Darf man als Arbeitnehmer kündigen, um eine Weiterbildung zu absolvieren ohne Sperre vom Jobcenter?

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Wer als Arbeitnehmer mehr Geld verdienen will, kommt meist an eine Weiterbildung nicht vorbei. Die Unsicherheit ist hier besonders groß, da dies meist voraussetzt, dass das bestehende Arbeitsverhältnis – um die Weiterbildung zu machen – gekündigt werden muss. Während der Weiterbildung  soll dann meist ALG I bezogen werden. Es droht dann eine Sperre bei der Agentur für Arbeit nach § 159 Abs. 1 SGB III.

Eigenkündigung des Arbeitnehmers und Sperre beim Arbeitslosengeld

Bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers droht in der Regel eine Sperre die Agentur für Arbeit beim Arbeitslosengeld.

Sperre bei Kündigung des Arbeitnehmers

Hier ist aber der Einzelfall entscheidend:

So hat zum Beispiel das Sozialgericht Karlsruhe (SG Karlsruhe, Urteil vom 8.11.2016, S 17 AL 1291/16) entschieden, dass eine Sperre bei Kündigung des Arbeitnehmers, um eine Weiterbildung zu besuchen, im vorliegenden Fall, nicht verhangen werden durfte.

Kündigung wegen Weiterbildung

Der Arbeitnehmer war als Zimmermann tätig. Er wollte später hier den Meister (Zimmerermeister) machen. Dazu wollte der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis kündigen und einen einjährigen Vorbereitungskurs zum Zimmerermeister zu besuchen. Seinen Lebensunterhalt wollte der Arbeitnehmer – für die Dauer des Kurses – über ALG I finanzieren.

Sperre des Jobcenter war unwirksam

Das Jobcenter erteilte dem Arbeitnehmer eine Sperre nach § 159 Abs. 1 SGB III. Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer erfolgreich und bekam vor dem Sozialgericht Karlsruhe auch Recht:

Das Sozialgericht Karlsruhe (Pressemitteilung von 9.11.2016) führt dazu aus:

Eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe gem. § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III sei nicht eingetreten ist. Dem Kläger habe für sein Verhalten ein wichtiger Grund zur Seite gestanden, da er sein Beschäftigungsverhältnis gekündigt habe, um an dem Vorbereitungskurs zur Weiterbildung zum Zimmerermeister teilnehmen zu können.

Unter Abwägung des Interesses des Klägers sich beruflich weiterzubilden, um eine bessere berufliche Stellung zu erreichen, mit dem Interesse der Solidargemeinschaft, den Nachranggrundsatz der Leistungen des SGB III zu wahren, sei das Verhalten des Klägers nicht als sozialwidrig zu werten. Der nachvollziehbare Beweggrund für das Handeln des Klägers, das auch durch Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt sei, und vor allem die Tatsache, dass die Durchführung der Bildungsmaßnahme nicht berufsbegleitend hätte durchgeführt werden können, liesen die Kammer das Verhalten des Klägers nicht als sozialwidrig bewerten.

Des Weiteren entspreche das Verhalten des Klägers den Interessen der Versichertengemeinschaft, da durch die Weiterbildung nicht nur das Risiko zukünftiger Arbeitslosigkeit sinke, sondern auch die Chance künftiger höherer Beitragsleistungen bestehe.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Arbeitsrecht Berlin

6 Gedanken zu „Darf man als Arbeitnehmer kündigen, um eine Weiterbildung zu absolvieren ohne Sperre vom Jobcenter?

    Maaax sagte:
    22. Januar 2017 um 13:06

    Das „Jobcenter“ dürfte vorliegend gar nichts gemacht haben. Da es sich um Arbeitslosengeld im Sinne des SGB III handelte, war die Agentur für Arbeit zuständig.

      Rechtsanwalt Andreas Martin geantwortet:
      25. Januar 2017 um 09:35

      Ja, dies macht Sinn.

    Iasmina Bota sagte:
    27. Januar 2019 um 15:34

    Hallo ..
    Ich arbeite in Vollzeit , möchte mich aber weiter bilden . Ich bin alleine in Deutschland und habe auch ein Haufen Ausgaben.
    Was muss ich machen ? Kündigen kann ich ja nicht wenn man dann ne Sperre bekommt 😑 Ich möchte aber auch nicht mein ganzes Leben durch Leihfirma arbeiten,also sollte ich was machen . Ich hab ein unbefristetes Arbeitsvertrag und die einzigste Möglichkeit wäre ein Aufhebungsvertrag . Gibt es irgend welche Hintertürchen? Was kann ich da machen? Ich bedanke mich im voraus für die Antworten . LG

      Rechtsanwalt Andreas Martin geantwortet:
      30. Januar 2019 um 07:28

      Ich verstehe Ihr Anliegen und halte eine Weiterbildung auch für sinnvoll. Bitte klären Sie dies aber mit einem Rechtsanwalt vor Ort ab (der sich auch im Sozialrecht gut auskennt).

    Jöerg Zeising sagte:
    1. Februar 2019 um 19:09

    Hallo, ich arbeite seit 14 Jahren im Betrieb und bin seit Mitte letzten Jahres in einer Weiterbildung zum Industriemeister. Die Weiterbildung dauert noch 3 Jahre, wird alles von mir selbst Finanziert. Jetzt habe ich leider erfahren, das mein Arbeitgeber die Produktion ins Ausland verlagert und nur noch einen kleiner Teil, ich Tippe mal die Verwaltung, in Deutschland bleibt.
    Habe ich durch die Weiterbildung ein besonderes Kündigungsrecht?

      Rechtsanwalt Andreas Martin geantwortet:
      9. Februar 2019 um 15:33

      Ein außerordentliches Kündigungsrecht liegt nur selten vor. Ordentlich kann man aber kündigen. Lassen Sie sich am besten vor Ort anwaltlich beraten.

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