BAG: Dauer der Arbeitszeit bei fehlender Vereinbarung im Arbeitsvertrag

Gepostet am Aktualisiert am


Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet im Arbeitsvertrag auch die regelmäßige Arbeitszeit anzugeben. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 7 Nachweisgesetz.

§ 2 Nachweispflicht (Nachweisgesetz)

(1) Der Arbeitgeber hat spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die

wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem

Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

…………………………….

7. die vereinbarte Arbeitszeit,

………………..

Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

Dauer der Arbeitszeit in Arbeitsverträgen und Praxis

In der Praxis kommt es aber manchmal vor, dass der Arbeitgeber eben eine solche Regelung (Dauer der Arbeitszeit) im Arbeitsvertrag bewusst oder unbewusst nicht aufführt. In den meisten Fällen muss man davon ausgehen, dass der Arbeitgeber dies bewusst nicht aufgenommen hat, da in fast allen Arbeitsvertragsformularen (Arbeitsvertrag) ausdrücklich auch eine Regelung der regelmäßigen Arbeitszeit vorhanden ist. Häufig wird damit bezweckt, dass der Arbeitgeber hier besonders „flexibel“ die Dauer der Arbeitszeit selbst bestimmen möchte und bei schlechter Auftragslage so den Arbeitslohn bei der Abrechnung nach Stundenbasis reduzieren möchte. Dies geht natürlich nicht. Das Betriebsrisiko trägt der Arbeitgeber und dieser muss – wenn er keine Arbeit hat – die regelmäßige Arbeitszeit vergüten.

 Was bei fehlenden Angabe im Arbeitsvertrag?

Aber trotzdem stellt sich in diesem Fall die Frage, wie die regelmäßige Arbeitszeit hier zu bestimmen ist.

 Das BAG (Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 15. Mai 2013 – 10 AZR 325/12 – ) hat diesbezüglich nun die Grundsätze hierfür geregelt.

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes wird in der Regel, wenn sich also keine Vereinbarung der Parteien über die regelmäßige Arbeitszeit nachweisen lässt, die betriebsübliche regelmäßige Arbeitszeit hierfür angesetzt.

Das BAG führt dazu in seiner Pressemitteilung aus:

Ist in einem Arbeitsvertrag die Dauer der Arbeitszeit nicht ausdrücklich geregelt, so gilt die betriebsübliche Arbeitszeit als vereinbart. Nach ihr bemessen sich die Pflichten des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung und des Arbeitgebers zur Zahlung der Vergütung. Diese Grundsätze gelten auch für außertarifliche Angestellte.

…………………

Die Klägerin macht mit der Klage geltend, sie sei vertraglich nicht verpflichtet, 38 Stunden pro Woche zu arbeiten. Sie müsse überhaupt nicht an bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten im Betrieb sein. Ihre Arbeit sei nicht in Zeiteinheiten zu messen. Sie erfülle ihre Arbeitspflicht ohne Rücksicht auf den zeitlichen Aspekt schon dann, wenn sie die ihr von der Beklagten übertragenen Aufgaben erledige. Deshalb müsse die Beklagte ihr auch das volle Gehalt unabhängig von der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden zahlen.

Die Klage blieb – wie schon in den Vorinstanzen – auch vor dem 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos. Der Arbeitsvertrag der Parteien setzt als Maß der zu leistenden Arbeit die betriebsübliche Arbeitszeit voraus. Anhaltspunkte für die Vereinbarung einer dem Zeitmaß enthobenen Arbeitspflicht bestehen nicht. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, Vergütung für Zeiten zu leisten, in denen die Klägerin nicht gearbeitet hat.

Nachtrag:

Leider ist diese Thema durch die Rechtsprechung des BAG nicht mehr ganz so einfach zu beantworten:

Wird im Arbeitsvertrag z.B. „Vollzeit“ vereinbart, gilt in der Regel, dass damit 40 Stunden pro Woche gemeint sind.

Wenn im Arbeitsvertrag aber von Teilzeit spricht, da kann es sein, dass man die Stunden, wie im Abrufarbeitsverhältnis (§ 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz) als regelmäßige Arbeitszeit zu Grunde legt.

RA A. Martin

12 Gedanken zu „BAG: Dauer der Arbeitszeit bei fehlender Vereinbarung im Arbeitsvertrag

    […] 5.  Dauer der Arbeitszeit bei fehlender Angabe im Arbeitsvertrag […]

    Iris Sappl sagte:
    19. Januar 2015 um 19:19

    Obwohl ich meinen Arbeitgeber mehrmals gebeten, aufgefordert habe , hab ich bis heute keinerlei schriftliches Dokument das mündliche Vereinbarungen wieder spiegelt. Die mündlichen Vereinbarungen werden oft nicht beachtet – so komme ich z.B. oft auf bis zu 65-70 Stunden / pro Woche . Die zusätzlich geleisteten Stunden werden in kleinster Weise dokumentiert , s gibt keinerlei Ausgleich. Was kann ich tun ????

      Aaron sagte:
      18. Juli 2017 um 14:48

      Wir leben in einer Marktwirtschaft. Versuche zu wechseln, also einen anderen Arbeitgeber zu finden. Vielleicht gibt es eine Fortbildung in deinem Bereich. Erzähle nicht zuviel Privates in der Firma, so etwa wie „ich habe niemanden, der mein Kind betreut“ oder „die Finanzierung unseres Hauses ist extrem en; ich brauche jeden Cent und kann mir einen Wechsel oder den Kauf einer Monatsfahrkarte nicht leisten.“ das macht erpressbar. Wissen ist Macht…

    […] Arbeitnehmers ab; das LAG gab dem Arbeitnehmer zum Teil (108 Überstunden) Recht und ging von einer regelmäßigen Arbeitszeit des Arbeitnehmers von 40 Stunden pro Woche aus.Der Arbeitgeber legte Revision zum BAG ein und […]

      Virginia sagte:
      11. August 2017 um 14:42

      Der Rat sich etwas anderes zu suchen ist zwar nicht falsch, hilft aber nicht wirklich und ist ja auch nicht immer so einfach. Ganz anders:
      Nach 8 Stunden Arbeit nach Hause gehen !!!!!!!!!!!!!!!!! und wenn der Chef dann zum bleiben auffordert -> vorgefertigten Zettel aus der Tasche holen und sich die soeben erhaltene Anweisung zur Mehrarbeit (vom Chef oder eben der anweisen darf) unterschreiben lassen.
      Das jeden Tag so machen und am Monatsende (wenn die Mehrarbeit nicht bezahlt wurde) Klage vor dem Arbeitsgericht (sofern nicht mehr in der Probezeit !!)
      Wenn in der Probezeit, dann trotzdem nach 8Std. nach Hause gehen und gleichzeitig einen anderen Job suchen.
      Und vor allen Dingen: „fragen Sie das Internet und beschäftigen Sie sich mit dem Arbeitszeitgesetz!“
      Die Arbeitgeber machen diese Spielchen nur, weil sich niemand wehrt.
      Sprichwort: Einer der macht und ein anderer der es mit sich machen lässt. Solange es Arbeitnehmer gibt, die sich aus Angst um Ihre Existenz rumschubsen lassen, solange wird es Arbeitgeber geben, die schubsen und je weniger Widerstand desto fester wird geschubst.
      Übrigens: 10 Stunden ist die höchste gesetzlich tägliche Arbeitszeit die pro Tag gearbeitet werden darf mit dem Zwang, dass ein Ausgleich innerhalb von 6 Monaten gewährt werden muss. Steht auch im ArbZG !

        Rechtsanwalt Andreas Martin geantwortet:
        14. August 2017 um 14:33

        Zum Anwalt gehen, ist meist besser als das Internet zu befragen.

    Günter Fuhrmann sagte:
    10. März 2019 um 16:12

    (§ 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz
    Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist: Gelten 10 oder 20 Stunden als vereinbarte Arbeitszeit???

    Mit freundlichen Grüßen
    Günter Fuhrmann

      Rechtsanwalt Andreas Martin geantwortet:
      17. März 2019 um 09:01

      Im Normalfall 20 h bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit, sofern keine Vollzeit vorliegt.

    […] BAG: Dauer der Arbeitszeit bei fehlender Vereinbarung im Arbeitsvertrag […]

      Christian sagte:
      2. April 2021 um 19:38

      Problem, was ich sehe, ist, dass es nur eine Auffangregelung ist…Wenn aus der tatsächlichen Vertragsdurchführung (länger Zeit) sich eine regelmäßige Arbeitszeit herleiten lässt, so hat sie Vorrang….oder sehe ich das falsch?

    Michaela Peters sagte:
    4. Januar 2023 um 15:47

    Hallo
    Im Arbeitsvertrag meinerMitarbeiterin ist eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden vereinbart.
    Sie ist der Ansicht wenn 4 Wochen rum sind hat Sie 120 Stunden gearbeitet und die restlichen Tage ( z.B. noch 3 Arbeitstage der letzten Woche im Monat wären Überstunden ) die ich Ihr ausgleichen sollte.

    Im Arbeitsvertrag steht nicht monatliche Arbeitszeit von 120 Stunden.
    Dann wäre die Ausage von Ihr nachvollziehbar
    Meine Frage wie verhalte ich mich jetzt?
    Ich schreib die wöchentliche Arbeitszeit immer auf und rechne danach auch die eventuell geleisteten Überstunden .
    Nach der Rechnung der Mitarbeiterin hätte Sie im Jahr ca 75 Überstunden.
    Nach meiner Rechnung hätte Sie knapp 40 Minusstunden.
    🤷‍♀️🤷‍♀️🙇‍♀️🙇‍♀️

      Rechtsanwalt Andreas Martin geantwortet:
      4. Januar 2023 um 17:18

      Guten Tag, lassen Sie sich am besten vor Ort von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten. Nur kurz: Die regelmäßige Arbeitszeit ist hier als Wochenarbeitszeit festgelegt und nicht als Arbeitszeit pro Monat. Ein Monat hat fast immer mehr als 4 Wochen.

Kommentar verfassen

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..