Kündigung in der Probezeit
Berliner Schule kündigt (AfD-) Lehrer – weil der bei der Bärgida mitdemonstriert.
Ein Berliner wurde als Lehrer für Chemie am Evangelischen Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin angestellt.
Kündigung in der Probezeit
Dort arbeitete er aber nur 3 Wochen. Als die Schule erfuhr, dass der Lehrer bei der Bärgida (Ableger der Pegida) mitdemonstriert und Mitglied der AfD ist, kündigte diese dem Lehrer das Arbeitsverhältnis noch in der Probezeit.
idenditäre Bewegung / Beobachtung des Verfassungsschutzes
Angeblich soll der Lehrer auch mit der sog. „Identitären Bewegung“ sympathisieren. Sowohl „Bärgida“ als auch die „Identitären“ stehen unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.
Kündigung nicht wegen Mitgliedschaft des Lehrers in der AfD
Die Schule betonte, dass die Kündigung nicht im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft des Lehrers in den AfD stehe.
Kündigung in der Probzeit fast immer für Arbeitnehmer problematisch
Zur Problematik der Kündigung in der Probezeit hatte ich ja bereits Ausführungen gemacht. Grundsätzlich ist es für den Arbeitnehmer sehr schwierig gegen eine Kündigung in der Probezeit vorzugehen. Es existiert hier nur ein rudimentärer Kündigungsschutz für den Arbeitnehmer; der sog. Mindestkündigungsschutz.
während Probezeit nur Mindestkündigungsschutz
Dieser soll den Arbeitnehmer vor treuwidrige bzw. sittenwidrige Kündigungen schützen. Darüber hinaus ist eine solche Probezeitkündigung auch dann unwirksam, wenn diese gegen das Diskriminierungsverbot nach dem AGG verstößt. Die im AGG aufgeführten Fälle liegen hier aber nicht vor (es gibt nach dem AGG keine Diskriminierung wegen der politischen Gesinnnung).
In der Rechtsprechung wurde bereits eine Kündigung in der Probezeit wegen der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft als sittenwidrig angesehen. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.
Kündigung wegen Parteimitgliedschaft könnte problematisch
Wäre die Kündigung wegen der Parteimitgliedschaft ausgesprochen worden, könnte diese problematisch sein. Dies ist aber – so zumindest die Schule – nicht der Grund für die Kündigung gewesen. Für die Mitgliedschaft in der NPD nebst „Aufruf zum Umsturz der Gesellschaft“ hatte das BAG sogar eine Kündigung nach der Probezeit für rechtmäßig gehalten. Der Fall ist hier aber nicht vergleichbar.
Da der Arbeitnehmer hier darlegen und notfalls beweisen muss, dass die Kündigung sittenwidrig oder treuwidrig ist, ist ein solcher Prozess fast immer schwierig zu führen.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz – Zeiten als Leiharbeiter bleiben unberücksichtigt
Bei einer Kündigung des Arbeitgebers kann sich der Arbeitnehmer nur mittels Kündigungsschutzklage wehren. Der Erfolg der Klage hängt meist stark davon ab, ob das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.
Kündigungsschutzgesetz
Dies ist von wesentlicher Bedeutung. Wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet und auch kein Sonderkündigungsschutz gilt, dann hat der Arbeitnehmer meist schlechte Karten durch die Kündigungsschutzklage in die Situation zu kommen, um Druck auf den Arbeitgeber zur Zahlung eine Abfindung auszuüben.
Wartezeit nach dem KSchG
Hier soll es um die Wartezeit gehen, die notwendig ist, für den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes.
Wartezeit kann nicht abgedungen werden
Die Regelung der Wartezeit in § 1 Abs. 1 KSchG ist einseitig zwingendes Recht, von daher sind Vereinbarungen zum Nachteil des Arbeitnehmers unzulässig. Von daher sind Vereinbarungen unzulässig, die den Erwerb des allgemeinen Kündigungsschutzes die eine Verlängerung der Wartezeit enthalten.
persönlicher Anwendungsbereich des KSchG
Neben dem persönlichen Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit abzüglich der Auszubildenden) muss auch die sog. Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt sein. Bei einer solche Wartezeitkündigung (Arbeitnehmer sprechen häufig von einer Probezeitkündigung) kommt es entscheidend darauf an, ob nicht vielleicht vorherige Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers zur berücksichtigen sind (z.B. bei rechtlicher Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses).
Entscheidung des LAG Düsseldorf
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 8.10.2014 – 7 Sa 1042/13) hat entschieden, dass vorherige Beschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer im gleichen Betrieb, des dann später eingestellten Arbeitnehmers bei der Berechnung der Wartezeit nach § 1 KSchG nicht berücksichtigt werden.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin
BAG: Probezeitkündigung – keine Überprüfung nach Unionsrecht/ Art. 30 GRC
Die „Kündigung in der Probezeit des Arbeitgebers“ ist ein häufig diskutiertes Problem und für viele Arbeitnehmer besonders misslich, da bei einer Kündigung innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet. Nur am Rande sei erwähnt, dass dies unabhängig von einer vereinbarten Probezeit gilt.
Überprüfung der Probzeitkündigung durch die Arbeitsgerichte
Die Arbeitsgerichte überprüfen eine Kündigung in der Probezeit -also außerhalb des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz – allein auf Willkürlichkeit, d.h. ob die Kündigung des Arbeitgebers sittenwidrig (§ 138 BGB) oder treuwidrig (§ 242 BGB) ist. Sofern ein nur irgendwie einleuchtender Grund Grund für die Kündigung vorliegt, ist die Kündigung rechtmäßig. Arbeitnehmern fällt es in der Praxis schwer nachzuweisen, dass die Kündigung in Wirklichkeit auf unsachlichen/willkürlichen Motiven beruht.
Verstoß der Kündigung in der Probezeit gegen Art. 30 Grundrechtscharter der EU
Arbeitnehmer, die sich verbissen gegen eine Probezeitkündigung wehren, lassen schon mal die Fantasie schweifen und so kommt hier § 30 der Grundrechtscharkter der Europäischen Union ins Spiel.
Art. 30 GRC lautet:
Schutz bei ungerechtfertigter Entlassung
Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat nach dem Gemeinschaftsrecht und den einzelstaatli- chen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung.
Aus diesem – recht allgemein gehaltenen Recht – wollte ein Arbeitnehmer einen Schutz vor einer Probezeitkündigung herleiten.
die Entscheidung des BAG
Das BAG (BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 8.12.2011, 6 AZN 1371/11) musste nun entscheiden, ob ein Revisionsgrund nicht allein darin liegt, dass das Landesarbeitsgericht nicht dem EuGH die Frage vorgelegt hat, ob die Kündigung während der Probezeit in Deutschland nicht gegen Art. 30 GRC verstößt. Der Arbeitnehmer erlitt einen Arbeitsunfall, an dem wohl dem Arbeitgeber ein (gewisses) Verschulden trifft. Danach kündigte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis in der Probezeit (vor dem Eintritt des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz). Gegen die Kündigung erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht entschieden, dass die Kündigung rechtmäßig sei, da kein Verstoß gegen § 138 BGB und § 242 BGB vorliege. Der Arbeitnehmer sah aber einen Verstoß gegen Unionsrecht, da aufgrund der in Deutschland hohen Voraussetzungen für die Unwirksamkeit einer solchen Kündigung die Arbeitnehmer nicht ausreichend geschützt seien und doch das Unionsrecht (Art. 30 GRC) gerade einen solchen Schutz vor „Entlassungen“ gewährleisten solle. Der Arbeitnehmer erhob Nichtzulassungsbeschwerde zum BAG. Das Bundesarbeitsgericht wies die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet ab.
Begründung des Bundesarbeitsgericht
Das BAG führt dazu aus:
bb) Soweit der Kläger unter Hinweis auf Art. 30 GRC rügt, das Landesarbeitsgericht hätte die Sittenwidrigkeit bzw. Treuwidrigkeit der Kündigung nicht ohne vorherige Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV verneinen dürfen, verkennt er, dass die Fragen der Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB und der Treuwidrigkeit im Sinne von § 242 BGB nicht den für ein Vorabentscheidungsersuchen erforderlichen Bezug zu einem durch Unionsrecht geregelten Sachverhalt aufweisen.
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(1) Nur wenn ein konkreter Anhaltspunkt dafür vorliegt, dass der Gegenstand des Rechtsstreits eine Anknüpfung an das Unionsrecht aufweist, kommt ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV in Betracht (vgl. EuGH 18. Dezember 1997 – C-309/96 – [Annibaldi] Slg. 1997, I – 7493). Unterfällt ein Sachverhalt nicht dem Unionsrecht und geht es auch nicht um die Anwendung nationaler Regelungen, mit denen Unionsrecht durchgeführt wird, ist der Gerichtshof der Europäischen Union nicht zuständig (EuGH 1. März 2011 – C-457/09 -). Die Zuständigkeit des Gerichtshofs beschränkt sich auf die Prüfung der Bestimmungen des Unionsrechts (EuGH 12. November 2010 – C-339/10 – [Asparuhov Estov ua.]).
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(2) Entgegen der Auffassung des Klägers weist der Kündigungssachverhalt keinen Bezug zum Unionsrecht auf. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis nicht im Rahmen einer Massenentlassung oder eines Betriebsübergangs gekündigt, so dass eine Anknüpfung an die Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen oder an die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen von vornherein ausscheidet. Anknüpfungspunkte an das Unionsrecht liegen auch nicht bezüglich der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit, der Richtlinie 89/654/EWG des Rates vom 30. November 1989 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten (Erste Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) oder der Richtlinie 95/63/EG des Rates vom 5. Dezember 1995 zur Änderung der Richtlinie 89/655/EWG über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit (Zweite Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) vor. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Beklagten erklärten Wartezeitkündigung und nicht über die Auslegung von unionsrechtlichen Bestimmungen, die die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer schützen.
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(3) Die Grundrechte des Grundgesetzes bilden eine objektive Werteordnung, aus der sich Schutz- und Handlungsaufträge des Staates ergeben können, deren Erfüllung eine inhaltliche Anreicherung unbestimmter Begriffe des einfachen Rechts durch die Rechtsprechung erfordern kann, wie etwa bei der Gewinnung von Kündigungsschutz aus § 242 BGB für nicht vom Kündigungsschutzgesetz erfasste Arbeitnehmer (vgl. BVerfG 21. Juni 2006 – 1 BvR 1659/04 – NZA 2006, 913; 27. Januar 1998 – 1 BvL 15/87 – BVerfGE 97, 169; ErfK/Wißmann 12. Aufl. Vorbemerkung zum AEUV Rn. 6). Ein Arbeitnehmer ist nach nationalem Recht auch während der gesetzlichen Wartezeit des § 1 KSchG vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts des Arbeitgebers geschützt. In dieser Zeit ist das Vertrauen des Arbeitnehmers in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses allerdings dadurch beschränkt, dass er mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne den Nachweis von Gründen rechnen muss (vgl. BAG 22. April 2010 – 6 AZR 828/08 – Rn. 41, EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 1 Wartezeit Nr. 3). In der Wartezeit erfolgt grundsätzlich nur eine Missbrauchskontrolle (BVerfG 21. Juni 2006 – 1 BvR 1659/04 – Rn. 17 f., BVerfGK 8, 244). Auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben verstößt eine Kündigung in der Wartezeit deshalb nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Eine solche Kündigung ist nicht willkürlich, wenn für sie ein irgendwie einleuchtender Grund besteht (vgl. zu den diesbezüglich zu beachtenden Grundsätzen im Einzelnen BAG 24. Januar 2008 – 6 AZR 96/07 – Rn. 27 f., EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 7).
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(4) Im Vergleich zu den Grundrechten des Grundgesetzes fehlt der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007 (GRC) ein solcher umfassender und damit auch tendenziell expansiver Charakter (ErfK/Wißmann 12. Aufl. Vorbemerkung zum AEUV Rn. 6). Die Charta gilt nach ihrem Art. 51 Abs. 1 „für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union“ (EuGH 12. November 2010 – C-339/10 – [Asparuhov Estov ua.]). Nach Art. 6 Abs. 1 EUV, der ihr verbindlichen Charakter verleiht, und nach der Erklärung der GRC im Anhang zur Schlussakte der Regierungskonferenz, die den Vertrag von Lissabon angenommen hat, begründet die GRC keine neuen Zuständigkeiten für die Union und ändert deren Zuständigkeiten nicht (EuGH 12. November 2010 – C-339/10 – [Asparuhov Estov ua.]). Art. 51 Abs. 2 GRC, wonach die GRC den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus ausdehnt und weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union begründet noch die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben ändert, stellt dies nochmals klar. Art. 30 GRC, wonach jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung hat, ändert somit nichts daran, dass nach dem gegenwärtigen Stand des Unionsrechts die §§ 138, 242 BGB keine Durchführung einer europäischen Richtlinie darstellen (vgl. Willemsen/Sagan NZA 2011, 258, 259) und auch keine sonstigen Anknüpfungspunkte an das Unionsrecht aufweisen.
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cc) Mit der Rüge, es sei nicht nachvollziehbar, dass das Landesarbeitsgericht die Negierung von Arbeitsschutzvorschriften durch die Beklagte nur als einfache Fahrlässigkeit qualifiziert habe, macht der Kläger eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Landesarbeitsgericht geltend. Eine solche eröffnet nicht die Revision. Möglichen Rechtsanwendungsfehlern eines Berufungsgerichts kann vom Bundesarbeitsgericht als Revisionsgericht nur im Rahmen einer zulässigen Revision nachgegangen werden.
Der Entscheidung des BAG ist zuzustimmen. Der Arbeitnehmer, welcher in der Probezeit gekündigt wird, ist auch in Deutschland nicht rechtlos gestellt, auch wenn die Hürden einen faktischen Schutz vor einer Kündigung des Arbeitgebers zu erzielen recht groß sind. Anders wäre der Fall wohl, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsunfall vorsätzlich herbeigeführt hätte. Dies hängt aber nicht mit Unionsrecht zusammen, sondern ergäbe sich aus der Tatsache, dass die Kündigung dann – nach der Rechtsprechung des BAG – missbräuchlich gewesen wäre.
Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin- A. Martin
LAG Berlin-Brandenburg: Kündigung wegen HIV-Infektion in Probezeit zulässig!
Gestern (am 13.01.2012) befasste sich das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit einer Probezeitkündigung eines Pharmaunternehmens aus Berlin gegenüber einem HIV-infizierten Arbeitnehmer. Das LAG Berlin-Brandenburg (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. Januar 2012 – 6 Sa 2159/11 – Link zur Pressemitteilung) urteilte, dass die Kündigung rechtmäßig sein.
Urteil des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Grundsätzlich wird die Kündigung innerhalb der Probezeit von den Arbeitsgerichten nur auf Willkür überprüft. Es reicht aus, wenn irgendein sachlicher Grund für die Kündigung vorliegt. Dies ist hier eine Besonderheit des Falles. Zumindest ist eine Kündigung wegen HIV innerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (hier findet es aber wegen der Probezeit keine Anwendung) als personenbedingte Kündigung in der Regel nicht zulässig, da im Grunde von der HIV – Infektion kein Risiko für Dritte ausgeht und auch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht eingeschränkt ist. Anders ist dies, gerade im Hinblick auf zu erwartende Erkrankungen beim Ausbruch der Krankheit (Aids). Im vorliegenden Fall war es aber so, dass ein nachvollziehbares Interesse des Arbeitgebers bestand eben keinen HIV-infizierten Mitarbeiter im „Proberaum“ für die Entwicklung von Medikamenten zu beschäftigen. Auch liegt keine Diskriminierung vor,die zu einer Entschädigung nach dem AGG rechtfertigen würde.
Pressemitteilung des LAG Berlin-Brandenburg- HIV und Probezeitkündigung
In der Pressemitteilung wird demnach ausgeführt:
Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung für rechtswirksam gehalten. Die Kündigung sei nichtwillkürlich und verstoße deshalb nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dem Arbeitgeber könne nicht verwehrt werden, für die Medikamentenherstellung allgemein den Einsatz erkrankter Arbeitnehmer auszuschließen. Die Entscheidung, einen dauerhaft mit dem HI-Virus infizierten Arbeitnehmer zu entlassen, sei auf dieser Grundlage nicht zu beanstanden. Da auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde, komme es auf die soziale Rechtfertigung der Kündigung nicht an.
Dem Arbeitnehmer stehe auch eine Entschädigung nach dem AGGnicht zu. Dabei könne dahinstehen, ob die bloße HIV-Infektion eine Behinderung im Sinne des AGG darstelle und ob der Arbeitnehmer im Vergleich zu anderen erkrankten Arbeitnehmern ungleich behandelt worden sei. Denn eine – einmal angenommene – Ungleichbehandlung des Arbeitnehmers sei wegen des Interesses des Arbeitgebers, jedwede Beeinträchtigung der Medikamentenherstellung durch erkrankte Arbeitnehmer auszuschließen, gerechtfertigt.
Revision zum BAG zugelassen
Die Revision zum BAG wurde zugelassen. Ich glaube aber nicht, dass das BAG das Urteil aufheben wird.
Nachtrag – 30.12.2013
Überraschenderweise wurde das Urteil vom BAG aufgehoben. Zum Artikel über die Entscheidung des BAG bitte hier klicken.
Der Rechtsstreit wurde vom BAG an das LAG Berlin-Brandenburg zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen.
RA A. Martin
Krankheit während der Probezeit – was nun?

Sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber ist es unangenehm, wenn der Arbeitnehmer während der Probezeit erkrankt. Die Frage ist, was sich in Bezug auf die Rechtslage verglichen mit dem „normalen Arbeitsverhältnis“ ändert und zwar vor allem in Hinblick auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bestehende Kündigungsmöglichkeiten.
Probezeit- was ist das?
Die Probezeit hat zunächst keinen Einfluss auf den Eintritt des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz. Diese tritt nach Ablauf der Wartezeit von 6 Monaten ein (mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit sind weiterhin Voraussetzung – Ausnahme Arbeitsverhältnisse vor 2004), selbst wenn die Probezeit schon abgelaufen ist oder auch länger dauert. Zur Verdeutlichung sei ausgeführt, dass selbst, wenn keine Probezeit vereinbart wird, der Arbeitgeber trotzdem innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnis das Arbeitsverhältnis kündigen kann, allerdings mit einer längeren Kündigungsfrist gem. § 622 BGB (Ausnahme es gelten hier vorrangige Regelungen über die Kündigungsfristen z.B. tarifvertragliche Kündigungsfristen). Faktisch ist damit die Probezeit lediglich die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist.
Kündigung in der Probezeit
Probezeit bedeutet für den Arbeitnehmer vor allem, dass der Arbeitgeber (und auch der Arbeitnehmer) das Arbeitsverhältnis mit einer kürzeren Kündigungsfrist – nämlich 2 Wochen – kündigen kann. Diese Kündigungsfrist gilt auch für die Arbeitnehmerkündigung. Diesbezüglich wird diesbezüglich auf den Artikel „Kündigung in der Probezeit“ verwiesen. Mit der Probezeit vereinbaren also die Arbeitsvertragsparteien eine kürzere Kündigungsfrist, was das Gesetz (§ 622 BGB) ausdrücklich zulässt. Die Wartezeit nach dem KSchG – welche 6 Monate beträgt – hat nichts mit der Probezeit zu tun, obwohl – rein faktisch – auch die Probezeit meist für 6 Monate vereinbart wird, so dass oft der Ablauf der Probezeit mit dem Eintreten des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz zusammen treffen, sofern kein Kleinbetrieb vorliegt.
unverzügliche Informationspflicht bei Krankschreibung
Der Arbeitnehmer hat in der Probezeit – genauso wie danach – folgende u.a. Pflichten bei einer Krankschreibung:
- Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung beim Arbeitgeber, § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG
- Pflicht zur Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 EFZG
Gerade die Verpflichtung zur unverzüglichen Krankmeldung beim Arbeitgeber wird in der Praxis von Arbeitnehmern häufig übersehen. Arbeitnehmer meinen manchmal, dass sie gegenüber dem Arbeitgeber nur die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Krankenschein) innerhalb von 3 Tagen abgeben müssen und mehr nicht. Dies ist falsch. Die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit – unverzüglich – soll dem Arbeitgeber ermöglichen für Ersatz zu sorgen und ist dementsprechend wichtig. Eine Kündigung – wegen fehlender Anzeige – ist aber in der Regel nicht sofort möglich; zumindest muss der Arbeitgeber hier in der Regel vorher abmahnen. Dies wiederum schätzen Arbeitgeber oft falsch ein und meinen, nur weil z.B. der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht rechtzeitig oder nicht einreicht, kann sofort außerordentlich gekündigt werden.
Einreichung des Krankenscheines (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung)
Auch die Abgabe des Krankenschein kann mittlerweile vom Arbeitgeber unverzüglich verlangt werden, wenn dies arbeitsvertraglich vereinbart ist. Das Bundesarbeitsgericht hat dies im Jahr 2012 entschieden. Danach kann sogar vereinbart sein, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung innerhalb nur 1 Tages beim Arbeitgeber einreichen muss. Diese schnelle Vorlage gilt nicht in jedem Fall, sondern nur dann, wenn der Arbeitgeber dies verlangt (so steht dies auch im Gesetz, § 5 EFZG).
Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall?
Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall des Arbeitnehmers besteht nach § 3 Abs. 3 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) erst, wenn das Arbeitsverhältnis mindest 4 Wochen untunterbrochen besteht.
§ 3 Abs.3 EZFG
„Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.“
Wird der Arbeitnehmer also in den ersten 4 Wochen der Probezeit krank, dann braucht der Arbeitgeber keine Lohnfortzahlung leisten und der Arbeitnehmer muss sich an die Krankenkasse wenden. Der Anspruch auf Krankengeld besteht von Anfang an (§ 44 SGB V) und wird nur für den Fall der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber überlagert. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer, der noch innerhalb der ersten 4 Wochen des Arbeitsverhältnisses erkrankt, einen Anspruch auf Krankengeld gegenüber der Krankenkasse hat. Dies wird oft von Arbeitnehmern übersehen.
Wichtig ist, dass dies auch gilt, wenn keine Probezeit vereinbart wurde, da das Gesetz (Entgeltfortzahlungsgesetz) allein an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses anknüpft und nicht an eine vereinbarte Probezeit.
Zurückbehaltungsrecht und Lohnzahlungsanspruch des Arbeitgebers
Wichtig ist auch, dass der Arbeitgeber ein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf die Zahlung des Arbeitslohnes hat, wenn der Arbeitnehmer eben nicht die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Krankenschein) beim Arbeitgeber einreicht. Hier gibt es in der Praxis häufig Streit. Der Arbeitgeber behauptet z.B. in Prozess vor dem Arbeitsgericht, dass er den Krankenschein nie bekommen hat und der Arbeitnehmer kann dies häufig nicht widerlegen, da häufig die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in den Briefkasten geworfen oder mit einfach Post geschickt wird. Hier hat der Arbeitgeber zunächst ein Zurückbehaltungsrecht. Der Arbeitnehmer hat aber die Möglichkeit – und dies sollte er auch tun – dann eine Zweitbescheinigung beim Arbeitgeber vorzulegen. Dann könnte der Arbeitgeber eben sein Zurückbehaltungsrecht nicht mehr ausüben.
In Prozessen vor dem Arbeitsgericht wird häufig vom Arbeitgebern behauptet, dass diese die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht erhalten hätten und von daher ein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf die Zahlung des Arbeitslohnes haben. Hier rät man als Anwalt dem Arbeitnehmer, dass er sich eine Zweitbescheinigung der AU vom Arzt ausstellen lässt und diese dann am besten im Gütetermin/ Kammertermin dem Arbeitgeber übergibt und dies protokollieren lässt.
Verlängerung der Probezeit bei Krankheit möglich?
Die Probezeit dient dazu, dass der Arbeitgeber testen kann, ob der Arbeitnehmer für die Arbeit geeignet ist oder nicht. Umgekehrt gilt dies genauso; auch der Arbeitnehmer soll prüfen können, ob ihm die Arbeit zusagt.
Die Verlängerung der Probezeit – über 6 Monate hinaus – ist in absoluten Ausnahmefällen möglich, zum Beispiel dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgrund dessen Erkrankung nicht ausreichend prüfen konnte. Dies setzt aber voraus, dass es keine anderslautende Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag gibt. Wenn im Arbeitsvertrag bereits vereinbart wurde, dass die Probezeit 6 Monate beträgt, dann kann eine Verlängerung nur mit der Zustimmung des Arbeitnehmers erfolgen.
Achtung!: Die Verlängerung der Probezeit über 6 Monate hinaus führt nicht zum Hinausschieben des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz, da die Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz (6 Monate) unabhängig von einer evtl. vereinbarten Probezeit gilt. Die Verlängerung der Probezeit hätte von daher nur Einfluss auf eine möglich einzuhaltende Kündigungsfrist, die dann für den Arbeitgeber kürzer wäre (2 Wochen), wenn er rechtmäßig kündigen könnte.
Kündigung bei Krankheit in der Probezeit?
Ein häufiges Mißverständnis besteht darin, dass viele Arbeitnehmer glauben, dass diese während der Krankheit nicht gekündigt werden können. Dem ist nicht so. Der Arbeitgeber kann- auch während der Krankschreibung des Arbeitnehmers – das Arbeitsverhältnis kündigen. Es gibt kein Kündigungsverbot während der Krankheit des Arbeitnehmers (in anderen Ländern, z.B. Polen ist dies anders).
kein Kündigungsgrund erforderlich
Während der 6- monatigen Probezeit kann der Arbeitgeber – da das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet – ohne Gründe zu haben das Arbeitsverhältnis kündigen. Er muss sich keine Gedanken machen, ob die Kündigung betriebsbedingt, verhaltensbedingt oder personenbedingt erfolgt, da außerhalb des allgemeinen Kündigungsschutzes das Arbeitsgericht eine Kündigung des Arbeitgeber nur auf Rechtsmißbräuchlichkeit überprüft und solche Fälle kommen in der Praxis selten vor. Das Bundesverfassungsgericht hat vor Jahren beschlossen, dass auch während der Probezeit ein sog. Mindestkündigungsschutz bestehen muss und verlangt vom Arbeitgeber, dass dieser wenigstens einen nachvollziehbaren, sachlichen Grund hat; also die Kündigung nicht willkürlich ist.
Ausnahme beim Vorliegen des besonderen Kündigungsschutzes
Die Kündigung des Arbeitgebers kann unwirksam sein, wenn der besondere Kündigungsschutz greift, wie z.B.
- Schwangerschaft
- Elternzeit
- Wehrdienst
- Betriebsratsmitgliedschaft
- Diskriminierung (Verstoß gegen das AGG)
Auch hier gilt, die Unwirksamkeit der Kündigung wird nur „beachtet“, wenn der Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung die Kündigungsschutzklage einreicht.
Gerade bei der Kündigung während der Schwangerschaft in der Probezeit sollte aber die schwangere Arbeitnehmerin beachten, dass diese unverzüglich die Schwangerschaft den Arbeitgebers (beweissicher) anzeigt und sodann Kündigungsschutzklage einreicht.
Achtung: Die Schwerbehinderung schützt nicht vor einer Kündigung in der Probezeit.
Kündigung bei Krankheit und Lohnfortzahlung!
Ein Problem gibt es für den Arbeitgeber, wenn er aus Anlass der Krankheit des Arbeitnehmers kündigt, § 8 des Entgeltfortzahlungsgesetz regelt nämlich in Satz 1:
Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts wird nicht dadurch berührt, daß der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlaß der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Das gleiche gilt, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus einem vom Arbeitgeber zu vertretenden Grunde kündigt, der den Arbeitnehmer zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt; siehe § 8 Entgeltfortzahlungsgesetz.
Kündigt der Arbeitgeber also aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, dann muss er die volle Lohnfortzahlung (also 6 Wochen) leisten auch ,wenn das Arbeitsverhältnis eher endet. Dies wird häufig von Arbeitgebern übersehen. Ein solcher Anspruch besteht aber nicht, wenn der Arbeitgeber aus anderen berechtigten Gründen kündigt, z.B. verhaltensbedingt oder betriebsbedingt. Wichtig ist aber dabei, dass die Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht der alleinige Grund für die Kündigung sein muss.
Es spricht einiges dafür, dass aufgrund der Krankheit gekündigt wird, wenn der Arbeitgeber unmittelbar nach der Krankmeldung das Arbeitsverhältnis beendet.
Wichtig ist aber, dass dies nur dann gilt, wenn nicht die Kündigung innerhalb der Wartezeit (ersten 4 Wochen des Arbeitsverhältnisses) erfolgt. In diesem Fall gibt es keine Lohnfortzahlungspflicht durch den Arbeitgeber.
Der Arbeitnehmer kann dann die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auch noch nach dem Kündigungsende (Beendigungszeitpunkt) maximal aber 6 Wochen vom Arbeitgeber verlangen. Das erhaltene Krankengeld (sofern bekommen) ist davon abzuziehen.
Zusammenfassung:
Die Probezeit ist die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 3 BGB von 2 Wochen. Die Probezeit kann in der Regel für maximal 6 Monate vereinbart werden, in Ausnahmefällen etwas länger. Solche Ausnahme kommen in der Praxis selten vor. Von der Probezeit ist die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG zu unterscheiden, die 6 Monate beträgt. Allein diese ist für den Eintritt des allgemeinen Kündigungsschutzes von Bedeutung (+ mehr als 10 Arbeitnehmer regelmäßig in Vollzeit abzüglich der Azubis im Betrieb). Sofern das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet und dies wird fast immer bei einer Kündigung in der Probezeit der Fall sein (und wenn kein Sonderkündigungsschutz greift z.B. Schwangerschaft), dann kann der Arbeitgeber auch während der Erkrankung oder wegen der Erkrankung in der Regel kündigen.
interessante Links zum Thema Probezeit:
- Kündigung während der Probezeit
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- Probezeitkündigung wegen Abwesenheit aufgrund Krankheit des Kindes
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- Kündigung bei nicht unverzüglichen Anzeige der Arbeitsunfähigkeit möglich – LAG Baden-Württemberg.
Arbeitsrecht in Berlin Marzahn – Rechtsanwalt Andreas Martin
Darf die Probezeit im Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate sein?
Wie lange dauert die Probezeit?
Eine Probezeit ist ein begrenzter Zeitraum zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses, während dessen für beide Parteien erleichterte Kündigungsmöglichkeiten bestehen. Üblich ist, dass während des regulären Arbeitsverhältnisses eine Probezeit für eine bestimmte Dauer vereinbart wird. Die Dauer der Probezeit kann grundsätzlich individuell vereinbart werden, es sei denn in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ist eine bestimmte Dauer vorgesehen.
Dauer: In der Regel beträgt die Probezeit 6 Monate.
Unproblematisch kann aber auch eine kürze Dauer, wie zum Beispiel 3 Monate an Probezeit vereinbart werden.
Probezeit über 6 Monate möglich?
Viele Arbeitnehmer meinen, dass eine Probezeit von 6 Monaten die absolute Grenze einer solchen Vereinbarung ist. Eine längere Probezeit darf von daher nicht vereinbart werden. Dies ist so nicht richtig.
längere Probezeit als 6 Monate in Ausnahmefällen zulässig
Eine längere Probezeit als 6 Monate ist grundsätzlich zulässig, wenn ersichtlich ist, dass der Arbeitgeber ein Interesse an einer solchen langen Probezeit haben kann, da z.B. eine Erprobung des Arbeitnehmers innerhalb von 6 Monaten nicht möglich ist.
Denkbar sind in folgenden Fällen (keine abschließende Aufzählung) verlängerte Probezeiten (siehe auch Rechtsanwalt Dr. Gerhard Wilhelm, Stuttgart, in NZA 2001, 818):
- künstlerische und erzieherische Tätigkeiten
- Tätigkeiten im wissentschaftlichen Bereich
- wenn sich aus den Umständen der Tätigkeit eine lange Einarbeitungszeit ergibt
Entscheidungen zur Dauer der Probezeit über 6 Monate:
Das Bundesarbeitsgericht (BAG, NJW 1985, 2158) hat sogar eine Probezeit von 18 Monaten (also 3 x länger als die „normale Probezeit“) eines Orchestermusikers als zulässig angesehen. Zu beachten ist, dass dies sicherlich nicht der Normalfall, sondern ein Ausnahmefall ist.
Konsequenzen einer Verlängerung?
Die Konsequenzen einer solchen Verlängerung sind problematisch.
Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
Es findet – trotz der Verlängerung der Probezeit – das Kündigungsschutzgesetz bereits nach 6 Monaten auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, sofern dessen personelle Voraussetzungen vorliegen (mehr als 10 AN). Dies hängt damit zusammen, dass das Kündigungsschutzgesetz an eigene Voraussetzungen knüpft und eine eigene Wartezeit hat, die nicht zu Lasten des Arbeitnehmers geändert werden dürfen.
Anwendbarkeit der gesetzlichen Kündigungsfristen
Weiter wird auch überwiegend die Auffassung vertreten, dass die gesetzlichen Kündigungsfristen – trotz der Verlängerung der Probezeit – bei einer Probezeitkündigung Anwendung finden und von daher der Arbeitgeber nicht mit der 2-Wochenfrist das Arbeitsverhältnis beenden kann, sondern – z.B. im Fall der 18-monatigen Probezeit mit einer Frist von 4 Wochen gekündigt werden muss.
Die Kündigung in der Probezeit ist von daher nur mit „normaler Frist“ zulässig.
Sinn und Zweck der verlängerten Probezeit?
Mit Recht fragt sich nun der Leser, welchen Sinn hat denn eine mögliche Verlängerung der Probezeit, wenn der Arbeitgeber daraus keine Vorteile ziehen kann, wie z.B. bei Kündigungen innerhalb der „normalen Probezeit“ bis zu 6 Monaten?
Das Bundesarbeitsgericht und ein Teil der juristischen Literatur steht auf dem Standpunkt, dass gerade im Hinblick auf das Kündigungsschutzgesetz die Anforderungen an die Kündigungsvoraussetzungen geringer zu stellen sind, da man sich ja gerade testen wolle (Erbrobungszweck soll berücksichtigt werden). In der Regel ist von daher bei einer längeren Probezeit die ordentliche Kündigung – lapidar gesagt – auch etwas „leichter“ für den Arbeitgeber durchzusetzen, da ja faktisch eine „Testzeit“ zwischen den Parteien vereinbart wurde. Dies ist aber immer noch stark umstritten. Das BAG tendiert in Richtung „erleichterte Kündigungsmöglichkeit“, während andere dies grundsätzlich ablehnen.
nachträgliche Verlängerung der Probezeit
Die nachträgliche Verlängerung der Probezeit ist zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zulässig.
Zusammenfassung:
In wenigen Ausnahmefällen kann eine längere als 6 – monatige Probezeit vereinbart werden. Dies bringt dem Arbeitgeber aber wenig, denn die Vereinbarung einer Probezeit ist letztendlich nur die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist. Selbst wenn diese auch nach 6 Monaten noch 2 Wochen betragen würde, so besteht mit Ausnahme des Kleinbetriebs doch schon Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz bereits nach 6 Monaten. Der Arbeitnehmer würde dann – trotz der verlängerten Probezeit – schon Kündigungsschutz genießen!
Kann eine Kündigung einige Tage vor Ablauf der Probezeit sittenwidrig sein?
Kann eine Kündigung einige Tage vor Ablauf der Probezeit sittenwidrig sein?
Wenn kurz vor dem Ablauf der Probezeit die Kündigung des Arbeitgebers kommt, dann ist dies für den Arbeitnehmer sehr ärgerlich. Kann der Arbeitnehmer sich erfolgreich mittels Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung des Arbeitgebers wehren, nur weil dieser die Probezeit bis auf den letzten Tag ausgenutzt hat?
Kündigung in Probezeit – Ausnutzung bis zum letzten Tag
Ich kann mir vorstellen, dass jetzt sicher einige Leser meinen, dass dies völlig unproblematisch ist und der Arbeitgeber selbstverständlich die Probezeit ausnutzen darf. Grundsätzlich ist dies richtig, allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. Der Arbeitgeber darf natürlich in der Probezeit die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers testen und kann die Probezeit auch bis zum Schluss ausnutzen.
alleiniges Ziel – Verhinderung des Eintritts des Kündigungsschutzes
Wenn aber kurz vor Ablauf der Probezeit gekündigt wird, dann stellt sich manchmal die Frage nach dem warum. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) und damit eine Unwirksamkeit der Kündigung des Arbeitgebers kommt in Betracht, wenn der Arbeitgeber kurze Zeit vor dem Ablauf der sechsmonatigen Wartefrist mit dem alleinigen Ziel der Vereitelung des Eintritts des Kündigungsschutzes kündigt (BAG – Entscheidung vom 28.09.1978, AP BetrVG 1972 – § 102 RN 19 ). In diesem Fall ist es denkbar, dass die Kündigung allein deswegen unwirksam ist. Selbstverständlich ist der Nachweis dieser „Gesinnung“ des Arbeitgebers schwierig.
Arbeitsrecht Berlin – Anwalt A. Martin