Regelung
Unpfändbarkeit der Corona-Prämie

Corona-Zulage und das Problem der Pfändung beim Arbeitnehmer
Die sog. Corona-Prämie wurde eingeführt mit dem Corona-Steuerhilfegesetz vom 19. Juni 2020. Der Arbeitgeber diese Prämie seinen Arbeitnehmern steuerfrei aufgrund der Erschwernisse in der Corona-Pandemie zukommen lassen. Durch das Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz wurde diese Regelung der Steuerfreiheit bis zum 31. März 2022 verlängert.
€ 1.500 sind steuerfrei
Der Arbeitgeber konnte im Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 insgesamt maximal 1.500 Euro steuerfrei an pro Arbeitnehmer auszahlen.
Die Corona-Sonderzahlungen (Prämien) sind nicht auf bestimmte Branchen beschränkt, sondern können branchenunabhängig gewährt werden. Allerdings soll dabei ein Bezug zur Pandemie bestehen.
nur für die Pflegebranche ist die Pfändung verboten
Für die Pflegebranche gilt die Besonderheit, dass dort ein Anspruch auf eine Corona-Prämie bestand und darüber hinaus auch gesetzlich ( § 150a Abs. 8 Satz 4 SGB XI) die Unpfändbarkeit der Prämie angeordnet wurde.
Für alle anderen Branchen gibt es weder einen Rechtsanspruch, noch ein gesetzliche Regelung über die Unpfändbarkeit.
Entscheidung des Bundesarbeitsgericht
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 25. August 2022 – 8 AZR 14/22) hat nun entschieden, dass auch außerhalb der Pflegebranche die Corona-Prämie unpfändbar ist.
Pfändungsfreigrenzen beim Arbeitnehmer
Zur Berechnung der pfändbaren Summe beim Arbeitnehmer ist gemäß § 850c Abs. 5 ZPO das Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers bei monatlicher Zahlung auf einen durch 10 teilbaren Betrag abzurunden. Der Pfändungsfreibetrag beträgt seit dem 01.07.2022 für den Arbeitnehmer wenigstens 1.330,16 EUR und erhöht sich bei Unterhaltspflichten.
Fall des BAG
Das Bundesarbeitsgericht hatte über folgenden Fall zu entscheiden:
Eine Arbeitnehmerin, die in einer Gaststätte als Küchenhilfe beschäftigt war, bekam im September 2020 neben dem Monatslohn von 1.350,00 Euro brutto und Sonntagszuschlägen in Höhe von 66,80 Euro brutto eine Corona-Prämie von 400,00 Euro.
Über das Vermögen der Arbeitnehmerin war im Jahr 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet und eine Insolvenzverwalterin bestellt worden.
Für den Monat September 2020 errechnete die Insolvenzverwalterin aus dem Monatslohn sowie der Corona-Prämie als pfändungsrelevanten Nettoverdienst einen Betrag von 1.440,47 Euro und forderte den Arbeitgeber erfolglos zur Zahlung eines pfändbaren Betrags in Höhe von 182,99 Euro netto auf. Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung, da er davon ausging, dass die Corona-Prämie unpfändbar sein und hier hätte nicht bei der Berechnung berücksichtigt werden dürfen.
Die Insolvenzverwalterin klagte daraufhin gegen den Arbeitgeber auf Zahlung vor den Arbeitsgericht.
Die Insolvenzverwalterin vertrat die Auffassung, dass die vom Arbeitgeber an die Schuldnerin gezahlte Corona-Prämie pfändbar sei und begründet dies damit, dass – anders als im Pflegebereich, wo der Gesetzgeber in § 150a Abs. 8 Satz 4 SGB XI ausdrücklich die Unpfändbarkeit der Corona-Prämie bestimmt habe – es für eine Sonderzahlung außerhalb der Pflegebranche keine Regelung über eine Unpfändbarkeit gäbe.
Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen.
BAG – Corona-Zulage auch außerhalb der Pflegebranche unpfändbar
Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber ebenfalls Recht und führte dazu in seiner Pressemitteilung 31/22 vom 25.08.2022 folgendes aus:
Die Klägerin hat – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung des von ihr geforderten Betrags. Die Corona-Prämie gehört nach § 850a Nr. 3 ZPO nicht zum pfändbaren Einkommen der Schuldnerin. Der Beklagte wollte mit der Leistung eine bei der Arbeitsleistung der Schuldnerin tatsächlich gegebene Erschwernis kompensieren. Die vom Beklagten gezahlte Corona-Prämie überstieg auch nicht den Rahmen des Üblichen iSv. § 850a Nr. 3 ZPO.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Verzicht auf Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten auf Wartezeit zulässig?
Das Kündigungsschutzgesetz setzt voraus, dass der Arbeitnehmer länger als 6 Monate ohne Unterbrechung im selben Betrieb beschäftig ist (§ 1 KSchG). Eine rechtliche Unterbrechung kann aber unbeachtlich sein, wenn diese verhältnismäßig kurz sind und zwischen beiden Arbeitsverhältnissen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht.
Verzicht auf Anrechnung der Zeitdauer der Vorbeschäftigung auf Wartezeit möglich?
Ein Verzicht würde dazu führen, dass u.U. die Wartezeit nach § 1 KSchG ohne Anrechnung der Vorbeschäftigungszeit dann nicht erfüllt ist. Dies ist aber nicht zulässig, da die Regelungen nach dem KSchG in der Regel zwingende Arbeitnehmer-Schutzvorschriften sind. Eine Abweichung zu Gunsten des Arbeitnehmers ist möglich, aber nicht zu Lasten. Dies gilt insbesondere für § 1 KSchG, da ja eine sachliche Voraussetzung für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes – nämlich die Wartezeit – regelt.
Entscheidung des BAG vom 20.6.2013 – 2 AZR 790/11
Das Bundesarbeitsgericht hatte über einen solchen Fall zu entscheiden. Durch Vergleich vereinbarten Arbeitnehmer und Arbeitgeber, dass „Vordienstzeiten nicht anerkannt werden“.
Das Bundesarbeitsgericht hielt diese Regelung für unwirksam und führte dazu aus:
b) § 1 Abs. 1 KSchG ist einseitig zwingendes Recht (BAG 14. Mai 1987 – 2 AZR 380/86 – zu B I der Gründe, BAGE 55, 298). Vereinbarungen zum Nachteil des Arbeitnehmers sind unwirksam (allg. Ansicht, zB KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 94; Krause in vHH/L 15. Aufl. § 1 Rn. 22; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 1 Rn. 37; APS/Dörner/Vossen 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 6; ErfK/Oetker 13. Aufl. § 1 KSchG Rn. 15). Zulässig sind dagegen zu Gunsten des Arbeitnehmers abweichende Regelungen, etwa – einzelvertragliche oder kollektivrechtliche – Vereinbarungen über den Ausschluss oder die Verkürzung der Wartezeit (vgl. BAG 8. Juni 1972 – 2 AZR 285/71 – zu 5 b aa der Gründe mwN) oder über die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber (vgl. BAG 2. Juni 2005 – 2 AZR 480/04 – Rn. 34, BAGE 115, 92; 28. Februar 1990 – 2 AZR 425/89 – zu II 1 f der Gründe, BAGE 64, 209).
Ähnlich wäre der Fall zu beurteilen, wenn die Wartezeit nach dem KSchG mit Zustimmung des Arbeitnehmers verlängert wird.
RA A. Martin
betriebsbedingte Kündigung – welche Kündigungsfrist gilt?

Die ordentliche und fristgerechte betriebsbedingte Kündigung ist die häufigste Kündigung, die Arbeitgeber aussprechen. Daneben besteht nach dem KSchG ( Kündigungsschutzgesetz) noch die Möglichkeit der verhaltensbedingten oder der personenbedingten Kündigung. Bei der ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber mittels der Kündigung sind die Kündigungsfristen zwingend zu beachten.
Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
Die betriebsbedingte Kündigung ist eine der drei in § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG genannten Kündigungsmöglichkeiten des Arbeitgeber, neben der verhaltensbedingten und personenbedingten Kündigung. Bei der Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ist das Kündigungsschutzgesetz (allgemeiner Kündigungsschutz) zu beachten ist, so dass für eine wirksame Beendigung durch den Arbeitgeber mittels Kündigungserklärung diese sozial gerechtfertigt ein muss. Bei einer betriebsbedingten Kündigung erfolgt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht aus Gründen, die in der Sphäre des Arbeitnehmers oder aufgrund dessen Verschulden, sondern aufgrund eines dauerhaften betrieblichen Überhangs an Arbeitskräften.
betriebsbedingte Kündigung oft unwirksam
Eine Vielzahl betriebsbedingter Kündigungen sind unwirksam, sofern das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Findet dieses keine Anwendung und liegt auch kein besonderer Kündigungsschutz vor, dann braucht der Arbeitgeber keinen Grund für die Kündigung und kann „einfach so“ kündigen. Eine solche Kündigung z.B. im Kleinbetrieb oder in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses wird nur „sehr grob“ auf Treuwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit überprüft.
Corona und betriebsbedingte Kündigung
Update 5.4.2020:
Aufgrund der derzeitigen Corona-Epidemie ist mit zunehmenden betriebsbedingten Kündigungen zu rechnen. Derzeit haben viele Arbeitgeber Kurzarbeit wegen der starken Ausbreitung des Corona-Virus (COVID-19) angeordnet, bei längerer Dauer Quarantäne werden aber immer mehr betriebsbedingte Kündigung durch Arbeitgeber ausgesprochen werden. Die nachfolgenden Ausführungen gelten auch für die Corona-Kündigung!
Update 6.3.2021:
Die Lage könnte sich in Bezug auf Sars Cov 2 (Covid 19) etwas entspannen. Andererseits wird wahrscheinlich die große „Corona-Kündigungswelle“ wohl erst am Ende des harten Lockdowns im Anfang April / bzw. im Mai 2021 kommen. Bis dahin gibt es bei vielen Betrieben immer noch Kurzarbeit.
Update 27.08.2022:
Es gibt immer noch Kündigungswellen, allerdings kommt neben einer Erholung der Arbeitswelt von Corona derzeit wieder erschwerend die Auswirkungen der Ukrainekrieges hinzu. Arbeitgeber suchen in vielen Branchen Arbeitnehmer. Trotzdem gibt es im Raum Berlin-Brandenburg immer noch betriebsbedingte Kündigungen.
Eine Information vorab:
Es gibt keine besondere Frist für die betriebsbedingte Kündigung. Der Grund der Kündigung hat bei der ordentlichen Kündigung in der Regel keinen Einfluss auf die Kündigungsfrist! Für die betriebsbedingte Kündigung ist von daher die Frist genauso lang, wie bei einer ordentlichen personenbedingten oder verhaltensbedingten Kündigung.
Prüfung der betriebsbedingten Kündigung
Der Arbeitgeber muss nachweisen:
- Vorliegen eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes
- liegt eine unternehmerische Entscheidung vor/ welcher Inhalt?
- liegen die Ursachen für die unternehmerische Entscheidung vor?
- bedingt die unternehmerische Entscheidung die Verringerung des Personalbedarfes?
- fällt der Arbeitsplatz spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist weg?
- ist das betriebliche Erfordernis auch dringend?
- kann der Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitsplatz im Betrieb beschäftigt werden?
- hat der Arbeitgeber die Sozialauswahl beachtet?
Kündigungsfrist bei betriebsbedingter Kündigung
Kündigt der Arbeitgeber betriebsbedingt, dann stellt sich für den Arbeitnehmer die Frage, welche Kündigungsfrist einzuhalten ist. Grundsätzlich kann man sagen, dass es für die betriebsbedingte Kündigung keine Sonderregelungen in Bezug auf die Kündigungsfrist (abgesehen von wenigen Ausnahmen: z.B. Kündigung durch Insolvenzverwalter) gibt. Hier gilt für den Arbeitgeber die gleiche Kündigungsfrist, die er auch bei einer ordentlichen personenbedingten oder verhaltensbedingten Kündigung zu beachten hätte.
Grundsatz: die gesetzliche Regelung des § 622 BGB
Die gesetzliche Grundregel für die (betriebsbedingte) Kündigung durch den Arbeitgeber befindet sich in § 622 BGB. Dort ist normiert mit welcher Kündigungsfrist der Arbeitgeber kündigen kann.
§ 622 BGB lautet:
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.
(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,
1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.
(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.
Probezeit:
Innerhalb der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber und für den Arbeitnehmer 2 Wochen. Die Frist muss nicht zum 15. oder zum Monatsende enden. Die Probezeit ist in der Regel 6 Monate, kann aber auch im Arbeitsvertrag kürzer vereinbart werden.
Nach Probezeit bis noch nicht 2 Jahren
Im Zeitraum nach Ablauf der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende, sofern der Arbeitnehmer noch nicht 2 Jahre oder länger beim Arbeitgeber beschäftigt ist.
Beschäftigungsdauer 2 Jahre und länger
Jetzt gilt die Staffelung nach § 622 Abs. 2 BGB, abhängig von der Beschäftigungsdauer. Diese Regelungen gelten nur für die Kündigung durch den Arbeitgeber nicht für die Kündigung des Arbeitnehmers. Für die Kündigung durch den Arbeitnehmer gelten andere Kündigungsfristen, nämlich es gilt der Abs. 1 des § 622 BGB.
Regelung, dass Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers vor Vollendung des 25. Lebensjahres nicht angerechnet werden
Die Regelung, wonach bestimmte Beschäftigungszeiten abhängig vom Alter (bis zum 25. Lebensjahr) nicht angerechnet werden, ist europarechtswidrig und damit nicht anzuwenden. Der Gesetzgeber hat es bis heute nicht geschafft, dies zu streichen!
Kündigungsfrist abhängig von der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers
Die Kündigungsfrist ist abhängig von der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers. Von daher stellt sich manchmal die Frage, was ist eigentlich die Beschäftigungsdauer im Betrieb? Maßgeblich ist der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses im Betrieb oder Unternehmen. Tatsächliche Unterbrechungen, z.B. aufgrund der Krankheit des Arbeitnehmers sind grundsätzlich unerheblich. Bei rechtlichen Unterbrechungen ist dies allerdings etwas komplizierter, z.B. bei einer Kündigung und der alsbaldigen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mittels neuen Arbeitsvertrag. Dies gilt als eine Beschäftigungszeit, wenn zwischen dem alten und neuen Arbeitsverhältnis ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht.
Beispiel: Der A arbeitet beim B als Bürokraft. Der B kündigt dem A zum 31.03.2021 und schließt dann am 15.04.2021 einen neuen Arbeitsvertrag wieder mit dem A ab, wobei A die gleiche oder ähnliche Arbeit, wie zuvor (so auch der Arbeitsvertrag) ausführt (Bürokraft).
Hier bestünde der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang. Die Rechtsprechung lässt aber nur kurze rechtliche Unterbrechungen zu. Man kann in der Regel sagen, dass Unterbrechungen bis zu 3 Wochen noch unschädlich sind; darüber hinaus wird man in der Regel vom Fehlen eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen den alten und dem neuen Arbeitsverhältnis ausgehen müssen (wohl Ausnahme: Lehrer bis zu 6 Wochen oder Winterpause im Baugewerbe).
Betriebszugehörigkeit – Zeitpunkt Zugang der Kündigung oder Beendigung des Arbeitsverhältnis (Ende der Kündigungsfrist)?
Bei der Frage, wann nun die Betriebszugehörigkeit endet, wird von der Rechtsprechung nicht auf das Ende der Kündigungsfrist abgestellt, sondern auf den Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung.
Beispiel: Der A kündigt dem B mit einer Frist von 1 Monat zum 30.04.2012. Die Kündigung wird dem B von A am 15.03.2012 übergeben.Der B ist beim A seit dem 20.04.2007 beschäftigt. Es gibt hier keine Abweichungen von den gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB. Der B meint nun, dass doch seine Kündigungsfrist 2 Monate betragen müsste, denn zum Kündigungsende wäre er wenigstens 5 Jahre beschäftigt (also zum 30.04.2012).
Die Auffassung des B ist falsch, da er zum Zeitpunk des Zuganges der Kündigung (also am 15.03.2012) noch keine vollen 5 Jahre beschäftigt war. Auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung (30.04.2012) wird nicht abgestellt.
Ausbildungszeit – gleich Beschäftigungszeit?
Nach der Rechtsprechung des BAG (Entscheidung vom 30.09.2010 – 2 AZR 456/09) gilt auch die Zeit als Azubi im Betrieb (Berufsausbildungszeit) als Beschäftigungszeit.
Welche Zeiten gelten nicht als Beschäftigungszeiten?
Folgende Zeiten gelten nicht als Beschäftigungszeit:
- Praktikumszeiten
- Zeit der Beschäftigung als freier Mitarbeiter
- bei beiden wird vorausgesetzt, dass rechtlich auch ein Praktikum und ein freies Dienstverhältnis vorliegt
Wie lang ist die Kündigungsfrist nach 8 Jahren Betriebszugehörigkeit?
Nach 8 Jahren der Betriebszugehörigkeit – unter der Voraussetzung, dass hier die gesetzlichen Fristen für die Kündigung gelten – beträgt die Kündigungsfrist beträgt die Kündigungsfrist für die ordentliche Arbeitgeberkündigung 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Wie lang ist die Kündigungsfrist nach 25 Jahren Betriebszugehörigkeit?
Sofern hier die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten, dann gilt eine Frist für die Kündigung bei 25-jähriger Betriebszugehörigkeit von 7 Monaten zum Monatsende. Die Frist verlängert sich nach 20 Jahren der Unternehmenszugehörigkeit nicht mehr.
Welche Kündigungsfrist gilt bei 40 Jahren Betriebszugehörigkeit?
Hier gilt das gleiche, wie zuvor. Falls hier die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB gelten, dann gilt eine Frist für die Kündigung bei 40-jähriger Betriebszugehörigkeit von 7 Monaten zum Monatsende. Die Frist verlängert sich nach 20 Jahren der Unternehmenszugehörigkeit nicht mehr.
Ausnahmen von der gesetzlichen Regelung des § 622 BGB
Es gibt einige wenige gesetzliche Sonderregelungen, die von § 622 BGB abweichen:
Zum Beispiel gibt es im Gesetz folgende Ausnahmen von den Kündigungsfristen des § 622 BGB
- im Berufsausbildungsverhältnis – keine Kündigungsfrist in der Probezeit, § 22 BBiG
- Kündigung eines Arbeitnehmers zum Ende der Elternzeit – Frist 3 Monate, § 19 BEEG
- Heimarbeiter, § 29 HAG
- Besatzungsmitglieder eines Schiffes nach dem SeemG
andere Kündigungsfrist in Tarifverträgen
Wenn auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung findet, dann findest man häufig in diesen Tarifverträgen abweichende Regelungen über die anzuwendenden Kündigungsfristen. Grundsätzlich findet dann die Frist aus dem Tarifvertrag Anwendung. Der Arbeitgeber muss bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses auf einen anwendbaren Tarifvertrag hinweisen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 Nachweisgesetz). Im Übrigen sieht der BRTV-Bau eine Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer von 6 bzw. 12 Tagen vor (§ 12 BRTV-Bau).
andere Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag
Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn im Arbeitsvertrag (Tarifverträgen – siehe oben) eine andere Kündigungsfrist vereinbart wurde. Zulässig wäre es, wenn der Arbeitgeber für sich und den Arbeitnehmer andere – längere Kündigungsfristen – vereinbart. So kann zum Beispiel im Arbeitsvertrag geregelt sein, dass das Arbeitsverhältnis nach der Probezeit für beide Seiten ordentlich mit einer Frist von 6 Monaten beendet werden kann. Nicht möglich ist, wenn der Arbeitgeber z.B. für sich eine Kündigungsfrist von 1 Monat und für den Arbeitnehmer eine längere Frist vereinbart. In Kleinbetrieben kann maximal eine Verkürzung der Kündigungsfrist auf 4 Wochen vereinbart werden.
Überprüfung der Kündigungsfristen durch Kündigungsschutzklage
In vielen Fällen wird also bei der betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber die gesetzliche Kündigungsfrist, die abhängig von der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers ist, gelten. Die Vorschrift ist etwas unübersichtlich, aber zu verstehen. Der Teufel liegt häufig im Detail. Hält der Arbeitgeber die Kündigungsfrist nicht ein, sollte der Arbeitnehmer rechtzeitig (3 Wochen ab Zugang) Kündigungsschutzklage erheben. Es sind zwar Fälle denkbar, bei denen der Arbeitnehmer dies auch noch später rügen kann (Kündigungserklärung ohne konkretes Beendigungsdatum); ohne Rechtsanwalt kann der Arbeitnehmer dies ohnehin nicht sicher einschätzen.
Interesse Beiträge zum Thema Kündigungsfrist und betriebsbedingte Kündigung
Nachfolgend finden Sie einige Interessante Beiträge zum Thema Kündigungsfrist und betriebsbedingte Kündigung.
- BAG: Kündigungsfrist von 3 Jahren kann unwirksam sein
- BAG: kurze Kündigungsfrist in der Probezeit nur eindeutiger Klausel
- LAG Berlin-Brandenburg: Kündigung in der Probezeit mit Frist von einem Tag kann zulässig sein
- Können arbeitsvertragliche Fristen durch einen Tarifvertrag verlängert oder verkürzt werden?
- BAG: Hilfsweise ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin bestimmt genug!
- LAG MV: Kündigung in der Probezeit – Fristablauf, wenn letzter Tag ein Sonntag ist
- Was bedeutet Kündigung mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende?
- Kann ich als Arbeitnehmer während der Probezeit selbst fristlos kündigen?
- Kündigung während der Probezeit – was ist zu beachten?
- Bei betriebsbedingte Kündigung – kein freier Arbeitsplatz – was heißt dies?
- BAG: betriebsbedingte Kündigung – Arbeitgeber muss nicht Arbeitsplatz im Ausland anbieten
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin