SGB und Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn

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Ein zentraler Begriff im SGB (IV) ist das sog. Beschäftigungsverhältnis. Ein Beschäftigungsverhältnis ist nicht immer ein Arbeitsverhältnis. Die Begriffe Beschäftigungsverhältnis und Arbeitsverhältnis sind daher nicht deckungsgleich. Nach der gesetzlichen Definition des § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere ein Arbeitsverhältnis.

Das Beschäftigungsverhältnis ist in der Regel weiter als der Begriff des Arbeitsverhältnisses, so fallen auch

  • arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten,
  • öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse
  • Tätigkeiten als GmbH-Geschäftsführer

unter dem Begriff des Beschäftigungsverhältnisses.

Beschäftigungsverhältnis im Beitragsrecht und im Leistungsrecht

Man definiert den Begriff des Beschäftigungsverhältnis aber abhängig davon, ob es um das Beitragsrecht oder um das Leistungsrecht geht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG wird hier eine „funktionsdifferente Auslegung“ vorgenommen.

Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn

Im leistungsrechtlichen Sinn hat der Begriff die Funktion, das versicherte Risiko und den Schutzumfang der Arbeitslosenversicherung zu bestimmen oder einfacher gesagt, geht es hier um die Frage, ob die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld vorliegen. Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld ist nämlich, dass das Beschäftigungsverhältnis beendet worden ist und sog. Beschäftigungslosigkeit vorliegt.

Beschäftigungslosigkeit

Beschäftigungslos ist der Antragsteller (z.B. Arbeitnehmer) nicht erst dann, wenn sein Arbeitsverhältnis z.B. durch Kündigung des Arbeitgebers beendet worden ist, denn es wurde ja bereits ausgeführt, dass die Begriffe Beschäftigungsverhältnis und Arbeitsverhältnis eben nicht deckungsgleich sind. Vielmehr kann bereits eine Beschäftigungslosigkeit mit der Folge des Anspruches auf Bezug von Arbeitslosengeld vorliegen, wenn das Arbeitsverhältnis (rechtlich) noch besteht. Der Begriff Beschäftigungslosigkeit ist von daher mehr „faktisch“ zu bestimmen.

Beschäfitungslosigkeit/ das Ende des Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn liegt dann vor, wenn

  • ein faktisches Ende des Arbeitsverhältnisses
    • sowie die Aufgabe des Direktionsrechts des Arbeitgebers oder
    • das Entfallen der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers

vorliegen.

Fälle

Dies ist dann immer der Fall, wenn

  • der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und die Dienste des Arbeitnehmers nicht annimmt (Stichwort: unwiderruflicher Freistellung)
  • ein langfristig erkrankter Arbeitnehmer, der der Verfügungsgewalt des Arbeitgebers nicht mehr unterstellt ist

Anwalt A. Martin

5 Gedanken zu „SGB und Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn

    Mike Golf sagte:
    6. Juni 2013 um 22:07

    Netter Artikel, aber es fehlen die Quellen, worauf sich die gemachten Aussagen stützen. Ohne belastbare Quellen sind es nur Behauptungen, Thesen.

    Ich habe z.B. das Problem, dass die BfA kein ALG 1 zahlen will. Sie meint, mein Beschäftigungsverhältnis habe – im leistungsrechtlichen Sinne – mit der unwiderruflichen Freistellung (einseitig durch den Insolvenzverwalter) geendet. Demzufolge bekäme ich aber – von Arbeitsbeginn bis zur Freistellung – keine 360 Tage zusammen. (§ 142 SGB III)

    Ich halte dagegen, dass ich durch den Anspruch auf Arbeitsentgelt (Arbeitgeber insolvent, Masseunzulänglichkeit) bis zum Wirksamwerden der Kündigung ein Beschäftigungsverhältnis – im beitragsrechtlichen Sinne – habe, das sich anwartschaftszeitbegründend auswirkt. (Vgl. B 11 AL 70/03 R) Nach Wirksamwerden der Kündigung habe damit ich über 360 Tage in einem versicherungspflichtigen Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis gestanden und damit auch die notwendige Anwartschaftszeit erfüllt, um Anspruch auf ALG1 ab dem Tag X zu erhalten.

    Und nun? Nun brauche ich Quellen aus denen ich eine genaue Beurteilung herleiten kann, um (m)eine Klage vor dem Sozialgericht vorzubereiten.

    MfG

      Rechtsanwalt Andreas Martin geantwortet:
      7. Juni 2013 um 17:48

      Quellenangaben sind durchaus sinnvoll; nützen den juristischen Laien aber wenig, da dieser häufig nach ähnlichen Fällen sucht und dabei übersieht, dass jeder Fall Besonderheiten aufweisst, die letztendlich nur ein Jurist erkennen und werten kann. Überlassen Sie Ihre Klage lieber einen Profi (Fachanwalt für Sozialrecht), der über die entsprechenden Kenntnisse und auch über Kenntnisse des Prozessrechtes verfügt.

        Mike Golf sagte:
        14. Juni 2013 um 20:40

        Die Aussage, dass Quellenangaben dem Laien nichts nützen, halte ich für grotesk. Quellenangaben sind Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens. Wenn Laien nicht in der Lage sind, mit den Quellen umzugehen, ist das wohl einzig deren Problem. Quellen deshalb wegzulassen, ist absurd.

        Ich habe die Antwort auf meine ursprüngliche Frage, mit der ich auf Ihrer Internetseite gelandet bin, inzwischen anderweitig recherchieren können.

        Nach der unwiderruflichen Freistellung war ich – im leistungsrechtlichen Sinne – beschäftigungs- bzw. arbeitslos. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt auch die Anwartschaftszeit erfüllt, hätte ich ALG1 bekommen und kein Hahn hätte gekräht. Da mir ZU DIESEM ZEITPUNKT einige wenige Tage fehlten, lehnte die BfA meinen Antrag aber einfach ab. Was die qualifizierten Damen und Herren hierbei übersehen haben, ist, dass mein Arbeitsverhältnis aber unter (fiktiver) Fortzahlung des Arbeitsentgeltes weiterhin fortbestand. Fiktiv, weil der Arbeitgeber – aufgrund der Insolvenz – tatsächlich nicht zahlen kann. Das Nichtzahlen halte ich aber unerheblich, weil ich durch die Insolvenz meines Arbeitgebers nicht schlechter gestellt werden können sollte, als ein unwiderruflich Freigesteller, dessen Arbeitgeber nicht insolvent ist.

        Aufgrund des also weiterhin bestehenden Beschäftigungsverhältnisses – im beitragsrechtlichen Sinne – konnte die Anwartschaftszeit kurze Zeit später erfüllt werden. Hierdurch waren dann alle Voraussetzungen für ALG1 zeitgleich erfüllt. Ich hatte also Anspruch auf ALG1, was ich mir nun erklagen darf und werde. Dass diese Zeiten anwartschaftszeitbegründend sind, geht zugleich aus mehreren Quellen hervor. Neben den aktuellen Geschäftsanweisungen der Agentur für Arbeit (die hätte der Mitarbeiter der Rechtsbehelfsstelle ruhig mal lesen können), wären zu nennen B 11 AL 70/03 R, B 12 KR 22/07 R, L 11 AL 208/06, …

        Warum die BfA Gegenteiliges behauptete, weiß nur sie allein.

        LLAP

    Bettina Jaufmann sagte:
    17. Juli 2013 um 12:45

    Hierzu habe ich eine Frage.
    Ich befinde mich in einem Arbeitsverhältnis aber in keinem Beschäftigungsverhältnis.

    Seit 23.06.13 bin ich in Mutterschutz mit meinem zweiten Kind und war davor Arbeitslos gemeldet (während des Arbeitsverhältnisses). Ich habe also einen bestehenden Arbeitsvertrag. Da ich allerdings nach meiner letzen Elternzeit (Ende Dez. 12) von meiner Chefin nicht Teilzeit eingestellt werden konnte (unter 15 Angestellte) habe ich mich für diese Teilzeitstelle Arbeitslos gemeldet, was auch gegangen ist weil keine Beschäftigung besteht.

    Können Sie mir weiterhelfen ob mein Arbeitgeber den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zahlen muss?

    […] Das Bundessozialgericht (Urteil vom 30.08.2018 – B 11 AL 15/17 R) hat dies nun zugunsten der Arbeitnehmer entschieden. Nach dem BSG endet durch die unwiderrufliche Freistellung das Beschäftigungsverhältnis nicht. […]

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