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BAG: Arbeitnehmer dürfen E-Mail-Account des Arbeitgebers nicht für Streikaufrufe benutzen
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der Betriebsratsvorsitzender in einem Krankenhaus und darüber hinaus Mitglied von Verdi war, den vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten betrieblichen E-Mail Account nicht dafür benutzen darf, um über diesen zum Streik gegenüber seinem Arbeitgeber aufzurufen.
BAG- Beschluss
Das Bundesarbeitsgericht (Beschluss vom 15.10.2013 – 1 ABR31/12) sah hier einen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers, der nicht gehalten war, mit eigenem Betriebsmitteln (E-Mail-Acount) den gegen sie gerichteten Arbeitskampf zu unterstützen.
In seiner Pressemitteilung führ das Bundesarbeitsgericht von daher aus:
Die Vorinstanzen haben dem Antrag der Arbeitgeberin entsprochen. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitnehmers blieb vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ergibt sich zwar aus § 74 Abs. 2 Satz 1 BetrVG kein Unterlassungsanspruch der Arbeitgeberin. Dieser folgt jedoch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann der Eigentümer vom Störer die Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen seines Eigentums verlangen. Hierfür ist unerheblich, ob dem Arbeitnehmer der dienstlichen Zwecken vorbehaltene Intranetzugang in seiner Funktion als Amtsträger oder unabhängig davon zur Verfügung gestellt wurde. Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, die Verbreitung von Streikaufrufen über ihr Intranet gemäß § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden. Von ihr kann nicht verlangt werden, durch eigene Betriebsmittel die koalitionsspezifische Betätigung eines Arbeitnehmers in einem gegen sie gerichteten Arbeitskampf zu unterstützen.
A. Martin
BAG – Betriebsratsmitglieder haben Anspruch auf Internet und E-Mail!
BAG – Betriebsratsmitglieder haben Anspruch auf Internet und E-Mail!
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob nicht nur der Betriebsrat an sich, sondern auch einzelne Betriebsratsmitglieder einen Anspruch auf einen eigenen Internetzugang und auch auf die Einrichtung eigener E-Maila-Adressen haben.
Betriebsrat und Internet – eine lange Geschichte
Das BAG hatte sich schon mehrmals mit der Frage des Anspruches auf Internetzugang des Betriebsrates auseinandersetzen müssen. Anders als zuvor, war nun die Frage, was das einzelne Betriebsratsmitglied verlangen kann.
Anspruch auf eigenen Zugang
Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss vom 14. Juli 2010 – 7 ABR 80/08) entschied hier zu Gunsten der einzelnen Betriebsratsmitglieder.
Es führt dazu aus:
„Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat daher – anders als die Vorinstanzen – den Anträgen eines Betriebsrats stattgegeben, der vom Arbeitgeber für sämtliche Mitglieder die Eröffnung von Zugängen zum Internet sowie die Einrichtung eigener E-Mail-Adressen verlangt hat. Berechtigte Kosteninteressen des Arbeitgebers standen dem Verlangen nicht entgegen, da die Betriebsratsmitglieder alle an PC-Arbeitsplätzen beschäftigt sind, so dass es lediglich der Freischaltung des Internets und der Einrichtung einer E-Mail-Adresse bedarf.“
A. Martin
Arbeitsverweigerung – darf der Arbeitgeber außerordentlich kündigen?
Arbeitsverweigerung – darf der Arbeitgeber außerordentlich kündigen?
Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Arbeitsverweigerung vorwirft, denkt der Arbeitnehmer meist sofort an eine außerordentliche (fristlose) Kündigung seines Arbeitsverhältnisses. Diese Begründung wird häufig von Arbeitgebern für eine außerordentliche Kündigung herangezogen. Häufig auch im Zusammenhang mit einer Krankschreibung des Arbeitnehmers.
Darf der Arbeitgeber aber wirklich bei einer Arbeitsverweigerung sofort fristlos / außerordentlich kündigen?
Arbeitsverweigerung – was ist das?
Eine Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nicht erfüllen will und seine Arbeit nicht aufnimmt oder nicht zu Ende bringt. Dabei genügt es auch schon, wenn der Arbeitnehmer Nebenpflichten aus dem Vertrag nicht erbringt.
Zunächst muss aber erst einmal ermittelt werden, wozu der Arbeitnehmer verpflichtet ist. Dies ergibt sich grundsätzlich aus dem Arbeitsvertrag. Eine Arbeitsverweigerung kann demnach nur vorliegen, wenn der Arbeitnehmer auch rechtlich zur zugewiesenen Arbeit verpflichtet ist. Dies kann im Einzelfall problematisch sein.
Weiter muss es sich um eine beharrliche Arbeitsverweigerung handeln. Dem Arbeitnehmer muss klar sein, dass seine Weigerung zur außerordentlichen Kündigung führen wird.
Überstunden und Arbeitsverweigerung?
Eine Arbeitsverweigerung kann auch vorliegen, wenn der Arbeitnehmer zur Leistung von Überstunden verpflichtet ist, aber die Ableistung der Überstunden unberechtigt verweigert. Ob dies aber tatsächlich der Fall ist, muss man sorgfältig prüfen. Hier kommt es vor allem auf die Regelungen im Arbeitsvertrag an. Wenn hier nichts weiter geregelt ist, schuldet der Arbeitnehmer im Normalfall eben nicht die Ableistung von Überstunden. Er muss die regelmäßige Arbeitszeit arbeiten.
Arbeitnehmer erscheint nicht zur Arbeit
Unabhängig von den obigen Sonderfällen kann man an eine Arbeitsverweigerung denken, wenn der Arbeitnehmer ohne Grund nicht zur Arbeit erscheint.
Krankheit keine Arbeitsverweigerung
Ist der Arbeitnehmer nachweisbar arbeitsunfähig (krank), dann scheidet in der Regel eine Arbeitsverweigerung aus. Auch wenn der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit ggfs. anzweifelt, so hat doch die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen hohen Beweiswert, die der Arbeitgeber ersteinmal entkräften muss.
angekündigte Krankheit und Arbeitsverweigerung
In der Praxis kommen auch häufig die Fälle der „angekündigten Krankheit“ vor. Für viele Arbeitgeber sind diese Fälle ein Grund für eine außerordentliche Kündigung. Hier kommt es aber immer auf den Einzelfall an.
Androhung der Krankschreibung um ein Verhalten des Arbeitgebers zu erpressen
Wenn der Arbeitnehmer – der objektiv gesund ist – vom Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten (wie z.B. Urlaub oder freie Tage) verlangt, und für den Fall, dass dem der Arbeitgeber nicht nachkommt, ankündigt, „dass er sich dann eben krankschreiben lässt“ , dann könnte ein Kündigungsgrund vorliegen. Aber auch hier stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber nicht auch in diesen Fällen abmahnen muss.
Ich gehe morgen zum Arzt!
Davon zu unterscheiden sind Fälle, in denen der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mitteilt, dass er morgen zum Arzt gehen wird und sich krank schreiben lassen wird. Dies ist nicht zu beanstanden. Wenn sich der Arbeitnehmer krank fühlt und hier auf eine Untersuchung beim Arzt hinweist, ist dies kein Grund für eine Kündigung.
Eine klare Abgrenzung zwischen den obigen beiden Fallgruppen ist aber häufig nicht immer möglich. Es wird vor den Arbeitsgericht sehr häufig darum gestritten, was der Arbeitnehmer genau gesagt hat. Dabei ist zu beachten, dass der Arbeitgeber im Zweifel den Kündigungsgrund nachweisen muss. Dies ist für den Arbeitgeber häufig ein Risiko.
Achtung: Grundsätzlich kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass ein Großteil derartiger Kündigungen wegen angeblicher Arbeitsverweigerung meistens auf Seiten des Arbeitgeber schwer durchsetzbar sind.
Für eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung fordert die Rechtsprechung zudem noch eine beharrliche Arbeitsverweigerung und diese liegt selten vor. Dies wird von Arbeitgebern oft falsch eingeschätzt.
Selbst, wenn der Arbeitnehmer ankündigt, er komme morgen nicht zur Arbeit, muss dies keine Arbeitsverweigerung sein.
Arbeitsverweigerung und Abmahnung
Die Arbeitsverweigerung muss im Normalfall vom Arbeitgeber zunächst abgemahnt werden. Ohne vorherige Abmahnung ist die außerordentliche Kündigung wegen der Arbeitsverweigerung in den meisten Fällen unwirksam. Mit der Abmahnung soll dem Arbeitnehmer nochmals sein Fehlverhalten vor Augen geführt werden. Wenn der Arbeitgeber hier trotzdem ohne Abmahnung außerordentlich das Arbeitsverhältnis kündigt, sollte der Arbeitnehmer die Kündigung auf jeden Fall über einen Rechtsanwalt (Arbeitsrecht) überprüfen lassen und im Zweifelsfall eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen.
Arbeitsverweigerung und außerordentliche Kündigung
Die Arbeitsverweigerung kann einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB darstellen und als so eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Hier ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer bewusst und nachhaltig nicht leisten will. Außerdem ist erforderlich, dass dem Arbeitgeber die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Eine nachhaltige (beharrliche) und bewusste Arbeitsverweigerung – so dass eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich ist – kommt in der Praxis seltener vor – als man dies meinen würde. Wichtig ist, dass ein solcher Fall in der Praxis nicht so häufig vorkommt bzw. schwer nachweisbar ist. Der Arbeitgeber hat bei einer außerordentlichen Kündigung wegen Arbeitsverweigerung ohne vorherige Abmahnung meist nicht besonders gute Karten. Die Arbeitsgerichte setzen die Meßlatte hier relativ hoch und entscheiden oft zu Gunsten der Arbeitnehmer.
Grenzfälle der Arbeitsverweigerung
In der übermäßigen privaten Nutzung des Internets während der Arbeitszeit kann man bereits eine Arbeitsverweigerung sehen ( BAG, Urteil v. 27.4.2006, 2 AZR 386/05) , während der Rechtsprechung die Verweigerung an einem Personalgespräch teilzunehmen keine Arbeitsverweigerung sein soll (BAG, Urteil v. 23.6.2009, 2 AZR 606/08) . Problematisch sind auch immer die Fälle des sog. Krank-Machens. Wenn der Arbeitnehmer dies zuvor ankündigt, kann unter Umständen bereits eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Aber auch hier kommt es auf den Einzelfall an (siehe oben).
Recht auf Arbeitsverweigerung?
Der Arbeitnehmer kann auch ein Recht auf Verweigerung der Arbeiten haben. Solche Gründe für eine Arbeitsverweigerung können z.B. sein:
- Arbeitsverweigerung aus Gewissensgründen (Werbung für Abtreibung oder Waffen)
- Arbeitsverweigerung aus religösen Gründen (Tragen von religiösen Symbolen)
- Arbeitsverweigerung beim rechtmäßigen Arbeitskampf (Streik)
- Arbeitsverweigerung bei unzulässigen Anweisungen des Arbeitgebers („Putzen Sie mal die Toilette““)
- Arbeitsverweigerung, sofern ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers besteht (z.B. kein sicherer Arbeitsplatz/ Werkzeug oder Vergütung nicht gezahlt)
- Arbeitsverweigerung bei Gesundheitsgefahr für den Arbeitnehmer
Für Arbeitgeber ist von daher wichtig, dass vor dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung eine Abmahnung erfolgt und nur in Ausnahmefällen ist eine außerordentliche Kündigung ohne Abmahnung gerechtfertigt.
Anwalt A. Martin – Arbeitsrecht Berlin