hier um einen Beamten handelte, war der Gang zu den Arbeitsgerichten nicht möglich, da ein Beamter kein Arbeitnehmer ist. Der Bundespolizist klagte vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht Bauzen (Urteil vom 27. Dezember 2021, Az 2 A 960/19) und konnte immerhin rund die Hälfte seine Forderung (510 Minuten an Freizeitausgleich) durchsetzen.


Revisionsverfahren

Dies war ihm aber noch nicht genug und der Beamte ging in Revision zum Bundesverwaltungsgericht.

Auf die Revision des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger weiteren Freizeitausgleich im Umfang von 105 Minuten zu gewähren.

Begründung durch das BVerwG

Das Bundesverwaltungsgericht führte dazu in seiner Pressemitteilung Nr. 63/2022 vom 13.10.2022 aus:

Der Kläger kann sein Begehren auf den beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch wegen Zuvielarbeit stützen. Dessen Voraussetzungen sind bezogen auf die im Streit stehenden und dem Kläger ab August 2013 gewährten Pausenzeiten gegeben. Denn hierbei handelte es sich um Arbeitszeit und nicht um Ruhezeit. Für die insoweit vorzunehmende Abgrenzung ist maßgeblich, ob die im Rahmen einer Pausenzeit auferlegten Einschränkungen von solcher Art sind, dass sie die Möglichkeiten, sich zu entspannen und sich Tätigkeiten nach Wahl zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich beschränken. Solche objektiv ganz erheblichen Beschränkungen liegen vor, wenn ein Bundespolizeibeamter anlässlich von Maßnahmen der präventiven oder repressiven Gefahrenabwehr (im vorliegenden Fall Durchsuchungsmaßnahmen und die Vollstreckung eines Haftbefehls) seine ständige Erreichbarkeit verbunden mit der Pflicht zur sofortigen Dienstaufnahme während der ihm gewährten Pausenzeiten sicherstellen muss. In diesem Fall sind die Pausenzeiten als Arbeitszeit zu qualifizieren. Auf den Umfang der tatsächlichen dienstlichen Inanspruchnahme kommt es nicht an. Die Verpflichtung zum Tragen von Einsatzkleidung sowie zum Mitführen von Dienstwaffe und Dienstfahrzeug genügen für sich betrachtet jedoch nicht.

BVerwG 2 C 24.21 – Urteil vom 13. Oktober 2022

Anmerkung:

Wie oben bereits ausgeführt wurde, muss die Pause dem Arbeitnehmer zur freien Verfügung stehen. Eine nicht ausreichende Pausengewährung liegt von daher auch nicht vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Pause am nur Arbeitsplatz gewährt ohne, dass dieser die Möglichkeit hat diesen zu verlassen.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

VG Stuttgart: plötzliche Ohnmacht beim Dienstgespräch ist kein Dienstunfall

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Ein Dauerbrenner in Dienstverhältnisses von Beamten ist das Thema Dienstunfall. So hatte z.B. das VG München entschieden, dass der Toilettengang eines Beamten nicht seiner dienstlichen Tätigkeit zu zuordnen sein und folglich der Unfall auf Toilette kein Dienstunfall ist.

Es gibt – da einiges davon abhängen kann – immer wieder Streitigkeiten über die Frage, wann ein solcher Dienstunfall vorliegt.

So hat nun das Verwaltungsgericht Stuttgart (VG Stuttgart, Urteil v. 09.04.2014, 12 K 998/13) entschieden, dass ein Ohnmachtsunfall eines Beamten beim Dienstgespräch eben kein Dienstunfall sei.

Ein Beamter des Verfassungsschutzes hatte teils geheime Daten an Dritte weitergeleitet. Der Dienstherr war dem Beamten nun schweren Geheimnis- und Landesverrat vor (was völlig überzogen war) und lud zum Dienstgespräch. Schon kurze Zeit nach Beginn des Gespräches viel der Beamte in Ohnmacht und war ab diesem Zeitpunkt wegen posttraumatischer Stresserkrankung krank geschrieben. Er wurde später wegen dauernde Diensterkrankung in den Ruhestand versetzt. Das gegen den Beamten eingeleitete Strafverfahren wurde gegen Zahlung von € 800 eingestellt.

Der Beamte wollte die Anerkennung des Geschehens / der Ohnmacht im Dienstgespräch als Dienstunfall, was vom Dienstherrn abgelehnt wurde. Der Beamte verfolgte sein Ziel beim VG Stuttgart weiter.

Ein Dienstunfall setzt u.a. ein äußeres Ereignis voraus.

Das VG führte aus, dass im Dienstunfallrecht als äußeres Ereignis nur ein solches in Betracht komme, das nicht zu den typischen Ereignissen des Beamtenverhältnisses gehört. (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 10. 08. 2011,1 A 1455/09).

Das Gericht stellte fest, dass sich das Gespräch zwischen den Beamten und seinem Vorgesetzten im normalen Rahmen bewegte. Allenfalls, wenn der Vorgesetzte den Beamten beleidigt oder gar körperlich angegriffen hätte, würde ein atypische Ereignis vorliegen. Dies war hier aber nicht der Fall. Von daher lag kein Dienstunfall vor.

A. Martin

kranker Beamter darf nicht mit Band musizieren

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Ein Beamter  hatte eine genehmigte Nebentätigkeit als Mitglied einer Showband ausgeübt. Dabei durfte er aber maximal 8  Stunden pro Woche und bei Krankheit gar  nicht musizieren. Der Beamte erkrankte, hielt sich aber nicht an das „Musizierverbot“ während der Krankheit und spielte weiter mit seiner Band. Selbst nachdem sein Dienstherr nach mehreren Verstößen die Nebentätigkeits-Genehmigung widerrufen hatte, trat der Beamte während der Erkrankung noch Dutzende Male mit seiner Band auf und musizierte.

Entfernung aus dem Beamtenverhältnis

Daraufhin wurde er aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Er klagte dagegen und verlor, zuletzt vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das BVerwG (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.1.2014, in Bl. 2 B 88.13) stellte klar, dass es ein erkrankter Beamter alles Zumutbare  und Mögliche für eine Genesung tun müsse. Daran fehlte es hier durch die – nicht – erlaubte Nebentätigkeit.

RA A. Martin

VG Düsseldorf: kein Kopftuchverbot im allgemeinen Verwaltungsdienst

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Über das Kopftuchverbot und deren verfassungsrechtliche Beurteilung wurde schon viel geschrieben. Herrschend ist die jur. Auffassung, dass Kopftuchverbot im Schuldienst zulässig ist.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf (PM vom 8.11.2013) hatte nun über folgenden Fall zu entscheiden:

Eine Muslima, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch trug, war als Auszubildene beim Landkreis Mettmann beschäftigt worden. Sie bewarb sich mit einem Foto Kopftuch, wobei sie dann beim Vorstellungsgespräch Kopftuch trug, aber – auf Nachfrage – äußerte, dass sie notfalls auch darauf verzichten würde, sollte dies ernstlich notwendig sein. Nach der Ausbildung wurde die Klägerin (Muslima) mit befristeten Arbeitsvertrag weiterbeschäftigt. Ihre wurde nahegelegt das Kopftuch abzulegen, was sie aber nicht tat. Ihre ehemaligen Mitbewerberinnen wurden – nach und nach – zu Beamten auf Probe ernannt, während die Klägerin nicht verbeamtet wurde. Die Klägerin stellte daraufhin einen Antrag auf Verbeamtung auf Probe, welcher von der Beklagten abgelehnt wurde mit der Begründung, dass ein erheblicher Vertrauensverlust in der Person der Klägerin vorliegt, da diese zunächst zugesagt hätte, das Kopftuch nicht unbedingt tragen zu wollen, später aber darauf bestanden hätte.

Das Verwaltungsgericht gab der Klägerin recht. Der Landkreis muss über die Verbeamtung neu entscheiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es im allgemeinen Verwaltungsdienst – anders als im Schuldienst – eben kein Kopftuchverbot gebe und von daher eine Diskriminierung der grundgesetzlich geschützten Religionsfreiheit vorliegen würde.

RA A. Martin