mündliche Abreden
Kurzarbeit und Nebenbeschäftigung- was ist zu beachten?

Das Wichtigste vorab:
Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld beziehen, dürfen einer Nebenbeschäftigung nachgehen. Diese Nebentätigkeit muss dann aber dem Arbeitgeber mitgeteilt werden.
Auch während der Kurzarbeit ist von daher eine Nebenbeschäftigung zulässig.
Zustimmung zur Nebentätigkeit?
Die Ausübung einer zweiten Arbeitstätigkeit – also einer Nebentätigkeit -neben der Hauptbeschäftigung ist grundsätzlich zulässig. Dies gilt aber nicht für jede Nebentätigkeit.
freie Berufsausübung
Denn der Arbeitnehmer hat nur die Pflicht, im Rahmen seiner Arbeitszeit die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Der Arbeitgeber darf die Tätigkeit des Arbeitnehmers außerhalb der Arbeitszeit nicht beschränken. Ein Verbot jeglicher Nebentätigkeit im Arbeitsvertrag ist unwirksam. Trotzdem kann der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag bestimmte Informationspflichten zu einer möglichen Nebentätigkeit vereinbaren und sogar bestimmte Nebentätigkeiten ausschließen, wenn dafür ein berechtigtes Interesse besteht. Auch ist nicht jede Nebentätigkeit erlaubt.
Anzeige der Nebentätigkeit
Gemäß § 3 Abs. 3 TVöD / § 3 Abs. 4 TV-Länder ist eine entgeltliche Nebentätigkeiten dem Arbeitgeber rechtzeitig vor der Aufnahme schriftlich anzuzeigen.
Eine Anzeigepflicht kann auch darüber hinaus im Arbeitsvertrag vereinbart werden.
Gibt es keine solche Verpflichtung im Arbeitsvertrag zur Anzeige eines Zweitjobs, dann braucht der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nicht über die Aufnahme einer Nebentätigkeit zu informieren.
Entscheidung des BAG zur Nebentätigkeit
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht (BAG vom 13. März 2003 – 6 AZR 585/01 – NZA 2003, 976) ist der Arbeitnehmer, während des laufenden Arbeitsverhältnisses wegen seines Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG auf freie Berufswahl, grundsätzlich berechtigt, Nebentätigkeiten auszuüben, solange dadurch bei verständiger Würdigung der im Zeitpunkt der Entscheidung erkennbaren Umstände und unter Berücksichtigung einer erfahrungsgemäß eintretenden Entwicklung eine Beeinträchtigung berechtigter betrieblicher Interessen mit ausreichender Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten ist.
Nicht jede Nebentätigkeit ist aber erlaubt. Bestimmte Grenzen sind zu beachten. So ist eine Konkurrenztätigkeit in der Regel nicht erlaubt.
Grenzen der Freiheit eines Zweitjobs
In der Regel bestehenden für die Nebentätigkeit folgende Grenzen:
- das Arbeitszeitgesetz muss trotz Nebentätigkeit eingehalten werden
- Konkurrenztätigkeit ist nicht erlaubt
- Nebentätigkeit beeinträchtigt nicht die Arbeitsleistung der Haupttätigkeit
- Nebentätigkeit während des Urlaubs darf nicht den Urlaubszweck (Erholung) gefährden
Kündigung bei unzulässigen Nebenjob
Bei Ausübung einer unzulässigen Nebentätigkeit kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nach einer Abmahnung verhaltensbedingt mit ordentlicher Kündigungsfrist kündigen oder im Einzelfall sogar eine außerordentliche Kündigung aussprechen.
Anrechnung des Nebenverdienstes auf KUG
Bei der Frage der Anrechnung des Verdienstes aus der Nebentätigkeit auf das KUG ist zu unterscheiden:
Rechtslage bis 30.04.2020
Eine Anrechnung auf das Kurzarbeitergeld erfolgt, wie folgt: Das aus der Nebenbeschäftigung erziele Entgelt ist als sogenanntes „Istentgelt“ (tatsächlich erzieltes Entgelt) bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes zu berücksichtigen und dem erzielten Entgelt aus der Hauptbeschäftigung hinzuzurechnen.
Anzeigepflicht des Nebenverdienstes bei KUG-Bezug
Der Hauptarbeitgeber prüft, ob der Nebenverdienst auf das Kurzarbeitergeld angerechnet wird. Dazu muss der Arbeitnehmer, der Kurzarbeitergeld bezieht, dem Hauptarbeitgeber zeitnah eine Bescheinigung über den Nebenverdienst vorlegen.
Der Hauptarbeitgebers muss dann prüfen, ob eine Anrechnung auf das Kurzarbeitergeld erfolgen muss.
Zur berücksichtigen sind dabei folgende Löhne:
- Entgelt aus der Hauptbeschäftigung
- Entgelt aus dem Nebenjob
- das Kurzarbeitergeld
- ggfs. Aufstockungen des Arbeitgebers
Ausnahme von Anrechnung auf das KUG
In bestimmten systemrelevanten Berufen erfolgt keine Anrechnung von Nebenverdienst auf das KUG.
Dies sind:
- die medizinischen Versorgung
- die Lebensmittelversorgung von Kliniken, Krankenhäusern und
- die Versorgung mit unmittelbar lebenserhaltenden Medizinprodukten,
- die Versorgung mit rezeptpflichtigen Medikamenten,
- die Labordiagnostik,
- die Apotheken,
- Transport von Lebensmitteln an Groß- und Einzelhandel durch Güterverkehr
- der Lebensmittelhandel und die Lebensmittelherstellung,
- die Landwirtschaft und
- die Lieferdienste zur Verteilung von Lebensmitteln.
Rechtslage vom 01.04.2020 bis 31.12.2020
Mit dem 01.04.2020 ist die Beschränkung hinsichtlich der systemrelevanten Berufe durch das vom Bundesrat am 15.05.2020 beschlossene Sozialschutz-Paket II weggefallen. Danach dürfen alle Arbeitnehmer – egal aus welcher Branche – bis zum 31.12.2020 bis zur vollen Höhe ihres Monatsverdienstes hinzuverdienen.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin
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Schriftformklausel im Arbeitsvertrag- was ist zu beachten?

Schriftformklauseln findet man in fast allen Arbeitsverträgen. Meist am Schluss des Arbeitsvertrages wird geregelt, dass alle Abreden/ Nebenabreden und Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber für ihre Wirksamkeit schriftlich gefasst werden müssen. Diese Klauseln sind nicht unproblematisch und nicht selten unwirksam. Entscheidend ist immer, ob daneben noch die individuelle / konkrete Absprache mit dem Arbeitgeber möglich sein soll; auch wenn diese mündlich erfolgt. Dies muss immer gewährleistet sein.
Sinn und Zweck von Schriftformklaueln
Arten der Schriftformklauseln
In vielen Arbeitsverträgen finden sich meistens zwei verschiedene Arten der Schriftformklauseln.
Mit unterscheidet hier im Normalfall zwischen einfacher und doppelter Schriftformklausel.
Wirksamkeit der Klauseln
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mehrfach schon damit beschäftigt, inwieweit die entsprechende Klauseln wirksam beziehungsweise unwirksam sind.
Auslegung der Arbeitsvertragsklauseln
Es ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein die Klauseln ein deklaratorisches (Beweiszwecken dienend) oder konstitutives Schriftformerfordernis (Wirksamkeitsvoraussetzung) darstellen sollen.
Führt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Schriftformklausel zu keinem Ergebnis, so greift die Vermutung des § 125 Satz 2 BGB ein, wonach das rechtsgeschäftliche Formerfordernis im Zweifel konstitutive Bedeutung – also eine Wirksamkeitsvoraussetzung darstellen – hat.
Vorrang der Individualabrede
Bei der Frage der Wirksamkeit der Schriftformklauseln ist folgendes zu beachten:
Die Regelungen in den Arbeitsverträgen – so auch die Schriftformklauseln- stellen fast immer sog. allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) da. Dies werden die Arbeitsgerichten streng kontrolliert. Hier gilt der Grundsatz, dass eine individuelle Vereinbarung, also zum Beispiel eine mündliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, grundsätzlich den Regelungen im Arbeitsvertrag vorgeht. Dieser Grundsatz würde durchbrochen, wenn man mit Schriftformklauseln in Arbeitsverträgen erreichen könnte, dass alle Vereinbarungen schriftlich geschlossen werden müssten. Dann könnte man mündlich keine Änderung des Arbeitsvertrags vornehmen und dies verstößt gegen das Gesetz (§ 305 b BGB).
Was ist eine einfache Schriftformklausel?
Eine einfache Schriftformklausel ist eine kurze Regelung im Arbeitsvertrag, wonach alle Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrags der Schriftform bedürfen.
„Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.“
Die einfache Schriftformklausel im Arbeitsvertrag ist unwirksam. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits mehrfach entschieden (so z.B. mit den Entscheidungen BAG, Urteil vom 20.05.2008 – 9 AZR 382/07 und BAG, Urteil vom 24.06.2003 – 9 AZR 302/02). Es liegt bei diesen Klauseln eine Missachtung der Schutzvorschrift des § 305b BGB vor, wonach, (schriftliche und mündliche) Individualabreden stets Vorrang vor allgemeinen Geschäftsbedingungen haben.
Eine derartige Klausel kann nach der Rechtsprechung selbstverständlich durch eine mündliche Vereinbarung aufgehoben werden, mit der Folge, dass die mündliche Vereinbarung wirksam ist.
Eine einfache Schriftformklausel verhindert auch nicht, dass eine betriebliche Übung entsteht.
Was ist eine doppelte Schriftformklausel?
Eine doppelte Schriftformklausel ist eine erweiterte Regelung im Arbeitsvertrag, wonach alle Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrags und der Schriftformklausel der Schriftform bedürfen.
„Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für diese Klausel.“
Auch mit der doppelten Schriftformklausel kann man keine Individualvereinbarung ausschließen. Dies ist wichtig!
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 20.5.2008, Az 382/07) ist eine doppelte Schriftformklausel im Arbeitsvertrag aber nicht generell unwirksam. Die qualifizierte Schriftformklausel muss aber klarstellen, dass eine mündliche individuelle Vereinbarung trotzdem noch möglich ist. Dann schließt diese die betriebliche Übung aus.
Zusammenfassung
FAZIT: Keine Schriftformklausel kann eine mündliche Absprache mit dem Arbeitgeber ausschließen. Diese bleibt immer möglich.
Der Vorrang der Individualabsprache gilt immer!
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin
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