BGH

Vom Türsteher abgewiesen, da zu alt für die Disko – Schadenersatz?

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Vom Türsteher abgewiesen, da zu alt für die Disko - Schadenersatz?
Zu alt für die Disko?

Altersdiskriminierung

Ein polnisches Sprichwort besagt, das „Altern keine Freude macht“ („starość nie radość“).

Dass das „Altern“ auch schon in den 40-zigern beginnt, musste nun ein 44-jähriger Mann am eigenen Leib erfahren. Dieser wurde vom Türsteher abgewiesen, da er und seine Begleiter für einen Techno-Veranstaltung zu alt waren (wohl eher aussahen). Seine junge Freundin dagegen hätte in die Disco gedurft.


Klage wegen Abweisung durch Türsteher

Dies wollte der Mann / Kläger nicht auf sich sitzen lassen und forderte eine Entschädigung in Höhe von 1000 € vom Betreiber der Veranstaltung. Der Betreiber lehnte dies ab, da die Zielgruppe der Veranstaltung zwischen 18 und 28 Jahren sein sollte. Dies wiederum nahm der Mann/Kläger zum Anlass sich durch alle Instanzen zu klagen, um Schadenersatz wegen Altersdiskriminierung zu verlangen.


Diskriminierung nach dem AGG im Arbeitsrecht

Auch wenn dies kann typischer arbeitsrechtlicher Fall ist, da dieser aus dem Zivilrecht stammt, ist auch hier wieder die Problematik der Altersdiskriminierung, die vor allem im Arbeitsrecht eine große Rolle spielt, entscheidend.


Ungleichbehandlung ist nicht immer eine Diskriminierung

Nicht jede Ungleichbehandlung aufgrund des Alters ist auch eine Diskriminierung. Vor Altersdiskriminierung schützt das AGG (allgemeine Gleichbehandlungsgesetz) und dieses spricht in Fällen der Diskriminierung einen Schadensersatzanspruch / Entschädigungsanspruch zu. Diese Ansprüche muss man rechtzeitig geltend machen und notfalls dann auch gerichtlich einklagen.


Entscheidung des BGH zum „Türsteherfall“

Von einer solchen Altersdiskriminierung ging aber der Bundesgerichtshof, der letztendlich den Fall zu entscheiden hatte, nicht aus.


sachlicher Grund für Ungleichbehandlung

Eine Diskriminierung scheidet nämlich dann aus, wenn es einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung aufgrund des Alters gibt.

Ausführungen des BGH

Dazu führte der Bundesgerichtshof (Urteil vom 05.05.2021, Az.: VII ZR 78/20) aus:

Bei Schuldverhältnissen wie öffentlichen Party-Event-Veranstaltungen kann die Zusammensetzung des Besucherkreises deren Charakter prägen und daher ein anerkennenswertes Interesse des Unternehmers bestehen, hierauf Einfluss zu nehmen. Soweit Unternehmer im Hinblick hierauf ihr Angebot nur an eine bestimmte, nach persönlichen Merkmalen definierte Zielgruppe richten und in Umsetzung dessen nur Personen als Vertragspartner akzeptieren, die die persönlichen Merkmale dieser Zielgruppe erfüllen, kommt den persönlichen Eigenschaften der Vertragspartner nicht nur nachrangige Bedeutung im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 AGG zu. Diese persönliche Willensentscheidung ist hinzunehmen (vgl. auch BGH, Urteil vom 25. April 2019 – I ZR 272/15 Rn. 18, NJW 2020, 852); wenn dabei auch das in § 1 AGG genannte Merkmal „Alter“ betroffen ist, steht dies nicht entgegen.


Kurz: Der Veranstalter kann ein berechtigtes Interesse haben, bestimmte Events für bestimmte Zielpersonen – auch nach einem bestimmten Altern – anzubieten und damit auch Personen, die nicht das gewünschte Alter haben, ausschließen.


Entscheidungen zur Altersdiskriminierung im Arbeitsrecht

  1. Altersdiskriminierung – „junges, hochmotiviertes Team“-€ 6.700 Entschädigung.
  2. BAG: Kündigung im Kleinbetrieb und Altersdiskriminierung
  3. BAG: Kündigungsfristen nach § 622 II BGB sind keine Altersdiskriminierung
  4. BAG: Entschädigung wegen Altersdiskriminierung auch, wenn kein Bewerber eingestellt wird!
  5. Diskriminierung durch Gendersternchen?

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

BGH: Kündigung eines GmbH Geschäftsführers aus außerordentlichem Grund

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Eine außerordentliche Kündigung eines GmbH Geschäftsführers richtet sich-ebenso wie eine Kündigung eines Arbeitnehmers-nach § 626 BGB.

 Dort – § 626 BGB – ist geregelt:

 1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

außerordentliche Kündigung – 2-Wochen-Frist beachten!

In der Praxis wird dabei häufig der Abs. 2 des vorstehenden Paragraphen übersehen. Danach muss die Kündigung innerhalb von 2 Wochen ab Kenntnis des Kündigungsberechtigten von den maßgeblichen Tatsachen erfolgen. Wird diese Frist versäumt, ist die Kündigung nicht rechtmäßig (beim Arbeitnehmer wird die Kündigung wegen § 7 KschG aber nachträglich wirksam, wenn keine Kündigungsschutzklage erhoben wird). Zu beachten ist aber dabei, dass der Kündigungsberechtigte zunächst den Sachverhalt aufklären darf und Ermittlungen einleiten kann, um zu prüfen, ob überhaupt eine kündigungsrelevanter Sachverhalt vorliegt (z.B. Zeugenvernehmungen).

 § 626 Abs. 2 BGB – gilt auch beim GmbH-Geschäftsführer

Dies ist auch bei der Kündigung gegenüber einen GmbH- Geschäftsführer zu beachten.

Entscheidung des Bundesgerichtshofes

Dabei ist  nach der Entscheidung des Bundesgerichtshof (Urteil vom 9. April 2013 – II ZR 273/11) bei der Frage, wann diese 2-Wochenfrist- Frist beginnt, genau zu beachten, wer die Kenntnis von der kündigungserheblichen Tatsachen haben muss und erst wenn die richtige Person (hier der neue Geschäftsführer der Tochter GmbH) davon Kenntnis hat, beginnt die Frist zu laufen.

Der Bundesgerichtshof führt dazu in seiner Pressemitteilung aus:

 

Der Kläger war zunächst Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft der Stadtsparkasse Düsseldorf, dann Geschäftsführer der beklagten GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Tochtergesellschaft ist. Im Jahr 2000 unterzeichnete der Kläger einen Beratervertrag der Tochtergesellschaft mit einem Kölner Kommunalpolitiker für die beabsichtigte Auflage eines Fonds unter Beteiligung der Stadtsparkasse Düsseldorf, ihrer Tochtergesellschaft und der Stadtsparkasse Köln. Nach dem Vortrag der Beklagten beruhte dies auf einer Absprache zwischen dem Vorstandsvorsitzenden der Stadtsparkasse Köln und dem Vorstandsvorsitzenden der Stadtsparkasse Düsseldorf, nach der der Kommunalpolitiker keine Beratungsleistung erbringen sollte. Der Kommunalpolitiker erhielt ein jährliches Honorar von 200.000 DM, das vereinbarungsgemäß von der Stadtsparkasse Köln erstattet wurde. Im Jahr 2004 wurde der Beratervertrag mit teilweiser Rückwirkung aufgehoben.

Nach der Veröffentlichung von Presseberichten, nach denen es sich um einen Scheinberatervertrag gehandelt habe und die zum Rücktritt des Kommunalpolitikers als Bürgermeister führten, wurde der Kläger am 16. Februar 2009 als Geschäftsführer der Beklagten abberufen und sein Anstellungsvertrag fristlos gekündigt.

Der Kläger verlangt die Feststellung, dass die Kündigung seines Dienstverhältnisses unwirksam sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass die Kündigung des Dienstvertrages nach § 626 Abs. 2 BGB wegen Versäumung der Kündigungsfrist unwirksam sei.

Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Er hat die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Verfristung der Kündigungserklärung als nicht ausreichend angesehen. Die Frist begann erst mit positiver Kenntnis der neuen Geschäftsführer der Tochtergesellschaft vom Kündigungsgrund zu laufen. Grobfahrlässige Unkenntnis genügt nicht, so dass keine Pflicht der Geschäftsführer bestand, aus Anlass der Aufhebung des Beratervertrags zu ermitteln, ob er nur zum Schein abgeschlossen wurde. Eine positive Kenntnis hat das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.

Von daher ist zunächst zu ermitteln, welches Organ muss hier die Kenntnis von den kündigungsrelevanten Tatsachen haben. Erst wenn diese Person die Tatsachen vorliegen, beginnt die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen.

 

A . Martin – Rechtsanwalt

Abtretungsverbot für Arbeitslohn im Arbeitsvertrag wirksam?

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In vielen Arbeitsverträgen finden sich Klauseln, wonach Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Arbeitslohn aus dem Arbeitsvertrag nicht an dritte Personen abtreten dürfen. Der Grund für solche Klauseln liegt darin, dass bei einer wirksamen Abtretung der Arbeitgeber dann den Arbeitslohn an dritte Person auskehren müsste, was einen erheblichen Verwaltungsaufwand erfordert. Darüber hinaus ist eine Abtretung des Arbeitslohns auch nur innerhalb der Pfändungsfreigrenzen (§§ 400, 1274 Abs. 2 BGB) möglich. Auch dies müsste dann der Arbeitgeber überwachen. Ein weiteres Problem für den Arbeitgeber besteht darin, dass er evtl. sogar zweimal leisten muss, wenn die Abtretung zum Beispiel unwirksam war oder nicht mehr aktuell ist. Von daher ist verständlich, dass viele Arbeitgeber versuchen in Arbeitsverträgen entsprechende Abtretungsverbotsklauseln zu „installieren“.

Zulässigkeit solcher Abtretungsverbotsklausel ?

Die Zulässigkeit solcher Klauseln ist nicht ganz unproblematisch, zumindest dann nicht, wenn es sich um Abtretungsverbote in Formulararbeitsverträgen handelt, also wenn diese Abtretungsverbote nicht individuell ausgehandelt wurden.  Der Bundesgerichtshof (BGH) achtet Abtretungsverbote in zivilrechtlichen allgemeinen Geschäftsbedingungen dann für unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners gegenüber den Belangen des Verwenders überwiegen (BGH BGH 13.07.2006, DB 2006, 2345). Da durch das Abtretungsverbot die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit, nämlich den Arbeitslohn abzutreten und evtl. Kredit in Anspruch zu nehmen, dass Arbeitnehmers eingeschränkt wird, können hier schon solche Belange vorliegen.

Im Hinblick auf diese Entscheidung ist es so, dass viele Juristen Abtretungsverbote in Formulararbeitsverträgen als nicht zulässig betrachten. Von daher ist die Frage, ob Abtretungsverbote im Formulararbeitsverträgen zulässig oder unzulässig sind, unter den Juristen sehr strittig.

Sofern kein Formularmietvertrag vorliegt, ist ein Abtretungsverbot grundsätzlich möglich.

Wie können Abtretungsverbotsklauseln lauten?

Man unterscheidet zwischen dinglichen und schuldrechtlichen Abtretungsverboten.

dingliches Abtretungsverbot

Beim dinglichen Abtretungsverbot wird generell die Abtretung ausgeschlossen.

Beispiel: “ Die Abtretung oder Verpfändung  von Arbeitslohn sowie von sonstigen Vergütungsansprüchen ist ausgeschlossen. Tritt der Arbeitnehmer trotz dieses Verbotes Arbeitslohn ab oder verpfändet er diesen, so ist diese Abtretung/Verpfändung unwirksam.“

schuldrechtliches Abtretungsverbot

Beim schuldrechtlichen Abtretungsverbot ist die Abtretung von einer Zustimmung des Arbeitgebers abhängig. Ohne Zustimmung ist die Abtretung unwirksam.

Beispiel: “ Ansprüche des Arbeitnehmers auf Lohn sowie sonstige Vergütungsansprüche dürfen nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Arbeitgebers abgetreten oder verpfändet werden. Eine ohne vorherige schriftliche Zustimmung vorgenommene Abtretung oder Verpfändung ist ein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers.“

Häufig wird dann der Verstoß auch mit einer Vertragsstrafe oder „Bearbeitungsgebühr“ verknüpft.

 

Rechtsanwalt A. Martin