BAG: Keine Corona-Impfung – kein Lohn und kein Urlaub?

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BAG: Keine Corona-Impfung - kein Lohn und kein Urlaub?
kein Lohn

unbezahlte Freistellung wegen fehlender Impfung

Für die Gesundheits- und Pflegebranche gab es in der Corona-Pandemie bestimmte Regelungen, die vorsahen, dass entweder eine Impfung gegen Corona nachgewiesen werden musste oder ein Nachweis darüber erbracht wurde, dass eine Erkrankung vorgelegen hat beziehungsweise eine Impfung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich war. Wer diese Nachweise nicht hatte, wurde in der Regel vom Arbeitgeber unbezahlt freigestellt und bekam auch von der zuständigen Gesundheitsbehörde ein Tätigkeitsverbot.

aktuelle Entscheidung des BAG

Nun kommen diese Fälle zum Bundesarbeitsgericht, und das BAG hat sich diesbezüglich mit mehreren Problemen auseinanderzusetzen.

Freistellung und Lohn sowie Urlaubskürzung

Dabei geht es vor allem darum, ob zunächst überhaupt eine Freistellung zulässig war und ob diese Freistellung tatsächlich unbezahlt möglich ist. Die unbezahlte Freistellung ist im Arbeitsrecht nämlich die absolute Ausnahme. Wenn der Arbeitgeber von der Arbeitsleistung freistellt, dann in der Regel gegen Zahlung.

Weiter stellt sich die Frage, ob, wenn eine entsprechende Freistellung möglich war, der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum der Freistellung keinen Urlaub erwirbt. Auch dies ist untypisch für das deutsche Arbeitsrecht, denn auch bei einer Krankschreibung, wenn also keine Arbeitsleistung erbracht wird, entstehen weiter Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers. Etwas anders ist die Situation bei der Elternzeit. Aber auch hier entstehen die Urlaubsansprüche und der Arbeitgeber hat nach dem Bundeselternzeitgesetz das Recht, diese Ansprüche zu kürzen (Kürzungserklärung in der Elternzeit/ siehe dazu meinen Kürzungsrechner). Muss aber eine entsprechende Kürzungserklärung abgeben.

Diese beiden Problemfälle waren von daher durch das Bundesarbeitsgericht hier nochmal klarzustellen.

der Fall des BAG

Die Klägerin (Arbeitnehmerin) war als Alltagsbegleiterin in einem Seniorenwohnheim beschäftigt und im März 2022 weder gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft noch verfügte sie über einen Immunitätsnachweis. Aufgrund fehlender medizinischer Gründe, die gegen eine Impfung gesprochen hätten, wurde sie ab dem 1. April 2022 von ihrer Arbeitgeberin freigestellt. Diese Freistellung sollte solange gelten, bis die Klägerin die im IfSG a.F. vorgesehenen Nachweise erbringen würde, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2022. Ab dem 1. September 2022 erließ das zuständige Gesundheitsamt zudem ein befristetes Tätigkeitsverbot gegen die Klägerin.

Während der Zeit der Freistellung vom 1. April bis zum 31. August 2022 erhielt die Klägerin keine Vergütung. Die Arbeitgeberin vertrat außerdem die Auffassung, dass der Urlaubsanspruch der Klägerin für jeden vollen Monat der Freistellung anteilig zu kürzen sei. Für die streitige Freistellungszeit von fünf Monaten ergab sich daraus eine Kürzung des Urlaubsanspruchs um 12,5 Tage, was auf 13 Tage aufgerundet wurde.

Die Arbeitgeberin zahlte also keinen Lohn für den Freistellungszeitraum und kürzte zudem noch den Urlaubsanspruch (ähnlich, wie bei der Kürzung in der Elternzeit) der Arbeitnehmerin.

Die Arbeitnehmerin ließ sich dies nicht gefallen und klagte sodann vor dem Arbeitsgericht und später vor dem Landesarbeitsgericht und zwar auf Zahlung ihres Lohnes im Freistellungszeitraum (Annahmeverzugslohn) und auf Feststellung, dass der Urlaub noch durch Kürzung verringert wurde.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts

Die Vorinstanzen wiesen die Klage insgesamt ab, und auch das BAG entschied weitgehend zugunsten der Arbeitgeberin.

Keine Vergütungsansprüche

Das BAG entschied, dass der Klägerin weder ein Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung noch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Zeitraum der Freistellung zusteht. Die Arbeitgeberin durfte unbezahlt freistellen. Die Freistellung basierte auf den Regelungen des IfSG a.F., und die Klägerin hätte ihre Tätigkeit bei Vorlage der notwendigen Nachweise wieder aufnehmen können. Dass sie dies nicht tat, war ihre freie Entscheidung.

Kürzung des Urlaubsanspruchs

Bezüglich des Urlaubsanspruchs stellte das BAG klar, dass die Freistellung aufgrund der Nichterfüllung der Anforderungen des § 20a IfSG a.F. eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruchs rechtfertigt. Die während der Freistellung nicht geleisteten Arbeitstage sind weder nach nationalem noch nach Unionsrecht als Zeiten mit Arbeitspflicht anzusehen. Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub beruht auf der tatsächlichen Arbeitsleistung im Bezugszeitraum. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Umstand, dass der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat, auf eine Entscheidung des Arbeitgebers beruht, wie zum Beispiel bei einer (bezahlten) Freistellung nach einer Kündigung. Da die Freistellung auf der freien Entscheidung der Klägerin basierte, sich nicht impfen zu lassen, unterscheidet sich dieser Fall von anderen einseitigen Freistellungen durch den Arbeitgeber.

Anmerkung

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts verdeutlicht, dass Zeiten unbezahlter Freistellung aufgrund des Nichterfüllens gesetzlicher Impfanforderungen den Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers anteilig kürzen können. Auch waren unbezahlte Freistellungen wegen der „Impfweigerung“ zulässig.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

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