„Sitzerin“ (Toilettenaufsicht) hat Anspruch auf Teil des Trinkgeldes

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Eine Sitzerin ist eine Person, die als Toilettenaufsicht arbeitet. Die Hauptaufgabe der Sitzerin besteht darin Toilettenbesucher, die für die Benutzung der Toilette nicht zahlen müssen, zur Zahlung eines „Trinkgeldes“ zu animieren. Dazu trägt diese einen weißen Kittel und räumt den Teller mit dem Trinkgeld regelmäßig bis auf wenige Geldstück regelmäßig ab. Sofern die Toiletten gereinigt werden müssen, informiert Sie Ihren Arbeitgeber, der dann Reinigungskräfte schickt. Dieses „Schwindelgeschäftsmodell“ ist leider in Deutschland weit verbreitet. Noch verwerflicher ist, dass hieran nicht die Sitzerin verdient, denn diese bekommt meistens nur ein sehr geringes Arbeitsentgelt.

Entscheidung zum Arbeitsentgelt der Sitzerin / Tarifvertrag

Bei der Frage nach dem Arbeitslohn der Sitzerin stellt sich die Frage, ob hier der Mindestlohn nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag der Gebäudereiniger zu zahlen ist. Das Sozialgericht Berlin entschied bereits, dass dies regelmäßig der Fall sein wird. Abzustellen für die Frage der Anwendbarkeit des Tarifvertrages ist auf den Betrieb des Arbeitgebers; dies wird in der Regel eine Reinigungsfirma sein, so dass dann auch der allgemeinverbindliche Tarifvertrag der Gebäudereiniger nebst Mindestlohn Anwendung findet. Aber selbst für den Fall, dass der Betrieb des Arbeitgebers sich überwiegend mit der „Betreuung von Toiletten“ beschäftigt, nahm das Sozialgericht Berlin hier die Anwendbarkeit des Tarifvertrages an.

Anspruch auf Trinkgeld

Sofern die Hauptaufgabe der Sitzerin in der Einsammlung von Trinkgeld besteht, stellt sich die Frage, ob noch der Toilettennutzer das Trinkgeld gerade der Toilettenfrau selbst / der Sitzerin zuwenden wollte und eben nicht der Reinigungsfirma. Diese Frage stellte sich konkret eine Toilettenfrau aus Oberhausen. Schließlich sah diese tagtäglich die enormen Trinkgelder, die sich dann der Arbeitgeber einsteckte. Wahrscheinlich trug auch das nicht gerade üppige Arbeitsentgelt der Sitzerin von 5,20 Euro dazu bei, dass der Wunsch nach Teilung des Trinkgeldes geweckt wurde. Schließlich klagte die Toilettenfrau vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen zunächst auf Auskunft über die Höhe des Trinkgeldes (1. Stufe) und auf Auszahlung von 1/20 des Trinkgeldes (2. Stufe).

Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen (Entscheidung des 1. Kammer vom 21.1.2014 )  sah den Anspruch der Sitzerin als begründet an und verurteilte den Arbeitgeber zunächst auf Erteilung der Auskunft über das eingenommene Trinkgeld.

RA A. Martin

6 Gedanken zu „„Sitzerin“ (Toilettenaufsicht) hat Anspruch auf Teil des Trinkgeldes

    RoFrisch sagte:
    22. April 2014 um 05:00

    „Sofern die Toiletten gereinigt werden müssen, informiert Sie Ihren Arbeitgeber, der dann Reinigungskräfte schickt.“

    Die „Sitzerinnen“ reinigen nicht selber? Ist das wirklich meistens so? Dann ist das nach meinem Empfinden schon eine dreiste Täuschung des Kunden zur Erschleichung von Extra-Trinkgeldern.

      Rechtsanwalt Andreas Martin geantwortet:
      22. April 2014 um 06:39

      Ganz ehrlich gesagt, finde ich dies auch nicht in Ordnung.

      Pierre Ofzareck sagte:
      25. April 2014 um 17:35

      Den Job verrichtet im Bezirksrathaus Köln-Mülheim sogar ein 1-Euro Jobber. Der muss sein gesamtes „Trinkgeld“ dem Maßnahmeträger abliefern. Für mich ein Grund, grundsätzlich nichts auf den Teller zu legen, denn dass ist derart unverschämt und asozial, dass ich mich schämen muss dafür, dass so etwas in Deutschland nicht nur möglich ist, sondern auch auch noch von den Jobcentern per 1-Euro Job „gefördert“ wird. Pfui Deibel!

      Auch spart sich die Stadt Köln, bereits seit Jahren, die notwendige Installation einer Trittschalldämmung auf dem „Dach“ der Kölner Philharmonie ein, in dem sie bei Konzerten eben 1-Euro Jobber das „Dach“ der Philharmonie bewachen lässt.

      Wie perfide ist das denn: Unten sitzen die Wohlhabenden in bequemen Sesseln und lauschen dem Konzert, während oben Arbeitslose dafür sorgen müssen, dass deren „Genuss“ nicht gestört wird.
      Dabei kommt es natürlich immer wieder zu unschönen Zwischenfällen, da sie natürlich keinerlei Befugnisse haben und sich bisweilen dort oben wüst beschimpfen und anpöbeln lassen müssen.

      Mag ja sein, dass das als vorübergehende Maßnahme in Ordnung gegangen wäre, wären wenigstens die Bauarbeiten schon ausgeschrieben. Aber nichts dergleichen passiert, stattdessen spart sich die Stadt Köln hier unbekümmert auf dem Rücken von Arbeitslosen reich. Ist ja auch schön billig, wenn dazu – dank der 1 Euro Jobs – bereits der Erlös einer einzigen Eintrittskarte locker ausreicht, um alle notwendigen Ordner für das Konzert zu bezahlen.

        RoFrisch sagte:
        25. April 2014 um 21:49

        Soviel ich vor ca. 25 Jahren hörte, sieht der Architekt sein „Kunstwerk“ zerstört, würde man die Steine verfugen oder andere Maßnahmen gegen die Schallübertragung durchführen. Weshalb er angeblich mit rechtlichen Schritten drohte oder gar durch solche eine Umgestaltung des Platzes verhindert hat.

    Peter TrainStation Schäfer sagte:
    27. April 2014 um 04:50

    Das macht es nicht besser. Abgesehen davon lässt sich eine Trittschalldämmung auch einfach unter die Steine montieren. Das ist hinterher überhaupt nicht mehr zu sehen, doch im Konzertsaal herrscht endlich wirklich Ruhe.

    Abgesehen davon ist auch das von diesem Architekten entworfene Gebäude für eine bestimmte Nutzung vorgesehen und von daher gilt immer noch der Grundsatz eines jeden guten Entwurfs: „Die Form folgt der Funktion.“ Eben die Funktion ist hier nicht mehr ausreichend gegeben, weshalb dringend nachgebessert werden muss. Kann mir kaum vorstellen, das irgendein Richter in Deutschland das anders sieht.

    Einem Rechtsstreit würde ich daher in diesem Fall, von Seiten der Stadt, eher gelassen entgegen sehen. Wenn ich Bauherr wäre, würde ich künftig um die Entwürfe dieses Architekten einen großen Bogen machen. Kann doch nicht angehen, dass nur aufgrund eines solchen Prozesshansels dieser beschämende Status Quo auf Ewigkeit zementiert und beibehalten wird.

    […] und dann war da noch: Sitzerin” (Toilettenaufsicht) hat Anspruch auf Teil des Trinkgeldes. […]

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