Kündigungsverbot
Wegen Krankheit gekündigt – was tun?

Bei einer Kündigung wegen Krankheit fragt man sich als Arbeitnehmer, ob überhaupt eine solche Kündigung zulässig ist und wenn ja, was man dagegen unternehmen kann.
Was ist eine krankheitsbedingte Kündigung?
Im Kündigungsschutzgesetz sind drei mögliche Kündigungsarten geregelt. Neben der verhaltensbedingten und betriebsbedingten Kündigung ist die Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen (ein Unterfall der personenbedingten Kündigung) die dritte Möglichkeit für den Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis zu beenden, bei denen der allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz gilt. Bei der Kündigung wegen Krankheit stützt der Arbeitgeber die Kündigung darauf, dass aufgrund von entweder einer langanhaltenden Arbeitsunfähigkeit oder wegen häufigen kurzer Erkrankungen es diesem unzumutbar ist das Arbeitsverhältnis über die Kündigungsfrist hinaus fortzusetzen. Die krankheitsbedingte Kündigung wird fast ausschließlich als ordentliche Kündigung ausgesprochen. Die Anforderung an eine solche Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber sind recht hoch.
Wann droht eine Kündigung wegen Krankheit?
Nach dem Kündigungsschutzgesetz darf der Arbeitgeber krankheitsbedingt kündigen, wenn die Voraussetzung für eine solche Kündigung vorliegen. Die betriebsbedingte Kündigung und die verhaltensbedingte Kündigung kommen weitaus häufiger vor als die personenbedingte Kündigung, welche der Überbegriff für eine krankheitsbedingte Kündigung ist.
Bei der personenbedingten Kündigung muss ein nicht unerheblicher Arbeitsausfall durch häufige kurzer Erkrankungen oder durch eine Langzeiterkrankung vorliegen. Aufgrund der Erkrankungen in der Vergangenheit muss der Arbeitgeber im Wege einer negativen Prognoseentscheidung (negative Gesundheitsprognose) zu dem zwingenden Schluss kommen dürfen, dass auch zukünftig erhebliche Fehlzeiten des Arbeitnehmers vorliegen werden. Wichtig ist, dass eine Krankheit an sich nie den Kündigungsgrund darstellen kann. Der Kündigungsgrund ergibt sich erst durch die (wirtschaftlichen) Belastungen, die durch den Ausfall der Arbeitskraft bzw. das Freihalten des Arbeitsplatzes für den Betrieb entstehen.
Dabei schaut man sich einen Zeitraum von ungefähr drei Jahren des Arbeitsverhältnisses an. Hierbei es auch eine Tendenz zu beachten, also ob tatsächlich die Anzahl der Fehlzeiten zugenommen hat oder nicht. Krankheiten, die nur einmal auftreten, wie zum Beispiel eine Blinddarmentfernung, werden herausgerechnet. Darüberhinaus auch Fehlzeiten, die zum Beispiel durch die Betreuung von Kindern erfolgt sind.
Bei den Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ist zu unterscheiden:
- lang andauernden Krankheitenund
- häufigen Kurzerkrankungen.
Häufige Kurzerkrankungen können einen Dauertatbestand für eine Kündigung bilden. Voraussetzung ist, dass die verschiedenen Erkrankungen den Schluss auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen und hier eine negative Prognose begründen.
Ein Arbeitsausfall von wenigstens sechs Wochen muss vorliegen. Dies ist allerdings noch recht niedrig angesetzt. Es muss faktisch der Schluss zwingend sein aus den Fehlzeiten in der Vergangenheit der letzten drei Jahre, dass der Arbeitnehmer auch zukünftig erhebliche Fehlzeiten haben wird und keine Besserung eintritt.
Um hier eine höhere Sicherheit zu haben, muss der Arbeitgeber auch erforschen, welche Möglichkeiten er hat, um zukünftig weitere Fehlzeiten des Arbeitnehmers zu verhindern bzw. dessen Eingliederung in den Betrieb wieder zu ermöglichen. Dafür wird der Arbeitgeber in der Regel ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) vornehmen. Dies ist ein sogenanntes Krankenrückführungsgespräch, dem es vor ein darum geht, welche Ursachen die Erkrankung haben und was der Betrieb tun kann, um hier weitere Fehlzeiten für die Zukunft zu vermeiden bzw. diese zu vermindern.
Kommt der Arbeitgeber zu dem Schluss, dass eine negative Gesundheitsprognose für die Zukunft vorliegt, dann muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an einem ungestörten Betriebsablauf und dem Interesse des Arbeitnehmers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Da es auch zu berücksichtigen, wie lange der Arbeitnehmer bereits im Betrieb beschäftigt ist und welche Ausfallzeiten angefallen sind und welche Konsequenzen diese für den Arbeitgeber, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, vorgelegen haben.
Der Arbeitgeber kann ohne Angabe von Gründen kündigen. Die Kündigungsgründe müssen aber vorliegen, sofern allgemeiner Kündigungsschutz greift oder Sonderkündigungsschutz.
Falls die Möglichkeit einer Versetzung auf einen anderen freien Arbeitsplatz besteht, ist dies ebenfalls zu erwägen, genauso wie der Ausspruch eine Änderungskündigung.
Wie erfolgt die Prüfung einer personenbedingten Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit?
Die Prüfung der Zulässigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung erfolgt wie folgt:
- Vorliegen einer negativen Zukunftsprognose.
- Vorliegen der Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen durch den Arbeitsausfall
- Umfassende Interessenabwägung.
Werden alle Punkte vom Arbeitgeber beachtet, was schwierig ist, ist die ausgesprochene Kündigung wirksam, wenn der Arbeitgeber die Rechtslage falsch einschätzt – was oft vorkommt – dann ist die Kündigung unwirksam. Sofern der Arbeitnehmer sich an das Arbeitsgericht wendet, wird dann die ausgesprochene Kündigung gerichtlich überprüft. Hier gelten strenge Regeln.
Wie lange muss man krank sein, um mit einer Kündigung zu rechnen?
Bei der Frage, der krankheitsbedingten Ausfallzeiten gibt es keine genauen zeitlichen Grenzen. Grob kann man sich an die Dauer der Betriebszugehörigkeit orientieren.
Was kann der Arbeitnehmer tun, wenn er eine krankheitsbedingte Kündigung erhält?
Sofern der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber krankheitsbedingt gekündigt wurde, sollte dieser sich anwaltlich beraten lassen. In der Regel wird ein Anwalt dazu raten gegen die Kündigung mittels einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht vorzugehen. Die Kündigungsschutzklage ist darauf gerichtet festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die streitgegenständliche Kündigung aufgelöst wurde. Nur kurze Zeit nach Einreichung der Klage gibt es dann einen sogenannten Gütetermins und in diesem Termin wird dann seitens des Gerichtes versucht eine gütliche Einigung zu finden. Der Arbeitnehmer kann sich dann immer noch überlegen, ob er gegebenfalls-wenn dies vom Arbeitgeber vorgeschlagen wird, gegen Abfindung das Arbeitsverhältnis beendet oder den Rechtsstreit fortsetzt, sodass das Gericht über die Wirksamkeit der Kündigung dann entscheidet. Ohne Kündigungsschutzklage hat der ein Arbeitnehmer kaum eine Möglichkeit eine Abfindung vom Arbeitgeber zu erhalten.
Was ist bei einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit über 2 Jahren?
Die Chancen für den Arbeitnehmer bei krankheitsbedingter Kündigung verschlechtern sich erheblich, wenn die Krankheit dauerhaft besteht. Die dauerhafte Arbeitsunfähigkeit von über 2 Jahren ist für den Arbeitnehmer problematisch. In der Regel überwiegt dann das Interesse an der Kündigung des Arbeitgebers, da dann fast immer eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen vorliegt. Allerdings gilt dies erst, wenn die andauernde Arbeitsunfähigkeit von 2 Jahren oder mehr vorliegt.
Bekommt man eine Abfindung bei der krankheitsbedingten Kündigung?
Eine Abfindung bei Kündigung erfolgt nicht automatisch. Ein Abfindungsanspruch besteht jedenfalls so gut wie nie. Die Abfindung ist dann letztendlich Verhandlungssache. Die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers verbessert sich erheblich, wenn dieser Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreicht und die Chancen im Prozess vor dem Arbeitsgericht für den Arbeitnehmer nutzen. In diesem Fall wird der Arbeitgeber in der Regel eine Abfindung nach Kündigung anbieten. Wenn der Arbeitnehmer gegen die Kündigung nicht vorgeht, wird diese nach 3 Wochen wirksam und kann nicht mehr angegriffen werden. In dieser Situation wird der Arbeitgeber in der Regel keinerlei Abfindung mehr zahlen, da kein Nachteil hat, wenn er dies nicht tut. Wichtig ist auch, dass bei ordentlichen Kündigungen, wenn das Kündigungsschutzgesetz gilt, die Chancen auf eine Entlassungsentschädigung erheblich höher sind als bei einer außerordentlichen Kündigung. Eine außerordentliche Kündigung, die fast immer als fristlose Kündigung erfolgt, erhöht das Prozessrisiko für den Arbeitnehmer. Oft wird dann als Vergleichsmöglichkeit vom Arbeitsrichter vorgeschlagen, dass man sich auf eine ordentliche Beendigung ohne Abfindung einigt.
Muss der Arbeitgeber vorher abmahnen?
Während es bei verhaltensbedingten Kündigungen auf ein Verschulden des Arbeitnehmers ankommt, ist dies bei Kündigungen wegen Krankheit nicht der Fall. In der Regel handelt der Arbeitnehmer hier nicht schuldhaft. Bei der Kündigung wegen Krankheit erhalten die betroffenen Mitarbeiter diese nicht, weil sie die Arbeitsunfähigkeit verschuldet haben. Eine Abmahnung kommt von daher nicht vor einer Kündigung in Betracht. Diese ist nicht notwendig und würde auch ins Leere gehen.
Nach dem Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 18.03.2014 – 13 Sa 1207/13 kann vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ausnahmsweise aber doch eine Abmahnung geboten sein, wenn die Erkrankung durch ein steuerbares Verhalten beseitigt werden kann. In der Entscheidung des LAG ging es um die Wiederaufnahme einer unterbrochenen Medikation mit Psychopharmaka.
Ist die Kündigung bei Krankheit nicht grundsätzlich verboten?
Nein, es gibt nach deutschem Arbeitsrecht kein Kündigungsverbot bei Erkrankung des Arbeitnehmers. Dies nehmen aber viele Arbeitnehmer an, obwohl dies unlogisch ist. Wenn dies tatsächlich so wäre, könnte der Arbeitgeber einen dauerhaft erkrankten Arbeitnehmer niemals das Arbeitsverhältnis kündigen. Von daher ist eine Kündigung auch während der Krankheit durch den Arbeitgeber grundsätzlich möglich. Ob diese tatsächlich im Einzelfall wirksam ist, ist eine andere Frage. Dies bestimmt sich dann nach dem Kündigungsschutzgesetz, sofern dieses Anwendung findet.
Was ist bei der Kündigung im Kleinbetrieb?
Bei der krankheitsbedingten Kündigung im Kleinbetrieb hatte Arbeitnehmer meist schlechte Karten. Wenn er die Kündigungsschutzklage einreicht, dann hat er nur Chancen den Prozess zu gewinnen und so den Arbeitgeber gegebenfalls zur Zahlung eine Abfindung“ zwingen „, wenn er nachweist, dass die Kündigung sittenwidrig oder treuwidrig ist. Im Kleinbetrieb gilt nämlich nur ein sogenannter Mindestkündigungsschutz. Dieser Schutz ist weitaus weniger effektiv als der Schutz nach dem Kündigungsschutzgesetz und schützt nur vor treuwidrige und sittenwidrige Kündigungen. Der Arbeitgeber braucht eigentlich für die Kündigung keinen Grund. Muss also auch nicht darlegen, dass ihm ein wirtschaftlicher Schaden durch die Krankheit des Arbeitnehmers entstanden ist. Anders ist dies, wenn es ein Sonderkündigungsschutz vorliegt. Bei diesen speziellen Kündigungsschutz, wie z.B. bei Schwangerschaft oder Schwerbehinderung besteht ein gesonderter Schutz vor Kündigung.
Was ist wenn der Arbeitgeber wegen der Erkrankung kündigt?
Nicht selten kommt es vor, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mitteilt, dass er krankgeschrieben ist. Manchmal reagieren Arbeitgeber dann so, dass diese sofort die Kündigung aussprechen und der Grund für die Kündigung dann die Krankschreibung des Arbeitnehmers ist. Dies wird dann vermutet, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Krankmeldung und dem Ausspruch der Kündigung liegt. Diese Kündigung ist nicht unwirksam. Allerdings bestimmt § acht des Entgeltfortzahlungsgesetzes, dass der Arbeitgeber dann die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auch notfalls über das Ende der Kündigungsfrist hinaus maximal bis sechs Wochen vornehmen muss. Damit will man verhindern, dass der Arbeitgeber so die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch eine Kündigung ab kürzt. Der Arbeitnehmer muss allerdings nachweisen, dass die Kündigung aufgrund der Krankheit erfolgte.
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Rechtsanwalt Andreas Martin – Berlin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Elternzeit – Ende des Kündigungsverbots bei Betreuungswechsel.
Während der Elternzeit des Arbeitnehmers gilt ein Kündigungsverbot. Dieses Kündigungsverbot schützt den Arbeitnehmer vor Kündigungen des Arbeitgebers, die ordentlich/fristgerecht erfolgen. Für eine außerordentliche Kündigung gilt das Kündigungsverbot nicht. Stellt sich nun die Frage, wann der Schutz vor der ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers endet.
Ende des Sonderkündigungsschutzes – Kündigung nach Elternzeit
Es kann mich Situation geben, in denen zum Beispiel die Elternzeit viel früher endet, als dies ursprünglich vom Arbeitnehmer beantragt wurde. Ein Grund dafür kann der sein, dass die Voraussetzung der Elternzeit plötzlich weggefallen sind. Dann stellt sich die Frage, ob dann der Arbeitgeber sofort ordentlich das Arbeitsverhältnis mittels Kündigung beenden kann. Eine Kündigung nach Elternzeit kommt dann in Betracht.
Was ist Elternzeit?
Die Elternzeit ist nach deutschem Recht ein Zeitraum unbezahlter Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit nach der Geburt eines Kindes, um dieses zu Hause zu betreuen. Die Elternzeit muss beim Arbeitgeber beantragt werden. In der Regel wird die Elternzeit im Anschluss an die Mutterschutzfrist nach der Geburt des Kindes beantragt. Ein Elternzeitverlangen des Arbeitnehmers ist von daher nötig.
Kann mich mein Arbeitgeber während der Elternzeit kündigen?
Während der Elternzeit gilt ein absolutes Kündigungsverbot vor einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung. Eine Kündigung ist also nur außerordentlich möglich und diese setzt immer einen wichtigen, außerordentlichen Kündigungsgrund voraus. Geregelt ist dies in § 626 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Ein solch wichtiger Grund liegt in der Praxis recht selten vor. Faktisch heißt dies, dass während der Elternzeit der Arbeitgeber kaum die Möglichkeit zu einer wirksamen Kündigung hat.
Nur mit Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörde, kann der Arbeitgeber ordentlich kündigen. Der Arbeitnehmer genießt in der Elternzeit besonderen Kündigungsschutz. Stimmt die zuständige Landesbehörde zu, ist eine ordentliche Elternzeitkündigung möglich.
Kann mich mein Arbeitgeber nach der Elternzeit kündigen?
Eine Kündigung nach der Elternzeit durch den Arbeitgeber ist möglich. Die Kündigungserklärung kann frühestens am ersten Tag nach dem Ende der Elternzeit erfolgen. Erfolgt diese früher, so ist die Kündigung unzulässig.
Kann ich während der Elternzeit kündigen?
Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin können das Arbeitsverhältnis ordentlich während der Elternzeit kündigen. Der Sonderkündigungsschutz während der Elternzeit schützt nämlich nur den Arbeitnehmer. Die Kündigung vom Arbeitnehmer ist von daher möglich. Eine Kündigung nach Elternzeit ist ebenfalls unproblematisch möglich.
Wann beginnt der Kündigungsschutz in der Elternzeit?
Das Arbeitsverhältnis darf gemäß § 18 Abs. 1 BEEG in der Elternzeit nicht gekündigt werden.
Der Kündigungsschutz besteht bis zum 3. Geburtstag des Kindes bereits 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit.
Bei einem Kind zwischen dem 3. und 8. Geburtstag besteht der Sonderkündigungsschutz frühestens 14 Wochen vor Beginn der Elternzeit.
Davor kann Kündigungsschutz während einer Schwangerschaft bestehen.
Was kann ich unternehmen, wenn ich der Arbeitgeber wird Elternzeit gekündigt hat?
Während der Elternzeit gilt ein besonderer Kündigungsschutz des Arbeitnehmers vor einer ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers. Geregelt ist dies in § 18 Abs. 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG). Trotzdem muss sich der Arbeitnehmer gegen jeden-auch offensichtlich unwirksame-Kündigung mittels Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht wehren. Macht er dies nicht, wird in der Regel die Kündigung nach § 7 des Kündigungsschutzgesetzes wirksam (Wirksamkeitsfiktion).
Kann der besondere Kündigungsschutz während der Elternzeit plötzlich entfallen?
Ja, dies ist möglich, wenn die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der Elternzeit plötzlich nicht mehr vorliegen. In diesem Augenblick endet auch der Sonderkündigungsschutz in der Elternzeit.
Wie kann der Sonderkündigungsschutz in der Elternzeit entfallen?
Der Sonderkündigungsschutz in der Elternzeit kann nur solange bestehen, wie die Elternzeit tatsächlich noch vorliegt. Wenn diese aus rechtlichen Gründen beendet ist, erlischt auch der Sonderkündigungsschutz.
Entfällt der Kündigungsschutz beim Wechsel der Betreuung des Kindes?
Der Betreuungswechsel bei einem Kind für dass die Elternzeit in Anspruch genommen wurde, dass dann nicht mehr im Haushalt des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin lebt und von diesem/dieser betreut wird, führt dazu, dass eine der wesentlichen materiellen Voraussetzungen der Elternzeit plötzlich entfällt.
Voraussetzung für die Elternzeit ist nämlich, dass diese wegen der Betreuung eines Kindes gewährt wird. Wenn das Kind nicht mehr von dem Elternteil betreut wird, dass die Elternzeit beantragt hat, dann entfällt der besondere Kündigungsschutz, da die Elternzeit faktisch ebenfalls nicht mehr vorliegt. Der Arbeitgeber kann dann ordentlich das Arbeitsverhältnis kündigen, sofern die Voraussetzung für die ordentliche Kündigung vorliegen.
Der Arbeitnehmer kann natürlich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage vorgehen und schauen, ob diese vielleicht unwirksam ist und dies vom Arbeitsgericht überprüfen lassen.
Gibt es dazu Rechtsprechung?
Ja, das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 17. September 2021 (12 Sa 23/21) darüber entschieden.
Was hat das LAG Baden-Württemberg entschieden?
Die Elternzeit endet auch ohne Zustimmung der Arbeitgeberin vorzeitig, wenn die Voraussetzungen der Elternzeit nach § 15 Abs. 1 BEEG, das Zusammenleben mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt und die Betreuung des Kindes, nachträglich entfallen. § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG steht dem nicht entgegen.
Hiervon ausgehend endete die Elternzeit der Klägerin spätestens am 24. Juli 2020. Mit dem – vom Amtsgericht erzwungenen – Auszug aus dem Haus der Familie bestand kein gemeinsamer Haushalt mehr mit den Zwillingen. Ohne bei den Kindern zu wohnen, konnte die Klägerin diese auch nicht mehr betreuen. Sorgerecht und regelmäßiger Kontakt können nicht mit einer fortdauernden Kindesbetreuung gleichgesetzt werden.
Die Klägerin befand sich am 25. Juli 2020, bei Zugang der Kündigung, nicht mehr in der Elternzeit. Da die materiellen Voraussetzungen der Elternzeit nach § 15 Abs. 1 BEEG weggefallen waren, galt das Kündigungsverbot des § 18 Abs. 1 Satz 3 i.V. mit Absatz 2 Nr. 1 BEEG für sie nicht mehr (…). Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 24. Juli 2020 ist nicht gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das Kündigungsverbot des § 18 BEEG unwirksam.
Anmerkung:
Die Arbeitnehmer ist in der Elternzeit vor einer ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers geschützt. Dieser Sonderkündigungsschutz gilt aber nur solange, wie die Elternzeit tatsächlich noch besteht. Die Elternzeit kann aus tatsächlichen Gründen entfallen. Ein wohl in der Praxis nicht äußerst selten vorkommen der Grund kann der sein, dass ein Betreuungswechsel beim Kind vorliegt. Wenn das Kind nicht mehr betreut wird, durch den Arbeitnehmer, der die Elternzeit für sich beansprucht hat, dann ist diese entfallen. Dann kann der Arbeitgeber wieder ordentlich kündigen, allerdings muss er auch die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz beachten, sofern dieses Anwendung findet.
Dem Arbeitnehmer ist zu raten, in der Regel Kündigungsschutzklage einzureichen, um gegebenfalls noch das Blatt zu wenden.
Rechtsanwalt Andreas Martin-Fachanwalt für Arbeitsrecht
Kündigung bei Schwangerschaft – kann die Arbeitnehmerin auch nachträglich die Schwangerschaft mitteilen?
Eine schwangere Arbeitnehmerin genießt besonderen Kündigungsschutz und zwar nach § 9 Abs. 1 S. 1 MuSchG (Mutterschutzgesetz), welcher ein grundsätzliches Kündigungsverbot normiert. Nun kann es aber sein, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung gar nicht weiß, dass seine Arbeitnehmerin schwanger ist. Die Frage ist nun, ob die Arbeitnehmerin diese Mitteilung noch nachholen kann?
Mitteilung des Bestehens einer Schwangerschaft
Der besondere Kündigungsschutz der Schwangeren setzt in der Regel positive Kenntnis des Arbeitsgebers von der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin voraus. Positive Kenntnis bedeutet „überzeugtes Wissen“ und nicht Mutmaßungen. Dabei muss der Arbeitgeber auch nicht im Betrieb ermitteln, ob die Arbeitnehmerin schwanger ist; dies gilt selbst dann, wenn es diesbezüglich „Gerüchte“ im Betrieb des Arbeitgebers gibt. Der maßgebliche Zeitpunkt der positiven Kenntnis ist hier der Zeitpunkt der Abgabe der Kündigungserklärung (andere Ansicht: Zugang der Kündigung).
nachträgliche Mitteilung
Darüber hinaus gewährt aber das Mutterschutzgesetz (§ 9 Abs. 1) auch der Arbeitnehmerin Schutz, die den Arbeitgeber nachträglich – also nach dem Zugang der Kündigung – über die bestehende Schwangerschaft informiert. Die Arbeitnehmerin muss dies allerdings spätestens innerhalb von 2 Wochen nachholen. Der Fristbeginn hierfür ist hier der Zugang der Kündigung. Von diesem Zeitpunkt an läuft die 2-Wochenfrist.
Nachweis der Schwangerschaft?
Das Mutterschutzgesetz verlangt grundsätzlich nur die Mitteilung der Schwangerschaft und nicht deren Nachweis. Hat die Arbeitnehmerin über das Bestehen einer Schwangerschaft noch Zweifel reicht es ebenfalls aus, dass diese dem Arbeitgeber mitteilt, dass vermutlich eine Schwangerschaft besteht.
Zeitpunkt der Schwangerschaft?
Aus der Mitteilung an den Arbeitgeber muss hervorgehen, dass die Arbeitnehmerin bereits zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger war. Sie muss sich aber nicht ausdrücklich auf den besonderen Kündigungsschutz berufen.
Überschreitung der 2-Wochenfrist – was nun?
Überschreitet die Schwangere die 2-Wochenfrist für die nachträglich Anzeige der Schwangerschaft beim Arbeitgeber, dann kommt es darauf an, ob diese die Fristüberschreitung zu vertreten hat oder nicht.
unverschuldete Versäumung der Frist zur Anzeige der Schwangerschaft
Versäumt die Schwangere ohne Verschulden die 2-Wochenfrist für die Anzeige, dann ist dies unschädlich, wenn die Mitteilung dann unverzüglich nachgeholt wird. Unverzüglich wird von der Rechtsprechung mit „ohne schuldhaftes Zögern“ definiert (max 1 Woche). Ohne Verschulden ist Frist z.B. dann versäumt, wenn die Schwangere selbst von ihrer Schwangerschaft nichts weiß. Es soll aber nochmals darauf hingewiesen werden, dass der Mutterschutz nur dann besteht, wenn bereits zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung die Arbeitnehmerin schon schwanger war.
verschuldete Versäumung der Frist zur Anzeige der Schwangerschaft
Versäumt die Schwangere die Frist aufgrund eigenes Verschuldens, dann kann diese sich nicht mehr auf den besonderen Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes berufen. Der Maßstab ist hier für ein Verschulden, wenn ein grober Verstoß gegen das , was von einem verständigen Menschen im eigenem Interesse billigeweise zu erwarten ist, vorliegt.
Trotzdem kann die Kündigung aber unwirksam sein, da z.B. die Unwirksamkeit auf anderen Gründen beruhen kann (Verstoß gegen das Kündigungsschutzgesetz etc). Von daher sollte bei Schwangerschaft immer die Möglichkeit des erfolgreichen Erhebens einer Kündigungsschutzklage durch einen Rechtsanwalt geprüft werden.
Siehe auch: Kündigung in der Probezeit bei Schwangerschaft