lohnanspruch
Rechtswidrige Kurzarbeit – muss der Arbeitgeber den vollen Lohn zahlen?

Gerade in der Corona-Pandemie was oft so, dass Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen versucht haben, so schnell wie möglich Kurzarbeit anzuordnen.
Vereinbarung über Kurzarbeit
In der Regel ist dafür eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer erforderlich. Eine solche Vereinbarung muss der Arbeitgeber mit allen Arbeitnehmern (einzeln) schließen. Diese sind nicht verpflichtet zuzustimmen.
Kurzarbeiterklausel im Arbeitsvertrag
In manchen Arbeitsverträgen fanden sich aber auch Klauseln, wonach der Arbeitgeber berechtigt ist die Kurzarbeit anzuordnen und der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag dazu bereits seine Zustimmung erteilt hat. Diese Klauseln werden auf ihre Wirksamkeit von den Arbeitsgerichten wie allgemeine Geschäftsbedingungen überprüft.
Arbeitsgericht Stuttgart und Zahlung des vollen Arbeitslohnes
Das Arbeitsgericht Stuttgart (Urteil vom 6.12.2022, 25 Ca 7031/21) hat nun entschieden, dass selbst wenn eine solche Klausel wirksam ist, aber trotzdem die Kurzarbeit rechtswidrig angeordnet wurde, der Arbeitnehmer nicht automatisch einen vollen Lohnanspruch hat.
unwirksame Anordnung von Kurzarbeit „Null“
Das Problem ist, dass bei Kurzarbeit oft sogenannte Kurzarbeit null angeordnet wurde. Der Arbeitnehmer muss dann nicht arbeiten, bekommt aber nur einen Teil seines Lohnes. Arbeitnehmer, die arbeitswillig sind werden faktisch gezwungen auf einen Teil ihres Lohnes zu verzichten. Wenn die Kurzarbeitsanordnung nun unwirksam ist, könnte man auf die Idee kommen, dass der Arbeitgeber dann den vollen Lohn schuldet, da es seine Schuld ist, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht erbringen konnte.
Lohn bei unwirksamer Anordnung von Kurzarbeit
Hier ist aber zu beachten, dass es den Grundsatz im Arbeitsrecht gibt, wonach Arbeitnehmer ohne Arbeit keinen Lohn bekommen („kein Lohn ohne Arbeit“). Der Arbeitgeber ist nur verpflichtet den Lohn zu zahlen, wenn er sich im Annahmeverzug befindet. Der sogenannte Annahmeverzugslohn setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft angeboten hat. In der Regel ist das tatsächliche Anbieten der Arbeitskraft (also vor Ort) erforderlich. Ein wörtliches Angebot oder ein Angebot über soziale Medien reicht im Normalfall hierfür nicht aus.
Entscheidung des Arbeitsgericht Stuttgart
Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte sich nun mit dem Fall zu beschäftigen, wonach der Arbeitgeber die Kurzarbeit rechtswidrig angeordnet hatte und der Arbeitnehmer nun nachträglich seinen vollen Lohn eingeklagt hat. Hierbei ging es hauptsächlich um die Frage, inwieweit der Arbeitnehmer tatsächlich seine Arbeitskraft hätte anbieten müssen.
Begründung der Ablehnung des Lohnanspruchs
Das Arbeitsgericht führte dazu aus:
Der Vergütungsanspruch des Klägers gemäß § 611a Abs. 2 BGB ist vorliegend nicht aufgrund von § 615 Satz 1 BGB aufrechterhalten worden, (BAG, Urteil vom 19.10.2000 – 8 AZR 20/00, NZA 2001, 598) da es an einem Angebot des Klägers fehlt. Ein solches wäre vorliegend allerdings zumindest in der Form des wörtlichen Angebots nötig gewesen, da der Kläger unstreitig in den Monaten April 2020 bis August 2021 lediglich am 17.09.2020 und im Zeitraum vom 29.06.2021 – 02.07.2021 seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Beklagte zu Ziffer 1.) den korrespondierenden Arbeitslohn bezüglich dieser Tage auch zur Auszahlung gebracht hat
…
(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht auch beim Vorliegen einer rechtswidrigen Anordnung von Kurzarbeit die Obliegenheit des Arbeitnehmers, gegen diese Anordnung zumindest zu protestieren (BAG, Urteil vom 18.11.2015 – 5 AZR 491/14, NZA 2016, 565 Rn. 23; BAG, Urteil vom 18.11.2015 – 5 AZR 814/14, BeckRS 66759 Rn. 51; BAG, Urteil vom 15.05.2013 – 5 AZR 130/12, NZA 2013, 1076 Rn. 22). Der wohl mittlerweile überholten Meinung des Bundesarbeitsgerichts, auch im bestehenden Arbeitsverhältnis sei bei unwirksamer Anordnung von Kurzarbeit gemäß § 296 BGB ein Angebot entbehrlich, da es seitens des Arbeitgebers einer Mitwirkungshandlung – Einrichtung eines funktionsfähigen Arbeitsplatzes – bedurft hätte, (BAG, Urteil vom 27.01.1994 – 6 AZR 541/93, NZA 1995, 134 (134 f.)) kann sich die Kammer nicht anschließen. Dies gründet zuvorderst darauf, dass § 615 BGB iVm §§ 293 ff. BGB den im allgemeinen Schuldrecht bei synallagmatischen Leistungsverknüpfungen gemäß der §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BGB bestehenden Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ durchbricht und somit nach Meinung der Kammer restriktiv auszulegen ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des im allgemeinen Schuldrecht entwickelten Dogmas der Exklusivität von Annahmeverzug und Unmöglichkeit (Bieder in BeckOGK, BGB, Stand: 01.07.2022, § 615 Rn. 6). Auch ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der gesetzlichen Systematik der §§ 294 – 296 BGB die komplette Entbehrlichkeit des Angebots die Ausnahme zum wörtlichen Angebot und dieses wiederum die Ausnahme zum tatsächlichen Angebot darstellen soll. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis erscheint bei einer wortlautgetreuen Anwendung der §§ 294 – 296 BGB allerdings im Arbeitsrecht ins Gegenteil verkehrt, da aufgrund der Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zu beschäftigen, eine Mitwirkungshandlung – Einrichtung eines funktionsfähigen Arbeitsplatzes – besteht, für welche typischerweise auch eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, sodass im Normalfall ein Angebot des Arbeitnehmers gemäß § 296 BGB entbehrlich wäre. So muss die 2. Alternative des § 295 Satz 1 BGB dahingehend teleologisch reduziert werden, dass allein die Bereitstellung eines funktionsfähigen Arbeitsplatzes keine Mitwirkungshandlung im Sinne des Annahmeverzugsrechts darstellt, sodass ein automatisches Eingreifen von § 296 BGB und damit auch des Annahmeverzugs verhindert werden kann. Deutlich wird dies durch einen Vergleich mit § 295 Satz 1 Alt. 1 BGB, da hier zumindest ein zusätzliches aktives Tun des Arbeitgebers – Erklärung der Nichtannahme – gefordert wird. Durch eine solche teleologische Reduktion ist es dem Arbeitnehmer nicht möglich, die rechtswidrige Anordnung von Kurzarbeit lediglich zu dulden, um später die Differenzvergütung zu liquidieren. Erst wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber durch ein wörtliches Angebot verdeutlicht hat, dass er gegen die Anordnung von Kurzarbeit protestiere, erscheint es interessengerecht, ihm bei Rechtswidrigkeit dieser Anordnung die korrespondierende Differenzvergütung zuzusprechen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger nicht damit rechnen konnte, dass ihm aufgrund seines Protests ein korrespondierender Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werde, da von ihm zumindest gefordert werden kann, den Arbeitgeber auf seine ablehnende Haltung hinzuweisen, sodass dieser mögliche Schritte zur Abwendung eines finanziellen Schadens einleiten kann.
3) Vorliegend ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt der Anordnung von Kurzarbeit widersprochen hat oder seinen Protest auf andere Art zum Ausdruck gebracht hat. Es fehlt somit an einem wörtlichen Angebot. Die Beklagte zu Ziffer 1.) befand sich somit zu keinem Zeitpunkt im Annahmeverzug.
ArbG Stuttgart Urteil vom 6.12.2022, 25 Ca 7031/21
Anmerkung:
Das letzte Wort hat letztendlich das Bundesarbeitsgericht. Der Fall hat erhebliche praktische Relevanz, denn oft wurde Kurzarbeit unwirksam angeordnet.
Beitrag in meinen Podcast
Anbei auch der Link zu meinen Podcast zum Thema: „Lohn ohne Arbeit – geht das?„
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Arbeitgeber darf Corona-Testpflicht im Betrieb einführen!

Verweigerung der Corona-Testpflicht und Lohn
Ob der Arbeitgeber einseitig Corona-Tests im Betrieb anordnen darf und welche Konsequenzen dies hat, wenn der Arbeitnehmer sich weigert diesem Test nachzukommen, ist immer noch ein aktuelles Thema. Die meisten Arbeitsgerichte sehen grundsätzlich die Möglichkeit der Anordnung der Corona- Testspflicht durch den Arbeitgeber und meinen auch, dass der Arbeitnehmer, der dann aufgrund der Verweigerung der Coronatests zu Hause bleibt und nicht beschäftigt wird, keinen Anspruch auf Zahlung seines Lohnes hat. Die Juristen sprechen hier von sogenannten Annahmeverzugslohn.
Bundesarbeitsgericht und Entscheidung zur Anordnung von Corona-Tests
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich nun mit der obigen Frage auseinanderzusetzen und insbesondere darüber zu entscheiden, ob eine Arbeitnehmerin einen Anspruch auf nachträgliche Zahlung ihres Lohnes hat für einen Zeitraum, in der sie sich weigerte Coronatests durchzuführen und von daher vom Arbeitgeber auch nicht beschäftigt wurde. Das Bundesarbeitsgericht hat hier zugunsten des Arbeitgebers entschieden und ist der Meinung, dass der Arbeitgeber grundsätzlich einseitig Coronatest im Betrieb anordnen darf. Kommt der Arbeitnehmer dem nicht nach, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch nicht beschäftigen und der Lohnanspruch des Arbeitnehmers entfällt.
Arbeitnehmerin verweigerte die Test und bekam keinen Arbeitslohn
Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts lag folgender Fall zugrunde:
Eine in der bayerische Staatsoper beschäftigte Flötistin sollte nach der Anweisung ihres Arbeitgebers in unterschiedlichen Zeitabständen Coronatests durchführen. Die Arbeitnehmerin weigerte sich grundsätzlich und meinte, dass ein anlassloser Massentest grundsätzlich unzulässig sei und der Arbeitgeber generell kein Recht auf Durchführung dieser Tests habe. Auch sah diese einen unzulässigen Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit darin.
Arbeitgeber zahlte den Lohn nicht
Die Arbeitnehmern wurde aufgrund ihrer Weigerung im Zeitraum vom Ende August bis Oktober 2020 nicht beschäftigt und bekam auch keinen Lohn. Diese klagte die Vergütung nun arbeitsgerichtlich ein und verlor sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz.
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Im Revisionsverfahren vor den Bundesarbeitsgericht verlor die Arbeitnehmerin endgültig.
Das Bundesarbeitsgericht führte dazu in seiner Pressemitteilung 21/22 vom 1.06.2022 folgendes aus:
Der Arbeitgeber kann zur Umsetzung der ihn treffenden arbeitsschutzrechtlichen Verpflichtungen berechtigt sein, auf Grundlage eines betrieblichen Schutz- und Hygienekonzepts Corona-Tests einseitig anzuordnen.
Der Arbeitgeber ist nach § 618 Abs. 1 BGB verpflichtet, die Arbeitsleistungen, die unter seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass die Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, als die Natur der Arbeitsleistung es gestattet. Die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) konkretisieren den Inhalt der Fürsorgepflichten, die dem Arbeitgeber hiernach im Hinblick auf die Sicherheit und das Leben der Arbeitnehmer obliegen. Zur Umsetzung arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen kann der Arbeitgeber Weisungen nach § 106 Satz 2 GewO hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb erteilen. Das hierbei zu beachtende billige Ermessen wird im Wesentlichen durch die Vorgaben des ArbSchG konkretisiert.
…
Der mit der Durchführung der Tests verbundene minimale Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist verhältnismäßig. Auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung macht die Testanordnung nicht unzulässig, zumal ein positives Testergebnis mit Blick auf die infektionsschutzrechtlichen Meldepflichten und die Kontaktnachverfolgung ohnedies im Betrieb bekannt wird. Da hiernach die arbeitgeberseitige Anweisung zur Umsetzung des betrieblichen Hygienekonzepts rechtmäßig war, hat der beklagte Freistaat zu Recht eingewandt (§ 297 BGB), dass Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs im streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls mit Blick auf den fehlenden Leistungswillen der Klägerin, die die Durchführung von PCR-Tests verweigert hat, nicht bestehen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 1. Juni 2022 – 5 AZR 28/22
Anmerkung:
Langsam kommen einige Corona-Fälle zum Bundesarbeitsgericht. Die Tendenz in der Rechtsprechung der Landesarbeitsgericht ist aber klar. Die meisten Gerichten halten eine Testpflicht von Seiten der Arbeitgeber für zulässig. Auch scheint die Meinung bei den meisten Arbeitsgericht und LAG in Bezug auf Verstöße gegen betriebliche Corona-Auflagen dahingehend zu sein, dass diese im Einzelfall auch eine (außerordentliche) Kündigung rechtfertigen kann.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Was ist eine Entgeltgleichheitsklage?

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit?
Der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ für Männer und Frauen ergibt sich aus der sich aus Art. 3 Abs. 2 GG, Art. 157 AEUV,Art. 1 RL 75/117/EWG und hat über Art. 23 GRCh auch eine grundrechtlichem Charakter. Dies betrifft ausdrücklich Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern. Auch schon aus dem AGG (Antidiskriminierungsgesetz) ergibt sich ein Verbot der Diskriminierung bei der Lohnzahlung aufgrund des Geschlechts. Seit dem Jahr 2017 gibt es darüber hinaus auch das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG).
Wo ist Lohnzahlungsgleichheit im Entgelttransparenzgesetz geregelt?
Nach § 7 des EntgTranspG darf bei Beschäftigungsverhältnissen für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts. Dieses Gesetz normiert nun erstmals seit 2017 konkret das Entgeltgleichheitsgebot und gibt den Arbeitnehmer auch einen entsprechenden Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber.
Was ist verboten beim Lohn für Männer und Frauen?
Verboten ist eine unterschiedlich hohe Lohnzahlung aufgrund des Geschlechts für die gleiche oder gleichwertige Arbeit.
Was heißt gleiche Arbeit?
Gleiche Arbeit liegt vor, wenn Arbeitnehmer identische oder gleichartige Tätigkeiten ausüben. Dabei kommt es auf einen Gesamtvergleich der Tätigkeiten an. Dies kann manchmal schwierig sein, wenn mehrere Tätigkeiten ausgeführt werden. Hier hilft man sich so, dass es einzelnen Abweichungen jeweils auf die überwiegende Tätigkeit abgestellt wird.
Vorübergehender Einsatz oder Teileinsatz
Problematisch ist ein nur teilweiser und vorübergehender Einsatz in Bezug auf eine Tätigkeit, wie z.B. an denselben Maschinen. Dies rechtfertigt die Annahme gleicher Arbeit nicht, wenn die betreffenden Arbeitnehmer auch andere Tätigkeiten ausüben, für die sie nach dem Inhalt ihrer Arbeitsverträge eingestellt worden sind.
Was ist eine gleichwertige Arbeit?
Gleichwertige Arbeit liegt vor, wenn Arbeitnehmer Tätigkeiten ausüben, die nach objektiven Maßstäben der Arbeitsbewertung denselben Arbeitswert haben. Auch hier kommt es auf einen Gesamtvergleich der Tätigkeiten an. Zu berücksichtigen ist dabei auch der jeweils erforderliche Umfang von Vorkenntnissen und Fähigkeiten.
Wo ist das Problem?
Das Problem liegt vor allem darin, dass der Arbeitgeber grundsätzlich auch die männlichen Arbeitnehmer nicht komplett gleich bezahlen muss. Auch hier kann es Unterschiede geben, auch bei gleicher Tätigkeit (zB. auch wegen unterschiedliche Erfahrung etc). Von da es auf den ersten Blick auch nicht immer zu sehen, ob tatsächlich eine geringere Bezahlung einer Frau eine Diskriminierung darstellt.
Von daher bietet sich an dass gegebenfalls auch die Belegschaft insgesamt betrachtet wird. Zahlt der Arbeitgeber nämlich ein Großteil der männlichen Belegschaft einen höheren Lohn als in Tariflohn und bei den Frauen zum Beispiel nur ein Zehntel, dann liegt eine Diskriminierung nahe.
Wer muss die Benachteiligung beweisen?
Auch im Arbeitsgerichtsverfahren gilt der Grundsatz – welcher für den Zivilprozess entwickelt wurde – dass derjenige, der sich auf Tatsachen beruft, die Tatsachen darlegen und beweisen muss, welche für ihn günstig sind. Von daher müsste also die benachteiligte Frau auch ihre Benachteiligung/ Diskriminierung nachweisen.
Wann gibt es eine Umkehr der Beweislast?
Art. 22 des AGG kehrt die Beweislast um. Und zwar muss der Arbeitgeber dann die Tatsachen darlegen und beweisen, wenn die Vermutung einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts vorliegt.
Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.
Welche Möglichkeiten der Auskunft hat die Arbeitnehmerin?
Das Entgelttransparenzgesetz sieht darüber hinaus einen Auskunftsanspruch des vermutlich benachteiligten Arbeitnehmers vor.
Was regelt § 10 des Entgelttransparenzgesetz?
§ 10 des EntgTranspG gibt der bzw. dem benachteiligen Arbeitnehmer ein Recht auf Auskunft gegenüber dem Arbeitgeber. Dieser Auskunftsanspruch dient der Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots im Sinne dieses Gesetzes. § 10 regelt:
(1) Zur Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots im Sinne dieses Gesetzes haben Beschäftigte einen Auskunftsanspruch nach Maßgabe der §§ 11 bis 16. Dazu haben die Beschäftigten in zumutbarer Weise eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit (Vergleichstätigkeit) zu benennen. Sie können Auskunft zu dem durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelt nach § 5 Absatz 1 und zu bis zu zwei einzelnen Entgeltbestandteilen verlangen.
(2) Das Auskunftsverlangen hat in Textform zu erfolgen. Vor Ablauf von zwei Jahren nach Einreichen des letzten Auskunftsverlangens können Beschäftigte nur dann erneut Auskunft verlangen, wenn sie darlegen, dass sich die Voraussetzungen wesentlich verändert haben.
(3) Das Auskunftsverlangen ist mit der Antwort nach Maßgabe der §§ 11 bis 16 erfüllt.
(4) Sonstige Auskunftsansprüche bleiben von diesem Gesetz unberührt.
Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitgebern
Das EntgTranspG differenziert zwischen tarifgebundenen Arbeitgebern (§ 5 Abs. 4 EntgTranspG) und Arbeitgebern, die nicht tarifgebunden sind. Durch das Gesetz erfolgt eine Privilegierung der tarifgebundenen Arbeitgeber, denn es wird im Gesetz vermutet, dass tarifliche Entgeltsysteme benachteiligungsfrei, was nicht völlig falsch ist.
Gibt es aktuelle Entscheidungen zu Entgeltgleichheitsklagen?
Es gibt hier schon Entscheidungen, insbesondere auch zur Entgeltgleichheitsklage nach dem EntgTranspG.
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 21. Januar 2021 – 8 AZR 488/19 -) hat dazu kürzlich im Januar 2021 entschieden, dass eine Vermutung der Benachteiligung einer Arbeitnehmerin bei der Entgeltzahlung vorliegt, wenn sich aus der Auskunft des Arbeitgebers zum Gehalt der vergleichbaren Arbeitnehmer (Median-Entgelt) eine Differenz zu Ungunsten der Arbeitnehmerin ergibt.
In der Pressemitteilung Nr. 1/21 vom 21.01.2021 führt das BAG dazu aus:
Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden. Aus der von der Beklagten erteilten Auskunft ergibt sich das Vergleichsentgelt der maßgeblichen männlichen Vergleichsperson. Nach den Vorgaben des EntgTranspG liegt in der Angabe des Vergleichsentgelts als Median-Entgelt durch einen Arbeitgeber zugleich die Mitteilung der maßgeblichen Vergleichsperson, weil entweder ein konkreter oder ein hypothetischer Beschäftigter des anderen Geschlechts dieses Entgelt für gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit erhält. Die Klägerin hat gegenüber der ihr von der Beklagten mitgeteilten männlichen Vergleichsperson eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG erfahren, denn ihr Entgelt war geringer als das der Vergleichsperson gezahlte. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts begründet dieser Umstand zugleich die – von der Beklagten widerlegbare – Vermutung, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ erfahren hat. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht entscheiden, ob die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, diese Vermutung den Vorgaben von § 22 AGG in unionsrechtskonformer Auslegung entsprechend widerlegt hat. Zugleich ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht.
Anmerkung zur Entscheidung:
Der Arbeitgeber muss bei der Auskunft sehr sorgfältig sein. Ergibt sich aus seiner Auskunft ein geringes Einkommen der Arbeitnehmerin, dann wird deren Benachteiligung vermutet. Diese Vermutung muss der Arbeitgeber nun widerlegen, wenn er den Prozess noch gewinnen will.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin
BAG: Krankenschwester hat Anspruch auf Beschäftigung außerhalb von Nachtschichten
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 9. April 2014 – 10 AZR 637/13) hatte nun darüber zu entscheiden, ob eine Krankenschwester, die nicht mehr im Nachtdienst arbeiten konnte deshalb arbeitsunfähig krank ist (so der Arbeitgeber).
Sachverhalt nach Pressemitteilung des BAG:
Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus der sog. Vollversorgung mit etwa 2.000 Mitarbeitern. Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 1983 als Krankenschwester im Schichtdienst tätig. Arbeitsvertraglich ist sie im Rahmen begründeter betrieblicher Notwendigkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht- und Schichtarbeit verpflichtet. Nach einer Betriebsvereinbarung ist eine gleichmäßige Planung ua. in Bezug auf die Schichtfolgen der Beschäftigten anzustreben. Das Pflegepersonal bei der Beklagten arbeitet im Schichtdienst mit Nachtschichten von 21.45 Uhr bis 6.15 Uhr. Die Klägerin ist aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, Nachtdienste zu leisten, weil sie medikamentös behandelt wird.
Nach einer betriebsärztlichen Untersuchung schickte der Pflegedirektor die Klägerin am 12. Juni 2012 nach Hause, weil sie wegen ihrer Nachtdienstuntauglichkeit arbeitsunfähig krank sei. Die Klägerin bot demgegenüber ihre Arbeitsleistung – mit Ausnahme von Nachtdiensten – ausdrücklich an. Bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts im November 2012 wurde sie nicht beschäftigt. Sie erhielt zunächst Entgeltfortzahlung und bezog dann Arbeitslosengeld.
Die Entscheidung des BAG (Pressemitteilung):
Die auf Beschäftigung und Vergütungszahlung für die Zeit der Nichtbeschäftigung gerichtete Klage war beim Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts, ebenso wie in den Vorinstanzen, erfolgreich. Die Klägerin ist weder arbeitsunfähig krank noch ist ihr die Arbeitsleistung unmöglich geworden.Sie kann alle vertraglich geschuldeten Tätigkeiten einer Krankenschwester ausführen. Die Beklagte muss bei der Schichteinteilung auf das gesundheitliche Defizit der Klägerin Rücksicht nehmen. Die Vergütung steht der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu, weil sie die Arbeit ordnungsgemäß angeboten hat und die Beklagte erklärt hatte, sie werde die Leistung nicht annehmen.
Eine interessante Entscheidung. Faktisch heißt dies, dass der Arbeitgeber jetzt den Lohn ab den Zeitpunkt, zu dem die Krankenschwester ihre Arbeitsleistung (nach der Beurlaubung) angeboten hat (wohl Juni 2012) nachzahlen muss (sog. Annahmeverzugslohn/ abzüglich übergegangener Ansprüche). Die entscheidende Frage war hier, was schuldet die Krankenschwester als arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsleistung? Gehört die Ableistung von Nachtschichten zwingend dazu? Das Krankenhaus als Arbeitgeber wird argumentiert haben, dass eine Krankenschwester zwingend auch Nachtschichten abzuleisten hat und dies zwingend diese Tätigkeit mit sich bringen würde. Dies überzeugt aber nicht. Die geschuldete Tätigkeit und die Zeitspanne, in der diese zu erbringen ist, sind zwei paar Schuhe. Eine Krankenschwester schuldet Pflegegedienstleistungen, aber nicht zu jeder Zeit.
Das Urteil hat Auswirkungen – nicht nur im Krankenhausbetrieb – sondern auf Schichtarbeiter allgemein.
Anwalt A. Martin
Nachzahlungsanspruch auf Arbeitslohn des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess
Gewinnt der Arbeitnehmer den Kündigungsschutzprozess oder nimmt der Arbeitgeber die ausgesprochene Kündigung „zurück“ oder schließen die Parteien einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht und einigen sich auf einem Beendigungszeitpunkt, dann hat der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Nachzahlung der Vergütung, die vom Arbeitgeber bisher nicht gezahlt wurde. Juristen sprechen hier vom so genannten Annahmeverzugslohn.
Wie hoch ist der Lohnanspruch?
Für viele Arbeitnehmer stellt sich dann die Frage, in welcher Höhe der Arbeitgeber die Vergütung nachzuzahlen hat. Ist nur Grundlohn zu zahlen? Besteht ein Anspruch auf Zulagen? Muss sich der Arbeitnehmer einen Zwischenverdienst anrechnen lassen?
Grundlohn
Unstreitig muss der Arbeitgeber wenigstens den Grundlohn zahlen, der im Arbeitsvertrag vereinbart ist.
Lohnausfallprinzip
Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer aber grundsätzlich so zu behandeln, als hätte er ganz normal beim Arbeitgeber weitergearbeitet. In vielen Fällen entsteht dann nicht ein Anspruch auf Zahlung des Grundlohnes, sondern darüber hinaus auf weitere Zulagen/Überstunden.
Gesamte Bruttovergütung ist geschuldet
Der Arbeitgeber ist verpflichtet die gesamte Bruttovergütung, die der Arbeitnehmer voraussichtlich erzielt hätte zu zahlen.
Dazu zählen auch:
- Tantiemen
- Provisionen
- Gratifikationen
- Urlaubsgelder
- und auch Überstunden nebst Zuschläge
D.h., dass der Arbeitnehmer ermitteln sollte, welchen Verdienst er hypothetisch erzielt hätte, insbesondere auch unter Berücksichtigung von etwaigen Überstunden, die er wahrscheinlich hätte leisten müssen.
Bei schwankender Vergütungshöhe ist die Vergütung zu schätzen.
Was fällt nicht unter dem nach Zahlungsanspruch?
Alle Leistungen mit reinem Aufwendungscharakter, wie zum Beispiel
- Spesen
- Auslagen
- Fahrkostenzuschüsse
- Übernachtungs- und Abwesenheitsgelder
fallen nicht unter dem Nachtragsanspruch.
Was muss sich der Arbeitnehmer anrechnen lassen?
Der Arbeitnehmer muss sich jeglichen Zwischenverdienst und auch böswillig unterlassenen Zwischenverdienst anspruchsmindernd anrechnen lassen.
Zwischenverdienst / ALG I
In der Praxis ist es häufig so, dass nur bei sehr langwierigen Kündigungsschutzverfahren der Arbeitnehmer tatsächlich Zwischenverdienst erzielt, also zum Beispiel bei den anderen Arbeitgeber arbeitet. Da die meisten Einigung im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht in der Güteverhandlung getroffen werden, und der Gütetermin meist nur wenige Wochen nach Klageeinreichung stattfindet, stellt sich in der Praxis das Problem des reinen Zwischenverdienstes nicht so oft.
Problematischer ist, dass viele Arbeitnehmer in der Zwischenzeit (also nach der Kündigung bis zum Ende des Kündigungsschutzverfahrens) Leistungen des Jobcenters erhalten war zum Beispiel Arbeitslosengeld I. Es ist nachvollziehbar, dass Arbeitnehmer nicht gleichzeitig den Lohn des Arbeitgebers in voller Höhe nachfordern kann und das Arbeitslosengeld I darüber hinaus behält. Grundsätzlich ist es dann so, dass der Anspruch auf Annahmeverzugslohn gegenüber den Arbeitgeber dann in Höhe des gezahlten Arbeitslosengeldes auf das Jobcenter übergeht und der Arbeitnehmer nur die Differenz vom Arbeitgeber erhält. Der Arbeitgeber zahlt dann also zum Teil an das Jobcenter und an den Arbeitnehmer.
A. Martin
Neues Arbeitsverhältnis im Kündigungsschutzverfahren- muss der alte Arbeitgeber trotzdem zahlen?
Kündigt der Arbeitgeber, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit sich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage zu wehren und feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung beendet worden ist. Stellt das Arbeitsgericht dann-zu Gunsten des Arbeitnehmers-die Unwirksamkeit der Kündigung des Arbeitgebers fest, besteht das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fort.
Der Arbeitgeber muss – in der Regel – für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens (genau genommen nach Ablauf der Kündigungsfrist) dem Arbeitnehmer einen so genannten Annahmeverzugslohn zahlen. Dies ist der Lohn, der in der Regel dem Arbeitslohn, welcher zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart wurde, entspricht.
Annahmeverzugslohn und Kündigungsschutzklage
Durch die Kündigung bringt der Arbeitgeber zum Ausdruck, dass er dem Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz zu Verfügung stellt. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht noch einmal tatsächlich anbieten. Er muss noch nicht einmal ein wörtliches Angebot abgeben. Der Arbeitgeber ist derjenige, der hier zuerst handeln müsste, in dem er dem Arbeitnehmer wieder den Arbeitsplatz anbietet. Er kann den Arbeitnehmer auch – dies geschieht in der Praxis aber selten – eine sog. Prozessbeschäftigung anbieten (also befristet für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens).
Kündigungsschutzverfahren und neues Arbeitsverhältnis/ Arbeitsvertrag
Nun kann es aber sein, dass das Kündigungsschutzverfahren sehr lange dauert. In manchen Fällen zieht sich ein solches Verfahren bis zum Bundesarbeitsgericht, und damit über mehrere Jahre hin. Die meisten Verfahren enden aber in der ersten Instanz – also vor dem Arbeitsgericht – durch einen Vergleich meist schon nach mehreren Wochen im sog. Gütetermin.
Endet der Rechtsstreit aber nicht durch Vergleich kann er sich – wie oben ausgeführt – über einen langen Zeitraum hinziehen. Der Arbeitnehmer und auch der Arbeitgeber wissen nicht, ob das Arbeitsverhältnis bestehen bleibt oder die Kündigung wirksam war.
Suche während des Arbeitsrechtsstreits nach neuen Arbeitsplatz
Keinesfalls ist es dem Arbeitnehmer untersagt während dieses Zeitraumes ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen. Ganz im Gegenteil, der Arbeitnehmer ist sogar verpflichtet sich nach einem neuen Arbeitsplatz umzusehen (siehe § 11 Abs. 1 Nr. 2 KSchG). § 12 des Kündigungsschutzgesetzes regelt sogar den Fall, dass der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist.
Der Arbeitnehmer kann sich dann, wenn das Kündigungsschutzverfahren abgeschlossen ist und er gewonnen hat, entscheiden, ob er das alte Arbeitsverhältnis fortsetzen möchte oder nicht. Die Entscheidung muss er innerhalb einer Woche treffen.
Anrechnung von Zwischenverdienst
Wichtig ist aber, dass sich der Arbeitnehmer den Zwischenverdienst, also den Verdienst im neuen Arbeitsverhältnis, auf seinen Annahmeverzugslohn anrechnen lassen muss § 11 Abs. 1 Nr. 1 KschG. Verdient der Arbeitnehmer also beim neuen Arbeitgeber mehr, hat er keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn.
Auch zu beachten, dass der Arbeitnehmer, der nach gewonnenem Kündigungsschutzprozess gegenüber dem Arbeitgeber erklärt, dass er das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen möchte, nur nur einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn unter Anrechnung des Zwischenverdienstes hat im Zeitraum zwischen der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnisses (§ 12 Abs. 1, Satz 3 KschG.
sorgfältig vor der Entscheidung prüfen, was für den Arbeitnehmer günstiger ist
Die Entscheidung, ob man also das alte Arbeitsverhältnis fortsetzt oder nicht, hängt also auch davon ab ob es sich lohnt den Annahmeverzugslohnanspruch abzüglich der Zwischenverdienstes für die Vergangenheit geltend zu machen. Es kann in manchen Fällen durchaus sinnvoll sein gegenüber dem alten Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu erklären, den Annahmeverzugslohn geltend zu machen und dann selbst das Arbeitsverhältnis nochmals zu kündigen und später beim neuen Arbeitgeber fortzusetzen. Wie man sich entscheidet, hängt sehr stark von der Höhe des Zwischenverdienstes und von weiteren Faktoren ab.
Wann verfällt der Arbeitslohn?

Wann verfällt der Arbeitslohn?
Einige Leser fragen sich jetzt vielleicht: Kann denn Arbeitslohn überhaupt verfallen?
Ja, kann er.
Beim Arbeitslohn ist nicht nur die Verjährung zu beachten; diese beträgt 3 Jahre und spielt meistens in Praxis kaum eine Rolle. Viel gefährlicher ist es, wenn hier arbeitsvertragliche Ausschlussfristen gelten, die (fast) alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis betreffen und nach einer bestimmten Zeitspanne ausschließen.
Wo findet man solche Ausschlussfristen, die den Lohnanspruch verfallen lassen?
Solche Ausschlussfristen kann es im Arbeitsvertrag selbst geben (meist Klausel am Schluss des Vertrages) als auch z.B. in Tarifverträgen. Als Beispiel sei hier nur der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewebe (BRTV-Bau) genannt. Dort verfallen Ansprüche innerhalb von 2 Monaten (2-stufige Ausschlussfrist).
Von daher sollte der Arbeitnehmer immer wissen, ob auf sein Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung findet. In den meisten (Rahmen-) Tarifverträgen findet man Ausschlussfristen. Diese stehen meistens am Schluss des TV.
Wie wahrt man diese Ausschlussfristen?
Um zu verhindern, dass der Lohnanspruch verfällt muss man rechtzeitig Lohnklage erheben. Manchmal reicht auch schon die schriftliche Anmeldung der Ansprüche (zunächst) aus, dann muss innerhalb einer bestimmten Zeit Klage erhoben werden (sog. doppelte Ausschlussklausel).
Mittlerweile dürfte die Textform zur Wahrung der 1. Stufe einer Ausschlussfrist ausreichend sein.
Wichtig ist auch, dass man die Ansprüche genau beziffert und nicht etwa schreibt: „Sie schulden mir noch meinen Lohn für Dezember 2019.“ sowie den Arbeitgeber zur Zahlung explizit auffordert.
Was passiert, wenn die Frist versäumt ist?
Ist die Ausschlussfrist versäumt, kann der Arbeitslohn nicht mehr erfolgreich angeklagt werden. Das Arbeitsgericht berücksichtigt die Ausschlussklausel von Amts wegen und weisst die Lohnklage ab.
Von daher sollte man Lohnansprüche immer zeitnah geltend machen und hier nie zu lagen abwarten. Nach einer außergerichtlichen – beweisbaren – Aufforderung zur Zahlung, sollte man – bei Nichtzahlung – sofort Klage beim Arbeitsgericht einreichen.
Gilt dies auch für Ansprüche auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes?
Nein, Ansprüche auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes (€ 8,84 brutto pro Stunde) können nicht verfallen, § 3 Mindestlohngesetz.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Der Arbeitgeber zahlt nicht, welche Verzugszinsen kann ich geltend machen?
Der Arbeitgeber zahlt nicht, welche Verzugszinsen kann ich geltend machen?
Zahlt der Arbeitgeber den Lohn nicht, dann bleibt dem Arbeitnehmer häufig nichts weiter übrig als eine Zahlungsklage auf den ausstehenden Arbeitslohn vor dem Arbeitsgericht – zum Beispiel vor dem Arbeitsgericht Berlin – zu erheben.
Eine Fehler, der hier häufig gemacht wird, ist der, dass der Arbeitnehmer vergisst neben seinem Lohnanspruch auch die Verzugszinsen gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen.
Aber wie hoch sind die Zinsen, die der Arbeitnehmer geltend machen kann?
Die Zinshöhe beträgt mindestens 5-Prozentpunkte (§ 288 Abs. 1 BGB) über den Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank.
Liegt ein Handelsgeschäft vor?
Bei Handelsgeschäften sind sogar 8-Prozentpunktüber den Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen. Früher war strittig, ob der Arbeitsvertrag ein Handelsgeschäft ist. Heute gehen die Arbeitsgerichte – auch das Arbeitsgericht Berlin – davon aus, dass dies nicht so ist, so dass nur 5-Prozentpunkte (§ 288 Abs. 1 BGB) über den Basiszinssatz der Europäischen Zintralbank an Zinsen vom Arbeitgeber zu zahlen sind. Der Arbeitnehmer ist kein Verbraucher.
Ab wann sind die Zinsen zu zahlen?
Die Antwort hierauf ist einfach, nämlich ab dem Zeitpunkt, in welchem sich der Arbeigeber mit der Zahlung des Arbeitslohnes in Zahlungsverzug befindet. Dies 1 Tag nach Fälligkeit des Arbeitslohnes ohne das es einer Mahnung in Bezug auf den ausstehenden Arbeitslohn bedarf.
Wann der Lohn fällig wird, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag. Wird der Lohn am 10. fällig, befindet sich der Arbeitgeber mit der Zahlung des Arbeitslohnes bereits am 11. im Zahlungsverzug. Dabei ist eine Mahnung entbehrlich.
Gibt es keine verbindliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag über die Fälligkeit des Lohnes, dann gilt die gesetzliche Regelung:
§ 614 BGB Fälligkeit der Vergütung
Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
Das fast immer der Lohn pro Monat zu zahlen ist, wird von daher dieser auch mit Ablauf des letzten Tages (z.B. am 31.01.2015 um 24 Uhr) fällig, so dass am 1. des Folgemonats (also am 1.02.2015) der Lohn zur Zahlung fällig wird.
Dann befindet sich der Arbeitgeber bereits am 2. Tag des Folgemonats im Zahlungsverzug.
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