Gleichbehandlung Arbeitnehmer

Gleichbehandlung beim Lohn: Muss der Arbeitgeber Ihnen genauso viel Arbeitslohn zahlen wie Ihren Kollegen?

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Gleichbehandlung beim Lohn: Muss der Arbeitgeber Ihnen genauso viel Arbeitslohn bezahlen wie Ihren Kollegen?

Um es vorwegzunehmen, es  ist so, dass der Arbeitgeber grundsätzlich nicht jedem vergleichbaren Arbeitnehmer den gleichen Lohn zahlen muss. Einen Anspruch des Arbeitnehmers auf „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gibt es so nicht.

Gleichbehandlung beim Arbeitslohn?

Zumindest dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitslohn individuell mit den Arbeitnehmern vereinbart hat, gibt es keinen allgemeinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Der Arbeitgeber kann grundsätzlich zwischen den Arbeitnehmern differenzieren.

Grenze der Ungleichbehandlung – die Sittenwidrigkeit!

Problematisch ist der Fall erst dann für den Arbeitgeber, wenn er faktisch systematisch ohne sachlichen Grund vergleichbarer Arbeitnehmergruppen unterschiedlich behandelt. Die Rechsprechung (BAG Urteil vom 13.02.2020, NZA 2003,215) verlangt in Bezug auf die unterschiedliche Behandlung mindestens eine Abweichung von 5 % der begünstigten Belegschaft.

Studenten als Teilzeitkräfte?

Der Arbeitgeber darf teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nicht deshalb schlechter bezahlen, weil sie als Studenten sozialversicherungsfrei sind (BAGE Entscheidung vom 12.6.1997 in BB 19 92,262).

RA A. Martin -Berlin – Arbeitsrecht

ArbG Berlin – Nichteinstellung einer Kommunistin/MfS – Entschädigung?

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Nichteinstellung einer Kommunistin/MfS – Entschädigung?

– Arbeitsrecht Berlin – Rechtsanwalt A. Martin –

Ein Arbeitnehmer kann grundsätzlich einen Anspruch auf Schadenersatz/Entschädigung gegenüber dem (potentiellen) Arbeitgeber haben, wenn er nur deshalb nicht eingestellt wurde, weil dem Arbeitgeber seine Weltanschauung nicht passt. Dies ergibt sich aus § 15 des AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz). Voraussetzung dafür ist allerdings eine unzulässige Ungleichbehandlung, die der Arbeitgeber zu vertreten haben muss.

Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin:

Das Arbeitsgericht Berlin hatte sich mit einem solchen Fall zu beschäftigen. Eine Leiharbeitnehmerin war im Sekretariat einer kassenärztlichen Vereinigung eingesetzt. Diese war früher beim Ministerium für Staatssicherheit tätig (im Sportbereich). Diese Tätigkeit war den übrigen Mitarbeitern der Kassenärztlichen Vereinigung bekannt und stieß bei diesen auf Ablehnung. Insbesondere kam es mit einer Mitarbeiterin aus dem Sekretariat bereits zu streitigen Auseinandersetzungen. Die kassenärztliche Vereinigung sah letztendlich von einer Übernahme der Arbeitnehmerin ab, da es wahrscheinlich erschien, dass es weitere Konflikte aufgrund der Vergangenheit der Arbeitnehmerin in der Firma geben würde. Die Arbeitnehmerin erhob daraufhin Klage auf Entschädigung (€ 8.100,00) und rügte diese Entscheidung unter dem Hinweis, dass sie aufgrund der damaligen Weltanschauung – so erklärte sie die Motivation zur Mitarbeit beim MfS – benachteiligt werde.

Das Arbeitsgericht Berlin wies die Klage ab.

Es führte dazu aus:

 

„Eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Weltanschauung kann darin nur gesehen werden, wenn Voraussetzung für die Tätigkeit der Klägerin für das MfS als Ursache des Konfliktes zwingend eine bestimmte politische Überzeugung gewesen wäre (st. Rspr. des EuGH zu Schwangerschaft und Geschlecht seit 1990, EuGH vom 08.11.1990 Rs. C-177/88 – Dekker, AP Nr. 23 zu Art. 119 EWG-Vertrag; sowie aus jüngerer Zeit EuGH vom 20.09.2007 Rs. C-116/06 – Kiiski, NZA 2007, 1274, und vom 26.02.2008 Rs. C-506/06 – Mayr, AP Nr. 7 zu EWG-Richtlinie Nr. 92/85). Hiervon kann unter Berücksichtigung des in der DDR herrschenden gesellschaftlichen Drucks und den allgemein bekannten herrschenden Bedingungen insbesondere der bekannten Vorgehensweise des MfS bei der Anwerbung von inoffiziellen und offiziellen Mitarbeitern nicht ausgegangen werden.

Die Klägerin trägt selbst vor, dass jeder Bürger der eine der in der DDR herrschenden politischen Überzeugung zuwiderlaufende Meinung äußerte, als Feind der SED und der DDR angesehen wurde. Ferner hat sie vorgetragen, dass es zumindest vorkam, dass Personen die nicht bereit waren, gegenüber dem MfS eine Verschwiegenheitserklärung abzugeben, mit beruflichen und gesellschaftlichen Nachteilen rechnen mussten. Außerdem ist bekannt, dass Mitarbeiter des MfS gegenüber den übrigen Bürgerinnen und Bürgern der DDR zahlreiche materielle und immaterielle Vorteile genossen (vgl. BVerfG vom 08.07.1997 – 1 BvR 1934/93 -, AP Nr. 98 zu Art. 12 GG, Rz. 34 zitiert nach juris und vom 28.04.1999 – 1 BvL 11/94 u. a. -, NJW 1999, 2505, Rz. 143 zitiert nach juris). Von einer zwingenden Verknüpfung der Tätigkeit für das MfS mit einer bestimmten Weltanschauung vergleichbar mit Schwangerschaft und einem bestimmten Geschlecht kann deshalb nicht ausgegangen werden. Dies gilt auch für die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MfS. Denn es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass Personen trotz der umfassenden Überprüfung durch das MfS auch aus anderen Gründen für das MfS tätig waren und nicht allein nur aufgrund ihrer politischen Überzeugung.

Eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Weltanschauung kann darin nur gesehen werden, wenn Voraussetzung für die Tätigkeit der Klägerin für das MfS als Ursache des Konfliktes zwingend eine bestimmte politische Überzeugung gewesen wäre (st. Rspr. des EuGH zu Schwangerschaft und Geschlecht seit 1990, EuGH vom 08.11.1990 Rs. C-177/88 – Dekker, AP Nr. 23 zu Art. 119 EWG-Vertrag; sowie aus jüngerer Zeit EuGH vom 20.09.2007 Rs. C-116/06 – Kiiski, NZA 2007, 1274, und vom 26.02.2008 Rs. C-506/06 – Mayr, AP Nr. 7 zu EWG-Richtlinie Nr. 92/85). Hiervon kann unter Berücksichtigung des in der DDR herrschenden gesellschaftlichen Drucks und den allgemein bekannten herrschenden Bedingungen insbesondere der bekannten Vorgehensweise des MfS bei der Anwerbung von inoffiziellen und offiziellen Mitarbeitern nicht ausgegangen werden. 33
Die Klägerin trägt selbst vor, dass jeder Bürger der eine der in der DDR herrschenden politischen Überzeugung zuwiderlaufende Meinung äußerte, als Feind der SED und der DDR angesehen wurde. Ferner hat sie vorgetragen, dass es zumindest vorkam, dass Personen die nicht bereit waren, gegenüber dem MfS eine Verschwiegenheitserklärung abzugeben, mit beruflichen und gesellschaftlichen Nachteilen rechnen mussten. Außerdem ist bekannt, dass Mitarbeiter des MfS gegenüber den übrigen Bürgerinnen und Bürgern der DDR zahlreiche materielle und immaterielle Vorteile genossen (vgl. BVerfG vom 08.07.1997 – 1 BvR 1934/93 -, AP Nr. 98 zu Art. 12 GG, Rz. 34 zitiert nach juris und vom 28.04.1999 – 1 BvL 11/94 u. a. -, NJW 1999, 2505, Rz. 143 zitiert nach juris). Von einer zwingenden Verknüpfung der Tätigkeit für das MfS mit einer bestimmten Weltanschauung vergleichbar mit Schwangerschaft und einem bestimmten Geschlecht kann deshalb nicht ausgegangen werden. Dies gilt auch für die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MfS. Denn es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass Personen trotz der umfassenden Überprüfung durch das MfS auch aus anderen Gründen für das MfS tätig waren und nicht allein nur aufgrund ihrer politischen Überzeugung.“

Hier die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin im Volltext: