Kündigungsverbot

Wegen Krankheit gekündigt – was tun?

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Wegen Krankheit gekündigt - was tun?
Kündigung wegen Krankheit

Bei einer Kündigung wegen Krankheit fragt man sich als Arbeitnehmer, ob überhaupt eine solche Kündigung zulässig ist und wenn ja, was man dagegen unternehmen kann.

Was ist eine krankheitsbedingte Kündigung?

Im Kündigungsschutzgesetz sind drei mögliche Kündigungsarten geregelt. Neben der verhaltensbedingten und betriebsbedingten Kündigung ist die Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen (ein Unterfall der personenbedingten Kündigung) die dritte Möglichkeit für den Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis zu beenden, bei denen der allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz gilt. Bei der Kündigung wegen Krankheit stützt der Arbeitgeber die Kündigung darauf, dass aufgrund von entweder einer langanhaltenden Arbeitsunfähigkeit oder wegen häufigen kurzer Erkrankungen es diesem unzumutbar ist das Arbeitsverhältnis über die Kündigungsfrist hinaus fortzusetzen. Die krankheitsbedingte Kündigung wird fast ausschließlich als ordentliche Kündigung ausgesprochen. Die Anforderung an eine solche Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber sind recht hoch.

Wann droht eine Kündigung wegen Krankheit?

Nach dem Kündigungsschutzgesetz darf der Arbeitgeber krankheitsbedingt kündigen, wenn die Voraussetzung für eine solche Kündigung vorliegen. Die betriebsbedingte Kündigung und die verhaltensbedingte Kündigung kommen weitaus häufiger vor als die personenbedingte Kündigung, welche der Überbegriff für eine krankheitsbedingte Kündigung ist.

Bei der personenbedingten Kündigung muss ein nicht unerheblicher Arbeitsausfall durch häufige kurzer Erkrankungen oder durch eine Langzeiterkrankung vorliegen. Aufgrund der Erkrankungen in der Vergangenheit muss der Arbeitgeber im Wege einer negativen Prognoseentscheidung (negative Gesundheitsprognose) zu dem zwingenden Schluss kommen dürfen, dass auch zukünftig erhebliche Fehlzeiten des Arbeitnehmers vorliegen werden. Wichtig ist, dass eine Krankheit an sich nie den Kündigungsgrund darstellen kann. Der Kündigungsgrund ergibt sich erst durch die (wirtschaftlichen) Belastungen, die durch den Ausfall der Arbeitskraft bzw. das Freihalten des Arbeitsplatzes für den Betrieb entstehen.

Dabei schaut man sich einen Zeitraum von ungefähr drei Jahren des Arbeitsverhältnisses an. Hierbei es auch eine Tendenz zu beachten, also ob tatsächlich die Anzahl der Fehlzeiten zugenommen hat oder nicht. Krankheiten, die nur einmal auftreten, wie zum Beispiel eine Blinddarmentfernung, werden herausgerechnet. Darüberhinaus auch Fehlzeiten, die zum Beispiel durch die Betreuung von Kindern erfolgt sind.

Bei den Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ist zu unterscheiden:

  • lang andauernden Krankheitenund
  • häufigen Kurzerkrankungen.

Häufige Kurzerkrankungen können einen Dauertatbestand für eine Kündigung bilden. Voraussetzung ist, dass die verschiedenen Erkrankungen den Schluss auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen und hier eine negative Prognose begründen.

Ein Arbeitsausfall von wenigstens sechs Wochen muss vorliegen. Dies ist allerdings noch recht niedrig angesetzt. Es muss faktisch der Schluss zwingend sein aus den Fehlzeiten in der Vergangenheit der letzten drei Jahre, dass der Arbeitnehmer auch zukünftig erhebliche Fehlzeiten haben wird und keine Besserung eintritt.

Um hier eine höhere Sicherheit zu haben, muss der Arbeitgeber auch erforschen, welche Möglichkeiten er hat, um zukünftig weitere Fehlzeiten des Arbeitnehmers zu verhindern bzw. dessen Eingliederung in den Betrieb wieder zu ermöglichen. Dafür wird der Arbeitgeber in der Regel ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) vornehmen. Dies ist ein sogenanntes Krankenrückführungsgespräch, dem es vor ein darum geht, welche Ursachen die Erkrankung haben und was der Betrieb tun kann, um hier weitere Fehlzeiten für die Zukunft zu vermeiden bzw. diese zu vermindern.

Kommt der Arbeitgeber zu dem Schluss, dass eine negative Gesundheitsprognose für die Zukunft vorliegt, dann muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an einem ungestörten Betriebsablauf und dem Interesse des Arbeitnehmers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Da es auch zu berücksichtigen, wie lange der Arbeitnehmer bereits im Betrieb beschäftigt ist und welche Ausfallzeiten angefallen sind und welche Konsequenzen diese für den Arbeitgeber, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, vorgelegen haben.

Der Arbeitgeber kann ohne Angabe von Gründen kündigen. Die Kündigungsgründe müssen aber vorliegen, sofern allgemeiner Kündigungsschutz greift oder Sonderkündigungsschutz.

Falls die Möglichkeit einer Versetzung auf einen anderen freien Arbeitsplatz besteht, ist dies ebenfalls zu erwägen, genauso wie der Ausspruch eine Änderungskündigung.

Wie erfolgt die Prüfung einer personenbedingten Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit?

Die Prüfung der Zulässigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung erfolgt wie folgt:

  1. Vorliegen einer negativen Zukunftsprognose.
  2. Vorliegen der Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen durch den Arbeitsausfall  
  3. Umfassende Interessenabwägung.

Werden alle Punkte vom Arbeitgeber beachtet, was schwierig ist, ist die ausgesprochene Kündigung wirksam, wenn der Arbeitgeber die Rechtslage falsch einschätzt – was oft vorkommt – dann ist die Kündigung unwirksam. Sofern der Arbeitnehmer sich an das Arbeitsgericht wendet, wird dann die ausgesprochene Kündigung gerichtlich überprüft. Hier gelten strenge Regeln.

Wie lange muss man krank sein, um mit einer Kündigung zu rechnen?

Bei der Frage, der krankheitsbedingten Ausfallzeiten gibt es keine genauen zeitlichen Grenzen. Grob kann man sich an die Dauer der Betriebszugehörigkeit orientieren.

Was kann der Arbeitnehmer tun, wenn er eine krankheitsbedingte Kündigung erhält?

Sofern der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber krankheitsbedingt gekündigt wurde, sollte dieser sich anwaltlich beraten lassen. In der Regel wird ein Anwalt dazu raten gegen die Kündigung mittels einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht vorzugehen. Die Kündigungsschutzklage ist darauf gerichtet festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die streitgegenständliche Kündigung aufgelöst wurde. Nur kurze Zeit nach Einreichung der Klage gibt es dann einen sogenannten Gütetermins und in diesem Termin wird dann seitens des Gerichtes versucht eine gütliche Einigung zu finden. Der Arbeitnehmer kann sich dann immer noch überlegen, ob er gegebenfalls-wenn dies vom Arbeitgeber vorgeschlagen wird, gegen Abfindung das Arbeitsverhältnis beendet oder den Rechtsstreit fortsetzt, sodass das Gericht über die Wirksamkeit der Kündigung dann entscheidet. Ohne Kündigungsschutzklage hat der ein Arbeitnehmer kaum eine Möglichkeit eine Abfindung vom Arbeitgeber zu erhalten.

Was ist bei einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit über 2 Jahren?

Die Chancen für den Arbeitnehmer bei krankheitsbedingter Kündigung verschlechtern sich erheblich, wenn die Krankheit dauerhaft besteht. Die dauerhafte Arbeitsunfähigkeit von über 2 Jahren ist für den Arbeitnehmer problematisch. In der Regel überwiegt dann das Interesse an der Kündigung des Arbeitgebers, da dann fast immer eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen vorliegt. Allerdings gilt dies erst, wenn die andauernde Arbeitsunfähigkeit von 2 Jahren oder mehr vorliegt.

Bekommt man eine Abfindung bei der krankheitsbedingten Kündigung?

Eine Abfindung bei Kündigung erfolgt nicht automatisch. Ein Abfindungsanspruch besteht jedenfalls so gut wie nie. Die Abfindung ist dann letztendlich Verhandlungssache. Die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers verbessert sich erheblich, wenn dieser Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreicht und die Chancen im Prozess vor dem Arbeitsgericht für den Arbeitnehmer nutzen. In diesem Fall wird der Arbeitgeber in der Regel eine Abfindung nach Kündigung anbieten. Wenn der Arbeitnehmer gegen die Kündigung nicht vorgeht, wird diese nach 3 Wochen wirksam und kann nicht mehr angegriffen werden. In dieser Situation wird der Arbeitgeber in der Regel keinerlei Abfindung mehr zahlen, da kein Nachteil hat, wenn er dies nicht tut. Wichtig ist auch, dass bei ordentlichen Kündigungen, wenn das Kündigungsschutzgesetz gilt, die Chancen auf eine Entlassungsentschädigung erheblich höher sind als bei einer außerordentlichen Kündigung. Eine außerordentliche Kündigung, die fast immer als fristlose Kündigung erfolgt, erhöht das Prozessrisiko für den Arbeitnehmer. Oft wird dann als Vergleichsmöglichkeit vom Arbeitsrichter vorgeschlagen, dass man sich auf eine ordentliche Beendigung ohne Abfindung einigt.

Muss der Arbeitgeber vorher abmahnen?

Während es bei verhaltensbedingten Kündigungen auf ein Verschulden des Arbeitnehmers ankommt, ist dies bei Kündigungen wegen Krankheit nicht der Fall. In der Regel handelt der Arbeitnehmer hier nicht schuldhaft. Bei der Kündigung wegen Krankheit erhalten die betroffenen Mitarbeiter diese nicht, weil sie die Arbeitsunfähigkeit verschuldet haben. Eine Abmahnung kommt von daher nicht vor einer Kündigung in Betracht. Diese ist nicht notwendig und würde auch ins Leere gehen.  

Nach dem Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 18.03.2014 – 13 Sa 1207/13 kann vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ausnahmsweise aber doch eine Abmahnung geboten sein, wenn die Erkrankung durch ein steuerbares Verhalten beseitigt werden kann. In der Entscheidung des LAG ging es um die Wiederaufnahme einer unterbrochenen Medikation mit Psychopharmaka.

Ist die Kündigung bei Krankheit nicht grundsätzlich verboten?

Nein, es gibt nach deutschem Arbeitsrecht kein Kündigungsverbot bei Erkrankung des Arbeitnehmers. Dies nehmen aber viele Arbeitnehmer an, obwohl dies unlogisch ist. Wenn dies tatsächlich so wäre, könnte der Arbeitgeber einen dauerhaft erkrankten Arbeitnehmer niemals das Arbeitsverhältnis kündigen. Von daher ist eine Kündigung auch während der Krankheit durch den Arbeitgeber grundsätzlich möglich. Ob diese tatsächlich im Einzelfall wirksam ist, ist eine andere Frage. Dies bestimmt sich dann nach dem Kündigungsschutzgesetz, sofern dieses Anwendung findet.

Was ist bei der Kündigung im Kleinbetrieb?

Bei der krankheitsbedingten Kündigung im Kleinbetrieb hatte Arbeitnehmer meist schlechte Karten. Wenn er die Kündigungsschutzklage einreicht, dann hat er nur Chancen den Prozess zu gewinnen und so den Arbeitgeber gegebenfalls zur Zahlung eine Abfindung“ zwingen „, wenn er nachweist, dass die Kündigung sittenwidrig oder treuwidrig ist. Im Kleinbetrieb gilt nämlich nur ein sogenannter Mindestkündigungsschutz. Dieser Schutz ist weitaus weniger effektiv als der Schutz nach dem Kündigungsschutzgesetz und schützt nur vor treuwidrige und sittenwidrige Kündigungen. Der Arbeitgeber braucht eigentlich für die Kündigung keinen Grund. Muss also auch nicht darlegen, dass ihm ein wirtschaftlicher Schaden durch die Krankheit des Arbeitnehmers entstanden ist. Anders ist dies, wenn es ein Sonderkündigungsschutz vorliegt. Bei diesen speziellen Kündigungsschutz, wie z.B. bei Schwangerschaft oder Schwerbehinderung besteht ein gesonderter Schutz vor Kündigung. 

Was ist wenn der Arbeitgeber wegen der Erkrankung kündigt?

Nicht selten kommt es vor, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mitteilt, dass er krankgeschrieben ist. Manchmal reagieren Arbeitgeber dann so, dass diese sofort die Kündigung aussprechen und der Grund für die Kündigung dann die Krankschreibung des Arbeitnehmers ist. Dies wird dann vermutet, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Krankmeldung und dem Ausspruch der Kündigung liegt. Diese Kündigung ist nicht unwirksam. Allerdings bestimmt § acht des Entgeltfortzahlungsgesetzes, dass der Arbeitgeber dann die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auch notfalls über das Ende der Kündigungsfrist hinaus maximal bis sechs Wochen vornehmen muss. Damit will man verhindern, dass der Arbeitgeber so die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch eine Kündigung ab kürzt. Der Arbeitnehmer muss allerdings nachweisen, dass die Kündigung aufgrund der Krankheit erfolgte.


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Rechtsanwalt Andreas Martin – Berlin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

Elternzeit – Ende des Kündigungsverbots bei Betreuungswechsel.

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Elternzeit - Ende des Kündigungsverbots bei Betreuungswechsel.
Betreuungswechsel

Während der Elternzeit des Arbeitnehmers gilt ein Kündigungsverbot. Dieses Kündigungsverbot schützt den Arbeitnehmer vor Kündigungen des Arbeitgebers, die ordentlich/fristgerecht erfolgen. Für eine außerordentliche Kündigung gilt das Kündigungsverbot nicht. Stellt sich nun die Frage, wann der Schutz vor der ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers endet. 

Ende des Sonderkündigungsschutzes – Kündigung nach Elternzeit


Es kann mich Situation geben, in denen zum Beispiel die Elternzeit viel früher endet, als dies ursprünglich vom Arbeitnehmer beantragt wurde. Ein Grund dafür kann der sein, dass die Voraussetzung der Elternzeit plötzlich weggefallen sind. Dann stellt sich die Frage, ob dann der Arbeitgeber sofort ordentlich das Arbeitsverhältnis mittels Kündigung beenden kann. Eine Kündigung nach Elternzeit kommt dann in Betracht.

Was ist Elternzeit?

Die Elternzeit ist nach deutschem Recht ein Zeitraum unbezahlter Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit nach der Geburt eines Kindes, um dieses zu Hause zu betreuen. Die Elternzeit muss beim Arbeitgeber beantragt werden. In der Regel wird die Elternzeit im Anschluss an die Mutterschutzfrist nach der Geburt des Kindes beantragt. Ein Elternzeitverlangen des Arbeitnehmers ist von daher nötig.

Kann mich mein Arbeitgeber während der Elternzeit kündigen?

Während der Elternzeit gilt ein absolutes Kündigungsverbot vor einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung. Eine Kündigung ist also nur außerordentlich möglich und diese setzt immer einen wichtigen, außerordentlichen Kündigungsgrund voraus. Geregelt ist dies in § 626 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Ein solch wichtiger Grund liegt in der Praxis recht selten vor. Faktisch heißt dies, dass während der Elternzeit der Arbeitgeber kaum die Möglichkeit zu einer wirksamen Kündigung hat.

Nur mit Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörde, kann der Arbeitgeber ordentlich kündigen. Der Arbeitnehmer genießt in der Elternzeit besonderen Kündigungsschutz. Stimmt die zuständige Landesbehörde zu, ist eine ordentliche Elternzeitkündigung möglich.

Kann mich mein Arbeitgeber nach der Elternzeit kündigen?

Eine Kündigung nach der Elternzeit durch den Arbeitgeber ist möglich. Die Kündigungserklärung kann frühestens am ersten Tag nach dem Ende der Elternzeit erfolgen. Erfolgt diese früher, so ist die Kündigung unzulässig.

Kann ich während der Elternzeit kündigen?

Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin können das Arbeitsverhältnis ordentlich während der Elternzeit kündigen. Der Sonderkündigungsschutz während der Elternzeit schützt nämlich nur den Arbeitnehmer. Die Kündigung vom Arbeitnehmer ist von daher möglich. Eine Kündigung nach Elternzeit ist ebenfalls unproblematisch möglich.

Wann beginnt der Kündigungsschutz in der Elternzeit?

Das Arbeitsverhältnis darf gemäß § 18 Abs. 1 BEEG in der Elternzeit nicht gekündigt werden.

Der Kündigungsschutz besteht bis zum 3. Geburtstag des Kindes bereits 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit.

Bei einem Kind zwischen dem 3. und 8. Geburtstag besteht der Sonderkündigungsschutz frühestens 14 Wochen vor Beginn der Elternzeit.

Davor kann Kündigungsschutz während einer Schwangerschaft bestehen.

Was kann ich unternehmen, wenn ich der Arbeitgeber wird Elternzeit gekündigt hat?

Während der Elternzeit gilt ein besonderer Kündigungsschutz des Arbeitnehmers vor einer ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers. Geregelt ist dies in § 18 Abs. 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG). Trotzdem muss sich der Arbeitnehmer gegen jeden-auch offensichtlich unwirksame-Kündigung mittels Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht wehren. Macht er dies nicht, wird in der Regel die Kündigung nach § 7 des Kündigungsschutzgesetzes wirksam (Wirksamkeitsfiktion).

Kann der besondere Kündigungsschutz während der Elternzeit plötzlich entfallen?

Ja, dies ist möglich, wenn die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der Elternzeit plötzlich nicht mehr vorliegen. In diesem Augenblick endet auch der Sonderkündigungsschutz in der Elternzeit.

Wie kann der Sonderkündigungsschutz in der Elternzeit entfallen?

Der Sonderkündigungsschutz in der Elternzeit kann nur solange bestehen, wie die Elternzeit tatsächlich noch vorliegt. Wenn diese aus rechtlichen Gründen beendet ist, erlischt auch der Sonderkündigungsschutz.

Entfällt der Kündigungsschutz beim Wechsel der Betreuung des Kindes?

Der Betreuungswechsel bei einem Kind für dass die Elternzeit in Anspruch genommen wurde, dass dann nicht mehr im Haushalt des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin lebt und von diesem/dieser betreut wird, führt dazu, dass eine der wesentlichen materiellen Voraussetzungen der Elternzeit plötzlich entfällt. 

Voraussetzung für die Elternzeit ist nämlich, dass diese wegen der Betreuung eines Kindes gewährt wird. Wenn das Kind nicht mehr von dem Elternteil betreut wird, dass die Elternzeit beantragt hat, dann entfällt der besondere Kündigungsschutz, da die Elternzeit faktisch ebenfalls nicht mehr vorliegt. Der Arbeitgeber kann dann ordentlich das Arbeitsverhältnis kündigen, sofern die Voraussetzung für die ordentliche Kündigung vorliegen. 

Der Arbeitnehmer kann natürlich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage vorgehen und schauen, ob diese vielleicht unwirksam ist und dies vom Arbeitsgericht überprüfen lassen.

Gibt es dazu Rechtsprechung?

Ja, das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 17. September 2021 (12 Sa 23/21) darüber entschieden.

Was hat das LAG Baden-Württemberg entschieden?

Die Elternzeit endet auch ohne Zustimmung der Arbeitgeberin vorzeitig, wenn die Voraussetzungen der Elternzeit nach § 15 Abs. 1 BEEG, das Zusammenleben mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt und die Betreuung des Kindes, nachträglich entfallen. § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG steht dem nicht entgegen.

Hiervon ausgehend endete die Elternzeit der Klägerin spätestens am 24. Juli 2020. Mit dem – vom Amtsgericht erzwungenen – Auszug aus dem Haus der Familie bestand kein gemeinsamer Haushalt mehr mit den Zwillingen. Ohne bei den Kindern zu wohnen, konnte die Klägerin diese auch nicht mehr betreuen. Sorgerecht und regelmäßiger Kontakt können nicht mit einer fortdauernden Kindesbetreuung gleichgesetzt werden.

Die Klägerin befand sich am 25. Juli 2020, bei Zugang der Kündigung, nicht mehr in der Elternzeit. Da die materiellen Voraussetzungen der Elternzeit nach § 15 Abs. 1 BEEG weggefallen waren, galt das Kündigungsverbot des § 18 Abs. 1 Satz 3 i.V. mit Absatz 2 Nr. 1 BEEG für sie nicht mehr (…). Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 24. Juli 2020 ist nicht gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das Kündigungsverbot des § 18 BEEG unwirksam.


Anmerkung:

Die Arbeitnehmer ist in der Elternzeit vor einer ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers geschützt. Dieser Sonderkündigungsschutz gilt aber nur solange, wie die Elternzeit tatsächlich noch besteht. Die Elternzeit kann aus tatsächlichen Gründen entfallen. Ein wohl in der Praxis nicht äußerst selten vorkommen der Grund kann der sein, dass ein Betreuungswechsel beim Kind vorliegt. Wenn das Kind nicht mehr betreut wird, durch den Arbeitnehmer, der die Elternzeit für sich beansprucht hat, dann ist diese entfallen. Dann kann der Arbeitgeber wieder ordentlich kündigen, allerdings muss er auch die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz beachten, sofern dieses Anwendung findet.

Dem Arbeitnehmer ist zu raten, in der Regel Kündigungsschutzklage einzureichen, um gegebenfalls noch das Blatt zu wenden.

Rechtsanwalt Andreas Martin-Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rückzahlung von Ausbildungskosten und Bindungsdauer im Arbeitsverhältnis

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Häufig vereinbart der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer, dass dieser – meist unter Fortzahlung der Vergütung – eine Ausbildung oder Weiterbildung durchführt, die dann auch noch meist vom Arbeitgeber finanziert wird.

Dem Arbeitgeber entstehen hier also zunächst folgende Belastungen:

  • während der Weiterbildung steht die Arbeitskraft des Arbeitnehmers nicht zur Verfügung (dieser arbeitet nicht)
  • die Lohnfortzahlung besteht aber weiter (Lohn ohne Arbeit)
  • dem Arbeitgeber entstehen zudem die Kosten der Weiterbildung/ Ausbildung, die leicht einige tausende Euro oder mehr betragen können

Der Arbeitgeber hat den Vorteil dadurch, dass er dann einen Arbeitnehmer beschäftigt, der besser qualifiziert ist als vorher und der Arbeitnehmer kann die zusätzliche Ausbildung später verwenden, um ggfs. bei einem neuen Arbeitgeber ein besseres Entgelt für seine Arbeitsleistung zu erhalten. Solange dies alles so klappt, ist alles in Ordnung, wenn sich der Arbeitnehmer aber kurz danach vom Arbeitgeber trennt, fangen die Probleme an. Von daher stellt sich die Frage nach der Rückzahlung von Ausbildungskosten (Weiterbildungkosten) des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber.

Rückzahlungsklausel und Bindung an den Arbeitgeber

Meist verwendet der Arbeitgeber zur Absicherung seiner Investition in den Arbeitnehmer eine sog. Rückzahlungsklausel, wonach der Arbeitnehmer die Kosten der Ausbildung zu erstatten hat, wenn er innerhalb einer bestimmten Zeitspanne (Bindungsdauer) das Arbeitsverhältnis kündigt.

Rückzahlungsklausel

Ohne Rückzahlungsklausel wird der Arbeitgeber die Rückzahlung, der von ihn investierten Beträge für die Weiterbildung des Arbeitnehmer nicht zurückfordern können. Aber auch mit einer solcher Klausel ist dies meist schwierig. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Vereinbarung einer Rückzahlungsklausel mit den Arbeitnehmer möglich ist. Da sich aber solche Klauseln fast immer im „Standardvertragstext“ des Arbeitsvertrages befinden, handelt es sich fast immer um allgemeine Geschäftsbedingungen, die vom Gericht nach den §§ 307 BGB überprüfbar sind. Auch wenn solche Klauseln grundsätzlich möglich sind, so führt das Arbeitsgericht eine Prüfung der Klausel im Hinblick auf deren Angemessenheit durch.

Ausschluss der Rückzahlung bei betriebsbedingter Kündigung des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber kann aber eine Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers nicht wirksam für den Fall der eigenen (also durch den Arbeitgeber) vorgenommenen betriebsbedingten Kündigung vereinbaren (BAG, Entscheidung vom 6.05.1998 – 5 AZR 535/97). Auch ist eine Klausel, wonach eine Rückzahlung durch den Arbeitnehmer vorzunehmen ist, egal ob die Kündigung aus der Sphäre des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers kommt, unwirksam.

Grundsätze des Bundesarbeitsgericht –  Rückzahlungsvereinbarungen im Arbeitsvertrag

Bei der Angemessenheitsprüfung des Arbeitsgerichtes wird zunächst ermittelt, ob der Arbeitnehmer überhaupt durch die Weiterbildung eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungspflicht erhalten hat.

Gegenleistung des Arbeitnehmers

Die Gegenleistung für die Verpflichtung die Ausbildungskosten später ggfs. zurückzahlen zu müssen des Arbeitnehmers liegt in der Praxis häufig darin, dass der Arbeitnehmer meistens nach der Weiterbildung in eine höhere tarifliche Vergütungsgruppe eingruppiert wird. Entscheidend ist weiter, ob der Arbeitnehmer die Weiterbildung für seinen beruflichen Aufstieg auch außerhalb des Betriebes verwenden kann. Bejaht man dies, dann liegt eine Gegenleistung des Arbeitnehmers vor. Dient die Weiterbildung ausschließlich dem Nutzen des Betriebes, dann ist die Rückzahlungsklausel unwirksam, denn der Arbeitnehmer profitiert ja über das Arbeitsverhältnis hinaus nicht von der Ausbildung.

Bindung an den Arbeitgeber – für wie lange?

Selbst, wenn die obigen Voraussetzungen vorliegen, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht „für immer“ an sich binden und im Falle der Kündigung durch den Arbeitnehmer „bis in alle Ewigkeit“ eine Rückzahlung der Ausbildungskosten verlangen. Irgendwann hat sich ja für den Arbeitgeber die Investition in den Arbeitnehmer ausgezahlt, da diese nach der Weiterbildung in der Regel ein bessere Arbeitsleistung erbringt, welche sich dann für den Arbeitgeber auszahlt. Von daher ist die Rückzahlung der Ausbildungskosten nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer dies nur bei einer Kündigung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, machen muss.

Das Bundesarbeitsgericht macht die Bindungsdauer abhängig von der Ausbildungsdauer.

Hierzu hat das BAG folgende Grundsätze ausgeurteilt:

  • Fortbildungsdauer bis zu 1 Monat
    • Bindungsdauer bis zu 6 Monaten zulässig
  • Fortbildungsdauer bis zu 2 Monaten
    • Bindungsdauer bis zu 1 Jahr zulässig
  • Fortbildungsdauer von 3 bis 4 Monaten
    • Bindungsdauer bis zu 2 Jahren zulässig
  • Fortbildungsdauer von 6 bis 12 Monaten
    • Bindungsdauer bis zu 3 Jahren zulässig
  • Fortbildungsdauer von mehr als 2 Jahren
    • Bindungsdauer bis zu 5 Jahren zulässig

Anhand dieser Staffelung ist ein grober Überblick möglich. Je nach Einzelfall können hier auch Abweichungen denkbar sein, z.B. bei sehr hohen Fortbildungskosten und großen Vorteil für den Arbeitnehmer.

Rechtsanwalt A. Martin

Kündigung bei Schwangerschaft – kann die Arbeitnehmerin auch nachträglich die Schwangerschaft mitteilen?

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Eine schwangere Arbeitnehmerin genießt besonderen Kündigungsschutz und zwar nach § 9 Abs. 1 S. 1 MuSchG (Mutterschutzgesetz), welcher ein grundsätzliches Kündigungsverbot normiert. Nun kann es aber sein, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung gar nicht weiß, dass seine Arbeitnehmerin schwanger ist. Die Frage ist nun, ob die Arbeitnehmerin diese Mitteilung noch nachholen kann?

Mitteilung des Bestehens einer Schwangerschaft

Der besondere Kündigungsschutz der Schwangeren setzt in der Regel positive Kenntnis des Arbeitsgebers von der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin voraus. Positive Kenntnis bedeutet „überzeugtes Wissen“ und nicht Mutmaßungen. Dabei muss der Arbeitgeber auch nicht im Betrieb ermitteln, ob die Arbeitnehmerin schwanger ist; dies gilt selbst dann, wenn es diesbezüglich „Gerüchte“ im Betrieb des Arbeitgebers gibt. Der maßgebliche Zeitpunkt der positiven Kenntnis ist hier der Zeitpunkt der Abgabe der Kündigungserklärung (andere Ansicht: Zugang der Kündigung).

nachträgliche Mitteilung

Darüber hinaus gewährt aber das Mutterschutzgesetz (§ 9 Abs. 1) auch der Arbeitnehmerin Schutz, die den Arbeitgeber nachträglich – also nach dem Zugang der Kündigung – über die bestehende Schwangerschaft informiert. Die Arbeitnehmerin muss dies allerdings spätestens innerhalb von 2 Wochen nachholen. Der Fristbeginn hierfür ist hier der Zugang der Kündigung. Von diesem Zeitpunkt an läuft die 2-Wochenfrist.

Nachweis der Schwangerschaft?

Das Mutterschutzgesetz verlangt grundsätzlich nur die Mitteilung der Schwangerschaft und nicht deren Nachweis. Hat die Arbeitnehmerin über das Bestehen einer Schwangerschaft noch Zweifel reicht es ebenfalls aus, dass diese dem Arbeitgeber mitteilt, dass vermutlich eine Schwangerschaft besteht.

Zeitpunkt der Schwangerschaft?

Aus der Mitteilung an den Arbeitgeber muss hervorgehen, dass die Arbeitnehmerin bereits zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger war. Sie muss sich aber nicht ausdrücklich auf den besonderen Kündigungsschutz berufen.

Überschreitung der 2-Wochenfrist – was nun?

Überschreitet die Schwangere die 2-Wochenfrist für die nachträglich Anzeige der Schwangerschaft beim Arbeitgeber, dann kommt es darauf an, ob diese die Fristüberschreitung zu vertreten hat oder nicht.

unverschuldete Versäumung der Frist zur Anzeige der Schwangerschaft

Versäumt die Schwangere ohne Verschulden die 2-Wochenfrist für die Anzeige, dann ist dies unschädlich, wenn die Mitteilung dann unverzüglich nachgeholt wird. Unverzüglich wird von der Rechtsprechung mit „ohne schuldhaftes Zögern“ definiert (max 1 Woche). Ohne Verschulden ist Frist z.B. dann versäumt, wenn die Schwangere selbst von ihrer Schwangerschaft nichts weiß. Es soll aber nochmals darauf hingewiesen werden, dass der Mutterschutz nur dann besteht, wenn bereits zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung die Arbeitnehmerin schon schwanger war.

verschuldete Versäumung der Frist zur Anzeige der Schwangerschaft

Versäumt die Schwangere die Frist aufgrund eigenes Verschuldens, dann kann diese sich nicht mehr auf den besonderen Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes berufen. Der Maßstab ist hier für ein Verschulden, wenn ein grober Verstoß gegen das , was von einem verständigen Menschen im eigenem Interesse billigeweise zu erwarten ist, vorliegt.

Trotzdem kann die Kündigung aber unwirksam sein, da z.B. die Unwirksamkeit auf anderen Gründen beruhen kann (Verstoß gegen das Kündigungsschutzgesetz etc). Von daher sollte bei Schwangerschaft immer die Möglichkeit des erfolgreichen Erhebens einer Kündigungsschutzklage durch einen Rechtsanwalt geprüft werden.

Siehe auch: Kündigung in der Probezeit bei Schwangerschaft

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin – A. Martin

Kündigung bei Schwangerschaft in Probezeit?

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Kündigung einer Schwangeren in Probezeit
Kündigung Schwangerschaft und Probezeit

Kündigungsschutz einer Schwangeren während der Probezeit?

Beitrag von Rechtsanwalt in Marzahn (Berlin)- Andreas Martin

Schwangere genießen einen besonderen Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz (Sonderkündigungsschutz).  Dies ist unter Arbeitnehmern allgemein bekannt. Was ist aber, wenn die Schwangere während der Probezeit arbeitet. Kann der Arbeitgeber hier einfach kündigen oder besteht ein besonderer Kündigungsschutz auch schon während der Probezeit?

Schwangerschaft und Mutterschutzgesetz

Das Mutterschutzgesetz schützt die Schwangere vor Kündigungen des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber kann nicht wirksam kündigen, wenn er von der Schwangerschaft weiß oder wenn ihm die Schwangere innerhalb von 2 Wochen nach der Kündigung die Schwangerschaft anzeigt. Trotzdem muss auch hier die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage einreichen, damit die Kündigung nicht wirksam wird (§ 7 KSchG- Wirksamkeitsfiktion). Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin – nachweisbar – die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen anbietet („Rücknahme der Kündigung“) und erklärt, dass er aus der Kündigung keine Rechte mehr herleiten wird und die Arbeitnehmerin dieses Angebot annimmt.

§ 7 des Kündigungsschutzgesetzes bestimmt, dass auch eine unwirksame Kündigung wirksam wird, wenn der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig (3 Wochen ab Zugang) eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreicht.

Man spricht hier vom Sonderkündigungsschutz, der unabhängig vom allgemeinen Kündigungsschutz (nach dem Kündigungsschutzgesetz) greift.

Zu beachten ist aber, die Wirksamkeitsfiktion nach § 7 KSchG. Kündigt der Arbeitgeber – auch, wenn die Kündigung angreifbar ist -und wehrt sich die Schwangere nicht mittels Kündigungsschutzklage, so wird die Kündigung nach § 7 Kündigungsschutzgesetz wirksam. Dies ist wichtig.

Irrtum – Anzeige der Schwangerschaft und „nichts tun“ ist gefährlich!

Schon jetzt soll ausgeführt werden, dass manchmal Arbeitnehmerinnen glauben, dass nach einer Kündigung des Arbeitgebers diesen nur die Schwangerschaft anzeigen müssen und damit wäre die Kündigung erledigt. Dies ist falsch und führt dazu, dass dann die Kündigung trotz der Anzeige wirksam wird. Die Arbeitnehmerin muss von daher zwingend – es sei denn der Arbeitgeber erklärt (schriftlich),dass er aus der Kündigung keine Rechte mehr herleitet und bietet die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen an – Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht einreichen.

Achtung!

Die Arbeitnehmerin muss also immer – wenn sie eine Kündigung des Arbeitgebers erhält – tätig werden und Kündigungsschutzklage einreichen! Dies gilt auch, wenn die Kündigung eigentlich unrechtmäßig ist und der Arbeitgeber nachweislich von der Schwangerschaft weiß.

Erhebt die Arbeitnehmerin keine Kündigungsschutzklage setzt sie sich der Gefahr aus, dass die (unwirksame) Kündigung doch noch wirksam wird!

Beginn – Schwangerschaft – Termin

Für den Kündigungsschutz – dies ist zu beachten- beginnt die Schwangerschaft unabhängig vom tatsächlichen Entbindungstag stets 280 Tage vor dem von Arzt oder Hebamme attestierten voraussichtlichen Entbindungstag, wobei der voraussichtliche Entbindungstag nicht mitzuzählen ist.Für die Ermittlung des genauen Beginns der Schwangerschaft ist zunächst von dem ärztlichen Zeugnis nach § 5 Abs. 2 MuSchG auszugehen. In diesem Attest ist der voraussichtliche Geburtstermin angegeben. Dem Arbeitgeber bleibt es also nachgelassen im Prozess zum Beispiel durch ein Sachverständigengutachten nachzuweisen, dass die Arbeitnehmerin nicht zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger war.

Zeitpunkt

Ausschlaggebend ist der Zeitpunkt, zu dem die Kündigungserklärung wirksam wird, nicht der Beendigungszeitpunkt.

§ 9 des Mutterschutzgesetzes lautet wie folgt:

(1) Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird; das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn es auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird. Die Vorschrift des Satzes 1 gilt für Frauen, die den in Heimarbeit Beschäftigten gleichgestellt sind, nur, wenn sich die Gleichstellung auch auf den Neunten Abschnitt – Kündigung – des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951  erstreckt.

Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz auch schon während der Probezeit!

Dies gilt auch während der Probezeit. Das Mutterschutzgesetz macht hier keinen Unterschied, ob die Schwangere bereits seit kurzer Zeit und schon lange beschäftigt ist. Auch ist es unerheblich, ob sich die Arbeitnehmerin in der Probezeit (die Probezeit hat nichts mit dem Eintritt des Kündigungsschutzgesetzes zu tun) befindet oder ob die Wartezeit für den Eintritt des Kündigungsschutzgesetzes (6 Monate) erfüllt ist oder nicht.

Achtung!

Die Arbeitnehmer ist auch schon während der sog. Probezeit vor einer Kündigung des Arbeitgebers geschützt. Die Fristen (Kündigungsschutzklage/ Anzeige der Schwangerschaft) müssen aber zwingend beachtet werden!

Dies deshalb, da sich die Unwirksamkeit der Kündigung während der Schwangerschaft nicht aus dem Kündigungsschutzgesetz ergibt. Es gilt hier sog. besonderer Kündigungsschutz bzw. Sonderkündigungsschutz. Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift hier wegen der fehlenden Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz meist nicht (hier läuft eine eigenständige Frist von 6 Monaten), was aber aufgrund des bestehenden Sonderkündigungsschutzes nach dem Mutterschutzgesetz unproblematisch ist. Von daher ist es egal, ob die (ordentliche) Kündigung des Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen oder anderen Gründen erfolgt,

Fazit: Auch während der Probezeit und auch vor Ablauf der Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz gilt der besondere Kündigungsschutz der schwangeren Arbeitnehmerin vor einer Kündigung des Arbeitgebers.

BAG und Diskriminierung der Schwangeren

Das BAG hat jüngst entschieden, dass in der bloßen Kündigung einer Schwangeren ohne Wissen von der Schwangerschaft und der fehlenden „Rücknahme der Kündigung“ nach Mitteilung der Schwangerschaft durch die Schwangere noch keine Diskriminierung der Schwangeren liegt. Kündigt der Arbeitgeber in Wissen und gerade wegen der Schwangerschaft so ist hier eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts der Schwangeren denkbar, was zu einem Anspruch auf Entschädigung der Schwangeren führen kann. Auch hierzu gab es Ende 2013 eine Entscheidung des BAG (Entschädigung bei Kündigung einer Schwangeren).

Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde zur Kündigung?

In Ausnahmefällen kann die Zustimmung zur Kündigung durch die Arbeitsschutzbehörde erteilt werden. Dies ist aber der absolute Ausnahmefall und kommt in der Praxis so gut, wie nie vor. Es gibt nämlich kaum einen Grund einer ordentlichen Kündigung zuzustimmen. Denkbar wären aber zum Beispiel die komplette Schließung des Unternehmens.

Kündigungsschutzklage erheben und die Schwangerschaft nochmals anzeigen

Die Arbeitnehmerin hat hier also gute Chancen sich gegen die Kündigung durch eine Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht (z.B. in Berlin –  das Arbeitsgericht Berlin) zu wehren. Dies muss man machen, auch wenn die Kündigung formal nichtig (Verstoß gegen gesetzlichen Kündigungsverbot – § 134 BGB)  ist, muss nach § 4 KSchG die Unwirksamkeit der Kündigung vor dem Arbeitsgericht innerhalb der 3-Wochenfrist geltend gemacht werden. Wird dies nicht gemacht, wird die Kündigung wegen der Wirksamkeitsfiktion nach § 7 KschG nachträglich wirksam. Die Frist muss also unbedingt eingehalten werden! Es reicht nicht aus dem Arbeitnehmer einfach nur die Schwangerschaft anzuzeigen!

Ausnahme: § 4 Satz 4 KSchG

Zu beachten ist aber, dass ggfs. die Frist nicht immer sofort mit dem Zugang der Kündigung beginnt (§ 4 Satz 4 KSchG), sondern in bestimmten Fällen erst mit der Zustimmung der Behörde (§ 9 MuSchG).

Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 4 S. 4 KSchG ist die Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Erlangt er erst nach Zugang der Kündigung diese Kenntnis, findet § 4 S. 4 KSchG keine Anwendung.

Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

In der Praxis ist dies aber eher selten der Fall. Meist kündigt der Arbeitgeber und weiß nocht nichts von der Schwangerschaft!

Achtung:

Von daher sollten, immer 2 Fristen notiert werden: Die Frist von 2 Wochen für die nachträgliche Anzeige der Schwangerschaft und die Frist für die Kündigungsschutzklage, die 3 Wochen beträgt. Die obige Ausnahme liegt nur selten vor, so dass davon ausgegangen werden sollte, dass innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben werden sollte; am besten über einen Rechtsanwalt.

nochmalige Anzeige sinnvoll

Sicherheitshalber sollte dennoch innerhalb der zwei Wochen nach dem Zugang der Kündigung dem Arbeitgeber nochmals die Schwangerschaft schriftlich angezeigt werden, ansonsten besteht die Gefahr, dass der Arbeitgeber behauptet, dass er von einer Schwangerschaft nichts wusste. Zwar schreibt das Gesetz keine Schriftform für die Anzeige vor, allerdings sollte aus Gründen der Beweismöglichkeiten im späteren Prozess eine schriftliche Anzeige nebst Zugangsnachweis vorgenommen werden. Dies sollte die Schwangere nicht vergessen. Hierbei sollte man wissen, dass das „Einschreiben/Rückschein“ keine sichere Zugangsmöglichkeit ist! Besser ist immer die Übergabe mit Zeugen oder der Einwurf in den Briefkasten unter Zeugen!

Anzeige der Schwangerschaft + Mitteilung, dass diese auch schon beim Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung bestand

Die Anzeige der Schwangerschaft sollte auch die Mitteilung enthalten, dass die Schwangerschaft bereits zum Zeitpunkt der Kündigung (genauer des Zuganges der Kündigung) vorlag, enthalten. Ansonsten könnte es ja sein, dass die Schwangere einfach nur mitteilen möchte, dass diese z.B. nach der Kündigung schwanger sei. Das BAG sieht aber in der Anzeige in der Regel auch die Mitteilung, dass die Schwangerschaft schon zum Zeitpunkt der Kündigung bestand, wenn die Anzeige der Schwangerschaft kurz nach der Kündigung erfolgt.

Es handelt sich um eine Anzeigepflicht und um keine Nachweispflicht der Arbeitnehmerin. Sofern vorhanden, wird geraten auch entsprechende Belege vorzulegen. Dies macht allein schon deshalb Sinn, wenn ein Beschäftigungsverbot besteht.

Kündigung durch die Schwangere möglich?

Eine Kündigung durch die Schwangere selbst oder ein Aufhebungsvertrag ist möglich und wird auch nicht durch den Mutterschutz ausgeschlossen.

Kündigung im befristeten Arbeitsverhältnis möglich?

Grundsätzlich gilt das oben Ausgeführte auch im befristeten Arbeitsverhältnis. Auch hier besteht der besondere Kündigungsschutz, wenn eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit vereinbart wurde. Steht im befristeten Arbeitsvertrag nichts von der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit, ist schon deshalb eine ordentliche Kündigung – unabhängig von der Schwangerschaft – nicht möglich.

Wichtig ist aber, dass das Arbeitsverhältnis dann – wenn die Befristung wirksam ist  – zum Ende der Befristung auch mit der Schwangeren automatisch endet. Der besondere Kündigungsschutz schützt die Schwangere nur vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber aber nicht vor der Befristung. Von daher sollte die Schwangere auf jeden Fall von einem Rechtsanwalt, der sich auf das Arbeitsrecht spezialisiert hat, überprüfen lassen, ob die Befristung überhaupt wirksam vereinbart wurde.

Also bei einer Schwangerschaft im befristeten Arbeitsverhältnis sollte also immer auch die Befristung anwaltlich überprüft werden und ggfs. dann fristgerecht Enfristungsklage beim zuständigen Arbeitsgericht (in Berlin ist dies das Arbeitsgericht Berlin) erhoben werden.

Befristete Probezeit möglich?

Eine „befristete Probezeit“ gibt es im unbefristeten Arbeitsverhältnis nicht. Der Arbeitgeber kann aber „zur Erprobung“ des Arbeitnehmers eine sog. echtes Probezeitarbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer abschließen, was nichts anderes ist als ein befristetes Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 Teilzeit- und Befristungsgesetz. Es muss aber ein „Erprobungsbedürfnis“ bestehen, welches nicht vorliegt, wenn sich die Parteien bereits kennen, der Arbeitgeber also weiß, wie der Arbeitnehmer arbeitet. Das Arbeitsverhältnis endet dann zum Befristungsende, also mit dem Ablauf der Probezeit, so wie im Vertrag vereinbart. Dadurch unterscheidet sich dieses echte Probearbeitsverhältnis wesentlich vom unechten Probearbeitsverhältnis (unbefristeter Arbeitsvertrag mit „vorgeschalteter Probezeit). Man kann hier nicht mal „so eben“ diese beiden Möglichkeiten miteinander kombinieren und ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vereinbaren,welches „automatisch mit der Probezeit endet“, wie manchmal beschrieben. Das unbefristete Arbeitsverhältnis ist der gesetzliche Normalfall und jede Abweichung davon muss eindeutig zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart sein. Zweifel gehen zu Lasten des Klauselverwenders (Arbeitgebers). Auch sind günstigere Regelungen höherrangigen Rechts, wie z.B. eines anwendbaren Tarifvertrages zu beachten.

Konsequenz: Hier gilt das Gleiche, wie oben. Eine Kündigung bedarf es nicht. Das Arbeitsverhältnis endet automatisch, so dass der Mutterschutz „ins Leere läuft“ bzw. der Schwangeren nicht weiter hilft.

Meldepflicht der Schwangeren gegenüber dem Arbeitgeber

Eine Verpflichtung der Schwangeren die Schwangerschaft dem Arbeitgeber zu melden, gibt es nicht. Wichtig ist aber, dass im Falle einer Kündigung der besondere Kündigungsschutz nur greift, wenn die Schwangere auch dem Arbeitgeber innerhalb der Frist mitteilt, dass diese schwanger ist. Diese Frist darf keinesfalls versäumt werden. Wichtig ist auch, dass hier immer der „sicherste Weg“ gegangen werden sollte, so dass die Schwangere auch – im schlimmsten Fall – nachweisen kann, dass sie den Arbeitgeber über die bestehende Schwangerschaft informiert hatte.

Entgeltfortzahlung während des Beschäftigungsverbotes

Während eines bestehenden Beschäftigungsverbotes erfolgt eine Fortzahlung der Vergütung mit dem Durchschnitt der letzten 13 Wochen bzw. letzten 3 Monate (§ 11 MuSchG),sofern nicht ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld (§ 13 MuSchG – 6 Wochen vor den berechneten Geburtstermin) besteht.

Welche Kündigungen des Arbeitgebers sind verboten?

Das Verbot der Kündigung durch den Arbeitgeber gegenüber der Schwangeren nach § 9 Mutterschutzgesetz umfasst grundsätzlich alle Kündigungen des Arbeitgebers, also auch für Änderungskündigungen, Massenentlassungen, Kündigungen in der Insolvenz etc. Das Ergebnis mag für machen Leser erstaunlich sein, da ja z.B. die Schwangere, die einen Diebstahl begeht – vermeintlich – nicht gekündigt werden könnte. Dies ist so aber nicht richtig. Die Kündigung des Arbeitgebers (Erlaubnisvorbehalt) kann ja von der obersten Landesbehörde genehmigt (in Berlin ist dies  Landesamt für Arbeitsschutz,Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin) werden und dies wird dies in schweren Fällen des Vertrauensverlustes auch tun.


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Anwalt Martin – Arbeitsrecht Berlin – Fachanwalt