Recht zur Lüge

Was muss der Arbeitnehmer im Vorstellungsgespräche sagen?

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Fragerecht und Offenbarungspflichten im Vorstellungsgespräch

Bekannt ist vor allem, dass der Arbeitgeber ein Fragerecht beim Vorstellungsgespräch hat und es aber auch unzulässige Fragen gibt, die der Arbeitnehmer nicht beantworten muss bzw. das Recht zur Lüge hat.

Weniger bekannt ist, dass es in seltenen Fällen sogar eine Verpflichtung des Arbeitnehmers geben kann, bestimmte Umstände zu seiner Person von sich aus zu offenbaren.

Was muss man im Vorstellungsgespräch sagen?

Fragerecht

Der Arbeitgeber hat im Vorstellungsgespräch ein Fragerecht. Dies ist unstreitig. Datenschutz ist dazu zu beachten.

Das Fragerecht besteht, um die Eignung des Bewerbers für die Stelle herauszufinden.

Zur Informationsgewinnung darf der Arbeitgeber dabei auch das Internet nutzen und sogar Dritte einschalten.

Anfragen bei ehemaligen Arbeitskollegen und beim ehemaligen Arbeitgeber sind zulässig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet, auf zulässigerweise gestellte Fragen des Arbeitgebers wahrheitsgemäß zu antworten.

Ein Fragerecht hat der Arbeitgeber aber nur insoweit er ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage für das Arbeitsverhältnis hat.

 

Achtung

Aber auch hier ist das Datenschutz zu beachten. Der Arbeitgeber darf nicht willkürlich Informationen über den Bewerber anfordern, sondern immer im Hinblick auf die mögliche Eignung für die Stelle.

einzelne Fragen

Der Arbeitgeber hat ein Fragerecht, wenn er im Zusammenhang mit dem zu begründenden Arbeitsverhältnis ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Fragen hat.

Dieses Interesse muss objektiv so stark sein, dass dahinter das Interesse des Arbeitnehmers am Schutz seines Persönlichkeitsrechts und an der Unverletzlichkeit der Intimsphäre zurücktreten muss (BAG, Urteil vom  7.6.1984 in NZA 2013, 1087).

In der Regel sind von daher folgende Fragen zulässig, nach:

  • beruflichen und fachlichen Fähigkeiten
  • Kenntnissen und Erfahrungen im Beruf
  • der Schul- und Berufsausbildung
  • Studiengängen
  • Sprachkenntnissen
  • Zeugnisses
  • Prüfungsnoten
  • Sprachkenntnissen
  • bisherige berufliche Tätigkeiten
  • bisherige berufliche Aufgaben/ Projekte
  • Weiterbildungen
  • Unterbrechungen
  • früheren Arbeitgebern
  • Dauer der jeweiligen Beschäftigungen
  • nach Mobilität bzw. Bereitschaft dazu
  • nach Bereitschaft Schichtdienst zu leisten

Achtung

Nicht immer ist jede Frage erlaub. Es geht – wie oben beschrieben – um eine Interessenabwägung.

Offenbarungspflichten des Arbeitnehmers

Auch ohne entsprechende Frage muss der Arbeitnehmer in bestimmten Fällen auf Umstände und in seiner Person gegebene Eigenschaften hinweisen. Dies nennt man Offenbarungspflichten.

Eine solche Pflicht besteht dann, wenn die betreffenden Umstände und Eigenschaften dem Bewerber die Erfüllung seiner vorgesehenen arbeitsvertraglichen Leistungspflicht von vornherein, nicht nur zeitweilig, sondern auf längerer Dauer unmöglich machen (BAG , Urteil vom 25.3.1976 in NZA 2013, 1087).

Diese Umstände können u.a. sein:

  • sehr schlechter Gesundheitszustand
  • Bewerber ist (schwer) krank und es besteht Ansteckungsgefahr für Belegschaft

 

Hinweis

Offenbarungspflichten bestehen selten. Auf Mängel in der Ausbildung / Qualifikation muss der Bewerber nicht hinweisen.

 

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin

BAG: Frage nach Schwerbehinderung falsch beantwortet

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Schwerbehinderte genießen im Arbeitsrecht besonderen Schutz. Manchmal kommt es aber vor, dass gerade wegen des starken Schutzes der Arbeitgeber einen Schwerbehinderten eben nicht einstellen möchte, obwohl die Möglichkeit der Kündigung während der Probezeit ohne Einschaltung des Integrationsamtes besteht. Die  Schwerbehinderung kann von daher für den Arbeitgeber ein Umstand sein, der  erheblich ist. Eine interessante Frage ist, ob der Arbeitnehmer hier wissentlich die Unwahrheit sagen darf, da es sich bei der Frage nach einer Schwerbehinderung um eine unzulässige Frage handelt?

BAG_ Schwerbehinderung – falsche Beantwortung der Frage danach

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Pressemitteilung auf eine Entscheidung hingewiesen (BAG Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. Juli 2011 – 2 AZR 396/10 ). Eine Bewerber hatte gegenüber dem Arbeitgeber angegeben, dass er nicht schwerbehindert sei.

Das BAG führt in seiner Pressemitteilung aus:

“ Die Klägerin hatte bei der Einstellung die Frage nach dem Bestehen einer Schwerbehinderung unzutreffend verneint. Die Täuschung war jedoch nicht ursächlich für den Abschluss des Arbeitsvertrags. Die Beklagte hat ausdrücklich erklärt, sie hätte die Klägerin auch dann eingestellt, wenn diese die Frage wahrheitsgemäß beantwortet hätte. Die Beklagte vermochte Anfechtung und Kündigung auch nicht darauf zu stützen, dass die Klägerin sie zugleich über ihre Ehrlichkeit getäuscht habe. Die Annahme der Beklagten, die Klägerin sei ehrlich, beruhte nicht auf deren falscher Antwort. Auf die seit In-Kraft-Treten des § 81 Abs. 2 SGB IX zum 1. Juli 2001 und des AGG zum 18. August 2006 umstrittene Frage, ob sich der Arbeitgeber vor der Einstellung nach dem Bestehen einer Schwerbehinderung erkundigen darf, kam es nicht an.“

Das BAG bejaht eine Täuschung, meint dann aber – richtigerweise- dass auch ohne Täuschung ist zum Arbeitsvertrag gekommen wäre. Man hat also den Arbeitsvertragsabschluss nicht „erschlichen“. Auf die Frage, ob ein Recht zur Lüge bestanden hat, geht das BAG leider nicht ein, da es darauf nicht mehr angekommen ist.

Anwalt Martin – Arbeitsrecht