Lohnzahlung
BAG: Keine Vergütung des ärztlichen Hintergrunddienstes!
ärztlicher Hintergrunddienst
Oberärzte leisten oft einen sogenannten Hintergrunddienst. Dabei sind sie örtlich nicht anwesend, sondern können sich Zuhause aufhalten, müssen aber im Notfall erreichbar sein und in bestimmten Fällen sogar dann ins Krankenhaus fahren. Dieser sogenannte Hintergrunddienst stellt die Frage danach, ob ein solcher Dienst, wie Arbeitszeit, zu vergüten ist.
Tarifverträge in Krankenhäusern regeln den Hintergrunddienst und dessen Vergütung
Eine Besonderheit besteht auch noch darin, dass für in Krankenhäusern beschäftigte Ärzte oft tarifvertragliche Regelungen Anwendung finden. In vielen ärztlichen Tarifverträgen wird der Dienst als Hintergrund nicht oder nur sehr gering vergütet.
Entscheidung des BAG zur Vergütung des Hintergrundes
Das Bundesarbeitsgericht hatte nun einen Fall zu entscheiden, wonach ein Oberarzt die Zeiten seines Hintergrunddienstes vergütet bekommen wollte.
> Ergebnis: > Um das Ergebnis vorwegzunehmen, das Bundesarbeitsgericht war der Meinung, dass die Hintergrunddienstzeiten des Arztes als Rufbereitschaftsdienste nicht zu vergüten sind.
> Dazu wie folgt:
Was ist Rufbereitschaft?
Rufbereitschaft ist die Verpflichtung des Arbeitnehmers sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten und die Arbeit im Bedarfsfall aufzunehmen. In Tarifverträgen werden für die Rufbereitschaft teilweise andere Bezeichnungen verwandt.
Ist Rufbereitschaft zu vergüten?
Rufbereitschaft ist in der Regel nicht zu vergüten und zählt nicht zur Arbeitszeit, sondern ist Ruhezeit. Der Arbeitnehmer kann seinen Aufenthaltsort frei bestimmen und muss nur erreichbar sein.
Was ist Bereitschaftsdienst?
Bereitschaftsdienst ist eine Sonderform der Arbeitszeit und keine Ruhezeit. Der Bereitschaftsdienst ist das Verfügbarhalten des Arbeitnehmers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort mit der Pflicht zur unverzüglichen Aufnahme der Arbeit im Bedarfsfall.
Muss der Bereitschaftsdienst vergütet werden?
Da der Bereitschaftsdienst keine Ruhezeit, sondern Arbeitszeit ist, ist dieser zu vergüten.
Was ist der Unterschied zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft?
Grundsätzlich unterscheiden sich die Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst durch die unterschiedliche Bestimmung des Aufenthaltsortes. Bei der Rufbereitschaft bestimmt der Arbeitnehmer, bei der Arbeitsbereitschaft und dem Bereitschaftsdienst der Arbeitgeber den Aufenthaltsort. Die Rufbereitschaft ist Ruhezeit und von daher nicht zu vergüten. Der Bereitschaftsdienst ist vergütungspflichtige Arbeitszeit.
Ist der ärztliche Bereitschaftsdienst zu vergüten?
Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist Bereitschaftsdienst von Ärzten, den diese in persönlicher Anwesenheit in der Gesundheitseinrichtung zu leisten haben, als Arbeitszeit anzusehen (so Urteil des EuGH vom 03.10.2000 C 303/98).
Ist die ärztliche Rufbereitschaft zu vergüten?
In der Regel nicht, aber hier können Ausnahmeregelungen in Tarifverträgen vorgesehen werden.
Sachverhalt des Bundesarbeitsgerichts zur Hintergrundzeit
Der Kläger ist Oberarzt und leistet bei der Beklagten im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, auf das der TV-Ärzte/TdL Anwendung findet, außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit sog. Hintergrunddienste.
Während dieser Zeit ist der Kläger verpflichtet, telefonisch erreichbar zu sein. Weitere ausdrückliche Vorgaben hinsichtlich des Aufenthaltsortes oder der Zeitspanne, innerhalb derer er die Arbeit im Klinikum aufzunehmen hat, gibt es nicht. In der Regel wird er telefonisch in Anspruch genommen und berät dann die Ärzte im Klinikum. In seltenen Fällen muss er auch ins Klinikum fahren.
> Die Beklagte vergütet die Hintergrunddienste gemäß § 9 Abs. 1 TV-Ärzte/TdL als Rufbereitschaft iSd. § 7 Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL.
Der klagende Oberarzt möchte nun seine Hintergrunddienst bezahlt bekommen und forderte vor dem Arbeitsgericht insgesamt € 40.000 an Vergütung nach.
Das Landesarbeitsgericht sprach dem Kläger die geforderte Vergütung zu.
Die Beklagte ging daraufhin in Revision zum BAG und gewann dort den Rechtsstreit.
Urteilsbegründung des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht sah in der ärztlichen Hintergrunddienstzeit nur eine Rufbereitschaft, da kein Aufenthaltsort vorgegeben war, so dass eine Vergütungspflicht nicht bestand.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 25. März 2021 – 6 AZR 264/20) führt dazu in seiner Pressemitteilung vom 25.03.2021 (Nr. 6/21) folgendes aus:
> Bei dem vom Kläger geleisteten Hintergrunddienst handelt es sich um Rufbereitschaft. Ob ein vom Arbeitgeber im Anwendungsbereich des TV-Ärzte/TdL angeordneter (Hintergrund-)Dienst im vergütungsrechtlichen Sinn Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft ist, richtet sich ausschließlich nach nationalem Recht und nicht nach der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG. Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst unterscheiden sich nach den tariflichen Definitionen in § 7 Abs. 4 Satz 1 bzw. Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL dadurch, dass der Arbeitnehmer sich nach den Vorgaben des Arbeitgebers nicht an einem bestimmten Ort aufhalten muss, sondern seinen Aufenthaltsort frei wählen kann. Maßgeblich ist also der Umfang der vom Arbeitgeber angeordneten Aufenthaltsbeschränkung. Dabei ist der Arbeitnehmer allerdings auch bei der Rufbereitschaft in der Wahl seines Aufenthaltsortes nicht völlig frei. Er darf sich entsprechend dem Zweck der Rufbereitschaft nur so weit von dem Arbeitsort entfernt aufhalten, dass er die Arbeit dort alsbald aufnehmen kann. Das ist bei dem von der Beklagten angeordneten Hintergrunddienst noch der Fall. Mit der Verpflichtung, einen dienstlichen Telefonanruf anzunehmen und damit die Arbeit unverzüglich aufzunehmen, ist keine räumliche Aufenthaltsbeschränkung verbunden. Zeitvorgaben für die Aufnahme der Arbeit im Übrigen bestehen nicht. Dass uU nach einem Anruf zeitnah die Arbeit in der Klinik fortgesetzt werden muss, steht im Einklang mit dem Wesen der Rufbereitschaft. > > Allerdings untersagt § 7 Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL dem Arbeitgeber die Anordnung von Rufbereitschaft, wenn erfahrungsgemäß nicht lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt. Das trifft vorliegend zu. Der Kläger wird in etwa der Hälfte der Hintergrunddienste zur Arbeit herangezogen und leistet zu 4 % aller Rufbereitschaftsstunden tatsächliche Arbeit. Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur auf die Arbeitseinsätze an, die in der Klinik fortzusetzen sind, was in mehr als einem Viertel der Rufbereitschaften vorkommt. In der Gesamtschau dieser Umstände hätte sie die vom Kläger geleisteten Hintergrunddienste daher nicht anordnen dürfen. Gleichwohl führt dies nicht zu der vom Kläger begehrten höheren Vergütung. Ein bestimmter Arbeitsleistungsanteil ist nach dem Tarifvertrag weder dem Bereitschaftsdienst noch der Rufbereitschaft begriffsimmanent. Die Tarifvertragsparteien haben damit bewusst für den Fall einer tarifwidrigen Anordnung von Rufbereitschaft keinen höheren Vergütungsanspruch vorgesehen. Diesen Willen hat der Senat respektiert.
Anmerkung: Die Unterscheidung zwischen der nicht Vergütungspflichten Rufbereitschaft und dem zu bezahlenden Bereitschaftsdienst bestimmt sich dem Grunde nach danach, ob der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort frei bestimmen kann.
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Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin
Wann muss das letzte Gehalt nach der Kündigung gezahlt werden?

Wann ist der letzte Lohn nach einer Arbeitgeberkündigung zu zahlen?
Das letzte Gehalt nach der Kündigung durch den Arbeitgeber möchte der Arbeitnehmer möglichst schnell erhalten. Oft haben Arbeitnehmer nach einer ordentlichen oder außerordentlichen, fristlosen Kündigung des Arbeitgebers die Befürchtung, dass der Arbeitgeber den letzten Lohn nach Kündigung nicht pünktlich zahlt oder gegebenenfalls sogar Kürzungen vornehmen.
Weiter stellt sich die Frage, wie sich der Umstand auswirkt, dass ein Arbeitsverhältnis-gerade bei einer außerordentlichen Kündigung-nicht zum Ende des Monats, sondern zum Beispiel mitten im Monat endet. Hat der Arbeitnehmer in dieser Situation sofort einen Anspruch auf Zahlung des Lohnes?
Auch wenn der Arbeitnehmer vorschriftsmäßig kündigt, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber den Lohn nach Kündigung sofort zahlen muss.
Was ist der Unterschied zwischen Lohn und Gehalt?
Der Unterschied zwischen Arbeitslohn und Gehalt ist leicht erklärt.
Das Gehalt des monatlich immer gleich und wird oft bei Angestellten im Büro gezahlt, was aber nicht verpflichtend in dieser Form ist. Auch andere Arbeitnehmer können natürlich eine monatlich gleich hohen Lohn, also ein Gehalt, erhalten.
Der Lohn ist monatlich unterschiedlich hoch und wird in der Regel nach einen Stundenlohn berechnet.
Achtung: Das Gehalt ist monatlich gleich und wird nicht nach Stunden abgerechnet.
Wann wird der Lohn bzw. das Gehalt fällig?
Die Fälligkeit des Lohnes ist in § 614 BGB geregelt. Dort ist die Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers normiert. Der Arbeitnehmer muss faktisch zunächst erst einmal einem Monat arbeiten und hat dann einen Lohnanspruch. Der Lohn wird fällig am ersten Tag des neuen Monats. Dies ist die gesetzliche Regelung zur Lohnzahlungspflicht. Davon darf aber durch Arbeitsvertrag und Tarifvertrag abgewichen werden. So finden sich in vielen Arbeitsverträgen andere Regelungen über die Fälligkeit der Arbeitsvergütung.
§ 614 Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) – Fälligkeit der Vergütung
Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
Fälligkeit im Arbeitsvertrag
Wer wissen möchte, zu wann sein Lohn oder Gehalt fällig wird, sollte in den Arbeitsvertrag schauen. Allerdings sind Regelungen über die Fälligkeit des Arbeitslohnes in einem anwendbaren Tarifvertrag vorrangig. Wenn es keine tarifvertraglichen Regelungen über die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers gibt, dann findet man die Regelung über den fälligen Lohn im Arbeitsvertrag. Im Arbeitsvertrag finden sich Regelungen über die Lohnzahlungspflicht nebst Fälligkeit meist am Anfang des Vertrags. Es ist zulässig, dass dort die Fälligkeit zu einem späteren Zeitpunkt geregelt ist. Üblich sind in Arbeitsverträgen Vereinbarungen über monatliche Zahlungen mit schriftlicher Abrechnung und Zahlungen zum Monatsende beziehungsweise (Gehalt) bis zum 15. Kalendertag des folgenden Monats (Lohn).
Checkliste für die Fälligkeit
- Gibts es einen anwendbaren Tarifvertrag?
- Ja, dann gibt sich meist die Fälligkeit aus diesen TV (meist ist dies ein Manteltarifvertrag)
- Nein, dann schauen Sie bitte im Arbeitsvertrag
- Wenn es keine Regelung im Arbeitsvertrag gibt, dann ergibt sich die Fälligkeit aus dem Gesetz
- Laut Gesetz, wird der monatliche Lohn am 1. Tag des Folgemonats fällig
typische Regelungen über die Fälligkeit im Arbeitsvertrag
Typisch sind Regelungen, wie:
Der Lohn wird fällig zum 10. Tag des Folgemonats.
Das Gehalt ist zahlbar zum 15. des Folgemonats.
Wo liegt die zeitliche Grenze eine Regelung im Arbeitsvertrag über die Fälligkeit des Lohnes?
Alles was später als zum 15. des Folgemonats im Arbeitsvertrag ist problematisch. Der Arbeitnehmer geht ja schon in Vorleistung. Eine unangemessene Regelung über die Lohnfälligkeit im Arbeitsvertrag führt dazu, dass dann die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung, nämlich die Fälligkeit der Vergütung zum 1. des Folgemonats gilt. Nach dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 9.10.2017, Az: 4 Sa 8/17) ist eine Fälligkeitsregelung im Arbeitsvertrag unwirksam, welche die Zahlung zum 20. des Folgemonats festschreibt.
Wann endet der Gehaltsanspruch bei einer Kündigung?
Der Gehaltsanspruch des Arbeitnehmers endet bei fristloser Kündigung mit Zugang dieser Kündigung und bei ordentlichen Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist. Ab diesem Zeitpunkt muss der Arbeitgeber keinen Lohn mehr zahlen. Eine Ausnahme gilt dann, wenn sich der Arbeitnehmer gegen die Kündigung erfolgreich mittels Kündigungsschutzklage wehrt und das Verfahren vor dem Arbeitsgericht gewinnt. Dann muss der Arbeitgeber den sogenannten Annahmeverzugslohn, also das Gehalt auch über die Kündigungsfrist hinaus an den Arbeitnehmer, dann rückwirkend, zahlen.
Was ist mit dem Lohnanspruch bei Kündigung und Freistellung?
Gerade in größeren Betrieben ist es oft so, dass bei einer ordentlichen Kündigung, verhaltensbedingt, betriebsbedingt, oder personenbedingt, der Arbeitnehmer zugleich mit dem Erhalt der Zugang von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Eine Freistellung ist – wenn überhaupt – grundsätzlich nur entgeltlich möglich. Der Arbeitnehmer bekommt dann bis zum Ende der Kündigungsfrist das ausstehende Gehalt ohne dass er eine Arbeitsleistung erbringen muss. Eine Freistellung kann widerruflich oder unwiderruflich erfolgen. Der Arbeitnehmer sollte darauf bestehen, dass die Freistellung schriftlich erteilt wurde, damit er dieses später auch nachweisen kann.
Was umfasst die Vergütungspflicht nach einer Arbeitgeberkündigung?
Die Vergütungspflicht des Arbeitgebers umfasst grundsätzlich den vollen Lohn bzw. das ausstehende Gehalt nebst sämtlicher vereinbarten (arbeitsvertraglicher oder tarifvertraglicher) Zuschläge, etwa für Nachtarbeit, Sonntagsarbeit, Überstunden oder Schichtzulagen. Bei fristloser Kündigung wird kein Lohn ab Zugang mehr ausgezahlt.
Verschiebt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Fälligkeit der Vergütung?
Es stellt sich die Frage, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und zwar vor Ende des Kalendermonats, ob sich dadurch auch die Fälligkeit des letzten Gehalts verschiebt und die Fälligkeit dann etwas früher eintritt, da das Arbeitsverhältnis ja nicht zum Monatsende beendet wurde, sondern zu einem früheren Zeitpunkt.
Beispiel: Der Arbeitgeber kündigt dem Arbeitnehmer zum 15.04.2021. Normalerweise wird der Lohn immer zum 5. des nächsten Monats gezahlt. Wann wird der letzte Lohn fällig?
Ergebnis: Wie immer zum 5. des Folgemonats.
Kündigung ändert nichts an Fälligkeit des letzten Gehalts
Viele Arbeitnehmer führen dafür an, dass ja der Arbeitgeber jetzt mehr Zeit hätte um das Arbeitsverhältnis abzurechnen und sie von daher auch schon eher einen Anspruch auf das ausstehende Gehalt hätten.
Ob es sich bei der Beendigung dabei um eine fristlose Kündigung handelt oder nicht, spielt keine Rolle. Allerdings wird der Arbeitgeber, wenn eine außerordentliche Kündigung vorliegt, also bei fristloser Kündigung, den Lohn nach Kündigung in der Regel nicht zahlen. Hier bleibt dem Arbeitnehmer nur die Erhebung der Kündigungsschutzklage und wenn dieser gewinnt, dass muss der Arbeitgeber auch das ausstehende, letzte Gehalt zahlen.
Beispiel: Der Arbeitgeber kündigt ordentlich das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer zum 15. Februar 2021. Wann wird der Lohn fällig, wenn es keine Regelung im Arbeitsvertrag dazu gibt?
letzte Gehalt ist wie normales Gehalt auszuzahlen
Zu beachten ist aber, dass das vorzeitige Ende des Arbeitsverhältnis keinen Einfluss auf den Fälligkeitszeitpunkt des Lohnes hat. Die Fälligkeit des Lohnes ist meist im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder im Gesetz geregelt (siehe oben) und wird genau zu diesem Zeitpunkt auch fällig, es sei denn es gibt eine andere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber.
Eine solche Vereinbarung kann sich zum Beispiel in einen Aufhebungsvertrag ergeben, in welchen geregelt ist, dass der Lohn eher zu zahlen. Eine gütliche Einigung über die Fälligkeit ist also immer möglich. Dies kommt aber in der Praxis selten vor.
Ansonsten wird der Lohn/ das Gehalt, wie immer fällig und der Arbeitgeber hat den Lohn pünktlich zu zahlen. Es spielt auch keine Rolle, wann der letzte Arbeitstag des Arbeitnehmers tatsächlich ist.
Lösung zum obigen Beispiel:
Im obigen Beispiel muss von daher der Arbeitnehmer bis zum 1. März 2021 auf seinen Lohn warten, auch wenn das Arbeitsverhältnis bereits viel eher (15.02.2021) geändert hat. Die Beendigung führt nicht dazu, dass der Lohn eher fällig wird.
Was ist mit den Überstunden nach Kündigung?
Für die Auszahlung der Überstunden gilt dasselbe, wie beim Arbeitslohn. Die Überstunden werden dann zur Auszahlung mit dem letzten Lohn fällig.
Was ist mit dem Arbeitszeugnis nach Kündigung?
Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis muss der Arbeitgeber bei Beendigung – nach Anforderung des Arbeitnehmers – ausstellen. Ein Anspruch auf eine bestimmte Note, die besser als der Durchschnitt ist, hat der Arbeitnehmer nur dann, wenn er tatsächlich überdurchschnittlich gearbeitet hat und dies nachweisen kann.
Mindestlohn
Der Mindestlohnanspruch ist ein eigener Anspruch, der seine gesetzliche Grundlage im Mindestlohngesetz hat. Dieser kann nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch eine Rolle spielen, da Arbeitnehmer oft erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses diverse Ansprüche gegen den Arbeitgeber geltend machen. Dabei ist aber zubeachten, dass oft Ausschlussfristen vergangene Ansprüche verfallen lassen. Dies gilt aber nicht für Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz. Der Anspruch auf Mindestlohn kann nur den gerichtlichen Vergleich entfallen.
Zusammenfassung:
Auch das letzte Gehalt des Arbeitnehmers nach einer ordentlichen oder fristlosen Kündigung des Arbeitgebers wird nicht eher fällig. Der Arbeitnehmer muss auf dieses Gehalt genauso lange warten, die auf die vorherigen. Wann der Lohn genau auszuzahlen ist, ergibt sich in den meisten Fällen aus dem Arbeitsvertrag. Dort finden sich fast immer Regelungen über die Fälligkeit (meist zum 15. des Folgemonats). Jegliche Regelung, die eine Fälligkeit über den 15. des Folgemonats im Arbeitsvertrag hinaus enthalten, sind problematisch.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin
Haftung des Bauherrn für Sozialversicherungsabgaben des Subunternehmers?

Nicht selten beauftragt ein Bauherr – bei größeren Bauvorhaben– einen Generalunternehmer, der dann wiederum Subunternehmer beauftragt. Kann der Subunternehmer die Sozialversicherungsabgaben / den Lohn für seine Arbeitnehmer nicht zahlen, haftet der Generalunternehmer nach § 14 des Arbeitnehmerentsendegesetzes für das Mindestentgelt wie ein Bürge.
§ 14 lautet:
Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 8 wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Das Mindestentgelt im Sinne des Satzes 1 umfasst nur den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auszuzahlen ist (Nettoentgelt).
Keine Haftung der Bauherrin für ausstehende Lohnzahlungen von Subunternehmern
Das Bundesarbeitsgericht hatte nun über folgenden Fall zu entscheiden:
Die beklagte Bauherrin hatte auf einem ihr gehörenden Grundstück in Berlin ein Einkaufszentrum (Mall for Berlin) errichten lassen, das sie verwaltet und in dem sie Geschäftsräume an Dritte vermietet. Für den Bau des Gebäudes beauftragte die Beklagte einen Generalunternehmer, der mehrere Subunternehmer einschaltete. Bei einem dieser Subunternehmer war der Kläger (Arbeitnehmer) als Bauhelfer beschäftigt. Der Subunternehmer / Arbeitgeber des Klägers blieb diesem – trotz rechtskräftiger Verurteilung in einem Arbeitsgerichtsprozess – Lohn schuldig.
Über das Vermögen des Generalunternehmers wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet, so dass auch bei diesem nicht mehr viel zu holen war.
Der Kläger hatte deshalb wegen des ihm für seine Arbeit auf der Baustelle des Einkaufszentrums noch zustehenden Nettolohns die beklagte Bauherrin in Anspruch genommen und vor dem Arbeitsgericht Berlin verklagt. Er trug im Prozess dazu vor, dass auch die beklagte Bauherrin hafte nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz als Unternehmerin für die Lohnschulden eines Subunternehmers.
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Januar 2018 – 21 Sa 1231/17 – hat die Berufung des klagenden Arbeitnehmers zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 16. Oktober 2019 – 5 AZR 241/18 -) keinen Erfolg.
Das Bundesarbeitsgericht führte in seiner Pressemitteilung 31/19 vom 16.10.2019 folgendes aus:
Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte unterliegt als bloße Bauherrin nicht der Bürgenhaftung des Unternehmers nach § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz* (AEntG). Der Begriff des Unternehmers ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Vorgängerregelung in § 1a AEntG aF nach dem vom Gesetzgeber mit dieser Bestimmung verfolgten Sinn und Zweck einschränkend auszulegen. Erfasst wird nur der Unternehmer, der sich zur Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung verpflichtet hat und diese nicht mit eigenen Arbeitskräften erledigt, sondern sich zur Erfüllung seiner Verpflichtung eines oder mehrerer Subunternehmer bedient. Gibt er auf diese Weise die Beachtung der zwingenden Mindestarbeitsbedingungen aus der Hand, ist es gerechtfertigt, ihm die Haftung für die Erfüllung der Mindestlohnansprüche der auch in seinem Interesse auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer aufzuerlegen. Dies trifft auf die Beklagte nicht zu. Sie hat lediglich als Bauherrin den Auftrag zur Errichtung eines Gebäudes für den betrieblichen Eigenbedarf an einen Generalunternehmer erteilt und damit nicht die Erfüllung eigener Verpflichtungen an Subunternehmer weitergegeben. Mit der Vergabe des Bauauftrags schaffte sie nur die Grundlage dafür, ihrem Geschäftszweck, der Vermietung und Verwaltung des Gebäudes, nachgehen zu können.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Das Paketboten-Schutz-Gesetz kommt!
Das Bundeskabinett hat am 18.9.2019 das sog. “Paketboten-Schutz-Gesetz“ (lange Version: Gesetz zur Einführung einer Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche zum Schutz der Beschäftigten) beschlossen.
Ziel des Gesetzes ist die Einführung der Nachunternehmerhaftung in der Kurier/Paketbranche.
Die KEP-Branche (KEP = Kurier-, Express- und Paketdienste) wächst derzeit sehr stark, insbesondere aufgrund des Online-Handels. Nicht wenige Firmen in dieser Branche arbeiten überwiegend oder sogar ausschließlich mit Subunternehmern. Von den 8.000 Unternehmen der Branche sollen bereits 80 % als Nachunternehmer tätig sein.
Nach den Informationen des Bundesamtes für Justiz kommt es hier häufig zu Verstößen gegen die Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns und gegen sozialversicherungsrechtliche Pflichten, insbesondere gegen die Pflicht zur korrekten Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen durch Nachunternehmer.
Die Nachunternehmerhaftung gibt es bereits in zwei der in § 28a Absatz 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch genannten schwarzarbeitsgefährdeten Branchen. Diese sind seit 2002 die Bauwirtschaft und seit 2017 die Fleischwirtschaft. Nach Angaben des BMAS haben sich diese Regelungen bewährt.
Im Rahmen der Nachunternehmerhaftung haftet der Generalunternehmer, hier also insbesondere die großen Paketdienstleister (z.B. Amazon), für die abzuführende Versicherungsbeiträge der von ihm beauftragten Nachunternehmer gesamtschuldnerisch.
Ziel ist der Schutz der Solidargemeinschaft und der Beitragszahler vor Schwarzarbeit sowie illegale Beschäftigung.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Arbeitslohn und Abschlagszahlung im Arbeitsrecht
Es kommt im Arbeitsrechtsverhältnis häufiger vor – bei einigen Branchen mehr bei anderen weniger – dass der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer Abschlagszahlungen auf den Arbeitslohn vornimmt.
Abschlagszahlung – was ist das?
Abschlagszahlung sind Auszahlungen des bereits verdienten, aber noch nicht abgerechneten Arbeitslohnes.
Was passiert nach der Abschlagszahlung bei Auszahlung des Restlohnes?
Bei Auszahlung bzw. Abrechnungs – des Restlohnes werden die Abschlagszahlung einfach vom Lohn abgezogen, ohne dass aufgerechnet werden braucht. Auch müssen die Pfändungsfreigrenzen hierbei nicht beachtet werden.
Beispiel: Der Arbeitnehmer bekommt Mitte Februar 2020 eine Abschlagszahlung von € 500 vom Arbeitgeber. Sein Lohn beträgt insgesamt € 2.000 pro Monat; dies sind € 1.300 netto. Am Monatsende wird die Abschlagszahlung der € 500 netto vom Nettobetrag abgezogen, so dass noch € 800 netto ausgezahlt werden.
Unterschied zwischen Abschlag und Vorschuss?
Im Unterschied zum Vorschuss erfolgt die Abschlagszahlung bereits auf den verdienten Arbeitslohn, während beim Vorschuss der Arbeitslohn noch nicht verdient ist und vom Arbeitgeber trotzdem eine Zahlung vorgenommen wird im Hinblick auf eine zukünftig noch zu erbringende Arbeitsleistung (so das Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 11.02.1987, Az.: 4 AZR 144/86).
Beispiel: Wäre nach dem obigen Beispiel die Zahlung am Anfang Februar 2020 vorgenommen worden, dann wäre dies eine Vorschusszahlung. Denn Anfang Februar 2020 kann der Arbeitnehmer ja noch keine € 500 (für diesen Monat) verdient haben.
Muss sich der Arbeitnehmer mit einer Abschlagszahlung zufrieden geben?
Nein, grundsätzlich nicht. Der Arbeitnehmer hat nach Erbringung seiner Arbeitsleistung zum Fälligkeitszeitpunkt einen Anspruch auf Zahlung des vollständigen Arbeitslohnes. Er muss sich nicht mit einer Abschlagszahlung zufrieden geben. Gegebenfalls kann es Regelungen in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarung oder auch im Arbeitsvertrag geben, wonach Abschlagszahlungen vereinbart werden. Zahlt der Arbeitgeber nur geringe Abschläge und nicht den vollständigen Arbeitslohn, kann der Arbeitnehmer Lohnklage erheben und so den Arbeitslohn gerichtlich einklagen. Auch hierbei zu beachten, dass der Arbeitnehmer nicht zu lange wartet, da zum Beispiel im Arbeitsvertrag oder in einem anwendbaren Tarifvertrag Ausschlussfristen vereinbart sein können, wonach eben auch Lohnansprüche verfallen.
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Krankheit während der Probezeit – was nun?

Sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber ist es unangenehm, wenn der Arbeitnehmer während der Probezeit erkrankt. Die Frage ist, was sich in Bezug auf die Rechtslage verglichen mit dem „normalen Arbeitsverhältnis“ ändert und zwar vor allem in Hinblick auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bestehende Kündigungsmöglichkeiten.
Probezeit- was ist das?
Die Probezeit hat zunächst keinen Einfluss auf den Eintritt des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz. Diese tritt nach Ablauf der Wartezeit von 6 Monaten ein (mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit sind weiterhin Voraussetzung – Ausnahme Arbeitsverhältnisse vor 2004), selbst wenn die Probezeit schon abgelaufen ist oder auch länger dauert. Zur Verdeutlichung sei ausgeführt, dass selbst, wenn keine Probezeit vereinbart wird, der Arbeitgeber trotzdem innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnis das Arbeitsverhältnis kündigen kann, allerdings mit einer längeren Kündigungsfrist gem. § 622 BGB (Ausnahme es gelten hier vorrangige Regelungen über die Kündigungsfristen z.B. tarifvertragliche Kündigungsfristen). Faktisch ist damit die Probezeit lediglich die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist.
Kündigung in der Probezeit
Probezeit bedeutet für den Arbeitnehmer vor allem, dass der Arbeitgeber (und auch der Arbeitnehmer) das Arbeitsverhältnis mit einer kürzeren Kündigungsfrist – nämlich 2 Wochen – kündigen kann. Diese Kündigungsfrist gilt auch für die Arbeitnehmerkündigung. Diesbezüglich wird diesbezüglich auf den Artikel „Kündigung in der Probezeit“ verwiesen. Mit der Probezeit vereinbaren also die Arbeitsvertragsparteien eine kürzere Kündigungsfrist, was das Gesetz (§ 622 BGB) ausdrücklich zulässt. Die Wartezeit nach dem KSchG – welche 6 Monate beträgt – hat nichts mit der Probezeit zu tun, obwohl – rein faktisch – auch die Probezeit meist für 6 Monate vereinbart wird, so dass oft der Ablauf der Probezeit mit dem Eintreten des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz zusammen treffen, sofern kein Kleinbetrieb vorliegt.
unverzügliche Informationspflicht bei Krankschreibung
Der Arbeitnehmer hat in der Probezeit – genauso wie danach – folgende u.a. Pflichten bei einer Krankschreibung:
- Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung beim Arbeitgeber, § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG
- Pflicht zur Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 EFZG
Gerade die Verpflichtung zur unverzüglichen Krankmeldung beim Arbeitgeber wird in der Praxis von Arbeitnehmern häufig übersehen. Arbeitnehmer meinen manchmal, dass sie gegenüber dem Arbeitgeber nur die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Krankenschein) innerhalb von 3 Tagen abgeben müssen und mehr nicht. Dies ist falsch. Die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit – unverzüglich – soll dem Arbeitgeber ermöglichen für Ersatz zu sorgen und ist dementsprechend wichtig. Eine Kündigung – wegen fehlender Anzeige – ist aber in der Regel nicht sofort möglich; zumindest muss der Arbeitgeber hier in der Regel vorher abmahnen. Dies wiederum schätzen Arbeitgeber oft falsch ein und meinen, nur weil z.B. der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht rechtzeitig oder nicht einreicht, kann sofort außerordentlich gekündigt werden.
Einreichung des Krankenscheines (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung)
Auch die Abgabe des Krankenschein kann mittlerweile vom Arbeitgeber unverzüglich verlangt werden, wenn dies arbeitsvertraglich vereinbart ist. Das Bundesarbeitsgericht hat dies im Jahr 2012 entschieden. Danach kann sogar vereinbart sein, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung innerhalb nur 1 Tages beim Arbeitgeber einreichen muss. Diese schnelle Vorlage gilt nicht in jedem Fall, sondern nur dann, wenn der Arbeitgeber dies verlangt (so steht dies auch im Gesetz, § 5 EFZG).
Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall?
Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall des Arbeitnehmers besteht nach § 3 Abs. 3 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) erst, wenn das Arbeitsverhältnis mindest 4 Wochen untunterbrochen besteht.
§ 3 Abs.3 EZFG
„Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.“
Wird der Arbeitnehmer also in den ersten 4 Wochen der Probezeit krank, dann braucht der Arbeitgeber keine Lohnfortzahlung leisten und der Arbeitnehmer muss sich an die Krankenkasse wenden. Der Anspruch auf Krankengeld besteht von Anfang an (§ 44 SGB V) und wird nur für den Fall der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber überlagert. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer, der noch innerhalb der ersten 4 Wochen des Arbeitsverhältnisses erkrankt, einen Anspruch auf Krankengeld gegenüber der Krankenkasse hat. Dies wird oft von Arbeitnehmern übersehen.
Wichtig ist, dass dies auch gilt, wenn keine Probezeit vereinbart wurde, da das Gesetz (Entgeltfortzahlungsgesetz) allein an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses anknüpft und nicht an eine vereinbarte Probezeit.
Zurückbehaltungsrecht und Lohnzahlungsanspruch des Arbeitgebers
Wichtig ist auch, dass der Arbeitgeber ein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf die Zahlung des Arbeitslohnes hat, wenn der Arbeitnehmer eben nicht die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Krankenschein) beim Arbeitgeber einreicht. Hier gibt es in der Praxis häufig Streit. Der Arbeitgeber behauptet z.B. in Prozess vor dem Arbeitsgericht, dass er den Krankenschein nie bekommen hat und der Arbeitnehmer kann dies häufig nicht widerlegen, da häufig die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in den Briefkasten geworfen oder mit einfach Post geschickt wird. Hier hat der Arbeitgeber zunächst ein Zurückbehaltungsrecht. Der Arbeitnehmer hat aber die Möglichkeit – und dies sollte er auch tun – dann eine Zweitbescheinigung beim Arbeitgeber vorzulegen. Dann könnte der Arbeitgeber eben sein Zurückbehaltungsrecht nicht mehr ausüben.
In Prozessen vor dem Arbeitsgericht wird häufig vom Arbeitgebern behauptet, dass diese die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht erhalten hätten und von daher ein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf die Zahlung des Arbeitslohnes haben. Hier rät man als Anwalt dem Arbeitnehmer, dass er sich eine Zweitbescheinigung der AU vom Arzt ausstellen lässt und diese dann am besten im Gütetermin/ Kammertermin dem Arbeitgeber übergibt und dies protokollieren lässt.
Verlängerung der Probezeit bei Krankheit möglich?
Die Probezeit dient dazu, dass der Arbeitgeber testen kann, ob der Arbeitnehmer für die Arbeit geeignet ist oder nicht. Umgekehrt gilt dies genauso; auch der Arbeitnehmer soll prüfen können, ob ihm die Arbeit zusagt.
Die Verlängerung der Probezeit – über 6 Monate hinaus – ist in absoluten Ausnahmefällen möglich, zum Beispiel dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgrund dessen Erkrankung nicht ausreichend prüfen konnte. Dies setzt aber voraus, dass es keine anderslautende Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag gibt. Wenn im Arbeitsvertrag bereits vereinbart wurde, dass die Probezeit 6 Monate beträgt, dann kann eine Verlängerung nur mit der Zustimmung des Arbeitnehmers erfolgen.
Achtung!: Die Verlängerung der Probezeit über 6 Monate hinaus führt nicht zum Hinausschieben des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz, da die Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz (6 Monate) unabhängig von einer evtl. vereinbarten Probezeit gilt. Die Verlängerung der Probezeit hätte von daher nur Einfluss auf eine möglich einzuhaltende Kündigungsfrist, die dann für den Arbeitgeber kürzer wäre (2 Wochen), wenn er rechtmäßig kündigen könnte.
Kündigung bei Krankheit in der Probezeit?
Ein häufiges Mißverständnis besteht darin, dass viele Arbeitnehmer glauben, dass diese während der Krankheit nicht gekündigt werden können. Dem ist nicht so. Der Arbeitgeber kann- auch während der Krankschreibung des Arbeitnehmers – das Arbeitsverhältnis kündigen. Es gibt kein Kündigungsverbot während der Krankheit des Arbeitnehmers (in anderen Ländern, z.B. Polen ist dies anders).
kein Kündigungsgrund erforderlich
Während der 6- monatigen Probezeit kann der Arbeitgeber – da das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet – ohne Gründe zu haben das Arbeitsverhältnis kündigen. Er muss sich keine Gedanken machen, ob die Kündigung betriebsbedingt, verhaltensbedingt oder personenbedingt erfolgt, da außerhalb des allgemeinen Kündigungsschutzes das Arbeitsgericht eine Kündigung des Arbeitgeber nur auf Rechtsmißbräuchlichkeit überprüft und solche Fälle kommen in der Praxis selten vor. Das Bundesverfassungsgericht hat vor Jahren beschlossen, dass auch während der Probezeit ein sog. Mindestkündigungsschutz bestehen muss und verlangt vom Arbeitgeber, dass dieser wenigstens einen nachvollziehbaren, sachlichen Grund hat; also die Kündigung nicht willkürlich ist.
Ausnahme beim Vorliegen des besonderen Kündigungsschutzes
Die Kündigung des Arbeitgebers kann unwirksam sein, wenn der besondere Kündigungsschutz greift, wie z.B.
- Schwangerschaft
- Elternzeit
- Wehrdienst
- Betriebsratsmitgliedschaft
- Diskriminierung (Verstoß gegen das AGG)
Auch hier gilt, die Unwirksamkeit der Kündigung wird nur „beachtet“, wenn der Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung die Kündigungsschutzklage einreicht.
Gerade bei der Kündigung während der Schwangerschaft in der Probezeit sollte aber die schwangere Arbeitnehmerin beachten, dass diese unverzüglich die Schwangerschaft den Arbeitgebers (beweissicher) anzeigt und sodann Kündigungsschutzklage einreicht.
Achtung: Die Schwerbehinderung schützt nicht vor einer Kündigung in der Probezeit.
Kündigung bei Krankheit und Lohnfortzahlung!
Ein Problem gibt es für den Arbeitgeber, wenn er aus Anlass der Krankheit des Arbeitnehmers kündigt, § 8 des Entgeltfortzahlungsgesetz regelt nämlich in Satz 1:
Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts wird nicht dadurch berührt, daß der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlaß der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Das gleiche gilt, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus einem vom Arbeitgeber zu vertretenden Grunde kündigt, der den Arbeitnehmer zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt; siehe § 8 Entgeltfortzahlungsgesetz.
Kündigt der Arbeitgeber also aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, dann muss er die volle Lohnfortzahlung (also 6 Wochen) leisten auch ,wenn das Arbeitsverhältnis eher endet. Dies wird häufig von Arbeitgebern übersehen. Ein solcher Anspruch besteht aber nicht, wenn der Arbeitgeber aus anderen berechtigten Gründen kündigt, z.B. verhaltensbedingt oder betriebsbedingt. Wichtig ist aber dabei, dass die Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht der alleinige Grund für die Kündigung sein muss.
Es spricht einiges dafür, dass aufgrund der Krankheit gekündigt wird, wenn der Arbeitgeber unmittelbar nach der Krankmeldung das Arbeitsverhältnis beendet.
Wichtig ist aber, dass dies nur dann gilt, wenn nicht die Kündigung innerhalb der Wartezeit (ersten 4 Wochen des Arbeitsverhältnisses) erfolgt. In diesem Fall gibt es keine Lohnfortzahlungspflicht durch den Arbeitgeber.
Der Arbeitnehmer kann dann die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auch noch nach dem Kündigungsende (Beendigungszeitpunkt) maximal aber 6 Wochen vom Arbeitgeber verlangen. Das erhaltene Krankengeld (sofern bekommen) ist davon abzuziehen.
Zusammenfassung:
Die Probezeit ist die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 3 BGB von 2 Wochen. Die Probezeit kann in der Regel für maximal 6 Monate vereinbart werden, in Ausnahmefällen etwas länger. Solche Ausnahme kommen in der Praxis selten vor. Von der Probezeit ist die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG zu unterscheiden, die 6 Monate beträgt. Allein diese ist für den Eintritt des allgemeinen Kündigungsschutzes von Bedeutung (+ mehr als 10 Arbeitnehmer regelmäßig in Vollzeit abzüglich der Azubis im Betrieb). Sofern das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet und dies wird fast immer bei einer Kündigung in der Probezeit der Fall sein (und wenn kein Sonderkündigungsschutz greift z.B. Schwangerschaft), dann kann der Arbeitgeber auch während der Erkrankung oder wegen der Erkrankung in der Regel kündigen.
interessante Links zum Thema Probezeit:
- Kündigung während der Probezeit
- BAG: kurze Kündigungsfrist in der Probezeit nur eindeutiger Klausel
- Probezeitkündigung wegen Abwesenheit aufgrund Krankheit des Kindes
- LAG Berlin-Brandenburg: Kündigung in der Probezeit mit Frist von einem Tag kann zulässig sein
- BAG: Keine Anrechnung von Praktikum auf Probezeit beim Auszubildenden
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- Kündigung bei nicht unverzüglichen Anzeige der Arbeitsunfähigkeit möglich – LAG Baden-Württemberg.
Arbeitsrecht in Berlin Marzahn – Rechtsanwalt Andreas Martin
Wie oft muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber abmahnen bevor er den ausstehenden Arbeitslohn einklagen darf?
Viele Arbeitnehmer glauben, dass man den Arbeitgeber vor Erhebung einer Klage auf den ausstehenden Arbeitslohn erst mehrmals „abmahnen“ bzw. zur Lohnzahlung auffordern muss.
die Mär vom 3 x „abmahnen“
Herangezogen wird meistens das Märchen vom 3 x anmahnen, bevor es „Ernst“ wird. Dies stimmt im Arbeitsrecht genauso wenig, wie im allgemeinen Geschäftsleben.
der Arbeitsvertrag und der Zahlungsverzug
Die Besonderheit im Arbeitsrecht besteht weiterhin darin, dass im Arbeitsvertrag bereits die Fälligkeit des Arbeitslohnes durch den Arbeitsvertragsparteien vereinbart wurde; also der Lohn entweder (wenn nichts anderes vereinbart wurde) am letzten Tag des laufenden Monats fällig wird; oder zum Beispiel bei Bauarbeitern zum 15. des nächsten Monats. Dies führt dazu, dass eine Aufforderung zur Lohnzahlung- um den Arbeitgeber in Zahlungsverzug zu setzen (Folge = Zinsen sind geschuldet) – nicht erforderlich ist.
der „automatische Zahlungsverzug“
Der Arbeitgeber ist aufgrund dessen automatisch einen Tag nach Fälligkeit im Zahlungsverzug ohne das es einer Anmahnung des ausstehenden Lohnes durch den Arbeitnehmer bedarf.
Beispiel: Der Arbeitslohn des Arbeitnehmers A soll laut Arbeitsvertrag am letzten Tag des laufenden Monats fällig werden. Dann wird der Lohn für den Monat September 2011 am 30.09.2011 fällig. Der Zahlungsverzug tritt automatisch einen Tag später also am 1. 10.2011 ein, wenn der Arbeitgeber nicht den Lohn zahlt.
Von daher kann der Arbeitnehmer sofort – ab Verzugsbeginn – klagen und braucht nicht zur Zahlung nochmals auffordern. Ob dies immer sinnvoll ist, ist eine andere Frage (gerade bei nur kurzfristigen Überschreitungen des Auszahlungstermins).
Beim sog. Annahmeverzugslohn im Kündigungsschutzverfahren muss der Arbeitnehmer ebenfalls nicht den Arbeitnehmer zur Lohnzahlung auffordern; er muss noch nicht einmal ausdrücklich seine Arbeitsleistung anbieten, denn der Arbeitgeber bringt ja durch die Kündigung zum Ausdruck, dass er dem Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz über die Kündigungsfrist hinaus mehr zur Verfügung stellen möchte.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Vorsicht! Praktikum kann für den Arbeitgeber teuer werden!
Generation Praktikum; eine solche Bezeichnung wird häufig als Schlagzeile in diversen Journalen und Magazinen verwendet. Eigentlich müsstes es heißen „Generation unfreiwilliges Praktikum„, denn viele Berufsanfänger wollen über ein angebotenes Praktikum eine feste Anstellung erreichen. Dies macht auch Sinn, wenn beide Seiten mit offenen Karten spielen und tatsächlich ein Praktikum stattfindet und keine reine Tätigkeit als Arbeitnehmer. Ich verweise auf den Artikel „Praktikanten können einen Anspruch auf volle Arbeitsvergütung haben!„.
Arbeitnehmer oder Praktikant?
Wird der Praktikant aber als Arbeitnehmer eingesetzt, d.h. dass eben keine „Ausbildung“ erfolgt, sondern er Arbeiten, wie ein normaler Arbeitnehmer verrichtet, dann muss er auch, wie ein Arbeitnehmer bezahlt werden. Dann ist darauf abzustellen, was ein Arbeitnehmer in dieser Branche und in der Region normalerweise durchschnittlich verdient. Erreicht die „Praktikumsvergütung“ nicht einmal 2/3 der üblichen Vergütung, dann ist die Lohnabrede sittenwidrig (§ 138 BGB) und der Arbeitgeber hat den üblichen Lohn zu zahlen. In der Regel wird man auf einschlägige Tarifverträge abstellen.
Arbeitsgericht Berlin
Bereits im Jahr 2007 (ArbG Berlin- Entscheidung vom 10.08.2007 – 28 Ca 6934/07) hat das Arbeitsgericht Berlin einer ehemaligen Praktikantin eine Nachzahlung von € 10.000,00 zugesprochen, da rein faktisch ein „Scheinpraktikum“ vorgelegen hat. Das Arbeitsgericht Berlin betonte nochmals, dass die Bezeichnung (Praktikum) im Vertrag keine Rolle spielt. Liegt in Wirklichkeit ein Arbeitsverhältnis vor und ist der Lohn sittenwidrig, hat der Praktikant/Arbeitnehmer einen Anspruch auf Nachzahlung des üblichen Arbeitslohnes.
Das Arbeitsgericht Berlin führt aus:
„Im Klartext: Ob es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt oder nicht, richtet sich – sofern ein Ausbildungsverhältnis nicht schon aus aufsichtsrechtlichen Gründen zu verneinen ist 97 – keineswegs danach, wie die Beteiligten ihre Beziehung bezeichnet haben 98 . Entscheidend ist vielmehr, ob der Betroffene nach allgemeinen Grundsätzen und namentlich angesichts des tatsächlich gepflogenen Umgangs miteinander als Arbeitnehmer anzusehen ist 99 . – In den Worten einer neueren Entscheidung des Sechsten Senats des BAG 100 :
„a) Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (…). Der Arbeitnehmer erbringt seine vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation. Seine Eingliederung in die Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass er einem Weisungsrecht unterliegt, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen kann (…).
b) Demgegenüber ist ein Praktikant in aller Regel vorübergehend in einem Betrieb praktisch tätig, um sich die zur Vorbereitung auf einen – meist akademischen – Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen. Allerdings findet in einem Praktikantenverhältnis keine systematische Berufsausbildung statt. Vielmehr wird eine darauf beruhende Tätigkeit häufig Teil einer Gesamtausbildung sein und beispielsweise für die Zulassung zum Studium oder Beruf benötigt ( BAG 19. Juni 1974 – 4 AZR 436/76 – BAGE 26, 198 = AP § 3 BAT Nr. 3 = EzA BBiG § 19 Nr. 1; ErfArbR/ Monika Schlachter , 3. Auflage, § 19 BBiG Rn. 3). Demnach steht bei einem Praktikantenverhältnis ein Ausbildungszweck im Vordergrund. Die Vergütung ist der Höhe nach deshalb auch eher eine Aufwandsentschädigung oder Beihilfe zum Lebensunterhalt„.
Durch die Einführung des Mindestlohngesetzes ist nun ein unentgeltliches Praktikum ohnehin nur noch in Ausnahmefällen möglich.
Freistellung von der Arbeit – was ist das?
Freistellung von der Arbeit – was ist das?
Bei der Freistellung muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht erbringen. Freistellung ist etwas anderes als Urlaub. Beim Urlaubsanspruch besteht ein Anspruch auf Vergütung, bei der Freistellung muss dies nicht so sein.
Es gibt eine bezahlte und auch eine unbezahlte Freistellung von der Arbeit. Der Arbeitnehmer hat häufig einen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Freistellung von der Arbeit.
1. unbezahlte Freistellung
Fälle der unbezahlten Freistellung von der Arbeit sind z.B.:
- § 45 SGB V – Betreuung eines Kindes
- §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG – sechs Wochen vor bis acht Wochen nach Entbindung
- §§ 1, 10, 16a ArbPlSchG, § 78 ZDG – für Wehr- und Zivildienst.
- § 15 BEEG- unbezahlte Elternzeit für bis zu 36 Monate.
- § 3 Abs. 1 EFZG – Bei Arbeitsunfähigkeit für länger als sechs Wochen besteht
2. die bezahlte Freistellung
Praktisch bedentend ist der Fall der bezahlten Freistellung ist die Freistellung im Zusammenhang mit einer Kündigung des Arbeitgebers.
Der Arbeitgeber kann aber den Arbeitnehmer gegen Bezahlung freistellen.
Etwas anderes gilt nur
- bei offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung oder
- Obsiegen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess in der ersten Instanz.
Es stehen sich hier also der Anspruch des Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung und der Anspruch des Arbeitgebers auf Freistellung gegenüber.
Der Arbeitnehmer kann einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung in einigen Sondersituationen haben, wenn ein nachvollziehbares Interesse besteht, so z.B. beim Erhalt des Wissens- und Kenntnisstandes in schnell sich wandelnden Branchen. Hier kann der Arbeitgeber dann nicht ohne weiteres Freistellen.
Freistellung und Urlaub:
Die Freistellung erfolgt nicht automatisch unter Anrechnungen des Resturlaubsanspruches bei der Freistellung nach der Kündigung. Dies muss ausdrücklich so erklärt werden. Dies wird oft übersehen. Auch kann nur bei einer unwiderruflichen Freistellung der Urlaub gewährt werden, da ansonsten der Arbeitnehmer ja jederzeit mit dem Rückruf zur Arbeit rechnen müsste.
Freistellung und anderweitige Beschäftigung
Während der Freistellung besteht (bei der Kündigung z.B.) der Anspruch auf Lohnzahlung fort. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer auch eine andere Beschäftigung aufnehmen ohne das er sich den Verdienst dafür auf seinen Lohn anrechnen lassen muss.
Rechtsanwalt A. Martin – Arbeitsrecht Berlin