Rechtmäßigkeit
Die Ermahnung im Arbeitsrecht – Unterschied zur Abmahnung.
Was ist der Unterschied zwischen Ermahnung und Abmahnung?
Was eine arbeitsrechtliche Abmahnung ist, wissen viele Arbeitnehmer. Von einer Ermahnung (auch manchmal Mahnung, Rüge, Verweis oder Missbilligung genannt) habe viele Arbeitnehmer evtl. auch schon gehört, können aber meist nicht viel mit dem Begriff anfangen und setzen dies häufig mit der arbeitsrechtlichen Abmahnung gleich, was aber nicht richtig ist. Von daher stellt sich die Frage, was der Unterschied zwischen einer Abmahnung und einer Ermahnung. Die Unterschiede werden nachfolgend erläutert.
Was ist eine Abmahnung im Arbeitsrecht?
Die Abmahnung ist die Aufforderung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer ein vertragswidriges Verhalten unverzüglich zu unterlassen und sich vertragsgemäß zu verhalten und für den Fall der Wiederholung wird angekündigt, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.
Die Abmahnung hat mehrere Funktionen, die für diese auch charakteristisch sind, wie
- Dokumentationsfunktion (Dokumentation der Pflichtverletzung)
- Beanstandungsfunktion/ Hinweisfunktion (Beanstandung des vertragswidrigen Verhaltens/ Hinweis auf das Verhalten)
- und Warnfunktion (Androhung von „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ – wobei dieser Begriff nie in einer Abmahnung verwendet werden sollte, da er zu unbestimmt ist)
Was ist eine Ermahnung im Arbeitsrecht?
Die Ermahnung ist eine einfache Vertragsrüge. Bei der Rüge oder Ermahnung handelt es sich um eine Vorstufe zur Abmahnung. Der Unterschied zur Abmahnung ist der, dass die Ermahnung eben im Wiederholungsfall nicht ankündigt, dass das Arbeitsverhältnis im Bestand gefährdet ist. Der Arbeitnehmer wird nur auf sein vertragswidriges Verhalten hingewiesen und wie er sich vertragsgemäß verhalten soll, aber nicht, dass im Wiederholungsfall er mit einer Kündigung rechnen muss. Von daher fehlt der Ermahnung – im Gegensatz zur Abmahnung – die sog. Warnfunktion.
Kurz: Bei der Ermahnung wird nicht für den Wiederholungsfall mit einer Kündigung gedroht!
Was ist ermahnen?
Von daher ist ein Ermahnen der Hinweis des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer über ein arbeitsrechtliches Fehlverhalten ohne Drohung mit einer Kündigung für den Wiederholungsfall.
Was ist nun genau die Unterscheidung zwischen Ermahnung und Abmahnung im Arbeitsrecht?
Der Unterschied zwischen einer Ermahnung und einer Abmahnung besteht also darin, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei der Ermahnung nicht mit einer Kündigung für den Fall der Wiederholung seines Fehlverhaltens droht. Die Ermahnung ist also die mildere Maßnahme im Vergleich zur Abmahnung.
Welche Begrifflichkeiten gibt es für die Ermahnung?
Die Ermahnung muss nicht als solche bezeichnet werden. Üblich sich auch
- Ermahnung
- Rüge
- Vertragsrüge
- Verwarnung
- Verweis
- Missbilligung
Wann bietet sich für den Arbeitgeber die Ermahnung an?
Gerade wenn Pflichtverstöße durch den Arbeitnehmer vorliegen, die sehr gering wiegen und wenn sich die Frage stellt, ob man deshalb überhaupt abmahnen kann, kommt die Verwarnung in Betracht.
Darüber hinaus auch ein Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers, die nicht so schwer wiegen und wenn es dem Arbeitgeber darum geht nicht das Arbeitsverhältnis mit einer "Kündigungsandrohung" zu belasten.
Muss der Ermahnung vor einer Abmahnung als „milderes Mittel“ ausgesprochen werden?
Die Ermahnung ist ein „milderes Mitteln“ im Vergleich zu einer Abmahnung und bei leichten Verstößen des Arbeitnehmers kann es im Rahmen des vom Arbeitgeber zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten sein, dass er nicht abmahnt, sondern zunächst ermahnt.
Kann eine Ermahnung eine Kündigung vorbereiten und diesbezüglich eine Abmahnung ersetzen?
Nein, der Abmahnung fehlt die Warnfunktion und diese kann eben nicht eine Abmahnung ersetzen. Die Abmahnung bezweckt den Arbeitnehmer eben noch letztmalig vor Augen zu halten, dass er im Wiederholungsfall der Vertragsverletzung mit einer Kündigung rechnen muss. Die Ermahnung weisst darauf eben nicht hin. Von daher ist die Ermahnung kündigungsrechtlich nicht relevant.
Besteht ein Anspruch auf Rücknahme oder Entfernung der Ermahnung?
Da die Ermahnung eine einfache Vertragsrüge ohne kündigungsrechtliche Konsequenzen (im Wiederholungsfall) ist, hat der Arbeitnehmer auch keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Entfernung der Ermahnung aus der Personalakte (siehe hier Entfernungsklage gegen eine Abmahnung), wie z.B. bei einer Abmahnung. In der juristischen Literatur gibt es aber Stimmen, die auch hier dem Arbeitnehmer die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung geben möchten. Dies ist aber abzulehnen. Ohnehin ist häufig bei bei einer Abmahnung die gerichtlich Durchsetzung des Anspruchs auf Entfernung mittels Entfernungsklage nicht sinnvoll (siehe Beitrag: „Wie kann der Arbeitnehmer gegen die Abmahnung des Arbeitgebers vorgehen?“).
Anspruch auf Entfernung bei Ermahnung, die tatsächlich eine Abmahnung ist
Anders wäre es aber, wenn die ausgesprochene „Ermahnung“ in Wirklichkeit – dies wird dann durch Auslegung bei nicht hinreichend bestimmten Erklärungen ermittelt – einer Abmahnung gleichkommt. Hier besteht dann ein Entfernungsanspruch (aus der Personalakte des Arbeitnehmers), wenn die Ermahnung zu Unrecht erteilt wurde.
Ermahnung unter Androhung einer Abmahnung – Entfernungsanspruch
Wenn die Ermahnung ausgesprochen wird mit einer Androhung einer Abmahnung im Wiederholungsfall, also hier eine Warnfunktion hinzukommt, dann besteht ebenfalls ein Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte, wenn die Ermahnung unrechtmäßig ist.
Zusammenfassung:Ermahnung und Abmahnung unterscheiden sich. Die Abmahnung ist das stärkere Sanktionsmittel des Arbeitgebers, dass im Normalfall eine Kündigung vorbereiten soll und – im Gegensatz zu einer Ermahnung – auch eine Warnfunktion beinhaltet. Ein Anspruch auf Entfernung einer rechtswidrigen Ermahnung besteht im Normalfall nicht, da diese nur eine bloße Vertragsrüge ist. Hier sind aber einige Besonderheiten zu beachten.
EuGH-Kücük- Kettenbefristungen bei Arbeitsverträgen wegen Vertretungsbedarf – Entscheidung vom 26.01.2012 –
Der EuGH hat nun eine langandauernd diskutierte Frage geklärt, nämlich nach der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit von fortdauernden Befristungen von Arbeitsverträgen (Kettenbefristungen) wegen Vertretungsbedarf.
Sachverhalt- Frau Kücük und die fortlaufenden Befristungen
In der Pressemitteilung des EuGH wird folgender Sachverhalt dargestellt:
Frau Kücük war über einen Zeitraum von elf Jahren auf der Grundlage von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen beim Land Nordrhein-Westfalen als Justizangestellte im Geschäftsstellenbereich des Amtsgerichts Köln tätig. Alle diese Verträge wurden zur Vertretung unbefristet eingestellter Justizangestellter geschlossen, die sich vorübergehend (beispielsweise im Rahmen der Elternzeit) hatten beurlauben lassen.
Vor dem Arbeitsgericht Köln hat Frau Kücük geltend gemacht, ihr letzter Arbeitsvertrag müsse als auf unbestimmte Zeit geschlossen gelten, da kein sachlicher Grund vorliege, der seine Befristung rechtfertige. Bei insgesamt 13 in einem Zeitraum von elf Jahren unmittelbar aneinander anschließenden befristeten Arbeitsverträgen könne nämlich nicht mehr von einem vorübergehenden Bedarf an Vertretungskräften ausgegangen werden. Das Bundesarbeitsgericht, das diesen Rechtsstreit in letzter Instanz zu entscheiden hat, fragt den Gerichtshof nach der Auslegung der einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts.
die Entscheidung des EuGH zur Kettenbefristung nach Unionsrecht
Der EuGH (Entscheidung vom 26.01.2012 -in der Rechtssache C-586/10) hält eine fortlaufende Befristung von Arbeitsverträgen (hier 13) wegen Vertretung grundsätzlich mit dem Unionsrecht für vereinbart, sofern tatsächlich der Vertretungsbedarf fortbesteht.
Dazu führt der EuGH (Pressemitteilung) aus:
In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass der vorübergehende Bedarf an Vertretungskräften – wie im deutschem Recht vorgesehen – grundsätzlich einen sachlichen Grund im Sinne des Unionsrechts darstellen kann, der sowohl die Befristung der mit den Vertretungskräften geschlossenen Verträge als auch deren Verlängerung rechtfertigt.
Aus dem bloßen Umstand, dass ein Arbeitgeber gezwungen sein mag, wiederholt oder sogar dauerhaft auf befristete Vertretungen zurückzugreifen, und dass diese Vertretungen auch durch die Einstellung von Arbeitnehmern mit unbefristeten Arbeitsverträgen gedeckt werden könnten, folgt weder, dass kein solcher sachlicher Grund gegeben ist, noch das Vorliegen eines Missbrauchs. Automatisch den Abschluss unbefristeter Verträge zu verlangen, wenn die Größe des betroffenen Unternehmens oder der betroffenen Einrichtung und die Zusammensetzung des Personals darauf schließen lassen, dass der Arbeitgeber mit einem wiederholten oder ständigen Bedarf an Vertretungskräften konfrontiert ist, ginge nämlich über die Ziele hinaus, die mit der durch das Unionsrecht umgesetzten Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner verfolgt werden, und würde somit den Wertungsspielraum verletzen, der den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern eingeräumt wird.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags im Einzelfall durch einen sachlichen Grund wie den vorübergehenden Bedarf an Vertretungskräften gerechtfertigt ist, müssen die nationalen Behörden jedoch alle Umstände dieses Einzelfalls einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Verträge berücksichtigen.
Kommentar:
Das Urteil ist etwas dünn und viele Juristen haben hier etwas anderes, nämlich die Unvereinbarkeit mit dem EU-Recht erwartet. Wer 13 befristete Verträge nacheinander schließt, hat wohl im Normalfall keinen vorübergehenden Vertretungsbedarf, sondern ein Dauerproblem. Von daher ist die Entscheidung kaum nachvollziehbar.
Anwalt Andreas Martin
LAG Berlin: tarifliche Reduzierung des Mindesturlaubs auf den Prüfstand – Vorlage zum Europäischen Gerichtshof
Gemäß § 13 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz darf der 4-wöchige Mindesturlaub durch Tarifvertrag reduziert werden. Solche Reduzierungen finden sich z.B. im Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe. Ob dies mit europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, dies ist fraglich.
Landesarbeitsgericht Berlin – Brandenburg: Vorlage § 13 Abs. 2 BUrlG rechtmäßig?
Das LAG Berlin-Brandenburg ( LArbG Berlin-Brandenburg 2. Kammer 2 Sa 3/11- 16.06.2011) legte dem EuGH gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen vor:
„1. Stehen Artikel 31 Grundrechtecharta und Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 04. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung einer nationalen Regelung wie in § 13 Abs. 2 BUrlG entgegen, nach der in bestimmten Branchen die Dauer des jährlichen Mindesturlaubs von vier Wochen durch Tarifvertrag verringert werden kann?
2. Stehen Artikel 31 Grundrechtecharta und Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 04. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung einer nationalen tariflichen Regelung wie derjenigen im Bundesrahmentarifvertrag Bau entgegen, nach der ein Urlaubsanspruch in solchen Jahren nicht entsteht, in denen wegen Krankheit eine bestimmte Bruttolohnsumme nicht erzielt wird?
3. Falls die Fragen zu 1. und 2. bejaht werden:
Ist eine Regelung wie in § 13 Abs. 2 BUrlG dann unanwendbar?
4. Falls die Fragen zu 1. bis 3. bejaht werden:
Besteht im Hinblick auf die Wirksamkeit der Regelung des § 13 Abs. 2 BUrlG und den Regelungen des Bundesrahmentarifvertrages Bau ein Vertrauensschutz, wenn Zeiträume vor dem 01. Dezember 2009, dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages und der Grundrechtecharta betroffen sind? Ist den Tarifvertragsparteien des Bundesrahmentarifvertrages Bau eine Frist einzuräumen, innerhalb derer sie selbst eine andere Regelung vereinbaren können?“
Ein im Baubereich tätiger Arbeitnehmer machte vor Landesarbeitsgericht (II. Instanz) einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung für die Jahre 2007,2008 und 2009 geltend. Dabei war er während des Arbeitszeitraumes arbeitsunfähig erkrankt. Der hier zunächst anwendbare BRTV-
Bau schließt – sofern der Bruttoverdienst im Arbeitsjahr 0 ist – einen Urlaubsanspruch und damit auch einen Abgeltungsanspruch aus. Nach § 13 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz darf vom Mindesturlaub durch Tarifvertrag abgewichen werden. Die Frage ist nun, ob diese Regelungen europarechtskonform sind.
Anwalt Martin – Informationen zum Arbeitsrecht in Berlin
Muss der Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld bei Kündigung zurückzahlen?
Muss der Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld bei Kündigung zurückzahlen?
Erhält der Arbeitnehmer am Jahresende eine Gratifikation, zum Beispiel Weihnachtsgeld, soll er damit an den Betrieb gebunden werden; dies ist meist die Intention des Arbeitgebers. Scheidet nun der Arbeitnehmer durch Kündigung aus dem Arbeitsverhältnis kurz nach der Zahlung aus,stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld zurückzahlen muss.
Rückzahlung von Weihnachtsgeld
Zahlt der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld kann er dies in der Regel nicht mehr vom Arbeitnehmer zurückfordern; dies gilt selbst bei einer verschuldeten Beendigung des Arbeitsverhältnis verhaltensbedingten Kündigung (zumindest bei vorbehaltloser Zahlung).
Rückzahlungsklausel im Arbeitsvertrag
Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer die Rückzahlung für den Fall des späteren Ausscheidens vereinbart hat. Eine solche Vereinbarung findet sich häufig in Arbeitsverträgen. Dort findet man sog. Rückzahlungsklauseln, die u.a. vorsehen, dass der Arbeitnehmer beim Ausscheiden bis zum …. (meist 31.03. des Folgejahres) die Gratifikation zurückzahlen muss.
Rechtmäßigkeit von Rückzahlungsklauseln
Die Tatsache, dass eine Rückzahlungsklausel vorhanden ist, heißt aber noch nicht, dass diese auch wirksam vereinbart wurde. Die Klausel muss verständlich und bestimmt sein.
Für die Rechtmäßigkeit von Rückzahlungsklauseln hat das BAG folgende Grundsätze aufgestellt:
- Zahlungen von Weihnachtsgeld bis 100 EUR können nicht zurückgefordert werden
- Zahlung bis 1 Monatsgehalt – Rückforderung nur bis zum 31,03. des Folgejahres
- Rückforderung in Klausel im Allgemeinen maximal bis zum 30.06. des Folgejahres