Kündigungsfrist
Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Wiedereinstellung in der Insolvenz

Bei dem Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers handelt es sich um den Anspruch des Arbeitnehmers auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach einer rechtmäßigen Kündigung aufgrund veränderter Umstände.
Wiedereinstellungsanspruch ist kein Weiterbeschäftigungsanspruch
Der Wiedereinstellungsanspruch ist von dem Weiterbeschäftigungsanspruch während des Kündigungsschutzprozesses zu unterscheiden.
wirksame Kündigung ist Voraussetzung für Wiedereinstellung
Der Wiedereinstellungsanspruch setzt eine wirksame Kündigung voraus, der Weiterbeschäftigungsanspruch besteht, wenn keine wirksame Kündigung vorliegt.
keine gesetzliche Regelung für Wiedereinstellung
Eine gesetzliche Regelung des Wiedereinstellungsanspruches gibt es nicht. Vielmehr wurde dieser von der Rechtsprechung entwickelt. Die Rechtsgrundlagen des Anspruchs auf Wiedereinstellung sind im Wesentlichen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB).
Wiedereinstellung bei betriebsbedingter Kündigung
Der häufigste Fall des Anspruchs auf Wiedereinstellung ist die Wiedereinstellung nach einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers.
Die Voraussetzungen des Wiedereinstellungsanspruch nach betriebsbedingter Kündigung sind:
- Vorliegen einer rechtmäßigen, betriebsbedingten Kündigung
- Entfallen der Kündigungsgründe innerhalb der Kündigungsfrist
- Interessenabwägung zu Gusten des Arbeitnehmers.
Kurz: Der Kündigungsgrund fällt nachträglich weg.
Gründe für den nachträglichen Wegfall des Kündigungsgrundes
- neue Unternehmerentscheidung des Arbeitgebers
- Revidieren der Betriebsstilllegung
- plötzliche allgemeine Verbesserung der Geschäftslage
- unvorhersehbare Erteilung eines Großauftrags
- Übernahme des Betriebs durch einen Dritten (§ 613 a BGB)
Aufhebungsvertrag und Wiedereinstellung
Auch beim Aufhebungsvertrag kann aufgrund nachträglich geänderter Umstände ein Anspruch auf Wiedereinstellung des Arbeitnehmers entstehen.
Kündigungsschutzklage und Wiedereinstellungsanspruch
Nicht selten ergibt sich nur nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses gerade bei Arbeitnehmers mit einer sehr langen Kündigung ein Wiedereinstellungsanspruch, wenn nachträglich die Gründe für eine ursprünglich rechtmäßige Kündigung entfallen. Dies ist aber keine Voraussetzung des Anspruch (Erhebung der Kündigungsschutzklage).
Bundesarbeitsgerichtsentscheidung
Das Bundesarbeitsgericht hatte nun über ein Fall zu entscheiden, im welchen ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Wiedereinstellung geltend gemacht hatte. Der Arbeitnehmer wurde entlassen wegen einer angeblichen Betriebsstilllegung seines Arbeitgeberbetriebs. Während das Verfahren stellte der Arbeitnehmer dann fest, dass wohl mehrere Arbeitnehmer bei einer dritten Firma weiter beschäftigt wurden. Der Arbeitnehmer ging davon aus, dass ein Betriebsübergang auf diese Firma stattgefunden hatte und klagte auf Wiedereinstellung gegenüber der Übernehmerin (Drittfirma). Die Übernehmerin, also die Firma die dann die Arbeitnehmer weiter beschäftigte, kündigte vorsorglich das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger und dieser erhob Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht. Später meldete die Drittfirma Insolvenz an.
Urteil des BAG
Der Fall landete vor den Bundesarbeitsgericht und das Bundesarbeitsgericht entschied, dass ein Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmer nicht besteht, wenn ein Insolvenzverfahren eingeleitet wurde.
Das BAG (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Mai 2022 – 6 AZR 224/21) führte dazu in seiner Pressemitteilung vom 25.05.2022 mit der Nr. 19/22 aus:
Der richterrechtlich entwickelte Wiedereinstellungsanspruch kommt zum Tragen, wenn sich die bei Zugang der Kündigung noch zutreffende Prognose des Arbeitgebers, der Beschäftigungsbedarf werde bei Ablauf der Kündigungsfrist entfallen, als fehlerhaft erweist, etwa weil es zu einem Betriebsübergang kommt. Zwar besteht ein solcher Anspruch in der Insolvenz nicht, so dass der Rechtsstreit an sich nicht nach § 240 ZPO unterbrochen wird. Wird jedoch mit dem Wiedereinstellungsanspruch – wie im vorliegenden Fall – zugleich die Wirksamkeit einer Kündigung angegriffen, führt das zur Unterbrechung auch bezüglich des Streits über die Wiedereinstellung. Umgekehrt hat die Aufnahme des Kündigungsrechtsstreits, für die es nach § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO genügt, dass bei Obsiegen des Arbeitnehmers Masseverbindlichkeiten entstehen können, auch die Aufnahme des Streits über die Wiedereinstellung zur Folge.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Mai 2022 – 6 AZR 224/21 – PM – 25.05.2022 mit der Nr. 19/22
Fazit:
Nach dem BAG besteht in der Insolvenz des Arbeitgebers kein Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers. Dies führt sogar dazu, dass wenn ein solcher Anspruch vor Insolvenzeröffnung bereits gegenüber dem Schuldner entstanden ist, dass dieser mit der Insolvenzeröffnung erlischt.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Änderungskündigung im Arbeitsrecht
Was ist eine Änderungskündigung?
Die Änderungskündigung ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber verbunden mit einem Angebot an den Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Der Arbeitnehmer kann darauf unterschiedlich reagieren. Das Kündigungsschutzgesetz stellt den Arbeitnehmer bei der Änderungskündigung unter Schutz. Geregelt ist dies in § 2 des Kündigungsschutzgesetzes.
Wann ist eine Änderungskündigung erforderlich?
Hinter eine Änderungskündigung steckt das Ziel des Arbeitgebers die Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers zu ändern und zwar nicht selten zu verschlechtern.
> Hinweis: Eine Änderungskündigung zielt auf die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers ab.
Dies kann der Arbeitgeber nicht durch eine Versetzung oder eine andere Weisung erreichen. Wenn dies durch die Ausübung des Direktionsrecht des Arbeitgebers möglich wäre, dann dürfte der Arbeitgeber keine Änderungskündigung aussprechen.
> Kurz: Kann der Arbeitgeber die Änderung durch eine Weisung erreichen, braucht und darf er keine Änderungskündigung aussprechen.
> Beispiel: Der Arbeitgeber möchte den Arbeitnehmer von Berlin nach Potsdam versetzen. Im Arbeitsvertrag ist geregelt, dass der Arbeitsort des Arbeitnehmers Berlin ist. > > Lösung: Hier kann der Arbeitgeber nicht im Wege des Direktionsrecht die gewünschte Versetzung aussprechen, da im Arbeitsvertrag der Arbeitsort des Arbeitnehmers (in Berlin) geregelt ist. Wenn er den Arbeitnehmer von Berlin nach Potsdam versetzen möchte, geht dies allein mit Zustimmung des Arbeitnehmers. Hierzu ist eine Änderung des Arbeitsvertrages im Bezug auf den Arbeitsort notwendig. Hier kann der Arbeitgeber versuchen dies durch eine Änderungskündigung zu erreichen. Mit einer Weisung geht dies nicht.
Hinweis: Die Änderungskündigung ist dann notwendig, wenn der Arbeitgeber nicht aufgrund seines Direktionsrechten die Änderung erreichen kann. Die Änderung des Arbeitsvertrages bedarf der Zustimmung des Arbeitnehmers.
Zustimmung des Arbeitnehmers zur Änderung: Wichtig ist zu wissen, dass die Änderung für den Arbeitnehmer negativ sind. Wenn ich der Arbeitnehmer zum Beispiel eine Lohnerhöhung bekommen soll, ist dies ebenfalls eine Änderung des Arbeitsvertrages in Hinblick auf die Vergütung. Hier ist aber keine Änderungskündigung notwendig, da der Arbeitnehmer zustimmen wird.
Wenn im obigen Beispiel der Arbeitnehmer sich freiwillig von Berlin nach Potsdam versetzen lassen möchte, dann bedarf es keiner Änderungskündigung. Die Änderungskündigung dann relevant, wenn es um eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers geht, die der Arbeitnehmer freiwillig nicht hinnimmt.
Was ist eine betriebsbedingte Änderungskündigung?
Die betriebsbedingte Änderungskündigung, ist genauso, wie die betriebsbedingte Kündigung, die häufigste Form der Änderungskündigung. Hier beruht die Änderungskündigung auf betriebsbedingte Gründe, wie zum Umstruckturierungsmaßnahmen im Betrieb als Reaktion auf eine geänderte Auftragslage. Auch die Lohnreduzierung oder die Streichung von Sonderzahlungen oder die Einführung von anderen Lohnmodellen wird häufig versucht mit einer Änderungskündigung durchzusetzen.
Wie verhalte ich mich bei einer Änderungskündigung?
Der Arbeitnehmer hat nach dem Ausspruch einer Änderungskündigung durch den Arbeitgeber insgesamt 3 Möglichkeiten zu reagieren. Welche Möglichkeiten dies sind, wird nun unten näher ausgeführt. Wichtig ist, dass der Arbeitnehmer sich anwaltlich beraten lässt und zwar innerhalb von 3 Wochen nach Ausspruch der Kündigung. Ein Anwalt kann einschätzen, welche Reaktionsmöglichkeit hier dem Zielen des Arbeitnehmers am besten entspricht.
Wie setzt sich eine Änderungskündigung zusammen?
Die Änderungskündigung besteht aus zwei Teilen. Zum einen besteht die Änderungskündigung aus einem Angebot des Arbeitgebers auf Fortsetzung der des Arbeitsverhältnisses zu geänderten, schlechteren, Arbeitsbedingungen ab einem bestimmten Zeitpunkt und für den Fall der Nichtannahme der Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
> Kurz: Die Änderungskündigung besteht aus einem Angebot und einer Kündigung.
Wie lange muss die Annahmefrist wenigstens sein?
Die Annahme des Änderungsangebots muss rechtzeitig erklärt werden. Nach § 148 BGB kann der Arbeitgeber eine Frist für die Erklärung der Annahme bestimmen. Diese Annahmefrist muss wegen § 2 S. 2 des Kündigungsschutzgesetzes mindestens aber 3 Wochen betragen.
Was passiert, wenn die Frist für die Annahme des Änderungsangebots zur kurz ist?
Bestimmt der Arbeitgeber in seiner Änderungskündigung eine kürzere Frist für die Annahme, so gilt nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 01.02.2007 – 2 AZR 44/06) trotzdem die Dreiwochenfrist.
Kann der Arbeitgeber eine längere Annahmefrist gewähren?
Ja, die Annahmefrist des Änderungsangebots kann auch für einen längeren Zeitraum als drei Wochen vom Arbeitgeber bestimmt werden.
Welche Form muss die Änderungskündigung haben?
Die Änderungskündigung bedarf gem. § 623 BGB der Schriftform. Diese umfasst nicht nur die Kündigungserklärung, sondern auch das Änderungsangebot (so das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.09.2004 – 2 AZR 628/03). Ist die Änderungskündigung nicht schriftlich erfolgt, dann ist die nichtig.
Ist bei der Änderungskündigung der Sonderkündigungsschutz zu beachten?
Die in einer Änderungskündigung enthaltene Beendigungskündigung unterliegt den kündigungsrechtlichen Vorschriften und von daher ist sowohl der allgemeiner Kündigungsschutz als auch der Sonderkündigungsschutz zu beachten.
Wie zum Beispiel:
Sonderkündigungsschutz | gesetzliche Norm |
---|---|
während des Mutterschutzes | § 9 Abs. 1 MuSchG |
während der Elternzeit | § 18 BEEG |
während der Pflegezeit | § 5 PflegeZG |
bei einer Schwerbehinderung | § 85 SGB IX |
als Datenschutzbeauftragter | § 4f Abs. 3 S. 5 und 6 BDSG |
Aus welchen Gründen darf der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen?
Die Änderungskündigung kann aus betriebsbedingten Gründen, personenbedingten Gründen, oder verhaltensbedingten Gründen ausgesprochen werden. Die Voraussetzungen dieser Gründe müssen allerdings vorliegen. Die Anforderungen sind in der Praxis recht hoch. Der häufigste Fall ist die betriebsbedingte Änderungskündigung.
Kann bei fehlender Zustimmung zur Kurzarbeit eine Änderungskündigung ausgesprochen werden?
Ja, dies ist denkbar. Wenn der Arbeitnehmer der Kurzarbeit im Betrieb (Absenkung der regelmäßigen Arbeitszeit) nicht zustimmt, kann der Arbeitgeber in der Regel eine Änderungskündigung aussprechen, wenn die Einführung der Kurzarbeit aus betriebsbedingten Gründen dringend notwendig ist. Trotzdem ist die Durchsetzung einer solchen betriebsbedingten Änderungskündigung zur Durchsetzung der Kurzarbeit nicht leicht, da die Anforderungen hoch sind.
> Achtung: Auch hier muss der Arbeitgeber in der Regel die Kündigungsfrist beachten. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf volle Bezahlung und Beschäftigung.
Wie sieht ein Muster einer Änderungskündigung aus?
Eine Änderungskündigung könnte für den Fall einer Versetzung, die nicht über das Direktionsrecht möglich ist, wie unten aufgeführt aussehen. Da die Aussprache einer Änderungskündigung äußerst komplex ist, sollte das Muster nur nach Rücksprache und Überarbeitung durch einen Rechtsanwalt verwendet werden!
An (Arbeitnehmer) Klaus Maier (Adresse),
Änderungskündigung
Sehr geehrte Herr Meier,
aufgrund der Ihnen bekannten Umstrukturierungsmaßnahmen bieten wir Ihnen im Rahmen einer Änderungskündigung an, Ihr Arbeitsverhältnis ab dem _________[Datum/ nach Kündigungsfrist!] zu den wie folgt geänderten Arbeitsbedingungen fortzusetzen:
Arbeitsort ist unsere Filiale in _______[Ort/genau bezeichnen]. Die übrigen Arbeitsbedingungen ändern sich nicht.
Bitte teilen Sie uns spätestens innerhalb von drei Wochen nach Zugang dieses Schreibens mit, ob Sie das Angebot annehmen.
Gleichzeitig kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Dies ist nach unserer Berechnung der _________[Datum/Kündigungsfrist beachten!].
Diese Kündigung steht unter der auflösenden Bedingung, dass Sie das obige Angebot fristgemäß annehmen. Für den Fall der fristgemäßen Annahme wird die Kündigung gegenstandslos.
Für den Fall der Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses weisen wir Sie bereits jetzt auf die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach einer anderen Beschäftigung sowie auf Ihre Verpflichtung zur Meldung nach § 38 Abs. 1 SGB III bei der Agentur für Arbeit hin. Eine verspätete Meldung führt zu Nachteilen beim Arbeitslosengeld (vgl. §§ 159 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 6, 148 Abs. 1 Nr. 3 SGB III).

Welche Möglichkeiten hatte Arbeitnehmer auf die Änderungskündigung zu reagieren?
Der Arbeitnehmer hat drei Möglichkeiten, wie er auf die Änderungskündigung reagieren kann:
> Der Arbeitnehmer kann das in der Änderungskündigung enthaltene Angebot vorbehaltlos annehmen.
Ergebnis: Das Arbeitsverhältnis besteht dann nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den geänderten Bedingungen fort.
Muster der Annahmeerklärung
An den Arbeitgeber (Adresse)
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihr Angebot (kurze Beschreibung des Angebots macht Sinn) aus der Änderungskündigung vom …… (Datum)
nehme ich hiermit an.
_______[Ort] , den _________[Datum]
[Unterschrift des Arbeitnehmers]
> Der Arbeitnehmer kann das Angebot des Arbeitgebers ablehnen.
Eine Ablehnung des Änderungsangebots liegt auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer nicht innerhalb der vom Arbeitgeber gesetzten Frist – mindestens drei Wochen betragen muss – reagiert und die Annahme erklärt.
Ergebnis: In diesem Fall endet das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit Ablauf der Kündigungsfrist, es sei denn, der Arbeitnehmer erhebt rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 S. 1 KSchG Kündigungsschutzklage und das Arbeitsgericht hält die Kündigung für unwirksam.
Muster der Ablehnung des Änderungsangebots durch den Arbeitnehmer
An den Arbeitgeber (Adresse)
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihr Angebot (kurze und genaue Wiederholung des Angebots) aus der Änderungskündigung vom …… (Datum)
nehme ich nicht an.
_______[Ort] , den _________[Datum]
[Unterschrift des Arbeitnehmers]
> Der Arbeitnehmer kann das Änderungsangebot gem. § 2 KSchG unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist.
Achtung: Diesen Vorbehalt muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Änderungskündigung erklären (§ 2 S. 2 KSchG). Gleichzeitig hat der Arbeitnehmer gem. § 4 S. 2 KSchG innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Änderungskündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung zu erheben, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Diese Klageart nennt man Änderungsschutzklage. Diese Klage ist so ähnlich, wie eine Kündigungschutzklage.
> Hinweis: Hat der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen, hat er nach Ablauf der Kündigungsfrist während des Laufs des Kündigungsschutzprozesses vorerst zu den geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten.
Muster einer Annahmeerklärung des Arbeitnehmers unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung
An den Arbeitgeber (Adresse)
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihr Angebot (kurze und genaue Wiederholung des Angebots) aus der Änderungskündigung vom …… (Datum)
nehme ich hiermit unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen (§ 2 KSchG) an.
_______[Ort] , den _________[Datum]
[Unterschrift des Arbeitnehmers]
Übersicht der Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers
Handlungsmöglichkeiten | Handlungen | Klage | Ergebnis nach Ablauf der Kündigungsfrist |
---|---|---|---|
Annahme | Erklärung innerhalb von 3 Wochen | keine Klage notwendig | Weiterarbeit zu geänderten Bedingungen |
Ablehnung | Erklärung nicht notwendig | Kündigungsschutzklage möglich | Ende des Arbeitsverhältnisses |
Annahme unter Vorbehalt | Erklärung innerhalb von 3 Wochen | Änderungsschutzklage notwendig | zunächst Weiterarbeit zu geänderten Bedingungen/ aber Änderung zu alten Arbeitsbedingungen bei Prozessgewinn |
Mein Ziel ist die Abfindung, wie soll ich auf die Änderungskündigung reagieren?
Wer eine Abfindung haben möchte und keinesfalls mehr beim Arbeitgeber zu den geänderten Arbeitsbedingungen weiterarbeiten möchte, kann das Änderungsangebot ablehnen und Kündigungsschutzklage einreichen.
In Betracht kommt auch die Vorbehaltsannahme und die Erhebung der Änderungsschutzklage. Diese Variante hat den Vorteil, dass das Gericht das Änderungsangebot strenger prüft. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass die Änderungskündigung wirksam ist, dann besteht das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen fort und der Arbeitnehmer muss zu diesen weiterarbeiten oder selbst kündigen.
Muss der Arbeitnehmer die Annahme schriftlich erklären?
Für die Annahme oder die Annahme unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung ist keine Schriftform vorgehen. Trotzdem sollte – aus Beweisgründen- die Erklärung schriftlich abgeben werden.
Was ist eine überflüssige Änderungskündigung?
Eine überflüssige Änderungskündigung liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber eine Änderungskündigung ausspricht, obwohl die Ausübung seines Direktionsrechts zur Herbeiführung der beabsichtigten Änderung ausreichend wäre.
Kurz: Der Arbeitgeber hätte hier eine Weisung erteilen können.
Ergebnis: Die überflüssige Änderungskündigung ist unwirksam (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.07.2012 – 2 AZR 25/11).
Welche Fehler werden oft beim Ausspruch einer Änderungskündigung gemacht?
Es gibt eine Reihe von Fehlern, die mir als Anwalt oft bisher begegnet sind.
Fehler Nr. 1: unklare Formulierung
Die Änderungskündigung muss klar formuliert und strukturiert sein. Eine sorgsam bedachte Änderungskündigung schreibt man nicht mal so schnell am Freitag Nachmittag kurz vor Feierabend. Trotzdem kommen in der Praxis unklare Formulierungen oft vor. Dies geht zu Lasten des Arbeitgebers und kann dazu führen, dass die gesamte Änderungskündigung unwirksam ist.
Fehler Nr. 2: unbestimmtes Änderungsangebot
Das Änderungsangebot ist ein Angebot im Sinn von § 145 BGB. Die zukünftige Änderung des Arbeitsvertrags muss bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sein, so dass dem gekündigten Arbeitnehmer ersichtlich ist, welche (wesentlichen) Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen und welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis zukünftig haben soll (so das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.09.2004 – 2 AZR 628/03).
Hinweis: Dies ist sehr oft in der Praxis falsch gemacht. Es muss glasklar sein, was sich zukünftig ändert und was nicht.
Fehler Nr. 3: nicht notwendige Änderungen
Der Arbeitgeber darf bei der Änderungskündigung nur die Änderungen vornehmen die unbedingt notwendig sind. Wenn er also eine betriebsbedingte Änderungskündigung ausspricht, dann müssen alle Änderungen betrieblich bedingt sein.
Dies hört sich simpel an, ist es aber nicht.
> Beispiel: Der Arbeitgeber will die regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers von 40 Stunden auf 35 Stunden pro Woche absenken. Dementsprechend spricht er eine Änderungskündigung aus betrieblichen Gründen aus. Darüberhinaus kürzt er auch den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers um zwei Tage. > > Ergebnis: Die Kürzung des Urlaubsanspruch hat nichts mit der Absenkung der Arbeitszeit zu tun und damit ist die Änderungskündigung unwirksam.
Fehler Nr. 4: Nichtbeachtung der Kündigungsfrist
Eine Änderung der Arbeitsbedingungen kann immer erst nach dem Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist des Arbeitnehmers erfolgen. Eine Änderungskündigung, nach der die beabsichtigten Änderungen bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist in Kraft treten sollen, ist unwirksam (so das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.09.2006 – 2 AZR 120/06). Nach dem BAG kann man auch die falsche/ zu kurze Kündigungsfrist nicht umdeuten, so dass die Änderungen erst nach Ablauf der Kündigungsfrist gelten soll (BAG, Urteil 21.09.2006 – 2 AZR 120/06).
> Beispiel: Der Arbeitnehmer hat eine gesetzliche Kündigungsfrist von 1 Monat. Der Arbeitgeber spricht die Änderungskündigung aus, in der steht, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen (hier Versetzung) bereits nach von 2 Wochen in Kraft tritt. > Ergebnis: Die Änderungskündigung ist unwirksam.
Wichtig: Auch bei einer unwirksamen Änderungskündigung muss der Arbeitnehmer handeln! Er muss Kündigungsschutzklage bzw. eine Änderungsschutzklage einreichen.
Fehler Nr. 5: Weisung ist möglich
Eine Änderung der Arbeitsbedingungen durch eine Änderungskündigung is nur möglich, wenn diese notwendig ist. Wenn der Arbeitgeber also schon aufgrund seines Weisungsrechtes die Änderung durchsetzen kann, dann ist die Änderungskündigung unwirksam (siehe oben – überflüssige Änderungskündigung).
> Beispiel: Der Arbeitsort des Arbeitnehmers ist laut Arbeitsvertrag Berlin. Er arbeitet in der Filiale in Berlin Marzahn. Nun soll er in der Filiale Prenzlauer Berg eingesetzt werden. Der Arbeitgeber spricht eine Änderungskündigung aus. > Ergebnis: Die Änderungskündigung ist unwirksam, da der Arbeitgeber den Arbeitnehmer schon aufgrund seines Direktionsrechts innerhalb von Berlin versetzen darf. Die Regelung im Arbeitsvertrag steht dem ja nicht entgegen.
Gibt es auch eine außerordentliche Änderungskündigung?
Ja, es gibt nicht nur die ordentliche Änderungskündigung, sondern auch die außerordentliche. Die außerordentliche Änderungskündigung ist aber schwer durchsetzbar. Das Bundesarbeitsgericht hat aber schon einmal entschieden, dass eine außerordentliche Änderungskündigung zur Durchsetzung einer Lohnreduzierung zulässig sein kann.

Zusammenfassung
Die (ordentliche) Änderungskündigung zielt auf die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers ab. Ist der Arbeitnehmer nicht mit der Verschlechterung einverstanden, ist das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung beendet. Jede Änderung kann frühestens nach dem Ablauf der Kündigungsfrist eintreten. Der Arbeitnehmer hat hier verschieden Handlungsmöglichkeiten:
- Ablehnung des Änderungsangebots
- Annahme der geänderten Arbeitsbedingungen
- Vorbehaltsannahme
Weitere Urteile und Artikel zur Änderungskündigung
Nachfolgend finden Sie weitere Urteile und Entscheidungen sowie Artikeln zum Thema Änderungskündigung.
- BAG: außerordentliche Änderungskündigung zur Lohnreduzierung
- BAG: Bestimmtheit des Änderungsangebots bei einer Änderungskündigung
- BAG: Änderungskündigung unwirksam, wenn Versetzung an anderen Arbeitsort gem. Arbeitsvertrag möglich ist!
- BAG: Versetzung einer Flugbegleiterin von Hamburg nach Frankfurt am Main durch Änderungskündigung
- Was ist eine sog. „überflüssige Änderungskündigung“?
- Änderungskündigung – was nun?
- Gibt es ein außerordentliche Änderungskündigung?
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin
Muss der Arbeitgeber den Erhalt der Kündigung des Arbeitnehmers bestätigen?
Arbeitnehmerkündigung
Nicht nur Arbeitgeber können ein bestehendes Arbeitsverhältnis einseitig durch Kündigung beenden, sondern auch Arbeitnehmer.
Kündigungsfrist
Zu beachten ist dabei, dass Arbeitnehmer grundsätzlich eine andere gesetzliche Kündigungsfrist (§ 622 BGB) haben als der Arbeitgeber. Nur innerhalb der ersten zwei Jahre ist die Kündigungsfrist für beide gleich, nämlich vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Danach bleibt für den Arbeitnehmer die gleiche Kündigungsfrist und für den Arbeitgeber verlängert sich die Kündigungsfrist mit der Länge des Arbeitsverhältnisses (§ 622 Abs. 2 BGB). Während der Probezeit kann mit einer Frist von 2 Wochen taggenau gekündigt werden. Dies ist oft nicht bekannt.
abweichende Regelungen durch Tarifvertrag
Abweichende Regelungen sind durch Tarifvertrag möglich, durch Arbeitsvertrag ist dies ebenfalls möglich, allerdings gibt es hier nur geringen Spielraum. Häufig findet man Klauseln, wonach sich die Frist zur Kündigung durch den Arbeitnehmer genauso wie beim Arbeitgeber durch die Dauer des Arbeitsverhältnisses verlängert. Eine solche Klausel wäre wirksam. Verkürzungen der Kündigungsfristen nach 2 Jahren Dauer des Arbeitsverhältnisses sind nicht möglich. Oft sind hier Klauseln im Arbeitsvertrag unwirksam.
Zugang der Kündigung
Wichtig ist auch, dass die Kündigungsfrist mit dem Zugang der Kündigung des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber zu laufen beginnt. Von daher hat der Arbeitnehmer ein großes Interesse gegebenfalls feststellen zu lassen bzw. sich bestätigen zu lassen, wann seine Kündigungserklärung beim Arbeitgeber eingegangen ist.
Zugang liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber die Kündigung erhält. Dabei ist unerheblich, wann er die Kündigung später tatsächlich liest.
Durch Einwurf in den Briefkasten geht die Kündigung bereits zu.
Kündigungsbestätigung durch Arbeitgeber?
Der Arbeitgeber ist allerdings nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer den Zugang der Kündigung zu bestätigen. Dies sollte der Arbeitnehmer wissen und entsprechende Vorsorge betreiben.
Kündigung per Einschreiben
Es bietet sich eine Kündigung per Einwurfeinschreiben an. Die Kündigung per Einschreiben /Rückschein wäre aber nicht der richtige Weg, da es möglich ist, dass der Arbeitgeber, wenn er nicht im Betrieb angetroffen wird, die Kündigung nicht bei der Post abholt. Beim Einwurfeinschreiben ist dies anders, dort geht die Kündigung zu, wenn diese in den Briefkasten des Arbeitgebers gelang. Der Arbeitnehmer muss die Kündigung also nicht im Büro abgeben, der Einwurf in den Briefkasten reicht aus.
Einwurf über einen Zeugen
Eine noch bessere Zugangsmöglichkeit besteht darin, dass der Arbeitnehmer einen Zeugen beauftragt, dies kann auch ein Familienangehöriger sein, der die Kündigungserklärung in den Briefkasten des Arbeitgebers einwirft oder im Büro abgibt. Der Einwurf in den Briefkasten ist die einfachste und effektivste Variante. Diese Person sollte am besten auch ein Foto vom Briefkasten des Arbeitgebers und von der Kündigung, die eingeworfen wird machen und gegebenfalls genau den Tag des Einwurfs und die entsprechende Uhrzeit auf einer Kopie des Kündigungsschreibens notieren.
Soweit der Arbeitnehmer sicher nachgewiesen, dass die Kündigung dem Arbeitgeber an diesem Tag zugegangen ist. Der Einwurf sollte allerdings spätestens am Nachmittag erfolgen, da zum Beispiel ein Einwurf in den Abendstunden, nach Büroschluss dazu führt, dass die Kündigung erst am nächsten Tag zugeht.
Zusammenfassung:
Der Arbeitgeber muss den Erhalt der Kündigung des Arbeitnehmers nicht bestätigen. Von daher ist es besser, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung über einen Zeugen in den Briefkasten des Arbeitgebers einwerfen lässt.
Anwalt für Arbeitsrecht in Berlin – Rechtsanwalt Andreas Martin
LAG MV: Kündigung in der Probezeit – Fristablauf, wenn letzter Tag ein Sonntag ist
Die Kündigung in der Probezeit beschäftigt immer wieder Arbeitsgerichte. Oft wird übersehen, dass die Probezeit allein die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist nach § 622 Abs.. 3 BGB ist, und erst einmal nichts über das Bestehen eines allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem KSchG nach Ablauf der Probezeit aussagt. Das Kündigungsschutzgesetz hat seine „eigene Wartezeit“ und diese ist 6 Monate, während die Probezeit nach § 622 Abs. 3 BGB auch kürzer sein kann.
Probezeitkündigung auch am letzten Tag möglich
Entschieden wurde bereits, dass der Arbeitgeber auch bis zum letzten Tag der Probezeit / Wartezeit mit der Kündigung warten darf. Die Kündigung während der Wartezeit des KSchG wird von den Arbeitsgerichten -sofern kein besonderer Kündigungsschutz besteht – nur auf Sittenwidrigkeit und Treuwidrigkeit überprüft. Die Arbeitsgericht sind hier – trotz einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach auch die Wartezeitkündigung immer eines sachlichen Grundes bedarf – aus Sicht des Arbeitgebers recht großzügig.
Kündigung, wenn letzter Tag der Probezeit ein Sonntag ist
Die Frage, um die es hier geht, ist, bis wann der Arbeitgeber, der in der Probezeit kündigen möchte, die Kündigungserklärung dem Arbeitnehmer übermitteln muss, wenn der letzte Tag der Probezeit / Wartezeit ein Sonntag ist.
Fall des Landesarbeitsgericht MV
Die Arbeitgeberin vereinbarte mit der Arbeitnehmerin eine 6 monatige Probezeit (hier entspricht die Probezeit – der sog. Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz). Die Probezeit lief zum 14.11.2010 ab; dies war ein Sonntag. Die Arbeitgeberin meinte, dass sich die Frist für die Kündigung analog den § 193 BGB verlängern würde, da der letzte Tag des Fristablaufs ja ein Sonntag war. Von daher kündigte die Arbeitgeberin erst einen Tag später und zwar am 15.11.2010 (Montag), am gleichen Tag ging der Arbeitnehmerin die Kündigung zu. Die Arbeitnehmerin erhob gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht.
Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern
Das LAG MV (Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern 5. Kammer, Urteil vom 09.10.2014, 5 Sa 74/14) ging davon aus, dass die Kündigung nicht mehr während der Probezeit erfolgte und führte dazu aus:
Dieses Datum rührte noch aus der Annahme der Beklagten her, das Arbeitsverhältnis in der Probezeit beendet zu haben. Das Arbeitsverhältnis hatte jedoch bereits am 15. Mai 2010 begonnen, so dass die Probezeit gemäß § 622 Abs. 3 BGB mit Ablauf des 14.11.2010 endete. Da die Kündigung der Klägerin erst am 15.11.2010 zuging, konnte die verkürzte Kündigungsfrist innerhalb der Probezeit gemäß § 622 Abs. 3 BGB nicht mehr zur Anwendung kommen. Auch für die Frage der Probezeit gilt, dass die Klägerin bereits ab dem 15.05.2010 als Krankenpflegerin eingestellt war. Ab diesem Zeitpunkt begann das „Arbeitsverhältnis“ von dem die Fristenregelung in § 622 BGB spricht.Zudem ist ebenso wie für das Ende der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG auch für das Ende der Probezeit nach § 622 Abs. 3 BGB nicht von Bedeutung, dass der letzte Tag der Probezeit (14.11.2010) ein Sonntag war. Nach § 193 BGB verlängert sich nur die Frist zur Abgabe einer Willenserklärung, die an einem Sonntag endet, bis zum Ablauf des nächsten Werktages. Allerdings enthält – ebenso wie § 1 Abs. 1 KSchG – auch § 622 Abs. 3 keine Frist für die Abgabe einer Kündigungserklärung. Die Norm enthält nur eine Regelung, welche Kündigungsfristen anwendbar sind, wenn die Kündigungserklärung zu einem gewissen Zeitpunkt zugeht. Es gibt jedoch keine Frist für den Zugang der Willenserklärung. Auch bezüglich dieses Ergebnisses wird entsprechend auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Oktober 2013, (vgl. Bl. 237 ff d.A.) verwiesen.
Befand sich die Klägerin somit bei Zugang der Kündigung am 15.011.2010 nicht mehr in der Probezeit kam die Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats zur Anwendung. Bei Zugang der Kündigung am 15.11.2010 führt dies zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.12.2010. Die Kündigungserklärung ist auch insoweit umdeutbar (§ 140 BGB).
Anmerkung:
Der Arbeitnehmerin nützte dies aber nur in Bezug auf die Kündigungsfrist, da das Kündigungsschutzgesetz wegen des Vorliegens eines Kleinbetriebes hier keine Anwendung gefunden hatte.
RA A. Martin
Probezeitkündigung ohne Angabe der Kündigungsfrist wirksam
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 10.7.2014 – 5 Sa 98/14) hat entschieden, dass eine Kündigung in der Probezeit, welche ohne Angabe einer Kündigungsfrist erfolgt, hinreichend bestimmt ist, wenn im Arbeitsvertrag die Kündigungsfrist für eine Kündigung in der Probezeit geregelt ist.
RA A. Martin
LAG R-P: Arbeitgeber muss Freistellung mit Urlaubsgewährung nachweisen
Häufig stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach einer ordentlichen Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung (bezahlt) frei. Dies ist in der Praxis üblich. Die Freistellung allein führt aber noch nicht zur Gewährung von Urlaub und Überstunden während des Freistellungszeitraumes, auch wenn der Arbeitgeber dies meint. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber dies (in der Freistellungserklärung) ausdrücklich erklärt (siehe dazu „Resturlaub bei Kündigung„).
Freistellung des Arbeitnehmers unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 6.5.14 – 7 Sa 540/13) hat nun entschieden, dass der Arbeitgeber, sofern er sich auf die Erfüllung seiner urlaubsrechtliche Freistellungsverpflichtung beruft, im Einzelnen darlegen und ggfs. beweisen muss, dass er gegenüber dem Arbeitnehmer die entsprechende Freistellungsverpflichtung abgegeben hat und diese Erklärung dem Arbeitnehmer zugegangen ist.
Welche Kündigungsfristen gelten für Angestellte im öffentlichen Dienst in Berlin?
Im öffentlichen Dienst in Berlin gilt der Tarifvertrag der Länder (des Landes Berlin), TVL-Berlin (früher BAT). Diese Regelungen gehen den allgemeinen Vorschriften des BGB vor. Der TVL enthält diverse Regelungen, ähnlich, wie Rahmentarifverträge außerhalb des öffentlichen Dienstes.
Kündigung nach dem TVL Berlin
Im TVL-Berlin richtet sich die Kündigung nach § 34.
Dort ist geregelt:
§ 34 Kündigung des Arbeitsverhältnisses
(1) Die Kündigungsfrist beträgt bis zum Ende des sechsten Monats seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zwei Wochen zum Monatsschluss.
Im Übrigen beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigungszeit (Absatz 3 Satz 1 und 2)
- bis zu einem Jahr ein Monat zum Monatsschluss,
- von mehr als einem Jahr 6 Wochen,
- von mindestens 5 Jahren 3 Monate,
- von mindestens 8 Jahren 4 Monate,
- von mindestens 10 Jahren 5 Monate,
- von mindestens 12 Jahren 6 Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres.
(2) Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und unter die Regelungen des Tarifgebiets West fallen, können nach einer Beschäftigungszeit (Absatz 3 Satz 1 und 2) von mehr als 15 Jahren durch den Arbeitgeber nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Soweit Beschäf- tigte nach den bis zum 31. Oktober 2006 geltenden Tarifregelungen unkündbar waren, bleiben sie unkündbar.
(3) Beschäftigungszeit ist die Zeit, die bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegt wurde, auch wenn sie unterbrochen ist. Unberücksichtigt bleibt die Zeit eines Sonderurlaubs gemäß § 28, es sei denn, der Arbeitgeber hat vor Antritt des Sonderurlaubs schriftlich ein dienstliches oder betriebliches Interesse anerkannt. Wechseln Beschäftigte zwischen Arbeitgebern, die vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfasst werden, werden die Zeiten bei dem anderen Arbeitgeber als Beschäftigungszeit anerkannt. Satz 3 gilt ent- sprechend bei einem Wechsel von einem anderen öffentlich-rechtlichen Arbeit- geber.
Protokollerklärung zu § 34 Absatz 2 Satz 1:
Absatz 2 Satz 1 findet bis zum 31. Juli 2011 im Tarifgebiet Ost keine Anwendung.
Kündigungsfristen
Die Kündigungsfristen nach dem TVL-Berlin gelten sowohl für Kündigungen des Angestellten als auch für das Land Berlin (Arbeitgeber). Dies ist außerhalb des TVL anders, denn z.B. § 622 BGB enthält sog. asymmetrische Kündigungsfristen (also unterschiedlich lang für Arbeitnehmer und Arbeitgeber).
Die Kündigungsfristen richten sich von daher nach der Dauer der Beschäftigungszeit des Angestellten:
Dauer des Arbeitsverhältnisses Kündigungsfrist zum
bis 6 Monate 2 Wochen Monatsschluss
bis 1 Jahr 1 Monat Monatsschluss
mehr als 1 Jahr 6 Wochen Kalendervierteljahr
mehr als 5 Jahren 3 Monate Kalendervierteljahr
mehr als 8 Jahren 4 Monate Kalendervierteljahr
mehr als 10 Jahren 5 Monate Kalendervierteljahr
mehr als 12 Jahren 6 Monate Kalendervierteljahr
Wichtig ist auch, dass nach 15 Jahren Beschäftigungszeit und mit dem Erreichen des 40 Lebensjahres die ordentliche Kündigung des Angestelltenverhältnis ausgeschlossen ist.
Siehe auch die Kündigungsfristen der Arbeitnehmer.
Anwalt A. Martin
Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung für eine Kündigungsschutzklage
Wenn der Arbeitnehmer gekündigt wurde und er sich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage wehren will, muss die Finanzierung des Kündigungsschutzprozesses vor dem Arbeitsgericht geklärt werden. Neben der Finanzierung über Prozesskostenhilfe oder der Eigenfinanzierung ist die Finanzierung über eine Rechtsschutzversicherung die wohl einfachste Möglichkeit für den Arbeitnehmer; vorausgesetzt er hat eine solche Rechtsschutzversicherung für das Arbeitsrecht rechtzeitig abgeschlossen (Wartezeit für die Rechtsschutzversicherung beträgt in der Regel – 6 Monate).
Rechtsschutzversicherung für Kündigungsschutzklage?
Übrigens eine Rechtsschutzversicherung für Kündigungsschutzrecht oder für eine Kündigungsschutzklage gibt es nicht. Dies fällt alles unter der Rechtsschutz für das Arbeitsrecht.
Deckungszusage einholen – wo ist das Problem?
Ich hatte ja bereits darüber gepostet, wer die Deckungszusage einholen sollte- der Rechtsanwalt oder der Mandant. Zum Beratungsgespräch macht es Sinn, wenn der Mandant zuvor schon bei der Rechtsschutzversicherung (nicht beim Makler) anruft und sich die Deckung der Beratungskosten zusichern lässt. Später – also außergerichtlich oder gerichtlich – holt in der Regel der Anwalt die Deckungszusage ein. Ob dies gesondert zu vergüten ist, ist eine andere Frage. Es gibt kaum Anwälte, die dies den Mandanten in Rechnung stellen.
kurze Klagefrist der Kündigungsschutzklage beachten
Problematisch ist eigentlich nur die kurze Klagefrist für die Kündigungsschutzklage. Innerhalb von 3 Wochen nach dem Zugang der Kündigung muss der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen. Um die Finanzierung abzusichern, wird der Anwalt zuvor die Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung einholen, was aber problematisch sein kann, da manche Versicherungen recht lange für die Bearbeitung der Deckungsanfrage brauchen. Gerade wenn der Mandant nur wenige Tage vor dem Fristablauf einen Rechtsanwalt aufsucht, stellt sich dieses Problem im Besonderen. Die Klagefrist muss auf jeden Fall gewahrt werden. Liegt die Deckungszusage nicht rechtzeitig vor, dann wird der Anwalt die Kündigungsschutzklage fristwahrend einlegen. Das Risiko, dass der Mandant dann später die Kosten selbst tragen muss, kann man dadurch minimieren, dass man dann wenigstens zuvor telefonisch darum bittet mitzuteilen, ob der Fall dem Grunde nach versichert ist. In den wenigsten Fällen „ändert die Rechtsschutzversicherung“ dann noch ihre Meinung.
Anwalt A. Martin