Klausel
Rechtswidrige Kurzarbeit – muss der Arbeitgeber den vollen Lohn zahlen?

Gerade in der Corona-Pandemie was oft so, dass Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen versucht haben, so schnell wie möglich Kurzarbeit anzuordnen.
Vereinbarung über Kurzarbeit
In der Regel ist dafür eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer erforderlich. Eine solche Vereinbarung muss der Arbeitgeber mit allen Arbeitnehmern (einzeln) schließen. Diese sind nicht verpflichtet zuzustimmen.
Kurzarbeiterklausel im Arbeitsvertrag
In manchen Arbeitsverträgen fanden sich aber auch Klauseln, wonach der Arbeitgeber berechtigt ist die Kurzarbeit anzuordnen und der Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag dazu bereits seine Zustimmung erteilt hat. Diese Klauseln werden auf ihre Wirksamkeit von den Arbeitsgerichten wie allgemeine Geschäftsbedingungen überprüft.
Arbeitsgericht Stuttgart und Zahlung des vollen Arbeitslohnes
Das Arbeitsgericht Stuttgart (Urteil vom 6.12.2022, 25 Ca 7031/21) hat nun entschieden, dass selbst wenn eine solche Klausel wirksam ist, aber trotzdem die Kurzarbeit rechtswidrig angeordnet wurde, der Arbeitnehmer nicht automatisch einen vollen Lohnanspruch hat.
unwirksame Anordnung von Kurzarbeit „Null“
Das Problem ist, dass bei Kurzarbeit oft sogenannte Kurzarbeit null angeordnet wurde. Der Arbeitnehmer muss dann nicht arbeiten, bekommt aber nur einen Teil seines Lohnes. Arbeitnehmer, die arbeitswillig sind werden faktisch gezwungen auf einen Teil ihres Lohnes zu verzichten. Wenn die Kurzarbeitsanordnung nun unwirksam ist, könnte man auf die Idee kommen, dass der Arbeitgeber dann den vollen Lohn schuldet, da es seine Schuld ist, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht erbringen konnte.
Lohn bei unwirksamer Anordnung von Kurzarbeit
Hier ist aber zu beachten, dass es den Grundsatz im Arbeitsrecht gibt, wonach Arbeitnehmer ohne Arbeit keinen Lohn bekommen („kein Lohn ohne Arbeit“). Der Arbeitgeber ist nur verpflichtet den Lohn zu zahlen, wenn er sich im Annahmeverzug befindet. Der sogenannte Annahmeverzugslohn setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft angeboten hat. In der Regel ist das tatsächliche Anbieten der Arbeitskraft (also vor Ort) erforderlich. Ein wörtliches Angebot oder ein Angebot über soziale Medien reicht im Normalfall hierfür nicht aus.
Entscheidung des Arbeitsgericht Stuttgart
Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte sich nun mit dem Fall zu beschäftigen, wonach der Arbeitgeber die Kurzarbeit rechtswidrig angeordnet hatte und der Arbeitnehmer nun nachträglich seinen vollen Lohn eingeklagt hat. Hierbei ging es hauptsächlich um die Frage, inwieweit der Arbeitnehmer tatsächlich seine Arbeitskraft hätte anbieten müssen.
Begründung der Ablehnung des Lohnanspruchs
Das Arbeitsgericht führte dazu aus:
Der Vergütungsanspruch des Klägers gemäß § 611a Abs. 2 BGB ist vorliegend nicht aufgrund von § 615 Satz 1 BGB aufrechterhalten worden, (BAG, Urteil vom 19.10.2000 – 8 AZR 20/00, NZA 2001, 598) da es an einem Angebot des Klägers fehlt. Ein solches wäre vorliegend allerdings zumindest in der Form des wörtlichen Angebots nötig gewesen, da der Kläger unstreitig in den Monaten April 2020 bis August 2021 lediglich am 17.09.2020 und im Zeitraum vom 29.06.2021 – 02.07.2021 seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Beklagte zu Ziffer 1.) den korrespondierenden Arbeitslohn bezüglich dieser Tage auch zur Auszahlung gebracht hat
…
(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht auch beim Vorliegen einer rechtswidrigen Anordnung von Kurzarbeit die Obliegenheit des Arbeitnehmers, gegen diese Anordnung zumindest zu protestieren (BAG, Urteil vom 18.11.2015 – 5 AZR 491/14, NZA 2016, 565 Rn. 23; BAG, Urteil vom 18.11.2015 – 5 AZR 814/14, BeckRS 66759 Rn. 51; BAG, Urteil vom 15.05.2013 – 5 AZR 130/12, NZA 2013, 1076 Rn. 22). Der wohl mittlerweile überholten Meinung des Bundesarbeitsgerichts, auch im bestehenden Arbeitsverhältnis sei bei unwirksamer Anordnung von Kurzarbeit gemäß § 296 BGB ein Angebot entbehrlich, da es seitens des Arbeitgebers einer Mitwirkungshandlung – Einrichtung eines funktionsfähigen Arbeitsplatzes – bedurft hätte, (BAG, Urteil vom 27.01.1994 – 6 AZR 541/93, NZA 1995, 134 (134 f.)) kann sich die Kammer nicht anschließen. Dies gründet zuvorderst darauf, dass § 615 BGB iVm §§ 293 ff. BGB den im allgemeinen Schuldrecht bei synallagmatischen Leistungsverknüpfungen gemäß der §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BGB bestehenden Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ durchbricht und somit nach Meinung der Kammer restriktiv auszulegen ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des im allgemeinen Schuldrecht entwickelten Dogmas der Exklusivität von Annahmeverzug und Unmöglichkeit (Bieder in BeckOGK, BGB, Stand: 01.07.2022, § 615 Rn. 6). Auch ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der gesetzlichen Systematik der §§ 294 – 296 BGB die komplette Entbehrlichkeit des Angebots die Ausnahme zum wörtlichen Angebot und dieses wiederum die Ausnahme zum tatsächlichen Angebot darstellen soll. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis erscheint bei einer wortlautgetreuen Anwendung der §§ 294 – 296 BGB allerdings im Arbeitsrecht ins Gegenteil verkehrt, da aufgrund der Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zu beschäftigen, eine Mitwirkungshandlung – Einrichtung eines funktionsfähigen Arbeitsplatzes – besteht, für welche typischerweise auch eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, sodass im Normalfall ein Angebot des Arbeitnehmers gemäß § 296 BGB entbehrlich wäre. So muss die 2. Alternative des § 295 Satz 1 BGB dahingehend teleologisch reduziert werden, dass allein die Bereitstellung eines funktionsfähigen Arbeitsplatzes keine Mitwirkungshandlung im Sinne des Annahmeverzugsrechts darstellt, sodass ein automatisches Eingreifen von § 296 BGB und damit auch des Annahmeverzugs verhindert werden kann. Deutlich wird dies durch einen Vergleich mit § 295 Satz 1 Alt. 1 BGB, da hier zumindest ein zusätzliches aktives Tun des Arbeitgebers – Erklärung der Nichtannahme – gefordert wird. Durch eine solche teleologische Reduktion ist es dem Arbeitnehmer nicht möglich, die rechtswidrige Anordnung von Kurzarbeit lediglich zu dulden, um später die Differenzvergütung zu liquidieren. Erst wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber durch ein wörtliches Angebot verdeutlicht hat, dass er gegen die Anordnung von Kurzarbeit protestiere, erscheint es interessengerecht, ihm bei Rechtswidrigkeit dieser Anordnung die korrespondierende Differenzvergütung zuzusprechen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger nicht damit rechnen konnte, dass ihm aufgrund seines Protests ein korrespondierender Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werde, da von ihm zumindest gefordert werden kann, den Arbeitgeber auf seine ablehnende Haltung hinzuweisen, sodass dieser mögliche Schritte zur Abwendung eines finanziellen Schadens einleiten kann.
3) Vorliegend ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt der Anordnung von Kurzarbeit widersprochen hat oder seinen Protest auf andere Art zum Ausdruck gebracht hat. Es fehlt somit an einem wörtlichen Angebot. Die Beklagte zu Ziffer 1.) befand sich somit zu keinem Zeitpunkt im Annahmeverzug.
ArbG Stuttgart Urteil vom 6.12.2022, 25 Ca 7031/21
Anmerkung:
Das letzte Wort hat letztendlich das Bundesarbeitsgericht. Der Fall hat erhebliche praktische Relevanz, denn oft wurde Kurzarbeit unwirksam angeordnet.
Beitrag in meinen Podcast
Anbei auch der Link zu meinen Podcast zum Thema: „Lohn ohne Arbeit – geht das?„
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Klausel über fehlende Vorbeschäftigung im Arbeitsvertrag unwirksam!

„Sie bestätigen, bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis … zu uns gestanden zu haben“.
So lautete eine Klausel in einem befristeten Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2014. Tatsächlich bestand aber eine kurze Vorbeschäftigung (also eine Beschäftigung vormals beim Arbeitgeber), welche schon 15 Jahre zurück lag.
Irgendwann endete dann die (sachgrundlose) Befristung und die Arbeitnehmerin klagte gegen die (letzte) Befristung des Arbeitsvertrags mittels Entfristungsklage.
Der Hintergrund ist der, dass eine Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Sachgrund nur dann möglich ist, wenn zuvor nie ein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestanden hatte. Hier war dies aber der Fall.
Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, dass dies aber kein Problem sei, denn die Vorbeschäftigung läge ja schon sehr lange zurück und zudem könne sich die Arbeitnehmerin / Klägerin jedenfalls nach Treu und Glauben nicht auf eine etwaige Unwirksamkeit der Befristung berufen, da die Klägerin selbst im Arbeitsvertrag bestätigt habe, dass eine Vorbeschäftigung nicht bestanden hätte.
Sowohl das Arbeitsgericht also auch das Landesarbeitsgericht (Urteil vom 11.03.2020 – 4 Sa 44/19) sahen dies aber anders und gaben der Arbeitnehmerin Recht mit folgender Begründung:
Die Beklagte konnte dennoch das Arbeitsverhältnis nicht mehr wirksam nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG sachgrundlos befristen.
Der sachgrundlosen Befristung steht entgegen, dass die Klägerin bereits zuvor schon einmal in einem befristeten Arbeitsverhältnis zum Beklagten stand, § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Die Klägerin war nämlich zumindest im Zeitraum 6. April 1999 bis 31. August 1999 schon einmal bei der Beklagten beschäftigt.
…
Der Klägerin ist es nach Treu und Glauben nicht verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Befristung zu berufen.
a) Eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist als Rechtsüberschreitung missbräuchlich und unzulässig. Welche Anforderungen sich aus Treu und Glauben ergeben, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden (Palandt/Grüneberg BGB 78. Aufl. § 242 Rn. 38). Es ist z.B. mit Treu und Glauben nicht vereinbar, eine unredlich erworbene Rechtsposition oder formale Rechtsposition im Widerspruch zu den zugrundeliegenden vertraglichen Beziehungen auszunutzen (BAG 21. September 2017 – 2 AZR 865/16 -). Auch kann es z.B. eine unzulässige Rechtsausführung darstellen, wenn der Empfänger ein Vertragsangebot des Vertragspartners in Kenntnis dessen Kalkulations- oder Motivirrtums annimmt und sich dann auf den Vertragsinhalt beruft (BGH 11. November 2014 – X ZR 32/14 -; BGH 7. Juli 1998 – XI ZR 17/97 -).
aa) Die Klägerin hat zwar unter Nr. 1.1. Abs. 2 des Arbeitsvertrages schriftlich bestätigt, bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten gestanden zu haben. Auf diese Tatsachenerklärung kann sich die Beklagte aber nicht berufen. Die Vertragsklausel ist nämlich gem. § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB unwirksam.
(1) Gem. § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, die die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändern, indem der Verwender den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt. Der Begriff der „Änderung der Beweislast“ ist dabei weit zu verstehen. Erfasst werden nicht nur alle Abweichungen von den gesetzlichen und von der Rechtsprechung entwickelten Regeln zur Verteilung der objektiven Beweislast sowie subjektiven Beweisführungslast. Für die Anwendung des § 309 Nr. 12 BGB genügt vielmehr schon der Versuch des Verwenders, die Beweisposition des Kunden zu verschlechtern. Deshalb sind auch Klauseln, die lediglich eine Änderung der Darlegungslast vorsehen, am Maßstab des § 309 Nr. 12 BGB zu messen (Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht 2. Aufl. § 309 BGB Rn. 140).
…
Von großer praktischen Bedeutung sind die in § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB besonders erwähnten Tatsachenbestätigungen. Dabei sind nach dem Schutzzweck des § 309 Nr. 12 BGB Tatsachenbestätigungen nicht nur in dem praktisch äußerst seltenen Fall unzulässig, dass sie die Beweislast umkehren, sondern bereits dann, wenn sie die Beweislast faktisch zum Nachteil des Kunden verschieben. Nach § 309 Nr. 12 BGB reicht für eine Änderung der Beweislast schon der Versuch des Verwenders aus, die Beweisposition des Kunden zu verschlechtern. Bereits dann, wenn die formularmäßige Klausel zur Folge haben kann, dass der Richter die Anforderungen an den Beweis zum Nachteil des Kunden erhöht – bei dessen Beweislast – oder aber ermäßigt – bei Beweislast des Verwenders -, liegt eine für § 309 Nr. 12 BGB maßgebliche Änderung des Anwendungsbereichs der Beweislast vor (BGH 10. Januar 2019 – III ZR 109/17 -; BGH 28. Januar 1987 – IVa ZR173/85 -; Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht 2. Aufl. § 309 BGB Rn. 143). Hierzu zählen insbesondere Tatsachenbestätigung, die rechtlich relevante Umstände beschreiben, Wissenserklärungen, wenn sie sich zum Nachteil des Kunden auswirken können und Erklärungen über tatsächliche Vorgänge (Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht 2. Aufl. § 309 BGB Rn. 143).
LAG Hamm: Leiharbeiter kann Fahrkosten bei Fahrt zu verschiedenen Entleihfirmen verlangen!
Das Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 13.01.2016 – 5 Sa 1437/15) hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der als Leiharbeiter in verschiedenen Entleihfirmen (Entleihern) eingesetzt wurde einen Anspruch auf Ersatz seiner (zusätzlichen) Fahrkosten zu diesen Firmen hat.
Ein solcher Anspruch ergibt sich aus § 670 BGB analog. Er bekommt aber nur die zusätzlichen Fahrkosten, die über die normalen Fahrkosten zu seinem Arbeitgeber angefallen sind, faktisch also die Mehraufwendungen. Wären er also zum Verleiher pro Monat 100 km an Fahrstrecke angefallen und er ist tatsächlich – durch den Einsatz beim Entleiher oder meheren Entleihern – 300 km gefahren, so hat er Anspruch auf Abgeltung von 200 km an Fahrkosten in diesem Monat.
Eine Klause im Arbeitsvertrag, die derartige Ansprüche ausschließt, ist unwirksam. Dies ist nämlich – nach der obigen Entscheidung des LAG Hamm – eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin
BAG – pauschale Weihnachtsgeldklausel im Arbeitsvertrag bringt dem Arbeitgeber nicht viel!
BAG – pauschale Weihnachtsgeldklausel im Arbeitsvertrag bringt dem Arbeitgeber nicht viel!
Über die Zahlung von Weihnachtsgeld freut sich der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber zahlt das Weihnachtsgeld meist unter Vorbehalt, um zu verhindern, dass er sich über eine „betriebliche Übung“ an die Zahlung bindet und er dann jedes Jahr Weihnachtsgeld zahlen muss. Viele Arbeitgeber meinen aber, dass die Zahlung unter Vorbehalt schon dadurch vorliegt,dass im Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer eine Klausel vorhanden ist, die allgemein besagt, dass alle Gratifikationen und auch das Weihnachtsgeld unter Vorbehalt gezahlt werden. Das BAG hat sich damit beschäftigt und diesen Klauseln – wenn ungenau formuliert – eine Absage erteilt. Die Begründung ist allerdings nicht ganz nachvollziehbar.
Entscheidung des Bundesarbeitsgericht (BAG)
Das BAG hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen, bei dem der Arbeitgeber mehrere Jahre (5 Jahre) vorbehaltlos Weihnachtsgeld an seine Belegschaft zahlte. Um eine Bindung zu verhindern, hatte der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag folgende Regelung aufgenommen:
„Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“
Der Arbeitgeber meinte nun, dass er zwar den Vorbehalt nicht ausdrücklich mit den Zahlungen erklärt habe, aber die Klausel im Arbeitsvertrag ja einen Vorbehalt enthält. Dem folgte das BAG nicht!
Das BAG führte aus:
Die Revision des Klägers war vor dem Zehnten Senat erfolgreich. Zwar mag ein im Arbeitsvertrag klar und verständlich formulierter „Freiwilligkeitsvorbehalt“ einen zukünftigen Anspruch auf eine Sonderzahlung ausschließen. Allerdings darf dieser als Allgemeine Geschäftsbedingung formulierte Vorbehalt nicht mehrdeutig, sondern muss klar und verständlich iSd. § 307 BGB sein. Die von der Beklagten verwendete Klausel ist unklar und nicht eindeutig formuliert. Sie ist nicht geeignet, das mehrfache, tatsächliche Erklärungsverhalten des Arbeitgebers hinreichend zu entwerten. Die Klausel kann auch so verstanden werden, dass sich der Arbeitgeber aus freien Stücken zur Erbringung der Leistung verpflichten wollte. Ferner setzt der vorbehaltene Widerruf voraus, dass überhaupt ein Anspruch entstanden ist.
Die Begründung des Urteils ist erstaunlich. Die obige Klausel wird jeder Arbeitnehmer verstehen. Nur die Zusammenfassung mehrere „Gratifikationsarten“ macht die Klausel nicht unübersichtlich. Wie man die Klausel anders als als Vorbehaltszahlung verstehen will, ist auch schwer nachvollziehbar. Da aber über das BAG nur der blaue Himmel ist, muss man nun zukünftig die Klauseln etwas „einfacher“ stricken.
Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin