entgelt

Was ist eine Entgeltgleichheitsklage?

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Gleicher Lohn für gleiche Arbeit?

Der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ für Männer und Frauen ergibt sich aus der sich aus Art. 3 Abs. 2 GG, Art. 157 AEUV,Art. 1 RL 75/117/EWG und hat über Art. 23 GRCh auch eine grundrechtlichem Charakter. Dies betrifft ausdrücklich Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern. Auch schon aus dem AGG (Antidiskriminierungsgesetz) ergibt sich ein Verbot der Diskriminierung bei der Lohnzahlung aufgrund des Geschlechts. Seit dem Jahr 2017 gibt es darüber hinaus auch das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG).

Wo ist Lohnzahlungsgleichheit im Entgelttransparenzgesetz geregelt?

Nach § 7 des EntgTranspG darf bei Beschäftigungsverhältnissen für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts der oder des Beschäftigten ein geringeres Entgelt vereinbart oder gezahlt werden als bei einer oder einem Beschäftigten des anderen Geschlechts. Dieses Gesetz normiert nun erstmals seit 2017 konkret das Entgeltgleichheitsgebot und gibt den Arbeitnehmer auch einen entsprechenden Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber.

Was ist verboten beim Lohn für Männer und Frauen?

Verboten ist eine unterschiedlich hohe Lohnzahlung aufgrund des Geschlechts für die gleiche oder gleichwertige Arbeit.

Was heißt gleiche Arbeit?

Gleiche Arbeit liegt vor, wenn Arbeitnehmer identische oder gleichartige Tätigkeiten ausüben. Dabei kommt es auf einen Gesamtvergleich der Tätigkeiten an. Dies kann manchmal schwierig sein, wenn mehrere Tätigkeiten ausgeführt werden. Hier hilft man sich so, dass es einzelnen Abweichungen jeweils auf die überwiegende Tätigkeit abgestellt wird.

Vorübergehender Einsatz oder Teileinsatz

Problematisch ist ein nur teilweiser und vorübergehender Einsatz in Bezug auf eine Tätigkeit, wie z.B. an denselben Maschinen. Dies rechtfertigt die Annahme gleicher Arbeit nicht, wenn die betreffenden Arbeitnehmer auch andere Tätigkeiten ausüben, für die sie nach dem Inhalt ihrer Arbeitsverträge eingestellt worden sind.

Was ist eine gleichwertige Arbeit?

Gleichwertige Arbeit liegt vor, wenn Arbeitnehmer Tätigkeiten ausüben, die nach objektiven Maßstäben der Arbeitsbewertung denselben Arbeitswert haben. Auch hier kommt es auf einen Gesamtvergleich der Tätigkeiten an. Zu berücksichtigen ist dabei auch der jeweils erforderliche Umfang von Vorkenntnissen und Fähigkeiten.

Wo ist das Problem?

Das Problem liegt vor allem darin, dass der Arbeitgeber grundsätzlich auch die männlichen Arbeitnehmer nicht komplett gleich bezahlen muss. Auch hier kann es Unterschiede geben, auch bei gleicher Tätigkeit (zB. auch wegen unterschiedliche Erfahrung etc). Von da es auf den ersten Blick auch nicht immer zu sehen, ob tatsächlich eine geringere Bezahlung einer Frau eine Diskriminierung darstellt.

Von daher bietet sich an dass gegebenfalls auch die Belegschaft insgesamt betrachtet wird. Zahlt der Arbeitgeber nämlich ein Großteil der männlichen Belegschaft einen höheren Lohn als in Tariflohn und bei den Frauen zum Beispiel nur ein Zehntel, dann liegt eine Diskriminierung nahe.

Wer muss die Benachteiligung beweisen?

Auch im Arbeitsgerichtsverfahren gilt der Grundsatz – welcher für den Zivilprozess entwickelt wurde – dass derjenige, der sich auf Tatsachen beruft, die Tatsachen darlegen und beweisen muss, welche für ihn günstig sind. Von daher müsste also die benachteiligte Frau auch ihre Benachteiligung/ Diskriminierung nachweisen.

Wann gibt es eine Umkehr der Beweislast?

Art. 22 des AGG kehrt die Beweislast um. Und zwar muss der Arbeitgeber dann die Tatsachen darlegen und beweisen, wenn die Vermutung einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts vorliegt.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Welche Möglichkeiten der Auskunft hat die Arbeitnehmerin?

Das Entgelttransparenzgesetz sieht darüber hinaus einen Auskunftsanspruch des vermutlich benachteiligten Arbeitnehmers vor.

Was regelt § 10 des Entgelttransparenzgesetz?

§ 10 des EntgTranspG gibt der bzw. dem benachteiligen Arbeitnehmer ein Recht auf Auskunft gegenüber dem Arbeitgeber. Dieser Auskunftsanspruch dient der Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots im Sinne dieses Gesetzes. § 10 regelt:

(1)  Zur Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots im Sinne dieses Gesetzes haben Beschäftigte einen Auskunftsanspruch nach Maßgabe der §§ 11 bis 16. Dazu haben die Beschäftigten in zumutbarer Weise eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit (Vergleichstätigkeit) zu benennen. Sie können Auskunft zu dem durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelt nach § 5 Absatz 1 und zu bis zu zwei einzelnen Entgeltbestandteilen verlangen.

(2)  Das Auskunftsverlangen hat in Textform zu erfolgen. Vor Ablauf von zwei Jahren nach Einreichen des letzten Auskunftsverlangens können Beschäftigte nur dann erneut Auskunft verlangen, wenn sie darlegen, dass sich die Voraussetzungen wesentlich verändert haben.

(3) Das Auskunftsverlangen ist mit der Antwort nach Maßgabe der §§ 11 bis 16 erfüllt.

(4) Sonstige Auskunftsansprüche bleiben von diesem Gesetz unberührt.

Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitgebern

Das EntgTranspG differenziert zwischen tarifgebundenen Arbeitgebern (§ 5 Abs. 4 EntgTranspG) und Arbeitgebern, die nicht tarifgebunden  sind. Durch das Gesetz erfolgt eine Privilegierung der tarifgebundenen Arbeitgeber, denn es wird im Gesetz vermutet, dass tarifliche Entgeltsysteme benachteiligungsfrei, was nicht völlig falsch ist.

Gibt es aktuelle Entscheidungen zu Entgeltgleichheitsklagen?

Es gibt hier schon Entscheidungen, insbesondere auch zur Entgeltgleichheitsklage nach dem EntgTranspG.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 21. Januar 2021 – 8 AZR 488/19 -) hat dazu kürzlich im Januar 2021 entschieden, dass eine Vermutung der Benachteiligung einer Arbeitnehmerin bei der Entgeltzahlung vorliegt, wenn sich aus der Auskunft des Arbeitgebers zum Gehalt der vergleichbaren Arbeitnehmer (Median-Entgelt) eine Differenz zu Ungunsten der Arbeitnehmerin ergibt.

In der Pressemitteilung Nr. 1/21 vom 21.01.2021 führt das BAG dazu aus:

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden. Aus der von der Beklagten erteilten Auskunft ergibt sich das Vergleichsentgelt der maßgeblichen männlichen Vergleichsperson. Nach den Vorgaben des EntgTranspG liegt in der Angabe des Vergleichsentgelts als Median-Entgelt durch einen Arbeitgeber zugleich die Mitteilung der maßgeblichen Vergleichsperson, weil entweder ein konkreter oder ein hypothetischer Beschäftigter des anderen Geschlechts dieses Entgelt für gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit erhält. Die Klägerin hat gegenüber der ihr von der Beklagten mitgeteilten männlichen Vergleichsperson eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG erfahren, denn ihr Entgelt war geringer als das der Vergleichsperson gezahlte. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts begründet dieser Umstand zugleich die – von der Beklagten widerlegbare – Vermutung, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ erfahren hat. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht entscheiden, ob die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, diese Vermutung den Vorgaben von § 22 AGG in unionsrechtskonformer Auslegung entsprechend widerlegt hat. Zugleich ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht.

Anmerkung zur Entscheidung:

Der Arbeitgeber muss bei der Auskunft sehr sorgfältig sein. Ergibt sich aus seiner Auskunft ein geringes Einkommen der Arbeitnehmerin, dann wird deren Benachteiligung vermutet. Diese Vermutung muss der Arbeitgeber nun widerlegen, wenn er den Prozess noch gewinnen will.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin

Arbeitsgericht Cottbus: Mindestlohn ist auch an Feiertagen und bei Krankheit zu zahlen

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Das Arbeitsgericht Cottbus hatte darüber zu entscheiden, ob während Krankheit und auch während der Feiertage der Mindestlohn geschuldet ist.

Die Klägerin ist pädagogische Mitarbeiterin bei der Beklagten, die Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen erbringt. Hier gilt eine Rechtsverordnung ab dem 1.8.2012 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, wonach ein Mindestlohn für diese Tätigkeit zu zahlen ist. Die Gegenseite zahlte den Mindestlohn für die tatsächlich geleisteten Arbeitstage für die Dauer von Krankheit oder an Feiertagen wurde ein geringerer arbeitsvertraglicher Lohn gezahlt.

Auf eine Anfrage des Arbeitgebers teilte der Zoll mit, dass der Mindestlohn nach der Rechtsverordnung an Feiertagen und am Tage der Arbeitsunfähigkeit (Krankheit) nicht zu zahlen ist.

Zwischen den Parteien bestand also im Streit, ob der Mindestlohn (Entgeltfortzahlung) tatsächlich an den obigen Ausfallzeiten vom Arbeitgeber zu zahlen war. Der Arbeitgeber meinte, dass die Mindestlohnrechtsverordnung nur eine Regelung in Bezug auf die tatsächlich geleistete Arbeitsleistung trifft und die Höhe der Entgeltfortzahlung sich allein aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz ergibt. Im Übrigen – so meint dies der Arbeitgeber – hat das Bundesarbeitsgericht ( vom 12.01.2005, 5 AZR 279/01) bereits entschieden, dass der Mindestlohn nur für die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung, nicht aber für Ersatzleistungen zu zahlen ist.

Das Arbeitsgericht Cottbus  (Urteil vom 6.6.13 – 3 Ca 171/13) bejahte den Anspruch auf Zahlung von Mindestlohn auch für Ersatzleistungen (Entgeltfortzahlung) und führte aus:

Der Anspruch der Klägerin auf Entgeltfortzahlung folgt nicht aus dem AEntG sondern aus dem EntgeltfortzahlungsG. Allein diese Regelung ist maßgebend. Ausgefallene Arbeitszeit für Feiertage ist nach den Vorgaben des EntgeltfortzahlungsG so zu vergüten, als ob die Klägerin gearbeitet hätte. Hätte die Klägerin gearbeitet, so wäre sie unstreitig von der Beklagten mit dem Mindestlohn in Höhe von 11,25 Euro brutto vergütet worden.Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung an Feiertagen gemäß § 2 Abs. 1 EntgeltfortzahlungsG ist nicht dispositiv. Dass Ansprüche auf Entgeltfortzahlung dem Themenkatalog des AEntG nicht unterfallen, ändert nichts daran, dass die Beklagte zur Fortzahlung der Vergütung für an Feiertagen ausgefallene Arbeitszeit entsprechend § 2 Abs. 1 EntgeltfortzahlungsG verpflichtet ist.
Durch das in Kraft treten der Rechtsverordnung zum 01.08.2012 ist das zwischen den Parteien vereinbarte arbeitsvertragliche Gehalt in Höhe von 1.800,00 Euro brutto durch den Mindestlohn der Rechtsverordnung ersetzt worden. Dass eine Regelung zur Entgeltfortzahlung entsprechend dem Themenkatalog der §§ 2 und 5 AEntG, die im Einklang mit der Entsenderichtlinie stehen, nicht möglich wäre, ändert nichts an der Ersetzung des arbeitsvertraglich vereinbarten Gehaltes durch den Mindestlohn.
Dass die Rechtsverordnung keine Regelung zur Entgeltfortzahlung enthält, ist für die Klägerin unerheblich, da ihre Ansprüche aus dem EntgeltfortzahlungsG folgen. Das AEntG verhält sich dazu nicht. Dies mag dazu führen, dass Arbeitnehmer ausländischer Arbeitgeber Entgeltfortzahlungsansprüche nur nach ausländischem Recht gegenüber ihrem Arbeitgeber geltend machen können. Für die Klägerin gilt jedoch § 2 Abs.1 EntgeltfortzahlungsG. Dieser bestimmt sowohl Anspruchsgrund als auch Anspruchshöhe in Verbindung mit § 611 BGB.
Die Kammer vermag sich daher auch der Kommentierung von Koberski, AEntG, 3. Auflage, § 5 Rz. 14 – 17 nicht anschließen. Auch diese Kommentierung beruht darauf, dass die vom BAG für die Bürgenhaftung gefundenen Ergebnisse auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem unter deutschem Recht stehenden Arbeitsvertrag übertragen werden. Dafür sieht die Kammer jedoch keine Anhaltspunkte.
Eine interessante Entscheidung. Jedes andere Ergebnis wäre allerdings kaum nachvollziehbar gewesen.RA A. Martin

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auch bei Arbeitsunwilligkeit (angekündigter Arbeitsverweigerung) des Arbeitnehmers?

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Wenn der Arbeitnehmer erkrankt, hat er im Normalfall einen Anspruch auf Lohnfortzahlung/Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Voraussetzungen für den Anspruch sind in Entgeltfortzahlungsgesetz normiert. Die §§ 3 und 4 des Entgeltfortzahlungsgesetzes Regel im wesentlichen die Voraussetzungen für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

 

Gesetzliche Regelung: Entgeltfortzahlungsgesetz

 

§ 3 Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn

1.

er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder

2.

seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.

(2) Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Absatzes 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen.

(3) Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.

Voraussetzungen sind:

 

  • das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses
  • die Krankheit des Arbeitnehmers
  • Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Krankheit
  • Kausalität zwischen krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und Ausfall der Arbeitsleistung

 

Gerade der letzte Punkt, nämlich die Kausalität kann problematisch sein. Die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit muss die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung sein. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus anderen Gründen die Arbeitsleistung verweigert.

Arbeitsunwilligkeit des Arbeitnehmers

Sonderfall: Arbeitsunwilligkeit des Arbeitnehmers – Im Fall der Arbeitsunwilligkeit des Arbeitnehmers ist krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung. Vielmehr ist es so, dass der Arbeitnehmer-auch wenn er nicht erkrankt wäre-nicht zur Arbeit erschienen wäre und nicht gearbeitet hätte.

 Ankündigungsfälle einer Erkrankung in der Praxis

In der Praxis kommen häufig Fälle vor, in denen der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber Urlaub / Sonderurlaub beantragt oder eine andere Leistung vom Arbeitgeber haben möchte und der Arbeitgeber nicht entsprechend reagiert. In diesen Fällen kündigen Arbeitnehmer häufig an, dass sie dann nicht zur Arbeit erscheinen werden und lassen sich krankschreiben. Manchmal kündigen Arbeitnehmer auch mündlich den Arbeitsvertrag. Eine mündliche Kündigung ist unwirksam, allerdings lässt auch die mündliche Kündigung auf die Arbeitsunwilligkeit des Arbeitnehmers schließen. Später erfolgt dann die Krankschreibung und die Geltendmachung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

 Entscheidung des BAG

Das Bundesarbeitsgericht (BAG 20.03.1995 – 5 AZR – 229/83) hat bereits entschieden, dass der Arbeitnehmer, wenn eine Vermutung nahelegt, dass er arbeitsunwillig war, vortragen und notfalls beweisen muss (Hilfstatsachen), dass er tatsächlich arbeitswillig war.

 

Ein Arbeitnehmer war unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben und hatte sich dann krank gemeldet. Er beanspruchte Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass in diesem Fall der Arbeitnehmer darlegen und gegebenfalls beweisen muss, dass er im Zeitraum der Krankheit bedingten Arbeitsunfähigkeit tatsächlich arbeitswillig gewesen war. Dagegen spricht, dass er zuvor bereits unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben war.

 

In der Praxis kommen solche Fälle nicht gerade selten vor. Häufig nach Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber lassen sich Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank schreiben. Die vorherigen Streitigkeiten reichen in der Regel noch nicht aus, um eine Arbeitsunwilligkeit des Arbeitnehmers anzunehmen, wenn allerdings der Arbeitnehmer daraufhin angekündigt, dass er nicht mehr arbeiten wird und sich dann krankschreiben lässt, bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine Arbeitsunwilligkeit vorliegt.

RA A. Martin

Beschäftigungsverbot und Mutterschutzlohn (Lohnfortzahlung bei Schwangerschaft)

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Wird eine Arbeitnehmerin schwanger, dann hat dies Auswirkungen in vielen Bereichen des Arbeitsverhältnisses (siehe z.B. in Bezug auf die Kündigung : „Kündigung bei Schwangerschaft in der Probezeit„). Neben der erschwerten Kündigungsmöglichkeit (besonderer Kündigungsschutz nach § 9 Mutterschutzgesetz) gibt es vielfältige Schutzpflichten, die der Arbeitgeber zu beachten hat und der Arbeitgeber ist auch verpflichtet während eines bestehenden Beschäftigungsverbotes der Schwangeren den Lohn fortzuzahlen (Mutterschutzlohn).

Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft

Während der bestehenden Schwangerschaft können Beschäftigungsverbote bestehen (§§ 3 ff. Mutterschutzgesetz). Hier unterscheidet man individuelle Beschäftigungsverbote und generelle. Bei den individuellen Beschäftigungsverboten hat das vom Arzt angeordnete Beschäftigungsverbot den Grund im persönlichen (individuellen) Gesundheitszustand der Frau (Schwangeren). Beim generellen Beschäftigungsverbot kommt es auf den individuellen Gesundheitszustand nicht an.

Beispiel: Beschäftigung der Schwangen währen der Schutzfristen vor und nach der Entbindung.

Anspruch auf Zahlung von Mutterschutzlohn

Während des bestehenden Beschäftigungsverbotes hat die Schwangere in der Regel einen Anspruch auf Zahlung ihres Lohn (Durchschnittslohnes) gegenüber dem Arbeitgeber; dem sog. Mutterschaftslohn. Geregelt ist dies in § 11 MuSchG, welcher normiert:

(1) Den unter den Geltungsbereich des § 1 fallenden Frauen ist, soweit sie nicht Mutterschaftsgeld nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung beziehen können, vom Arbeitgeber mindestens der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist, weiter zu gewähren, wenn sie wegen eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 1, §§ 4, 6 Abs. 2 oder 3 oder wegen des Mehr-, Nacht- oder Sonntagsarbeitsverbots nach § 8 Abs. 1, 3 oder 5 teilweise oder völlig mit der Arbeit aussetzen. Dies gilt auch, wenn wegen dieser Verbote die Beschäftigung oder die Entlohnungsart wechselt. Wird das Arbeitsverhältnis erst nach Eintritt der Schwangerschaft begonnen, so ist der Durchschnittsverdienst aus dem Arbeitsentgelt der ersten 13 Wochen oder drei Monate der Beschäftigung zu berechnen. Hat das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 oder 3 kürzer gedauert, so ist der kürzere Zeitraum der Berechnung zugrunde zu legen. Zeiten, in denen kein Arbeitsentgelt erzielt wurde, bleiben außer Betracht.

(2) Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während oder nach Ablauf des Berechnungszeitraums eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Durchschnittsverdienstes außer Betracht. Zu berücksichtigen sind dauerhafte Verdienstkürzungen, die während oder nach Ablauf des Berechnungszeitraums eintreten und nicht auf einem mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot beruhen.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes im Sinne der Absätze 1 und 2 zu erlassen.

Voraussetzungen des Mutterschutzlohnes

Die obige Vorschrift hat mehrere Voraussetzungen.

Sinn und Zweck der Lohnfortzahlungspflicht beim bestehenden Beschäftigungsverbot

Sinn und Zweck der obigen Vorschrift besteht im Schutz der Schwangeren und des werdenden Kindes. Diese soll wirtschaftlich im Beschäftigungsverbot abgesichert sein und die Anordnung des Arztes nicht aufgrund wirtschaftlicher Zwänge ignorieren und trotz Beschäftigungsverbotes beim Arbeitgeber arbeiten.

Beschäftigungsverbot alleinige Ursache für das Aussetzen von der Arbeit

Voraussetzung für den Bezug des Mutterschutzlohnes ist, dass das Beschäftigungsverbot die alleinige und nicht wegzudenkende Ursache für das Aussetzung von der Arbeit der Schwangeren ist. Von daher muss das Beschäftigungsverbot kausal für die Nichtleistung der Arbeit sein.

Weitere Gründe dürfen nicht hinzutreten, wie z.B.

  • vertragswidrige Arbeitsverweigerung
  • Krankheit der Arbeitnehmerin
  • Ablehnung einer zumutbaren Ersatzbeschäftigung
  • Teilnahme an Arbeitskämpfen

Zusammentreffen und Krankheit und Mutterschutzlohn

Wie oben bereits ausgeführt wurde, muss das Beschäftigungsverbot die alleinige – nicht hinweg zudenkende Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin sein. Das BAG (Urteil vom 1.10.1997- 5 AZR 685/96) stellt ausdrücklich klar, dass wenn Krankheit und Beschäftigungsverbot zusammen vorliegen, dass dann kein Mutterschutzlohn vom Arbeitgeber geschuldet ist. Dies gilt ausdrücklich auch, wenn z.B. der Arbeitgeber nach dem Ablauf von 6 Wochen Krankheit nicht mehr zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist.

Ein Anspruch auf Mutterschutzlohn nach § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG besteht nur, wenn allein das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot dazu führt, daß die Schwangere mit der Arbeit aussetzt. Das Beschäftigungsverbot muß die nicht wegzudenkende Ursache für das Nichtleisten der Arbeit und den damit verbundenen Verdienstausfall sein. Für die Zeit, in der die Schwangere arbeitsunfähig krank ist, ist dieser alleinige Ursachenzusammenhang nicht gegeben. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber – nach Ablauf des Sechswochenzeitraums – nicht mehr zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle verpflichtet ist.

Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit (§ 3 Abs. 1 EFZG) und Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung (§ 3 Abs. 1 MuSchG) schließen sich gegenseitig aus. Beruhen die Beschwerden auf der Schwangerschaft, so kommt es darauf an, ob es sich um einen krankhaften Zustand handelt, der zur Arbeitsunfähigkeit der Schwangeren führt. Ist dies der Fall, so ist kein Beschäftigungsverbot auszusprechen, sondern krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen. Haben die Schwangerschaftsbeschwerden dagegen keinen Krankheitswert oder führen sie nicht zur Arbeitsunfähigkeit, so kommt das Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG in Betracht.

Pauschal gesagt, gehen von daher Krankengeld und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall dem Mutterschutzlohn vor.

Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, kann es in der Praxis hier Abgrenzungsschwierigkeiten geben, die letztendlich nur über den behandelnden Arzt geklärt werden können.

Höhe des Mutterschutzlohnes

Wie die Höhe des Mutterschutzlohnes zu berechnen ist, steht im Gesetz recht ausführlich. Gezahlt werden muss mindestens der Durchschnittswert der letzten 13 Wochen. Beim gleich bleibenden Monatslohn und einer 5 Tage- Woche würde man hier dies so berechnen: 3 x Monatslohn brutto ./. 65 = Anspruch pro Beschäftigungstag. Ansonsten ist der Lohn der letzten 13 Wochen zu Grunde zu legen.

Der Arbeitgeber ist bei Zahlung des Mutterschutzlohns auch zur Fortzahlung der im Lohn enthaltenen Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge verpflichtet.

Erstattungsanspruch des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber (weniger als 30 AN) hat in der Regel einen Erstattungsanspruch (in der Regel 80 %) gegenüber den Krankenkassen (U2- Verfahren) nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlungen (AAG).

Zusammenfassung der Voraussetzungen auf Zahlung des Lohnes während des Mutterschutzes/ Mutterschutzlohnes (§ 11 MuSchG)

  • schwangere Arbeitnehmerin oder gleichgestellte Person (siehe § 1 MuSchG)
  • kein Bezug von Mutterschaftsgeld nach § 13 MuSchG (im Normalfall erst währen der Schutzfristen des § 3 Abs.2 MuSchG und 6 Abs. MuSchG – also 6 Wochen vor und 8 bzw. 12 Wochen nach der Geburt)
  • Bestehen eines Beschäftigungsverbotes (§ 3 Abs. 1; §§ 4,6 Abs. 2 oder 3 MuSchG oder
  • Bestehen eines Mehr-, Nachts-,- oder Sonntagsarbeitsverbotes  (§ 8 Abs. 1, 3 und 5 MuSchG)
  • Aussetzen von der Arbeit (also Nichtarbeit)
  • alleinige Kausalität des Beschäftigungsverbotes für das Aussetzen von der Arbeit (also z.B. keine Krankheit)

Mutterschaftsgeld / Zuschuss zum Mutterschaftsgeld

Bezieht die Arbeitnehmerin später sog. Mutterschaftsgeld (dies zahlt nicht der Arbeitgeber) nach § 13 des MuSchG, dann besteht ein Anspruch auf Zahlung eines  Zuschuss zum Mutterschaftsgeld gegenüber dem Arbeitgeber. Dieser Zuschuss wird oft übersehen und/ oder falsch berechnet.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Berlin Marzahn