Leiharbeit

BAG- Vergütung von Leiharbeitern

Gepostet am Aktualisiert am


gleiche Vergütung von Leiharbeitern
Leiharbeit

Das Wichtigste vorab:

Nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz haben Leiharbeiter einen Anspruch auf die gleiche Bezahlung wie ein Stammmitarbeiter in dem Betrieb, in dem Sie eingesetzt sind, sofern der Ihnen in Qualifikation, Berufserfahrung und ausgeübter Tätigkeit ähnelt. Dies nennt man Equal-Pay-Grundsatz oder Gleichstellungsgrundsatz.

Was regelt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) zur Vergütung der Leiharbeiter?

Der wichtigste Grundsatz zur Vergütung von Leiharbeitnehmer, der im Gesetz verankert ist, ist der Gleichstellungsgrundsatz. Dieser ist in § 8 des AÜG geregelt. Dort heißt es:

Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren.

Was bedeutet der Gleichstellungsgrundsatz?

Der Grundsatz der Gleichstellung bedeutet, dass der Arbeitgeber, also die Zeitarbeitsfirma, dem Arbeitnehmer das gleiche Gehalt zahlen muss, wie ein vergleichbarer Stammmitarbeiter in dem Betrieb bekommt. Vergleichbar ist ein Arbeitnehmer dann, wenn er dem Stammmitarbeiter in Qualifikation und Kompetenz (Ausbildung und Berufserfahrung) ähnelt und im Betrieb ähnliche Aufgaben ausführt.

Darf vom Equal-Pay-Grundsatz aufgrund eines Tarifvertrags abgewichen werden?

Gesetzlich ist eine solche – auch negative – Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz geregelt und zwar für den Fall, dass ein Tarifvertrag Anwendung findet. Geregelt ist dies ist § 8 Abs. 2 AÜG. Dort steht:

Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. (§ 8, Abs. 2 AÜG)

Ist eine solche Abweichung durch das Europarecht gedeckt?

Dies ist die Frage, welche das Bundesarbeitsgericht nun dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt hat. Denn Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/104/EG sieht vor, dass die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Leiharbeitnehmer während der Dauer ihrer Überlassung an ein entleihendes Unternehmen mindestens denjenigen entsprechen müssen, die für sie gelten würden, wenn sie von dem entleihenden Unternehmen unmittelbar für den gleichen Arbeitsplatz eingestellt worden wären (Grundsatz der Gleichbehandlung). 

Welchen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht zur Zeitarbeit und der Gleichstellung beim Lohn zu entscheiden?

Eine Zeitarbeitnehmerin war von April 2016 bis April 2017 aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrags bei einer Leiharbeitsfirma als Leiharbeitnehmerin beschäftigt. Die Mitarbeiterin war einem Unternehmen des Einzelhandels für dessen Auslieferungslager als Kommissioniererin überlassen. Für ihre Tätigkeit erhielt die Klägerin einen Stundenlohn von 9,23 Euro brutto. Aufgrund tarifvertragliche Regelungen erhielt die Klägerin nicht die gleiche Vergütung eines vergleichbaren Stammarbeiters. Dort wäre der Stundenlohn € 13,64 brutto. Diesen wollte sie haben und zwar mit der Begründung, dass die tarifvertragliche Regelung über ihren Lohn (Verringerung) gegen Europarecht und zwar gegen den Art. 5 Abs. 1 und Abs. 3 der Richtlinie 2008/104/EG verstoße.

Das Arbeitsgericht hat die Klage der Leiharbeitnehmerin abgewiesen, das Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage beim BAG weiter.

Was hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16. Dezember 2020 – 5 AZR 143/19 (A) hat keine abschließende Entscheidung in der Sache getroffen, da der Ausgang der Angelegenheit von der Frage abhängig ist, ob hier ein Verstoß gegen Unionsrecht vorliegt. Das BAG hat gemäß Art. 267 AEUV den Gerichtshof der Europäischen Union um eine Vorabentscheidung ersucht.

Was hat das BAG dazu in der Pressemitteilung ausgeführt?

In der Pressemitteilung Nr. 48/20 vom 16.12.2020 führt das Bundesarbeitsgericht dazu folgendes aus:

Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/104/EG sieht vor, dass die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Leiharbeitnehmer während der Dauer ihrer Überlassung an ein entleihendes Unternehmen mindestens denjenigen entsprechen müssen, die für sie gelten würden, wenn sie von dem entleihenden Unternehmen unmittelbar für den gleichen Arbeitsplatz eingestellt worden wären (Grundsatz der Gleichbehandlung). Allerdings gestattet Art. 5 Abs. 3 der genannten Richtlinie den Mitgliedsstaaten, den Sozialpartnern die Möglichkeit einzuräumen, Tarifverträge zu schließen, die unter Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern beim Arbeitsentgelt und den sonstigen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen vom Grundsatz der Gleichbehandlung abweichen. Eine Definition des „Gesamtschutzes“ enthält die Richtlinie nicht, sein Inhalt und die Voraussetzungen für seine „Achtung“ sind im Schrifttum umstritten. Zur Klärung der im Zusammenhang mit der von Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2008/104/EG verlangten Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern aufgeworfenen Fragen* hat der Senat entsprechend seiner Verpflichtung aus Art. 267 AEUV den Gerichtshof der Europäischen Union um eine Vorabentscheidung ersucht.

weitreichende Konsequenzen

Die Entscheidung des EuGH könnte weitreichende Auswirkungen auf die Praxis haben. Wenn der EuGH hier einen Verstoß gegen Unionsrecht feststellt, dann wird es zukünftig für Leiharbeitsfirmen äußerst schwierig weniger an Lohn als nach dem Gleichstellungsgrundsatz zu zahlen.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin

DRK-Schwester kann Arbeitnehmerin im Sinne der EU-Leiharbeitsrichtlinie sein

Gepostet am


Der EuGH (Urteil vom 17.11.2016 – Rs. C-216/15) hat entschieden, dass Mitglieder der Schwesternschaft des DRK selbst dann Arbeitnehmerinnen im Sinne der Leiharbeitsrichtlinie (EG 2008/104/EG) sein können, wenn diese nach dem nationalen Recht keine Arbeitnehmer sind.

Für die Einordnung einer Person als Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie 2008/104/EG ist es – so der EuGH – unerheblich, ob die betreffende Person nach nationalem Recht als Arbeitnehmer anzusehen ist oder mit dem Leiharbeitsunternehmen einen Arbeitsvertrag geschlossen hat.

Wer Arbeitnehmer ist, bestimmt die Richtlinie autonom. Danach ist „Arbeitnehmer“ im Sinne dieser Richtlinie jede Person, die während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält, sofern sie aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden Mitgliedstaat geschützt ist. Das letztere ist der Fall, wenn die Person über eine Reihe von Rechten verfügt, die mit den Rechten, die Personen zustehen, welche nach nationalem Recht als Arbeitnehmer eingestuft werden, teilweise übereinstimmen oder ihnen gleichwertig sind. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts (EuGH), zu prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind.

Rechtsanwalt Andreas Martin

Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz – Zeiten als Leiharbeiter bleiben unberücksichtigt

Gepostet am Aktualisiert am


Bei einer Kündigung des Arbeitgebers kann sich der Arbeitnehmer nur mittels Kündigungsschutzklage wehren. Der Erfolg der Klage hängt meist stark davon ab, ob das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

Kündigungsschutzgesetz

Dies ist von wesentlicher Bedeutung. Wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet und auch kein Sonderkündigungsschutz gilt, dann hat der Arbeitnehmer meist schlechte Karten durch die Kündigungsschutzklage in die Situation zu kommen, um Druck auf den Arbeitgeber zur Zahlung eine Abfindung auszuüben.

Wartezeit nach dem KSchG

Hier soll es um die Wartezeit gehen, die notwendig ist, für den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes.

Wartezeit kann nicht abgedungen werden

Die Regelung der Wartezeit in § 1 Abs. 1  KSchG ist einseitig zwingendes Recht, von daher sind Vereinbarungen zum Nachteil des Arbeitnehmers unzulässig. Von daher sind Vereinbarungen unzulässig, die den Erwerb des allgemeinen Kündigungsschutzes die eine Verlängerung der Wartezeit enthalten. 

persönlicher Anwendungsbereich des KSchG

Neben dem persönlichen Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit abzüglich der Auszubildenden) muss auch die sog. Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt sein. Bei einer solche Wartezeitkündigung (Arbeitnehmer sprechen häufig von einer Probezeitkündigung) kommt es entscheidend darauf an, ob  nicht vielleicht vorherige Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers zur berücksichtigen sind (z.B. bei rechtlicher Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses).

Entscheidung des LAG Düsseldorf

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 8.10.2014 – 7 Sa 1042/13) hat entschieden, dass vorherige Beschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer im gleichen Betrieb, des dann später eingestellten Arbeitnehmers bei der Berechnung der Wartezeit nach § 1 KSchG nicht berücksichtigt werden.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin

LAG Berlin-Brandenburg: Keine Verrechnung von Plusstunden mit Minusstunden bei Leiharbeit wegen fehlender Einsatzmöglichkeit

Gepostet am Aktualisiert am


Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 17.12.2014, 15 Sa 982/14) hat entschieden, dass der Arbeitgeber (Verleiher) einen Arbeitnehmer bei fehlender Einsatzmöglichkeit nicht Plusstunden auf den Arbeitszeitkonto  mit Minusstunden (für die fehlende Tätigkeit) verrechnen darf.

Der Arbeitgeber betreibt die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung. Er setzte seinen Arbeitnehmer als Sachbearbeiterin beim Entleiher ein. Eine monatliche regelmäßige Vergütung war vereinbart. Es galt der MTV BZA.  Als der Arbeitgeber aber für seine Arbeitnehmerin keine Einsatzmöglichkeit beim Entleiher hatte, zahlte er den normalen Lohn weiter, reduzierte aber das Arbeitszeitguthaben der Arbeitnehmerin auf den Arbeitszeitkonto um die Stunden, die die Arbeitnehmerin keine Einsatzmöglichkeit hatte. Faktisch verrechnete der Arbeitgeber hier Plusstunden mit angeblichen Minusstunden.

Das LAG Berlin-Brandenburg hielt dies unter Verweis auf § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG für unzulässig. Das Recht auf sog. Annahmeverzugslohn darf vom Arbeitgeber gegenüber seinen Leiharbeiter nicht beschränkt oder ausgeschlossen werden.

RA A. Martin

 

In Deutschland gibt es 18.000 Verleihfirmen!

Gepostet am


18.000 Firmen dürfen in Deutschland  Arbeitnehmer an Fremdfirmen überlassen.

Dies ergibt sich aus einer Antwort vom 18.02.2014 der Bundesregierung (BT-Drs.: 18/573) auf eine kleine Anfrage der Grünen aus dem Jahr 2013. Unter den Verleihfirmen befanden sich danach zum Stichtag, den 30.6.2013  rund 38 Prozent sog. „Mischbetriebe“ also Firmen, deren Betriebszweck nicht überwiegend die Arbeitnehmerüberlassung ist.

Auch hier ist die Rechtsprechung im „Fluss“ das BAG hat im Jahr 2013 häufiger zur Fragen im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerüberlassung entschieden. Es gibt aber noch viele offene Fragen.

RA A. Martin

Fleischverarbeitungsbranche soll in Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen werden

Gepostet am


Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf  vorgelegt, wonach die Fleischverarbeitungsbranche in den Katalog des Arbeitnehmer-Entsendegestz aufgenommen werden soll. Von daher soll das Arbeitnehmer-Entsendegesetz geändert werden. Zudem sollen in einer Rechtsverordnung die konkreten Mindestarbeitsbedingungen geregelt werden.

Hintergrund der Gesetzesinitiative

Hintergrund ist der, dass in den letzten Jahren überwiegend Ausländer aus der EU, wie z.B. Ungarn und Polen, in der Branche in Deutschland tätig sind und vor allem für weitaus geringere Löhne als vormals beschäftigte deutsche Arbeitnehmer.

Zwar gibt es hier auch einen Tarifvertrag, der einen Mindestlohn regelt, allerdings würde die Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetz dann sich auf alle in der Branche eingesetzten Arbeitnehmer Auswirkungen haben.

RA A. Martin

LAG Baden-Württemberg: Unzulässigkeit dauerhafter Arbeitnehmerüberlassung

Gepostet am


Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeitist nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nur vorübergehend erlaubt. Rechtlich problematisch hierzu sind derzeit 2 Fragen:

1. was heißt „vorübergehend“ und

2. welche Rechtsfolgen hatte Verstoß dagegen

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hatte im vorliegenden Fall zunächst nur darüber zu entscheiden, ob die Entfernung einer Ermahnung vom Arbeitnehmer aus der Personalakte verlangt werden kann. Der Arbeitnehmer wurde seit Jahren von seinem ursprünglichen Arbeitgeber an eine andere Firma ohne jegliche zeitliche Begrenzung verliehen und war dort Teil der Stammbelegschaft. Zwischen beiden Firmen bestanden enge Verbindungen. In Bezug auf die Struktur zwischen ehemaligen Arbeitgeber und der Leihfirma wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Bei der Prüfung kam das LAG aber zu dem Ergebnis, dass der ursprüngliche Arbeitgeber (Verleiher) gar nicht mehr Arbeitgeber war, sondern dies mitlerweile der Entleiher war, da die Arbeitnehmerüberlassung nicht nur vorübergehend erfolgte und das LAG als Rechtsfolge des Verstoßes – die Unwirksamkeit des ursprünglichen und das Zustandekommen des Arbeitsvertrages zwischen Arbeitnehmer und Entleiher sah.

 

Das LAG (Urteil vom 31.7.2013, 4 Sa 18/13) führte dazu aus:

Der Entfernungsanspruch besteht vorliegend allein schon deshalb, weil die Beklagte zum Zeitpunkt des Ausspruchs gar nicht mehr Arbeitgeberin des Klägers war. Das Arbeitsverhältnis bestand nämlich wegen Vorliegens einer unzulässigen dauerhaften Arbeitsnehmerüberlassung gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG mit der S.M.. Die Beklagte war demnach nicht mehr rügeberechtigt.

Die Beklagte verleiht nämlich den Kläger seit 2006 durchgehend an die Firma S.M. auf der Grundlage eines „Kooperationsvertrag“ genannten Arbeitnehmerüberlassungsvertrags. Die Arbeitnehmerüberlassung ist erlaubnispflichtig. Die Beklagte verfügt auch über eine inzwischen unbefristete Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Als Voraussetzung der Erlaubnispflichtigkeit einer Arbeitnehmerüberlassung wurde jedoch mit Art. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes – Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (Bundesgesetzblatt I 2011 Nr. 18 S. 642) in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG eingefügt, dass die Überlassung an einen Entleiher nur vorübergehend zu erfolgen hat. Hierbei handelt es sich nicht nur um einen Programmsatz. Vielmehr wird mit dieser gesetzlichen Einfügung nunmehr eine nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung untersagt. Dies dient zum Einen dem Schutz der Leiharbeitnehmer. Zum Anderen soll damit die dauerhafte Aufspaltung der Belegschaft des Entleiherbetriebs in eine Stammbelegschaft und eine entliehene Belegschaft verhindert werden (BAG 10. Juli 2013 – 7 ABR 91/11 – Pressemitteilung des BAG Nr. 47/13; LAG Baden-Württemberg 17. April 2013 – 4 TaBV 7/12 – juris; LAG Baden-Württemberg 23. November 2012 – 11 Sa 84/12 – juris; LAG Berlin-Brandenburg 09. Januar 2013 – 15 Sa 1635/12 – juris).

Bislang ist aber noch nicht abschließend geklärt, wann eine Arbeitnehmerüberlassung nur „vorübergehend“ ist. 

Beabsichtigt ein Arbeitgeber jedoch, seine Leiharbeitnehmer ohne jegliche zeitliche Begrenzung statt einer Stammkraft einzusetzen, ist dieser Einsatz jedenfalls nicht mehr nur vorübergehend (BAG 10. Juli 2013 aaO.). Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg führte zutreffend aus, dass eine Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher jedenfalls dann nicht mehr nur vorübergehend erfolgt, wenn hierdurch ein Dauerbeschäftigungsbedarf abgedeckt wird. Das Merkmal „vorübergehend“ sei arbeitsplatzbezogen, nicht personenbezogen (LAG Berlin-Brandenburg 09. Januar 2013 aaO.; LAG Berlin-Brandenburg 19. Dezember 2012 – 4 TaBV 1163/12 – juris). Die Kammer schließt sich dieser Rechtsauffassung an.

Legt man dies zu Grunde, so ist aber festzustellen, dass ein Beschäftigungsbedarf an Fahrern bei der Beklagten seit 2006 überhaupt nicht mehr vorhanden ist, weil die Aufgabe der Erbringung der Fahrdienstleistungen seit diesem Zeitpunkt von der Beklagten auf die S.N. GmbH überging und von dieser auf die S.M. ausgelagert wurde. Die Betrauung der S.N. GmbH als „interne Betreiberin“ der Fahrdienstleistungen hat eine feste Laufzeit bis 31.12.2019. Jedenfalls bis dahin (und somit für eine Gesamtlaufzeit ab 2006 von 13 Jahren) ist mit einer Erteilung eines Fahrdienstleistungsauftrags an die Beklagte nicht zu rechnen. Selbst der Kooperationsvertrag zwischen der Beklagten und der S.M. hat eine Laufzeit bis 31.12.2015, und somit gerechnet ab 2006 von 10 Jahren. Die Fahrdienstleistungen wurden schon vor 2006 durch den Kläger und seinen Kollegen bei der Beklagten auf Dauerarbeitsplätzen erbracht. Die Arbeitsverhältnisse wären 2006 gemäß § 613a Abs. 1 BGB auf die S.M. übergegangen in Form einer Dauerarbeitsplatzbesetzung, wenn nicht die Arbeitnehmer diesem Übergang widersprochen hätten. Jedoch haben die Arbeitnehmer und die Beklagte versucht, das gleiche Ergebnis zu erzielen, lediglich unter Erhalt ihrer bisherigen Tarifkonditionen, durch eine Arbeitsvertragsänderung mit Zustimmung zu einer nur auf die S.M. bezogenen Arbeitnehmerüberlassung. Es sind somit dieselben Arbeitsplätze, die schon bislang Dauerarbeitsplätze waren, ab 2006 weitergeführt worden. Lediglich wurde die Befugnis zur Direktionsrechtsausübung verschoben. Die S.M. wäre ohne die Übernahme der Arbeitnehmer der Beklagten erst einmal gar nicht in der Lage gewesen, den Dienstleistungsauftrag zu erfüllen. Es handelt sich somit beim Arbeitsplatz des Klägers um einen Dauerarbeitsplatz, der dem Merkmal „vorübergehend“ entgegensteht. Dafür streitet im Übrigen auch der Zweck des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, wonach eine Aufspaltung in eine Belegschaft aus eigenen Arbeitnehmern und in eine entliehene Belegschaft verhindert werden soll. Genau eine solche Aufspaltung liegt bei der S.M. in besonders drastischer Weise vor.

Stellt § 1 Abs. 1 AÜG die vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung unter eine Erlaubnispflicht und ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in europarechtskonformer Auslegung, dass eine dauerhafte Überlassung gänzlich verhindert werden soll, so ergibt sich zwangsläufig, dass für eine dauerhafte Überlassung auch keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis erteilt werden kann, bzw. eine dauerhafte Überlassung nicht von einer erteilten Erlaubnis gedeckt ist. Die Rechtsfolge ist dann, dass in zumindest entsprechender Anwendung von § 9 Nr. 1 1. Alt. AÜG der Überlassungsvertrag unwirksam ist (LAG Baden-Württemberg 17. April 2013 aaO.; LAG Baden-Württemberg 22.11.2012 aaO.; LAG Berlin-Brandenburg 09. Januar 2013 aaO.). Zugleich ergibt sich dann aber auch die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags (hier in der Gestalt der Ergänzungsvereinbarung vom 04.08.2006) in entsprechender Anwendung von § 9 Nr. 1 2. Alt. AÜG, mit der Folge, dass zugleich gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher als zustande gekommen gilt (LAG Baden-Württemberg 22. November 2012 aaO.; LAG Berlin-Brandenburg 09. Januar 2013 aaO.).

………………..

Etwas anderes ergibt sich auch nicht dadurch, dass der Kläger seinerzeit einem Übergang seines Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 6 BGB widersprochen hatte. Zwar tritt nun die Rechtsfolge über §§ 9, 10 AÜG ein, die der Kläger seinerzeit mit seinem Widerspruch gerade hat verhindern wollen, bzw. verhindert hat. Jedoch hatten seinerzeit in 2006 der Kläger und seine Kollegen, abgesprochen mit der Beklagten, nur deshalb dem Übergang der Arbeitsverhältnisse widersprochen, weil sie sicher sein konnten, dennoch aufgrund der vereinbarten Arbeitnehmerüberlassung bei der S.M. arbeiten zu können. Durch diese Konstruktion sollte lediglich eine Absenkung des Entgeltniveaus über § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB verhindert werden.

Eine interessante Entscheidung, wobei sicherlich das BAG hier in Zukunft noch die Maßstäbe setzen dürfte. Zumindest bis dahin scheint aber die Luft für Verleiher dünn zu werden, die entweder dauerhaft an eine andere Firma entleihen oder – noch schlimmer – nur gegründet wurden, um ausgelagerte Arbeitnehmer wieder zurück an den ursprünglichen Arbeitgeber dauerhaft  zu verleihen.

Anwalt A. Martin

 

Branchenzuschläge für Leiharbeiter in der Metall- und Elektroindustrie

Gepostet am


Die IG Metall und die Arbeitgeberverbände der Leiharbeit (IGZ, BAP)  sowie die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie haben sich am 22.05.2012 auf Zuschläge bis zu 50 % für Leiharbeiter geeinigt. Nach den abgeschlossenen Tarifvertrag erhalten Leiharbeiter in den vorstehenden Branchen Zuschläge bis zu 50 % (Tarifvertrag gilt ab dem 1.11.2012).

Der Branchenzuschlag basiert auf den Entgelten der Tarifverträge, die der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) und der Interessenverband deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) mit der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit vereinbart haben.

Die Zuschläge gleichen die jeweilige Tarifdifferenz in fünf Stufen aus:

  •  nach 6 Wochen, Branchenzuschlag von 15 Prozent
  • nach 3 Monaten, Branchenzuschlag von 20 Prozent
  •  nach 5Monaten, Branchenzuschlag von 30 Prozent
  • nach 7Monaten, Branchenzuschlag von 45 Prozent
  • nach 9 Monaten, Branchenzuschlag von 50 Prozent

Nähere Informationen findet man dazu auf der Seite der IG Metall.

Anwalt A. Martin

BAG: mehrmalige Befristung von Arbeitsverträgen mit demselben Arbeitgeber – Probleme bei Leiharbeit

Gepostet am


Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz können Arbeitsverträge bis maximal 2 Jahre (bei Neugründungen: 4 Jahre) ohne Sachgrund erstmalig befristet werden, vgl. § 14 Abs. 2 TzBfG. Vor kurzem hatte das BAG ja entschieden, dass eine erstmalige Befristung auch dann vorliegt, wenn das letzte Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien länger als 3 Jahre her ist.

sachgrundlose Befristung beim selben Arbeitgeber

Das BAG hatte sich wieder mit der Frage beschäftigt, wann derselbe Arbeitnehmer vorliegt. Es sind nämlich Fälle denkbar – und auch in der Praxis vorkommend – wonach innerhalb eines Konzerns ein Arbeitnehmer bei verschiedenen Konzerntöchtern jeweils befristet für 2 Jahre arbeitet. Solche Fälle können  – in seltenen Fällen- rechtsmißbräuchlich sein.

erst Arbeitgeber- dann Leiharbeit für jeweils 2 Jahre ?

Jetzt hatte des Bundesarbeitsgericht – (Urteil vom 9.3.2011, 7 AZR 657/09) die Frage zu klären, ob ein Arbeitnehmer, der zuvor bei einem Arbeitgeber sachgrundlos 2 Jahre befristet war und dann erneut bei einer Leiharbeitsfirma für 2 Jahre befristet – auch sachgrundlos – eingestellt wurde und dann beim gleichem Arbeitnehmer wieder – diesmal jedoch als Leiharbeiter – auf dem gleichen Arbeitsplatz arbeitete.

Das Bundesarbeitsgericht  hielt diese Konstruktion noch für zulässig und führt dazu aus:

„Eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Arbeitgeber iSv. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist der Vertragsarbeitgeber. Das ist die natürliche oder juristische Person, die mit dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag geschlossen hat. Ein vorhergehender Arbeitsvertrag hat deshalb nur dann mit demselben Arbeitgeber bestanden, wenn Vertragspartner des Arbeitnehmers bei beiden Verträgen dieselbe natürliche oder juristische Person ist (BAG 18. Oktober 2006 – 7 AZR 145/06 – Rn. 13 mwN, BAGE 120, 34). Das Zuvorbeschäftigungsverbot knüpft nicht an den Beschäftigungsbetrieb oder den Arbeitsplatz an (BAG 16. Juli 2008 – 7 AZR 278/07 – Rn. 13, BAGE 127, 140). Auch die Überlassung eines Arbeitnehmers an seinen vormaligen Vertragsarbeitgeber, bei dem er zuvor sachgrundlos befristet beschäftigt war, führt für sich gesehen nicht zur Unwirksamkeit einer anschließend mit dem Verleiher iSd. § 1 AÜG nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG vereinbarten sachgrundlosen Befristung. Der Gesetzgeber hat für die Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung nicht auf die vorherige Beschäftigung in einem Betrieb oder für einen Betriebsinhaber, sondern nur auf den rechtlichen Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit dem Vertragsarbeitgeber abgestellt (BAG 18. Oktober 2006 – 7 AZR 145/06 – Rn. 26, aaO).

Danach lag im Streitfall keine Zuvorbeschäftigung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG vor. Die Klägerin war vom 14. September 2005 bis zum 31. Juli 2007 bei einer anderen Vertragsarbeitgeberin – der Beklagten zu 2. – beschäftigt. Die Beklagte zu 1. ist eine andere juristische Person und nicht derselbe Arbeitgeber iSv. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG.“

Richtig ist, dass die Leiharbeitsfirma und der ehemalige Arbeitgeber sind die gleiche juristische Person ist. Auch einen Rechtsmißbrauch verneinte das BAG hier.

Siehe dazu auch: häufige Fehler bei der Befristung:

RA Martin