Mehrarbeit

Ist Bereitschaftszeit zu vergütende Arbeitszeit?

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Ist Bereitschaftszeit zu vergütende Arbeitszeit?
Bereitschaftszeit = Arbeitszeit?

Ist der Bereitschaftsdienst vergütungspflichtige Arbeitszeit?

In medizinischen Berufen (Ärzte, Krankenpfleger) , bei der Feuerwehr und auch in anderen Berufen besteht das Problem, dass häufig Bereitschaftszeiten vom Arbeitnehmer in erheblichem Umfang geleistet werden müssen. Der Arbeitnehmer ist zwar während dieser Zeiten oft nicht am Arbeitsplatz, sondern überwiegend werden diese Zeiten zu Hause geleistet, allerdings kann der Arbeitnehmer in seiner „Freizeit“ nicht frei disponieren und muss immer erreichbar sein. Es stellt sich die Frage, ob diese Zeiten nun als reguläre Arbeitszeit zu werten sind, so dass der Arbeitgeber die Bereitschaftszeit zu vergüten hat.

Man muss grundsätzlich zwischen „echten“ Bereitschaftsdienst und der sog. „Rufbereitschaft“ unterscheiden. Es stellt sich auch die Frage, ob Rufbereitschaft unter bestimmten Bedingungen zu bezahlen ist.

Was ist Bereitschaftsdienst oder Bereitschaftszeit?

Im Unterschied zur Vollarbeit liegt ein Bereitschaftsdienst vor, wenn der Arbeitnehmer sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen, regulären Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhält, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Der Arbeitnehmer kann während des Bereitschaftsdienstes seine Zeit weitgehend frei gestalten und  sich ggfs. auch ausruhen. Der Arbeitnehmer muss jedoch stets in der Lage sein, unverzüglich seine Tätigkeit aufnehmen zu können. Er darf sich nicht vom Bereitschaftsort entfernen. Dies ist zusätzliche Arbeitszeit, welche zu bezahlen ist.

Was sind die vertraglichen Grundlagen eine vergütungspflichtige Bereitschaftszeit?

Als vertragliche Grundlage der Bereitschaftszeiten kommt vor allem ein Tarifvertrag aber auch der Arbeitsvertrag in Betracht.

Der geleistete Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit. Dies entspricht mittlerweile der ständigen Rechtsprechung. Sämtliche Zeiten des Bereitschaftsdienstes gehören zur Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 ArbZG.

Mit der uneingeschränkten Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 ArbZG hat der deutsche Gesetzgeber die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgenommene Auslegung des Begriffs der „Arbeitszeit“ in das deutsche Recht übernommen.

Den geleisteten Bereitschaftsdienst kann grundsätzlich als Arbeitszeit einordnen, was insbesondere für folgende Punkte Konsequenzen hat:

  • Höchstarbeitszeiten (Bereitschaftszeit =Arbeitszeit)
  • Ruhephasen (es gibt in der Regel keine Ruhezeitenwährend des Bereitschaftsdienstes)
  • Vergütung (der Bereitschaftsdienst ist zu bezahlen)

In Bezug auf die Vergütungspflicht ist aber auszuführen, dass die Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit nicht immer dazu führen muss, dass der Arbeitgeber den gleichen Lohn für die Bereitsschaftsstunden zahlen muss. Es können arbeitsvertraglich oder auch tarifvertraglich andere – also auch geringere – Stundensätze vereinbart werden.

Dabei darf aber der gesetzliche Mindestlohn nicht unterschritten werden.

Was ist der Unterschied zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst?

Vom Bereitschaftsdienst ist die Rufbereitschaft zu unterscheiden. Beide habe oft die Gemeinsamkeit der ständigen Erreichbarkeit des Mitarbeiters. Eine Rufbereitschaft liegt regelmäßig dann vor, wenn sich der Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten hat, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Häufig wird vereinbart, dass der Arbeitnehmer telefonisch (in der näheren Umgebung) erreichbar sein soll.

Der Arbeitnehmer ist bei der Wahl seines Aufenthaltsorts nur insoweit eingeschränkt, als er im Bedarfsfall die Arbeitsaufnahme gewährleisten muss.

Wichtig ist hier,dass eine Rufbereitschaft nicht zu einer unzulässigen Einschränkung des Arbeitnehmers führen darf, so dass ein bestimmter Aufenthaltsort vorgegeben wird oder eine sehr kurze Zeit für die Arbeitsaufnahme vorgeschrieben wird. In diesen Fällen liegt keine echte Rufbereitschaft vor, denn hier sind die Einschränkungen für den Arbeitnehmer vergleichbar mit dem echten Bereitschaftsdienst.

Die Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit. Es soll aber nochmals darauf hingewiesen werden, dass im Einzelfall sich die angebliche Rufbereitschaft als Bereitschaftsdienst herausstellen kann. Die Bezeichnung allein und die Tatsache, dass man nicht am Arbeitsort ist, sind nicht vollends ausschlaggebend für die Einordnung als Rufbereitschaft.

Im Fall des Abrufs ist die Zeit der tatsächlichen Inanspruchnahme einschließlich eventueller Wegezeiten dagegen als Arbeitszeit anzurechnen.

Achtung: Auf die Bezeichnung im Arbeitsvertrag durch den Arbeitgeber kommt es nicht an, sondern wie diese zusätzliche Arbeitszeit genau ausgestaltet ist. So kann eine als Rufbereitschaft bezeichnete Zeit dennoch zu vergütende Arbeitszeit sein, wenn der Arbeitnehmer hier sehr stark eingeschränkt ist.

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

Aktuell gibt es nun eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 11.11.2021 – Rs. C-214/20) zur Rufbereitschaft eines Feuerwehrmannes.

Der EuGH führt dazu aus, dass Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG dahingehend auszulegen ist, dass Bereitschaftszeit, die ein Reserve-Feuerwehrmann in Form von Rufbereitschaft leistet und während deren dieser mit Genehmigung seines Arbeitgebers eine selbständige berufliche Tätigkeit ausübt, aber im Fall eines Notrufs innerhalb einer maximalen Frist von zehn Minuten seine Dienstwache erreichen muss, keine „Arbeitszeit“. Dabei spielte beim Fall des EuGH auch eine Rolle, dass der Feuerwehrmann noch eine anderen Tätigkeit während dieser Bereitschaftszeit ausüben durfte und auch nicht an allen von seiner Dienstwache aus durchgeführten Einsätzen teilzunehmen. Der Feuerwehrmann konnte also während der Rufbereitschaft die Zeit, in der seine beruflichen Leistungen als Feuerwehrmann nicht in Anspruch genommen wurden, frei zu gestalten. Vom Ergebnis sah der Europäische Gerichtshof keine vergütungspflichte Arbeitszeit in der Rufbereitschaft.

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin – A. Martin

BAG: Schon wieder Pauschalabgeltung von Überstunden!

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Im Jahr 2011 hatte sich das Bundesarbeitsgericht schon einmal mit einer Regelung im Arbeitsvertrag zur pauschalen Abgeltung von Überstunden und Mehrarbeit auseinanderzusetzen. Damals ging es um die Klausel:

„Durch die zu zahlende Bruttovergütung ist eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten.“

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 17.8.2011, 5 AZR 406/10) entschied damals, dass eine solche Klausel nicht klar und verständlich sei, da der Arbeitnehmer nicht aufgrund der Regelung bestimmen kann, wie viele Überstunden/ Mehrarbeit er leisten müsse. Darüber hinaus wäre nach dieser Klausel die Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit möglich, was nicht zulässig ist.

pauschale Abgeltung von Überstunden

Nun hatte das Bundesarbeitsgericht wieder über die pauschale Abgeltung von Mehrarbeit zu entscheiden gehabt:

In einer tarifvertragsersetzenden Gesamtbetriebsvereinbarung (also nicht im Arbeitsvertrag) war zwischen einer Gewerkschaft und ihrem Gesamtbetriebsrat (also nicht zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber) regelt, dass Gewerkschaftssekretäre, die im Rahmen vereinbarter Vertrauensarbeitszeit regelmäßig Mehrarbeit leisten, als Ausgleich hierfür pauschal eine näher bestimmte Anzahl freier Arbeitstage im Kalenderjahr erhalten.

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 26. Juni 2019 – 5 AZR 452/18) hält eine solche Klausel für unwirksam und führt dazu in der Pressemitteilung vom 26.6.2019 mit der Nr. 27/19 aus:

Die AAB sind teilunwirksam, soweit sie für bestimmte Gewerkschaftssekretäre eine Pauschalvergütung von Überstunden vorsehen. Der Anwendungsbereich der Norm verstößt mit der Voraussetzung „regelmäßiger Mehrarbeit“ gegen das Gebot der Normenklarheit, weil für die Beschäftigten nicht hinreichend klar ersichtlich ist, in welchem Fall eine solche anzunehmen ist und in welchem Fall nicht. Außerdem genügt die Regelung nicht dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Eine – wie auch immer geartete – „Regelmäßigkeit“ von Überstunden ist kein taugliches Differenzierungskriterium dafür, ob die Vergütung von Überstunden pauschaliert oder „spitz“ nach den tatsächlich geleisteten Überstunden gezahlt wird. Der Kläger hat deshalb Anspruch auf Vergütung der Mehrarbeitsstunden zzgl. des in den AAB vorgesehenen Zuschlags von 30 %. Über die Höhe der dem Kläger noch zustehenden Vergütung konnte der Senat anhand der bisher getroffenen Feststellungen nicht entscheiden und hat deshalb die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird nun feststellen müssen, wie viele Überstunden der Kläger im Streitzeitraum tatsächlich geleistet hat.

Anmerkung: Die Vereinbarung von einer pauschalen Abgeltung von Überstunden im Arbeitsvertrag ist in bestimmten Fällen durchaus möglich, wenn klar bestimmt ist, wie viele Überstunden pro Zeitabschnitt (Woche/Monat) zu leisten sind. Weiter darf die Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz nicht überschritten werden. Und die Regelung muss angemessen sein (also nicht 30 Überstunden pro Monat bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 20 Stunden pro Monat). So wurde bereits durch das BAG (Urteil vom 16.5.2012, 5 AZR 331/11) entschieden, dass eine Klausel, wonach 20 Überstunden pro Monat bei einem Vollzeitarbeitnehmer (40 h pro Woche an regelmäßiger Arbeitszeit) mit dem Gehalt abgegolten sind, wirksam ist.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Überstundenklausel im Arbeitsvertrag oft unwirksam – so auch „zwingende nachträgliche schriftliche Bestätigung durch Vorgesetzen“.

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Das Landesarbeitsgericht Köln hatte zu entscheiden, ob eine Überstundenklausel im Arbeitsvertrag wirksam vereinbart wurde. Die Klausel sah vor, dass Überstunden nur dann vom Arbeitgeber bezahtl werden, wenn diese ausdrücklich angeordnet waren oder aus betrieblichen Gründen zwingend notwendig sind und nachträglich und unverzüglich durch den Vorgesetzten schriftlich bestätigt wurden. Nur unter diesen Voraussetzungen wollte der Arbeitgeber hier Überstunden des Arbeitnehmers vergüten. Die geleisteten Überstunden wurden nicht direkt vom Arbeitgeber angeordnet, aber nachträglich von einem Vorgesetzen des Arbeitnehmers (der keine Vertretungsmacht hatte) abgezeichnet. Dies wollte der Arbeitgeber nicht gelten lassen.

Der Arbeitnehmer klagte und letztendlich landete der Fall in der Berufungsinstanz vor dem LAG Köln (Urteil vom 11.9.2015 – 4 Sa 425/15 ) welches einen Vergütungsanspruch für die geleisteten Überstunden des Arbeitnehmers bejahte. Das Landesarbeitsgericht Köln führte dazu aus, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 10.04.2013 – 5 AZR 122/12) Überstunden unter folgenden Voraussetzungen zu vergüten sind:

  1. die Überstunden sind vom Arbeitgeber veranlasst oder
  2. die Überstunden sind dem Arbeitgber zumindest zuzurechnen.

Dies ist dann der Fall, wenn die Überstunden

  1.  vom Arbeitgeber angeordnet sind oder
  2. , vom Arbeitgeber gebilligt sind oder
  3. diese vom Arbeitgeber geduldet wurden oder
  4. jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind

Wenn eine der obigen Fälle Nr. 1 bis 4 vorliegt, ergibt sind in der Regel eine Verpflichtung zur Vergütung der Überstunden, so die Rechtsprechung des BAG.

Das LAG Köln führt weiter aus, dass nach dem BAG eine Billigung von Überstunden Folgendes gemeint ist:

„Mit der Billigung von Überstunden ersetzt der Arbeitgeber gleichsam durch eine nachträgliche Genehmigung die fehlende vorherige Anordnung schon geleisteter Überstunden. Die Billigung von Überstunden setzt deshalb voraus, dass der Arbeitgeber zu erkennen gibt, mit der schon erfolgten Leistung bestimmter Überstunden einverstanden zu sein. Das muss nicht ausdrücklich erfolgen und kann insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber oder ein für ihn handelnder Vorgesetzter des Arbeitnehmers eine bestimmte Anzahl von Stunden abzeichnet und damit sein Einverständnis mit der Überstundenleistung ausdrückt.“

Dies führt dazu, dass  ausreichend ist, wenn ein (bzw. irgendein) Vorgesetzter eine bestimmte Anzahl von Stunden abzeichnet. Auf eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht kommt es hierbei nicht an.

Die obige Klausel im Arbeitsvertrag ist nach Ansicht des LAG gemäß § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nrn. 1 und 2 BGB unwirksam, denn nach der obigen Klausel mussten die Überstunden aus betrieblichen Gründen zwingend notwendig sein und nachträglich und unverzüglich durch den Vorgesetzten schriftlich bestätigt werden. Dies widerspricht der ständigen Rechtsprechung des BAG, wonach allein schon das Vorliegen von betrieblichen Gründen für den Anspruch auf Überstundenvergütung ausreicht ohne, dass noch weitere Voraussetzungen notwendig sind (wie z.B. die schriftliche Bestätigung).

Anmerkung:

Diese Entscheidung ist sehr interessant, denn es finden sich in vielen Arbeitsverträgen derartige Klauseln. Wenn solche Klauseln unwirksam sind, heißt dies aber noch nicht, dass der Arbeitnehmer jegliche Überstunden erstattet bekommen muss. Es gilt dann weiter die obige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht, welche ja bestimmte Voraussetzungen an die Vergütungspflicht von Überstunden stellt.

Arbeitnehmer sollte in der Praxis immer darauf achten, dass sie sich geleistete Überstunden vom Vorgesetzen abzeichnen lassen.

Rechtsanwalt Andreas Martin

 

Wer haftet bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz?

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Das Arbeitszeitgesetz soll die Gesundheit des Arbeitnehmers schützen. Dabei sind Abweichungen zum Nachteil des Arbeitnehmers nicht zulässig. In der Praxis wird ständig gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen, meistens ohne rechtliche Konsequenzen, obwohl das Arbeitszeitgesetz in den §§ 22 ff. Bußgeld- und Strafvorschriften regelt.

Regelung in den §§ 22 ff. Arbeitszeitgesetz

Verstößt der Arbeitgeber durch Anordnung zusätzlicher Arbeitszeit gegen das Arbeitszeitgesetz, dann handelt er zumindest ordnungswidrig und muss mit einem Bußgeld rechnen, sofern die zuständige Überwachungsbehörde davon Kenntnis erlangt, was in den wenigsten Fällen tatsächlich geschieht.

Bußgeldvorschriften

In § 22 des Arbeitszeitgesetz ist geregelt:

§ 22

Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 7, 9 und 10 mit einer Geldbuße bis zu fünfzehntausend Euro, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 8 mit einer Geldbuße bis zu zweitausendfünfhundert Euro geahndet werden.

Strafvorschriften nach dem Arbeitszeitgesetz

In § 23 des Arbeitszeitgesetzes ist geregelt:

§ 23 Strafvorschriften

(1) Wer eine der in § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 5 bis 7 bezeichneten Handlungen

1.

vorsätzlich begeht und dadurch Gesundheit oder Arbeitskraft eines Arbeitnehmers gefährdet oder

2.

beharrlich wiederholt,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft.

Haftung für Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz

Der Arbeitgeber ist für Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz verantwortlich. In den meisten Fällen wird sich die Behörde an den Arbeitgeber wenden.

Handelt für den Arbeitgeber sein gesetzlicher Vertreter, z.B. der Prokurist der Firma, so ist dieser verantwortlich. Daneben haften auch Personen, die vom Inhaber beauftragt sind, den Betrieb ganz oder teilweise zu leiten, oder ausdrücklich beauftragt sind, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebes obliegen (z.B. Abteilungsleiter oder Filialleiter).

Es haften also

  • der Arbeitgeber
  • dessen gesetzliche Vertreter (Prokurist)
  • eigenverantwortliche Betriebsleiter /Abteilungsleiter

Es haftet nicht

  • der Arbeitnehmer

Die Haftung kann auch nicht ausgeschlossen bzw. der Arbeitnehmer kann nicht auf die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes verzichten.

Zum Thema Verjährung der Verstöße des Arbeitgebers gegen das Arbeitszeitgesetz finden Sie hier weitere Informationen.

RA A. Martin

Nachzahlungsanspruch auf Arbeitslohn des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess

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Gewinnt der Arbeitnehmer den Kündigungsschutzprozess oder nimmt der Arbeitgeber die ausgesprochene Kündigung „zurück“ oder schließen die Parteien einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht und einigen sich auf einem Beendigungszeitpunkt, dann hat der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Nachzahlung der Vergütung, die vom Arbeitgeber bisher nicht gezahlt wurde. Juristen sprechen hier vom so genannten Annahmeverzugslohn.

Wie hoch ist der Lohnanspruch?

Für viele Arbeitnehmer stellt sich dann die Frage, in welcher Höhe der Arbeitgeber die Vergütung nachzuzahlen hat. Ist nur Grundlohn zu zahlen? Besteht ein Anspruch auf Zulagen? Muss sich der Arbeitnehmer einen Zwischenverdienst anrechnen lassen?

Grundlohn

Unstreitig muss der Arbeitgeber wenigstens den Grundlohn zahlen, der im Arbeitsvertrag vereinbart ist.

Lohnausfallprinzip

Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer aber grundsätzlich so zu behandeln, als hätte er ganz normal beim Arbeitgeber weitergearbeitet. In vielen Fällen entsteht dann nicht ein Anspruch auf Zahlung des Grundlohnes, sondern darüber hinaus auf weitere Zulagen/Überstunden.

Gesamte Bruttovergütung ist geschuldet

Der Arbeitgeber ist verpflichtet die gesamte Bruttovergütung, die der Arbeitnehmer voraussichtlich erzielt hätte zu zahlen.

Dazu zählen auch:

  • Tantiemen
  • Provisionen
  •  Gratifikationen
  •  Urlaubsgelder
  •  und auch Überstunden nebst Zuschläge

 

D.h., dass der Arbeitnehmer ermitteln sollte, welchen Verdienst er hypothetisch erzielt hätte, insbesondere auch unter Berücksichtigung von etwaigen Überstunden, die er wahrscheinlich hätte leisten müssen.

 Bei schwankender Vergütungshöhe ist die Vergütung zu schätzen.

 Was fällt nicht unter dem nach Zahlungsanspruch?

Alle Leistungen mit reinem Aufwendungscharakter, wie zum Beispiel 

  • Spesen
  •  Auslagen
  •  Fahrkostenzuschüsse
  •  Übernachtungs- und Abwesenheitsgelder

 

fallen nicht unter dem Nachtragsanspruch.

Was muss sich der Arbeitnehmer anrechnen lassen?

 Der Arbeitnehmer muss sich jeglichen Zwischenverdienst und auch böswillig unterlassenen Zwischenverdienst anspruchsmindernd anrechnen lassen.

Zwischenverdienst / ALG I 

In der Praxis ist es häufig so, dass nur bei sehr langwierigen Kündigungsschutzverfahren der Arbeitnehmer tatsächlich Zwischenverdienst erzielt, also zum Beispiel bei den anderen Arbeitgeber arbeitet. Da die meisten Einigung im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht in der Güteverhandlung getroffen werden, und der Gütetermin meist nur wenige Wochen nach Klageeinreichung stattfindet, stellt sich in der Praxis das Problem des reinen Zwischenverdienstes nicht so oft.

Problematischer ist, dass viele Arbeitnehmer in der Zwischenzeit (also nach der Kündigung bis zum Ende des Kündigungsschutzverfahrens) Leistungen des Jobcenters erhalten war zum Beispiel Arbeitslosengeld I. Es ist nachvollziehbar, dass Arbeitnehmer nicht gleichzeitig den Lohn des Arbeitgebers in voller Höhe nachfordern kann und das Arbeitslosengeld I darüber hinaus behält. Grundsätzlich ist es dann so, dass der Anspruch auf Annahmeverzugslohn gegenüber den Arbeitgeber dann in Höhe des gezahlten Arbeitslosengeldes auf das Jobcenter übergeht und der Arbeitnehmer nur die Differenz vom Arbeitgeber erhält. Der Arbeitgeber zahlt dann also zum Teil an das Jobcenter und an den Arbeitnehmer.

A. Martin

BAG und Klausel: „Durch die zu zahlende Bruttovergütung ist eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten.“

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In Arbeitsverträgen steht meist recht viel Günstiges für den Arbeitgeber. Nicht alles ist aber wirksam. Ein häufiger Streitpunkt sind dabei „Überstundenabgeltungsklauseln“. Für den Arbeitgeber scheint es auf den ersten Blick sehr komfortabel, wenn er z.B. vereinbart, dass „sämtliche anfallende Überstunden und Mehrarbeit mit dem Arbeitslohn bereits abgegolten sind.

Abgeltungsklauseln – Überstundenvergütung und Mehrarbeit

Bisher hatten sich zu solchen Klauseln auch bereits einige Arbeitsgerichte geäußert. So z.B. das LAG Köln (Urteil vom 20.12.2001, AiB 2003, 563) eine solche generelle Überstundenabgeltungsklausel für unwirksam an.

Bundesarbeitsgericht – Ausschluss von Überstundenabgeltung

Nun hat sich das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 17.8.2011, 5 AZR 406/10) auch dieser Klauseln „angenommen“ und diese kassiert.

Fall des BAG

Ein Arbeitgeber vereinbarte mit dem Arbeitnehmer – bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden- im Arbeitsvertrag (§ 3 Abs. 3) folgende Klausel:

„Durch die zu zahlende Bruttovergütung ist eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten.

Danach sind sämtliche Mehr- und Überstunden des Arbeitnehmers abgegolten. Dies mag ja noch in Ordnung sein, wenn vielleicht wenige Überstunden anfallen, bei vielen „systematischen “ Überstunden liegt es aber auf der Hand, dass der Arbeitnehmer durch diese Klausel stark benachteiligt werden kann.

die Entscheidung des BAG

Das Bundesarbeitsgericht hält eine solche Klausel im Arbeitsvertrag für unwirksam und begründet dies wie folgt:

“ Das ergibt sich allerdings nicht bereits aus § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags. Danach ist durch die zu zahlende Bruttovergütung eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten. Die Klausel ist unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die in § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags geregelte Pauschalabgeltung von Überstunden ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam.

a) Unbeschadet der Frage, ob eine Regelung wie die streitbefangene die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft, unterliegt sie jedenfalls gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält …….

b) Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss ……..

3. § 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Diese Klausel soll etwaig notwendig werdende Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarten 40 Wochenstunden überschreiten. Deren Umfang ist im Arbeitsvertrag ebenso wenig bestimmt wie die Voraussetzungen, unter denen Überstunden „etwaig notwendig“ sein sollen. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit (zu einer solchen Auslegungsmöglichkeit BAG 28. September 2005 – 5 AZR 52/05 – BAGE 116, 66) entnehmen. Aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 ergibt sich eine derartige Beschränkung jedenfalls nicht. Die Verwendung des Begriffs „Mehrarbeit“ deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll (zum Verständnis der im Arbeitszeitgesetz nicht verwendeten Begriffe Über- und Mehrarbeit siehe ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 486; HWK/Thüsing § 611 BGB Rn. 134). Zudem haben die Parteien die Klausel übereinstimmend nicht mit einer Beschränkung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit verstanden. Erst im Laufe des Verfahrens ist die Beklagte zu einem solchen Verständnis der Klausel gekommen.

Konsequenzen für die Praxis?

Das BAG verwarf die obige Klausel wegen fehlender Transparenz/ Bestimmbarkeit. Wie gesagt, wären von der Klausel 1 Überstunden pro Monat als auch 100 umfasst und darüber hinaus auch Mehrarbeit im unbestimmten Umfang. Zu beachten ist, dass die obige Klausel neben der pauschalen Abgeltung der Überstunden auch die Abgeltung der Mehrarbeit enthielt. Nach der Begründung des BAG ist aber auch davon auszugehen, dass Klauseln, die „nur“ die Überstunden pauschal mit dem Lohn abgelten wollen (also ohne Mehrarbeit) unwirksam sind.

Meiner Ansicht nach verhält es sich aber bei Klauseln, die eine bestimmte / konkrete Anzahl von Überstunden mit dem Lohn abgelten, sofern diese den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen bzw. überraschend sind. Zum Beispiel  die Abgeltung von 10 Überstunden pro Monat. Solche Klauseln befinden sich noch häufig in Arbeitsverträgen und werden von Arbeitgebern verwendet. Wo hier die Grenze sein dürfte, hängt von mehreren Faktoren ab und ist schwer zu sagen (z.B. Höhe der Vergütung, Art der Tätigkeit, regelmäßige Arbeitszeit etc).

Rechtsanwalt Martin –

Muss mein Arbeitgeber meine Überstunden zahlen?

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Muss mein Arbeitgeber meine Überstunden zahlen?

Das Problem der nicht vergüteten Überstunden findet sich häufig, nicht nur im Raum Berlin. Zunächst sind allerdings einige Vorfragen zu klären.

Was sind Überstunden?

Überstunden sind die Arbeitsstunden, die über die Arbeitszeit hinausgehen, welche für das jeweilige Arbeitsverhältnis durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung festgelegt worden sind (BAG 9 AZR 566/96). Faktisch ergibt sich daher zu 90 % die regelmäßige Arbeitszeit aus dem Arbeitsvertrag.

Ist jede Überstunde vom Arbeitgeber zu vergüten?

Nein, grundsätzlich gilt, dass Überstunden nur dann vom Arbeitgeber zu vergüten sind, wenn diese von diesem angeordnet wurden. Daneben kann noch in Einzelfällen bei Notwendigkeit der Überstunden oder Duldung durch den Arbeitgeber ein Anspruch bestehen. Nun fragt sich der Arbeitnehmer, weshalb dies so kompliziert ist; eine Überstunde muss der Arbeitgeber doch bezahlen, egal, ob er diese angeordent hat oder nicht.

Diese Denkweise ist falsch. Es gibt keine Rechtsgrundsatz wonach eine Mehrarbeit/ Überstunden vom Arbeitgeber zu zahlen sind. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Arbeitnehmer auch die Mehrarbeit durch nachlässige Arbeitsweise provozieren kann und damit unrechtmäßig sein Gehalt erhöht. Von daher wird immer darauf abgestellt, dass der Arbeitgebert die Überstunden auch angeordnet hat. Diese Anordnung kann auch stillschweigend (also ohne konkreten Hinweis) erfolgen, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass der Arbeitgeber mit einer Überschreitung der Arbeitszeit einverstanden ist („der Auftrag muss bis Ende der Woche erledigt sein!“).

Was muss nun der Arbeitnehmer vor Gericht vortragen und beweisen?

Der Arbeitnehmer muss vortragen und notfalls Folgendes beweisen:

  • regemäßige tägliche Arbeitszeit nebst Pausen
  • tatsächliche Arbeitsleistung (genau aufgeschlüsselt)
  • Pausen
  • Anordnung der Überstunden durch den Arbeitgeber

Ist der Arbeitnehmer verpflichtet Überstunden zu leisten?

Ja, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder aus einer Betriebsvereinbarung eine solche Verpflichtung zur Ableistung von Überstunden ergibt.

Auch wenn dies nicht vereinbart ist, ist in Ausnahmefällen eine solche Verpflichtung anerkannt (aus Treu und Glauben, z.B. Existenz der Firma ist gefährdet).

Kann der Arbeitgeber die Vergütung der Überstunden ausschließen oder mit einer Pauschale abgelten?

Ein Ausschluss ist in engen Grenzen möglich. Ein kompletter Ausschluss der Vergütung von Überstunden – egal wie viele – ist als Verstoß gegen § 307 BGB (AGB-Kontrolle) unwirksam.

Die Rechtsprechung lässt aber einen Ausschluss in Höhe von 10 % über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit noch zu.

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