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Verjährung von Urlaubsansprüchen

Urlaub und Verjährung
Mit der Frage von der Verjährung von Urlaubsansprüchen haben sich diverse Arbeitsgerichte bereits beschäftigt. Bis vor ein paar Monaten war klar, dass der Urlaubsanspruch der dreijährigen Verjährung unterfällt und das vor allem der Beginn der Verjährung das Ende des Jahres ist, in dem der Urlaubsanspruch fällig war.
Dazu wie folgt:
Was ist Urlaub?
Urlaub im arbeitsrechtlichen Sinne ist die bezahlte Arbeitsbefreiung des Arbeitnehmers unter Weiterzahlung seines Arbeitsentgelts.
Was ist Urlaubsentgelt?
Das Urlaubsentgelt ist der Lohn während des Urlaubs.
Was ist Urlaubsgeld?
Urlaubsgeld ist eine zusätzlich zum Urlaubslohn (Urlaubsentgelt) gezahlte Vergütung. Dies ist oft freiwillig und erfolgt von Seiten des Arbeitgebers meistens 1 x pro Jahr in Höhe einer festen Summe.
Wo ist der Urlaub gesetzlich geregelt?
Das Recht der Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer ist im Bundesurlaubsgesetz geregelt.
Ab wann besteht der volle Urlaubsanspruch?
Der volle Urlaubsanspruch entsteht nach nach einer sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit.
Wie hoch ist der Mindesturlaubsanspruch?
Der Mindesturlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz beträgt jährlich 24 Werktagen bzw. 20 Arbeitstagen. Einfach ausgedrückt, hat jeder Arbeitnehmer nach der Wartezeit von 6 Monaten einen Anspruch auf 4 Wochen Erholungsurlaub pro Kalenderjahr.
Bis wann ist der Urlaub zu nehmen?
Der Urlaub ist grundsätzlich bis zum Ende des Kalenderjahres vollständig zu nehmen, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist.
Hat der Arbeitnehmer das Recht auf Selbstbeurlaubung?
Nein, ein solches Recht besteht nicht. Die Selbstbeurlaubung eines Arbeitnehmers gibt dem Arbeitgeber das Recht, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen.
Wozu muss der Urlaub genutzt werden?
Der Urlaub muss zur Erholung genutzt werden. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit während der Urlaubstage ist nicht zulässig.
Unterliegt der Urlaub der Verjährung?
Ja, der Urlaub unterliegt grundsätzlich der Verjährung. Daran ändert auch die neueste Entscheidung des BAG nichts.
Kann Urlaub verfallen?
Ja, auch der Verfall des Urlaubs ist immer noch möglich. Allerdings sind daran bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Da der Verfall eher als die Verjährung – in der Regel stattfindet – hat das BAG auch hierüber entschieden und knüpft an einen Verfall die Voraussetzung, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Urlaubsanspruch belehrt und auch über den Verfall des Urlaubs bei Nichtnahme.
Was hat das BAG (Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20) zum Verfall und zur Verjährung von Urlaubsansprüchen entschieden?
Der europäische Gerichtshof hat die Regelungen über den Verfall und die Verjährung von Urlaub in Frage gestellt bzw. an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil des BAG vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20) hatte sich nun am 20.12.2022 sih mit der Problematik der Verjährung von Ansprüchen auf Urlaub auseinandergesetzt.
Nach dem BAG unterliegen Urlaubsansprüche grundsätzlich der gesetzlichen Verjährung von drei Jahren. Allerdings beginnt diese Verjährungsfrist erst dann ab dem Ende des Kalenderjahres zu laufen, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallsfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Nach dem BAG kann also die Urlaubsverjährung erst dann beginnen – diese beginnt immer erst zum Ende des Kalenderjahres – wenn der Arbeitgeber:
- der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer über seinen Urlaubsanspruch
- über die Verfallsfristen belehrt hat und
- der Arbeitnehmer den Urlaub freiwillig nicht angetreten hat.
Das Bundesarbeitsgericht führt dazu in seiner Pressemitteilung vom 20.12.2022 zur Nr. 48/22 -aus:
Die Revision des Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Zwar finden die Vorschriften über die Verjährung (§ 214 Abs. 1, § 194 Abs. 1 BGB) auf den gesetzlichen Mindesturlaub Anwendung. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 199 Abs. 1 BGB jedoch nicht zwangsläufig mit Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Der Senat hat damit die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Vorabentscheidung vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) umgesetzt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs tritt der Zweck der Verjährungsvorschriften, die Gewährleistung von Rechtssicherheit, in der vorliegenden Fallkonstellation hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zurück, die Gesundheit des Arbeitnehmers durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme zu schützen. Die Gewährleistung der Rechtssicherheit dürfe nicht als Vorwand dienen, um zuzulassen, dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumnis berufe, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben. Der Arbeitgeber könne die Rechtssicherheit gewährleisten, indem er seine Obliegenheiten gegenüber dem Arbeitnehmer nachhole.
Der Beklagte hat die Klägerin nicht durch Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten in die Lage versetzt, ihren Urlaubsanspruch wahrzunehmen. Die Ansprüche verfielen deshalb weder am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) noch konnte der Beklagte mit Erfolg einwenden, der nicht gewährte Urlaub sei bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses nach Ablauf von drei Jahren verjährt. Den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs hat die Klägerin innerhalb der Verjährungsfrist von drei Jahren erhoben.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20
Rechtsanwalt Andreas Martin
LAG Berlin-Brandenburg: neue Entscheidung zur Darlegungs- und Beweislast im Prozess auf Zahlung von Überstunden
Wenn der Arbeitnehmer geleistete Überstunden einklagen möchte, was ja fast immer erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschieht, muss er dazu grundsätzlich umfangreich vortragen. Der Vortrag, dass er z.B. 200 Überstunden geleistet hat, selbst wenn der dies auf die einzelnen Monate aufschlüsselt, reicht nicht aus. Die Schwierigkeiten im Überstundenprozess für den Arbeitnehmer werden häufig von Arbeitnehmern unterschätzt.
BAG und LAG Berlin-Brandenburg
Entsprechend der neuen Rechtsprechung des BAG (Erleichterung im Vortrag für den Arbeitnehmer im Überstundenprozess) hat nun nun das Landesarbeitsgericht Berlin – Brandenburg nochmals die Prüfung des Anspruches des Arbeitnehmers im Prozess auf Zahlung von Überstunden vor dem Arbeitsgericht verdeutlicht.
Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin- Brandenburg
Das LAG Berlin-Brandenburg (LArbG Berlin-Brandenburg 15. Kammer – Entscheidung vom 19.09.2012 – 15 Ta 1766/12) führt zur „neuen Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess eine 2 Stufenprüfung durch:
- Stufe: Der Arbeitnehmer hat vorzutragen an welchen Tagen er von wann bis wann gearbeitet hat (Vortrag im Schriftsatz nicht Verweis auf Anlagen!)
- Stufe: Der Arbeitgeber muss nun für jeden einzelnen Tag konkret bestreiten
Das Landesarbeitsgericht führt aus, dass die Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers (zu den „Überstundenzeiten“) die Vermutung begründet, dass die Anwesenheit notwendig zur Erledigung der Arbeitsaufgaben war.
Im Einzelnen begründet dies das LAG Berlin-Brandenburg wie folgt:
Im Überstundenprozess genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereit gehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substanziiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen – nicht – nachgekommen ist (BAG, 16.05.2012 – 5 AZR 347/11 – NZA 2012, 939 Rn. 27). Ist streitig, ob der Arbeitnehmer Überstunden geleistet hat, muss dieser nach der neueren Rechtsprechung des BAG nicht mehr von vornherein darlegen, welche geschuldete Tätigkeit er während der Mehrarbeit verrichtet haben will (so aber noch BAG, 25.05.2005 – 5 AZR 319/04 – NZA 2005, 1432).
1.2 Das Arbeitsgericht hat auch deswegen eine Erfolgsaussicht verneint, weil der Antragsteller nicht dargelegt habe, wer von ihm wann welche Arbeiten für welche Tage und innerhalb welcher Zeitspannen verlangt habe. Mit dieser Begründung kann die Erfolgsaussicht ebenfalls nicht verneint werden.
In einem zweiten Prüfungsschritt wird von der Rechtsprechung jedoch durchgängig die Darlegung des Arbeitnehmers verlangt, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren (wohl erstmals BAG, 15.06.1961 – 2 AZR 436/60 – DB 1961, 1168). Die Anwesenheit eines Arbeitnehmers im Betrieb an seinem Arbeitsplatz begründet jedoch eine Vermutung dafür, dass die Überstunden zur Erledigung der Arbeit jeweils notwendig waren (LAG Berlin-Brandenburg, 23.12.2011 – 6 Sa 1941/11 – juris Rn. 24). Hierauf hat der Arbeitgeber substanziiert für jeden einzelnen Tag zu erwidern.
Das momentane Vorbringen des Antraggegners genügt diesem Erfordernis nicht, da die Einwendungen pauschal und nicht konkretisiert für einzelne Tage erhoben werden.
Die Entscheidung des LAG hat – zumindest in Berlin-Brandenburg – entsprechende Bedeutung; so verwies z.B. gerade erst gestern in einem Kammertermin – (Überstundenklage beim Arbeitsgericht Berlin) – eine Richterin auf diese Entscheidung des LAG, die ja erst vor kurzem überhaupt veröffentlicht wurde.
Anwalt Martin