Kündigung wegen zu langer Raucherpause zulässig?

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Kündigung wegen zu langer Raucherpause zulässig?

Rauchen schädigt nicht nur die Gesundheit, sondern wohl auch manchmal den „Arbeitsplatz“. Wer lange Raucherpausen einlegt und damit gegen die vereinbarten Ruhepausen verstößt, muss mit einer Abmahnung und ggfs. auch später mit einer Kündigung rechnen. Aber eben nicht in jedem Fall.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (10 Sa 562/09 vom 21.01.2010) hat dies anders gesehen und einen Arbeitnehmer, der insgesamt pro Tag 2 Stunden „Raucherpause machte“ vor der Kündigung des Arbeitgebers in Schutz genommen. Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers hatte erfolgt.

Das Gericht führt dazu aus:

„Der Kläger hat erhebliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen begangen, weil er seine unbezahlten Pausenzeiten, die sich aus Nr. 5 Abs. 1 der BV 47 ergeben, in gravierendem Umfang überzogen hat. Er hat zusätzlich zu den unbezahlten Pausen weitere Pausen eingelegt, für die er das volle Arbeitsentgelt erhalten hat. Pausen gehören nicht zur bezahlten Arbeitszeit. Der Kläger hat damit die Beklagte veranlasst, ihm Arbeitsentgelt für Zeiten zu zahlen, ohne die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

Unterbricht der Arbeitnehmer während der bezahlten Arbeitszeit seine Arbeit und bleibt untätig, weil er sich privaten Dingen widmet (z.B. eine Zigarettenpause einlegt, private (Telefon-) Gespräche führt, Karten spielt, privat im Internet surft, Zeitung liest, etc.) verletzt er seine Hauptleistungspflicht zur Arbeit. In Entscheidungen zur privaten Internetnutzung (BAG Urteil vom 07.07.2005 – 2 AZR 581/04 – Juris Rn. 27 ff., Urteil vom 27.04.2006 – 2 AZR 386/05 – Juris Rn. 25 ff.) nimmt das Bundesarbeitsgerichts an, dass eine gravierende zeitliche Vernachlässigung der Arbeitspflicht vorliegt, wenn sich der Arbeitnehmer z.B. über einen längeren Zeitraum ca. 10 % der Arbeitszeit (BAG 27.04.2006, Juris Rn. 26) oder innerhalb eines Zweiwochenzeitraums an zwei Arbeitstagen jeweils ca. 1 ½ Stunden (BAG 07.07.2005, Juris Rn. 28) während der bezahlten Arbeitszeit privaten Dingen widmet.

Die lange Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter des Klägers, das seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt erheblich beschneidet, rechtfertigen es zwar nicht, dass er seine Arbeitspflicht vernachlässigt und während der bezahlten Arbeitszeit in erheblichem Umfang zusätzliche Pausen einlegt, jedoch begründen sie ein erhebliches Bestandsschutzinteresse. Das Interesse der Beklagten, das Arbeitsverhältnis fristlos mit sofortiger Wirkung zu beenden, tritt dahinter zurück.

Anmerkung:

Wichtig ist, dass man hier nicht ohne weiteres den Schluss ziehen darf, dass man nun als Arbeitnehmer jeden Tag ungestraft zwei Stunden rauchen darf. Dem ist nicht so.

Das Bundesarbeitsgericht hat ja bereits entschieden, dass eine gravierende Pflichtverletzung vorliegt, wenn der Arbeitnehmer

  • 10 % seiner Arbeitszeit für private Dinge verwendet (Rauchen, Internetnutzung)
  • oder innerhalb eines Zeitraumes von 2 Wochen an 2 Tagen jeweils 1 1/2 Stunden sich mit privaten Dingen beschäftigt

Der Rettungsanker für den Arbeitnehmer war hier allein die lange Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter des Arbeitnehmers, ansonsten wäre die Kündigung wohl durchgegangen.

Von daher wäre ein Hinweis auf jeder Zigarettenpackung sinnvoll: „Rauchen ist schädlich und kann zum Verlust des Arbeitsplatzes führen, muss es aber nicht.“

Anwalt Arbeitsrecht Berlin – A. Martin

4 Gedanken zu „Kündigung wegen zu langer Raucherpause zulässig?

    Julio sagte:
    1. April 2010 um 22:03

    Ich will aber dann eine Pause zu kiffen!

    […] grobe Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten […]

    […] Raucherpause nicht im Zeiterfassungssystem ausstempeln. Damit zahlte der Arbeitgeber faktisch die Raucherpausen seiner Arbeitnehmer, wie die normale Arbeitszeit. Ein Lohnabzug erfolgte […]

    […] einem Betrieb durften Arbeitnehmer ursprünglich Raucherpausen einlegen und mussten sich diesbezüglich nicht die Pausen von ihrer Arbeitszeit abziehen lassen. […]

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