Ersatz
Keine Fahrkostenerstattung des Bewerbers, wenn dieser nicht zum Vorstellungsgespräch erscheint
Arbeitgeber, die eine Stelle ausschreiben, übersehen häufig, dass sie zur Erstattung der Fahrkosten des Bewerbes verpflichtet sind, wenn dieser auf ihre Initiative hin eingeladen wurde. Dies kann man ausschließen; dies wird aber ebenfalls häufig nicht gemacht. Die sog. Vorstellungskosten sind von daher häufig ein Streitthema.
Vorstellungskosten – nur bei Erscheinen
Dass man hier als Bewerbe auch übertreiben kann, zeigt ein Fall, der vor dem LAG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 7.2.12. – 3 Sa 540/11) entschieden wurde.
Ein Bewerbe verlangte die Erstattung von rund € 60 an Fahrkosten für eine Anreise zum potentiellen Arbeitgeber mit seinem Privat-Pkw. Der Bewerber kam dort aber nie an und fand die Adresse für das Vorstellungsgespräch angeblich nicht. Zudem soll er zuvor auch seine Bewerbung telefonisch zurückgenommen haben.
Das LAG führte dazu aus:
Im Streitfall besteht bereits deshalb keinAufwendungsersatzanspruch aus §§ 670, 662 BGB, weil der Kläger den ihm erteilten Auftrag zur Teilnahme an dem vereinbarten Vorstellungsgespräch nicht ordnungsgemäß erfüllt hat.
Der Kläger ist unstreitig zu dem verabredeten Vorstellungstermin am 24. Februar 2011 um 18:00 Uhr im Hause der Beklagten nicht erschienen. Er hat der Beklagten kurz vor dem Vorstellungstermin gegen 17:50 Uhr telefonisch mitgeteilt, dass er ihre Adresse nicht finden könne. In diesem Telefonat hat er unstreitig seine Bewerbung zurückgenommen, so dass kein Vorstellungsgespräch mehr stattgefunden hat.
Zur ordnungsgemäßen Erfüllung des ihm von Seiten der Beklagten erteilten Auftrags zur Teilnahme an dem Vorstellungsgespräch hatte der Kläger zum verabredeten Vorstellungstermin pünktlich zu erscheinen. Dieser Weisung ist der Kläger unstreitig nicht nachgekommen. Im Streitfall braucht nicht entschieden zu werden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen dem Bewerber Aufwendungen auch dann zu ersetzen sind, wenn das Vorstellungsgespräch aus Gründen nicht zustande kommt, die nicht in seiner Risikosphäre liegen bzw. vom Arbeitgeber zu vertreten sind. Es war Sache des Klägers, auf welche Weise er als Bewerber durch eine entsprechende Vorbereitung und Planung seiner Anreise nach C-Stadt sicherstellt, dass er rechtzeitig – ggf. durch Einplanung eines ausreichenden Zeitpuffers – zum Vorstellungstermin erscheinen kann. Das Risiko, dass er trotz einer ihm übermittelten Anfahrtskizze und Einsatz seines Navigationsgeräts die Adresse der Beklagten nicht rechtzeitig findet, hat er selbst zu tragen. Bei der C-Straße handelt es sich um eine der Hauptverkehrsstraßen in C-Stadt, die der Kläger zumindest bei Einplanung eines ausreichenden Zeitpuffers zur Suche rechtzeitig hätte finden können und müssen. Die bloße Anreise des Klägers nach C-Stadt braucht die Beklagte nicht als Auftragserfüllung gelten zu lassen, weil der Kläger aus in seiner Sphäre liegenden Gründen nicht zum Vorstellungstermin erschienen ist. Demzufolge besteht jedenfalls unter den vorgenannten besonderen Umständen kein Aufwendungsersatzanspruch des Klägers.
Es wäre erstaunlich gewesen, wäre das Gericht hier zu einem anderen Ergebnis gekommen.
Anwalt Martin
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Zu spät kommen/verschlafen – außerordentliche Kündigung?
Zu spät kommen/verschlafen – außerordentliche Kündigung?
Wer ist nicht schon einmal zu spät zur Arbeit gekommen? Es gibt eben Situationen, in denen man eine Verspätung nicht vermeiden kann. Gerade bei der Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ich denke hier vor allen an die Situation in Berlin) kann eine Verspätung schon einmal vorkommen. Aber selbst bei der Anfahrt mit dem Auto ist eine Verspätung nicht ausgeschlossen, z.B. beim nicht Vorhersehbaren Stau.
Wann kann eigentlich der Arbeitgeber hier eine Kündigung wirksam aussprechen?
Einmalige Verspätung = Kündigung
Häufig hört man, dass ein einmaliges Verspäten die „sofortige Kündigung“ rechtfertigt. Dies ist so nicht richtig.
Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass zuvor wegen einer Verspätung (mindestens 1 x – meist aber sogar häufiger) abgemahnt werden muss. Bei Arbeitspflichtverletzungen durch den Arbeitnehmer, die auf ein steuerbares Verhalten desselben zurückzuführen sind, ist in der Regel abzumahnen. Auch ist zu beachten, dass die Verspätung in der Regel eine Nebenpflichtverletzung ist und dass die verlorene Zeit meist unproblematisch nachgearbeitet werden kann.
Unpünktlichkeit und Kündigung
Wiederholte Verspätungen des Arbeitnehmers an sich sowie unentschuldigtes Fehlen kommen – nach vorheriger Abmahnung – durchaus als Gründe für eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung in Betracht (BAG Urteil vom 13. März 1987 – 7 AZR 601/85 ). Auch eine außerordentliche Kündigung kann hier gerechtfertigt sein, wobei es, wie immer, auf den Einzelfall ankommt.
Durch das unentschuldigtes Fehlen oder durch die verspätete Arbeitsaufnahme verletzt der Arbeitnehmer seine Arbeitspflichten. Erscheint der Arbeitnehmer ohne Entschuldigung überhaupt nicht oder verspätet zur Arbeit, erbringt er die von ihm geschuldete Arbeitsleistung nicht oder – sofern diese nachholbar ist – jedenfalls nicht zur rechten Zeit. Dies ist ein Verstoß gegen die arbeitsvertraglich geschuldete Pflicht, die Arbeitsleistung zu erbringen. Im Normalfall wirken sich die Fehlzeiten auch negativ auf den Betriebsablauf aus. Der Arbeitgeber rechnet mit der Erbringung der Arbeitskraft des Arbeitsnehmers zur rechten Zeit und muss dann ggfs. Ersatz schaffen.
Verspätung und Abmahnung
Eine einmalige (verschuldete) Verspätung rechtfertigt im Normalfall noch keine verhaltensbedinte Kündigung. Der Arbeitgeber muss zuvor den Arbeitnehmer abmahnen. Durch die Abmahnung wird dem Arbeitnehmer vor Augen geführt, dass er gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen hat und im Wiederholungsfall mit einer verhaltensbedingten Kündigung rechnen muss. Aber selbst für eine Abmahnung muss es nicht immer reichen.
Es ist auch denkbar, dass bei einem langjährig ohne Abmahnung beschäftigten Arbeitnehmer, der sich nur um ein paar Minuten verspätet, eine Abmahnung unverhältnis wäre.
außerordentliche Kündigung beim Zuspätkommen?
Obwohl es immer auf den Einzelfall ankommt, ist es in der Regel so, dass die zweite kurzfristige Verspätung des Arbeitnehmers – auch nach einer Abmahnung – im Normalfall noch keine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Kommt der Arbeitnehmer aber unentschuldigt zum zweiten Mal einen ganzen Arbeitstag nicht zur Arbeit, so kommt eine außerordentliche Kündigung – verhaltensbedingt nach Abmahnung – in Betracht (BAG Urteil vom 15.03.2001 – 2 AZR 147/00). Viele kleine Verstöße können auch zur außerordentlichen Kündigung führen. Jeder einzelne Verstoß führt dabei zu einer stärkeren Belastung des Arbeitsverhältnisses.
Praxis – Verspätung und Kündigungsschutzprozess
In der Praxis ist es so, dass die meisten Arbeitsgerichte bei einer Kündigung des Arbeitgeber wegen Verspätung des Arbeitnehmers „abwinken“. Selbst bei einer vorherigen Abmahnung wird im Normalfall auch eine mehrmalige Verspätung nicht zur verhaltensbedingten Kündigung ausreichen. Arbeitgeber schätzen hier häufig ihre Erfolgsaussichten im Kündigungsschutzverfahren falsch ein.
Bei der Frage, ob eine Kündigung zulässig ist oder nicht, kommt es auch auf den Grund für die Verspätung, die Dauer der Verspätung, die Häufigkeit (innerhalb welchen Zeitraumes), den Schaden für den Arbeitgeber und das Verhalten des Arbeitnehmers (vor und nach der Verspätung) sowie dessen Verschulden an.
Rechtsanwalt A. Martin – Arbeitsrecht Berlin
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