umfangreiche Anlagen
LAG Berlin-Brandenburg: Klage und unzulässiger Verweis auf Anlagen
Klage und Anlagen
Wer rückständigen Lohn einklagt oder zum Beispiel eine Kündigungsschutzklage erhebt erhebt, muss grundsätzlich alle Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs darlegen und notfalls beweisen.
Klage muss von sich aus schlüssig sein
Der entscheidende Punkt ist dabei, dass das Gericht im Schriftsatz selbst die entsprechenden Informationen erhält. Dies Klage muss in sich schlüssig sein. Das Beifügen von Anlagen, zur näheren Substantiierung, also Darlegung, ist oft sinnvoll, auch um gegebenfalls ein Beweisangebot zu machen.
> Achtung: > Zu beachten ist aber, dass Anlagen nicht den Vortrag des Klägers ersetzen. Das Gericht muss alle wichtigen Informationen aus dem Schriftsatz selbst entnehmen können.
umfangreiche Anlagen zum Schriftsatz
Es kommt in der Praxis oft vor, dass Anwälte den Schriftsätzen umfangreiche Anlagen beifügen und dieser entsprechend nicht oder nur wenig erläutern. Dies darf aber nicht dazu führen, dass sich dann das Gericht aus diesen Anlagen die entsprechende Informationen herauszusuchen muss. Gerade dies ist grundsätzlich nicht zulässig.
selbsterklärende Anlagen
Es kommt auch immer auf den Umfang und der Art der Anlagen an. Oft sind Anlagen auch "selbsterklärend". Wenn der Kündigungsschutzklage zum Beispiel die Kündigungserklärung des Arbeitgebers beigefügt ist, dann muss diese Anlage nicht näher erläutert werden. Hier ist auf den ersten Blick erkennbar, um was es sich handelt und in welchem Zusammenhang es zur Klage steht.
Darlegung und Verweis auf Anlagen
Etwas anderes ist es jedoch, wenn der Kläger zum Beispiel im Rahmen einer Lohnklage umfangreiche Lohnansprüche geltend macht und in Bezug auf die entsprechenden Arbeitszeiten auf diverse Arbeitszeitprotokolle ohne jegliche Erläuterung verweist. Dies wäre nicht zulässig. Das Gericht ist nicht gehalten sich aus den Anlagen dann herauszusuchen, wie die Arbeitszeit tatsächlich verteilt war. Die beigefügten Anlagen sich nicht "selbsterklärend" und ersetzen nicht den Vortrag des Klägers.
Fall des LAG Berlin-Brandenburg
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte über einen ähnlichen Fall zu entscheiden. Ein Arbeitnehmer machte Vergütungsansprüche für 33 Kalendertage gelten. Der Kläger war hier überwiegend als Fahrer unterwegs und der Klageschrift war eine dreiseitige Tabelle als Anlage beigefügt mit den Fahrzeiten des Klägers. Es handelte sich dabei um die Aufzeichnungen eines Fahrtenschreibers. Nähere Erläuterungen wurden nicht vom Kläger dazu gemacht.
Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Für die Klage beantragte der Kläger Prozesskostenhilfe. Das Arbeitsgericht Berlin wies den Prozesskostenhilfeantrag ab mit dem Hinweis, dass die Klage insgesamt nicht schlüssig sei.
Gegen diese Ablehnung legte der Kläger und Antragsteller sofortige Beschwerde zum Arbeitsgericht ein, welches aber nicht abhalf und die sofortige Beschwerde dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vorlegte.
Auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 3.3.21 – 10 Ta 320/21) entschied gegen den Kläger.
Es führte dazu aus:
> Nach § 11a Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO bedarf auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Rechtsverfolgung einer hinreichenden Aussicht auf Erfolg, wenn für diese Prozesskostenhilfe bewilligt werden soll. Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat eine Klage, wenn sie schlüssig den geltend gemachten Anspruch begründet. > Eine solche hat das Arbeitsgericht zu recht im Ergebnis als nicht gegeben angenommen. Zu einer schlüssigen Klage auf Arbeitsvergütung gehört, dass der Kläger darlegt, wann er welche konkreten Arbeitszeiten geleistet hat. Eine Klage ist zwar nicht bereits unschlüssig, wenn für ihre Beurteilung auch beigefügte Anlagen erforderlich sind. Es genügt aber nicht eine pauschale Bezugnahme auf (umfangreiche) Anlagen ohne Spezifizierung (BVerfG vom 29.2.2012 – 2 BvR 368/10). Nur wenn es sich um verständliche Anlagen handelt, die ohne besonderen Aufwand zu erfassen sind, steht deren prozessualer Verwertung nichts entgegen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 5. Dezember 2019 – 10 Sa 705/19). > Der Hinweis auf einen Fahrtenschreiber ist nicht aus sich heraus bereits verständlich. Solange der Kläger sich nicht die Mühe macht, den Inhalt der Fahrerkarte für die einzelnen Tage schriftsätzlich näher darzulegen, verbleibt es bei der fehlenden Erfolgsaussicht der Klage. Hinzu kommt, dass der Kläger eine Nettovergütung geltend gemacht hat, obwohl es sich bei dem gesetzlichen Mindestlohn um eine Bruttovergütung handelt. Auch insoweit ist die Klage unschlüssig.
Anmerkung: Gerade bei umfangreichen Anlagen sollten diese ausreichend in der Klage erläutert werden.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin