Bereitschaftsdienst
Arbeitszeitgesetz – Wie lange darf man arbeiten?

Arbeitszeitgesetz – Wie lange darf man arbeiten?
Jeder Arbeitnehmer weiß, dass es zu seinen Gunsten Schutzvorschriften gibt, die u.a. auch die Arbeitszeit des Arbeitnehmers regeln. Diese Vorschriften regeln u.a. auch, wie lange man maximal pro Tag/ Woche arbeiten darf und wann und wie lange Pausen gemacht werden müssen. Was aber genau geregelt ist, wissen meist weder Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Nachfolgend werden die wichtigsten Regeln zu den maximalen Arbeitszeiten dargestellt.
Erstaunlich ist immer wieder, dass in der Praxis massiv gegen diese Vorschriften verstoßen wird. Vor allem in Branchen, in denen ein starker Konkurrenzkampf herrscht. Hier wird seitens der Arbeitgeber erheblich Druck auf Arbeitnehmer ausgeübt. Häufig fehlt die Kenntnis der gesetzlichen Regelung, oft wird wohl auch bewusst gegen das Arbeitszeitgesetz (und um diese Vorschriften geht es hier) verstoßen. Arbeitgeber meinen oft, dass es in ihrer Branche schon immer so war und anders nicht geht und allein die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeit als zulässige Arbeitszeit gilt.
das Arbeitszeitgesetz – wichtiges Schutzgesetz der Arbeitnehmer
Die wichtigsten Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer findet man im Arbeitszeitgesetz.
Der Arbeitgeber kann nicht vom Arbeitnehmer verlangen, dass dieser gegen (eigene) Schutzvorschriften verstößt. Er kann sich dabei auch nicht auf arbeitsvertragliche Regelungen berufen. Eine wichtige Schutzvorschrift zu Gunsten des Arbeitnehmers ist das sog. Arbeitszeitgesetz. In diesem Gesetz ist u.a. geregelt, wie lange der Arbeitnehmer arbeiten darf. Welche Regelungen des Arbeitszeitgesetz genau enthält und was der Arbeitnehmer machen kann, wenn die Vorschriften des Gesetzes vom Arbeitgeber nicht beachtet werden, erfahren sind in den folgenden Ausführungen.
Das deutsche Arbeitszeitgesetz wurde in den letzten Jahren mehrfach novelliert und u.a. an europäische Richtlinien (so z.B. die EG–Arbeitszeitrichtlinie 93/104/EG) angepasst. Gerade diese Richtlinie hat nochmals zu weitergehenden Regelungen und eine Erweiterung des Arbeitnehmerschutzes geführt. Das Arbeitszeitgesetz (kurz ArbZG) setzt zugleich die RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung v. 4.11.2003 – ArbeitszeitRL um.
Was regelt das Arbeitszeitgesetz?
- die tägliche Höchstarbeitszeit des Arbeitnehmers
- das insgesamt zulässige Arbeitzeitvolumen des Arbeitnehmers
- die zeitliche Lage der Arbeitszeit des Arbeitnehmers
- die Pausen und Ruhezeiten
- die Beschäftigung an Sonntagen und an Feiertagen
- Konsequenzen / Rechtsfolgen falls sich der Arbeitgeber nicht an diese Vorschriften hält
tägliche Höchstarbeitszeit
Nach dem Arbeitszeitgesetz – nicht Zeitarbeitsgesetz – beträgt die tägliche Höchstarbeitszeit 8 Stunden. Diese Höchstarbeitszeit darf aber bis auf 10 Stunden – um 2 Stunden überschritten werden, wenn
- innerhalb von 6 Monaten oder 24 Wochen die durchschnittliche Arbeitszeit 8 Stunden täglich nicht überschritten wird
Diese gesetzliche normierte Zehn-Stunden-Grenze ist zwingend und darf in der werktäglichen Arbeitszeit in keinem Fall überschritten werden.
Die werktägliche Arbeitszeit darf nach § 3 Satz 1 ArbZG die Höchstarbeitszeit von 8 Stunden nicht überschreiten. Zu beachten ist auch, dass nach dem Ende der täglichen Arbeitszeit die Mindestruhezeit zu beachten ist. 8 Stunden werktäglich bedeutet eine Höchstarbeitszeit von 48 Stunden wöchentlich. Die wöchentliche Arbeitszeit darf von daher diesen Stundenwert nicht überschreiten.
Wenn der Arbeitnehmer also nicht werktäglich (Montag bis Samstag), sondern nur an Arbeitstagen (Montag bis Freitag), also an 5 Tagen pro Woche arbeitet, darf er die 48 Stunden pro Wochen nicht überschreiten. Dies bedeutet zum Beispiel, dass der Arbeitnehmer maximal 5 x 9,6 Stunden Arbeitszeit pro Tag arbeiten könnte.
Wenn also die geleistete Arbeitszeit regelmäßig 48 Stunden pro Woche beträgt, scheidet Sonn- und Feiertagsarbeit regelmäßig aus, da ansonsten die wöchententliche Höchstarbeitszeitgrenze überschritten wird. Dasselbe gilt, wenn dann noch im erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft erfolgen soll.
Für die Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit gilt der Samstag als Werktag (werktägliche Arbeitszeit).
Für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, insbesondere für leitende Angestellte, geltend Sonderregelungen (TV-Länder). Dies gilt auch für bestimmte Branchen (Landwirtschaft/ Pflege von Tieren).
Was ist der Zweck des Arbeitszeitgesetzes?
Nach § 1 Nr. 1 ArbZG ist Zweck dieses Gesetzes, die Sicherheit und den Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung zu gewährleisten und die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern. Die Arbeitnehmer sollen vor zeitlicher Überbeanspruchung durch die Arbeit geschützt werden. Dem Arbeitnehmer soll von daher auch eine ununterbrochene Ruhezeit zustehen, um sich von der Arbeit erholen zu können.
Für wen gilt das Arbeitszeitgesetz?
Das Arbeitszeitgesetz gilt für alle Arbeitnehmer (also abhängige Beschäftigte) über 18 Jahre. Weiter gilt das Arbeitszeitgesetz auch für Praktikanten (sind juristisch den Auszubildenden ähnlich) und für Auszubildende! Gerade der Fall des deutschen Praktikanten, der in London bei einer großen Bank tätig war und angeblich 72 Stunden- Schichten gearbeitet hat, zeigt, dass auch hier die gesetzlichen Bestimmungen zu beachten sind.
Für welche Arbeitnehmer gilt das Arbeitszeitgesetz nicht?
Das ArbZG gilt für folgende Arbeitnehmer nicht:
- Chefärzte
- teilweise Hausangestellte
- Arbeitnehmer im Bereich der Kirchen
- Bäckereien
- Konditoreien
- teilweise öffentlicher Dienst
- Seeleute / Binnenschifffahrt
- Luftfahrt
Von daher sich Beamte, Richter und Soldaten keine Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Für die vorstehenden Brachen/ Beamte gelten besondere Regelungen.
Für welche Personen, gibt es Sonderregelungen zur Arbeitszeit?
- Jugendliche – §§ 4, 8 ff. JArbSchG,
- Besatzungsmitglieder auf Kauffahrteischiffen – §§ 42–55 SeeArbG,
- Arbeitnehmer als Besatzungsmitglieder in der Luftfahrt – 2. DVO zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät,
- Arbeitnehmer in Verkaufsstellen – § 17 LSchlG,
- Beamte – ArbeitszeitVO des Bundes und der Länder.
Was ist die Arbeitszeit?
Die Arbeitszeit ist die Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Pausen. Die Regelung in § 2 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes hilft nicht viel weiter.
Zur geleisteten Arbeitszeit gehören in der Regel nicht:
- das Waschen vor und nach der Arbeit
- das Umkleiden vor und nach der Arbeit
- Wegzeiten / Fahrzeiten zwischen Arbeit und Wohnung des Arbeitnehmers
- die Rufbereitschaft/ Bereitschaftsdienst
- Ruhepausen (sind keine Arbeitszeit/ Ausnahme im Bergbau)
Dazu im Einzelnen:
Die Anfahrt zur Arbeit ist keine Arbeitszeit. Die Arbeit beginnt am Arbeitsplatz. Das Umkleiden auf der Arbeit ist nur – nach dem BAG (Entscheidung vom 19.09.2012 – 5 AZR 678/11) vergütungspflichtige Arbeitszeit, wenn
- der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung (Arbeitskleidung) vorschreibt
- und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss.
Dies wird in den wenigsten Fällen tatsächlich beim normalen Arbeitnehmer vorliegen. Die obige Entscheidung des BAG darf man nicht dahingehend verstehen, dass die Umkleidezeit grundsätzlich reguläre Arbeitszeit ist. Dies ist nicht der Fall. Nur unter den strengen Voraussetzungen, dass der Arbeitnehmer eine bestimmte Kleidung für die Arbeit anziehen muss und diese im Betrieb anziehen muss, ist das Umkleiden auch Arbeitszeit.
Der Arbeitnehmer, der Arbeitskleidung im Betrieb wechselt, beginnt nicht mit seiner Arbeit, wenn er dies nicht machen muss.
Was ist Nachtzeit?
Als Nachtzeit ist nach dem Gesetz nach § 2 Abs. 3 die Zeit von 23 bis 6 Uhr und für Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr. Abweichungen durch Tarifvertrag sind innerhalb zeitlichen Grenzen möglich.
Wann liegt Nachtarbeit vor?
Nachtarbeit liegt nach § 2 Abs. 4 vor, wenn die Arbeit mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfasst. Maßgeblich ist die für den Betrieb gültige Definition der Nachtzeit, die gem. § 7 I Nr. 5 auch in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegt sein kann. Nachtarbeit umfasst nicht nur den Zeitraum innerhalb der festgelegten Nachtzeit, sondern die Zeit von Anfang bis Ende der Arbeit, auch wenn diese teilweise nicht in die Nachtzeit fällt!
Wer ist Nachtarbeitnehmer?
Ein Nachtarbeitnehmer ist § 2 Abs. 5, derjenige, wer aufgrund seiner Arbeitszeitgestaltung normalerweise Wechselschicht zu leisten hat, oder wer Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leistet. Nicht unter den Begriff „Nachtarbeitnehmer“ fällt derjenige Arbeitnehmer, welcher nur als Ersatzmann im Schichtdienst einspringt oder in gewissen Zeitabschnitten in geringfügigem Maße in den Schichtplan aufgenommen wird.
Was gilt für Bereitschaftsdienste?
Der EuGH (EuGH Urteil vom 09.09.2003 – C-151/02) hat entschieden, dass Bereitschaftsdienst Arbeitszeit ist. Entschieden wurde dies für einen Arzt im Krankenhaus. Dies gilt auch für die Arbeitsbereitschaft. Die Rufbereitschaft ist in der Regel keine Arbeitszeit.
Welche Ausnahmen gelten in Bezug auf die Überschreitung der Arbeitszeit?
Aufgrund von Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag kann eine Abweichende Regelung getroffen werden und die tägliche Arbeitszeit auch über 10 Stunden verlängert werden. Im Schnitt darf diese aber nicht 48 Wochenstunden überschreiten. Die Verlängerung ist nur möglich bei
- im erheblichen Umfang Arbeitsbereitsschaft und Bereitschaftsdienst anfällt bzw.
- ein anderer Ausgleichszeitraum festgelegt wird
Beispiele:
- Landwirtschaft
- Krankenhäuser/ Pflege
- öffentlicher Dienst
Welche Ruhepausen sind einzuhalten?
Die Ruhepausen sind von vornherein festzulegen. Bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden müssen diese wenigstens 30 Minuten betragen, bei einer Arbeitszeit von 9 Stunden, sogar wenigstens 45 Minuten.
Pausen heißt aber nicht am Arbeitsplatz eine weniger anstrengende Arbeit zu leisten oder Überwachungstätigkeiten ausüben, sondern – um den Erholungszweck zu genügen – die freie Verfügung über diese Zeit ohne arbeitsvertragliche Verpflichtungen zu haben. Nur so ist eine Erholung möglich.
Muss der Arbeitgeber über die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes informieren?
Ja, der Arbeitgeber ist nach § 16 Abs. 1 ArbZG verpflichtet, einen Abdruck des Arbeitszeitgesetzes und der für den Betrieb geltenden (abweichenden) Tarifverträge und Betriebs- oder Dienstvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen oder auszuhängen. Dies wird in der Praxis häufig übersehen.
Muss der Arbeitgeber Überschreitungen des normalen Arbeitszeit dokumentieren?
Ja. Der Arbeitgeber hat die über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der üblichen Arbeitszeit nach § 7 Abs. 7 ArbZG eingewilligt haben. Auch dies wird in der Praxis häufig übersehen.
Was ist, wenn der Arbeitnehmer „freiwillig“ länger arbeitet?
Der Arbeitgeber ist verpflichtet sogar arbeitswillige Arbeitnehmer von der Überschreitung der Höchstarbeitszeitgrenzen abzuhalten, ansonsten drohen die Sanktionen nach § 22 Arbeitszeitgesetz. Es ist nachvollziehbar, dass es ansonsten die klassische Argumentation des Arbeitgebers wäre zu behaupten, dass das Arbeitnehmer freiwillig – um mehr Geld zu verdienen – länger arbeiten würde.
Was ist, wenn der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber einvernehmlich im Arbeitsvertrag vereinbart hat, dass der Arbeitnehmer länger als erlaubt arbeitet?
Eine solche Vereinbarung ist nichtig, denn diese verstößt gegen eine gesetzliches Verbot, nämlich dem Arbeitszeitgesetz. Dies sind zwingende Schutzvorschriften, von denen zum Nachteil des Arbeitnehmers nicht abgewichen werden darf.
Was ist, wenn der Arbeitnehmer auf den Schutz nach dem Arbeitszeitgesetz freiwillig verzichtet?
Ein solcher Verzicht ist ebenfalls nicht möglich und damit unwirksam. Der Arbeitnehmer kann nicht auf die Einhaltung der Vorschriften des ArbZG verzichten, sodass Vereinbarungen, wonach der Arbeitnehmer zum Beispiel mehr als zehn Stunden oder länger als sechs Stunden ohne Ruhepausen zu arbeiten hat, nach § 134 BGB nichtig sind. Alle arbeitsvertraglichen Regelungen über die normale Arbeitszeit werden arbeitsgerichtlich geprüft.
Bezahlen muss der Arbeitgeber die in der betrieblichen Praxis geleistete Arbeit, auch wenn gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen wird.
Gilt das Arbeitszeitgesetz auch für Ausländer, die in Deutschland arbeiten?
Ja, das deutsche Arbeitszeitgesetz gilt unabhängig von der Staatsbürgerschaft für alle Arbeitnehmer mit dem Arbeitsort innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.
Was kann der Arbeitnehmer bei Verstößen gegen des Arbeitszeitgesetzes machen?
1. Schadenersatz
Der Europäische Gerichtshof (EuGH Urteil vom 25.11.2010 – C-429/09) (Arbeitszeit Grundsatzurteil) hatte im Jahr 2010 einem Arbeitnehmer, der als Feuerwehrmann rund 54 Stunden pro Woche regelmäßig (inklusive des Bereitschaftsdienstes der normalen Arbeitszeit ist) arbeitete einen Schadenersatzanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland und seinem öffentliche rechtlichen Arbeitgeber (Stadt Halle) aufgrund des Verstoßes gegen den Arbeitszeitrichtlinie 2003/88 zugesprochen. Zur Höhe hat das Gericht nicht geurteilt; dies müsse den nationalen Gerichten /Vorschriften überlassen bleiben, da das Unionsrecht diesbezüglich keine Vorschriften enthalten. Ausdrücklich hat das Gericht betont, dass als Schadenersatz auch ein Freizeitausgleich in Betracht kommen kann, also nicht nur ein finanzieller Ausgleich.
2. Information an die zuständige Aufsichtsbehörde
Nach § 17 des Arbeitszeitgesetzes ist die nach Landesrecht zuständige Behörde zur Überwachung der der Einhaltung der Vorschriften verpflichtet. In Berlin ist dies das LAGetSi – (Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin). Der Arbeitnehmer kann die zuständige Landesbehörde über die Nichteinhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes informieren, insbesondere, wenn die geleisteten Arbeitsstunden die Höchstarbeitszeit überschreiten. Diese Sanktionsmöglichkeit wird häufig übersehen; wirkt aber meist am besten. Ständige Arbeitszeitüberschreitungen (in bestimmten Branchen gehören diese häufig schon zur Normalität, wie z.B. in der Pflegebranche, sind aber trotzdem rechtswidrig) werden vom Landesamt für Arbeitsschutz gar nicht gern gesehen. Eine Anzeige kann hier sehr effektiv sein, da der Druck auf den Arbeitgeber weitaus stärker ist als wenn der Arbeitnehmer den Verstoß gegenüber dem Arbeitgeber anzeigt. Häufig nehmen Arbeitgeber dies nicht für „voll“ und meinen, dass sie in ihrem Betrieb schalten und walten können, wie sie wollen. Dass dies nicht richtig sein kann; liegt auf der Hand, da es sich hier um Schutzvorschriften zu Gunsten der Arbeitnehmer handelt. Eine entsprechende Verkürzung der Arbeitszeit ist dann unumgänglich.
Straf- und Bußgeldvorschriften nach dem Arbeitszeitgesetz
Im Arbeitszeitgesetz sind in den Artikeln §§ 22 ff. Bußgeldvorschriften und sogar Strafvorschriften geregelt. Verstößt der Arbeitgeber durch Anordnung zusätzlicher Arbeitszeit gegen das Arbeitszeitgesetz, dann handelt er zumindest ordnungswidrig und muss mit einem Bußgeld rechnen. Dabei haftet der Arbeitgeber nicht nur für vorsätzlicher Verhalten, sondern auch für Fahrlässigkeit. In außergewöhnlichen Fällen macht sich der Arbeitgeber sogar strafbar.
§ 22
Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 7, 9 und 10 mit einer Geldbuße bis zu fünfzehntausend Euro, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 8 mit einer Geldbuße bis zu zweitausendfünfhundert Euro geahndet werden.
§ 23 Strafvorschriften
(1) Wer eine der in § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 5 bis 7 bezeichneten Handlungen
1.
vorsätzlich begeht und dadurch Gesundheit oder Arbeitskraft eines Arbeitnehmers gefährdet oder
2.
beharrlich wiederholt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft.
weiterführende Artikel:
1. Was ist Teilzeit, was ist Vollzeit?
2. Sonn-und Feiertagszuschlag – hat der Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch darauf?
4. Bereitschaftszeit gleich Arbeitszeit?
5. Dauer der Arbeitszeit bei fehlender Angabe im Arbeitsvertrag
6. Wann verjähren Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz?
7. Neue COVID-19-Arbeitszeitverordnung
8. Arbeitszeitgesetz – wann verjähren Verstöße?
9. Zählen Pausen zur Arbeitszeit ?
10. EuGH: Urteil zu Überstunden und Arbeitszeiterfassung
spezielle landesrechtliche Vorschriften
Mecklenburg-Vorpommern (MV):
- Arbeitszeitgesetz (dies ist Bundesrecht – ein Arbeitszeitgesetz MV gibt es nicht)
- Landesverordnung über die Zulassung der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Feiertagen (Bedarfsgewerbeverordnung – BedGewVO-MV)
- Gesetz über Sonn- und Feiertage Mecklenburg-VorpommernFeiertagsgesetz MV)
- Gesetz über die Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (Sicherheits- und Ordnungsgesetz MV)
- Richtlinie über die Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung von Ausnahmebewilligungen zur Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen gem. § 13 Abs. 4,5 und 15 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz (Sonntagsarbeitsausnahmerichtlinie MV – SoArbARl MV)
Zusammenfassung
Die Höchstarbeitszeit von 8 h pro Tag ist zu beachten, welche bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
Wie können wir Ihnen helfen?
Sofern Sie meinen, dass Ihr Arbeitgeber gegen das Arbeitszeitgesetz verstößt und eine gütliche Einigung nicht erfolgversprechend ist, beraten und vertreten wir Ihre Interessen vor den Arbeitsgerichten, insbesondere vor dem Arbeitsgericht Berlin. Rechtsanwalt Andreas Martin ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und vertritt vor allem Arbeitnehmer in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten.
Rechtsanwalt A. Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin
Ist Bereitschaftszeit zu vergütende Arbeitszeit?

Ist der Bereitschaftsdienst vergütungspflichtige Arbeitszeit?
In medizinischen Berufen (Ärzte, Krankenpfleger) , bei der Feuerwehr und auch in anderen Berufen besteht das Problem, dass häufig Bereitschaftszeiten vom Arbeitnehmer in erheblichem Umfang geleistet werden müssen. Der Arbeitnehmer ist zwar während dieser Zeiten oft nicht am Arbeitsplatz, sondern überwiegend werden diese Zeiten zu Hause geleistet, allerdings kann der Arbeitnehmer in seiner „Freizeit“ nicht frei disponieren und muss immer erreichbar sein. Es stellt sich die Frage, ob diese Zeiten nun als reguläre Arbeitszeit zu werten sind, so dass der Arbeitgeber die Bereitschaftszeit zu vergüten hat.
Man muss grundsätzlich zwischen „echten“ Bereitschaftsdienst und der sog. „Rufbereitschaft“ unterscheiden. Es stellt sich auch die Frage, ob Rufbereitschaft unter bestimmten Bedingungen zu bezahlen ist.
Was ist Bereitschaftsdienst oder Bereitschaftszeit?
Im Unterschied zur Vollarbeit liegt ein Bereitschaftsdienst vor, wenn der Arbeitnehmer sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen, regulären Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhält, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Der Arbeitnehmer kann während des Bereitschaftsdienstes seine Zeit weitgehend frei gestalten und sich ggfs. auch ausruhen. Der Arbeitnehmer muss jedoch stets in der Lage sein, unverzüglich seine Tätigkeit aufnehmen zu können. Er darf sich nicht vom Bereitschaftsort entfernen. Dies ist zusätzliche Arbeitszeit, welche zu bezahlen ist.
Was sind die vertraglichen Grundlagen eine vergütungspflichtige Bereitschaftszeit?
Als vertragliche Grundlage der Bereitschaftszeiten kommt vor allem ein Tarifvertrag aber auch der Arbeitsvertrag in Betracht.
Der geleistete Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit. Dies entspricht mittlerweile der ständigen Rechtsprechung. Sämtliche Zeiten des Bereitschaftsdienstes gehören zur Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 ArbZG.
Mit der uneingeschränkten Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 1 ArbZG hat der deutsche Gesetzgeber die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgenommene Auslegung des Begriffs der „Arbeitszeit“ in das deutsche Recht übernommen.
Den geleisteten Bereitschaftsdienst kann grundsätzlich als Arbeitszeit einordnen, was insbesondere für folgende Punkte Konsequenzen hat:
- Höchstarbeitszeiten (Bereitschaftszeit =Arbeitszeit)
- Ruhephasen (es gibt in der Regel keine Ruhezeitenwährend des Bereitschaftsdienstes)
- Vergütung (der Bereitschaftsdienst ist zu bezahlen)
In Bezug auf die Vergütungspflicht ist aber auszuführen, dass die Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit nicht immer dazu führen muss, dass der Arbeitgeber den gleichen Lohn für die Bereitsschaftsstunden zahlen muss. Es können arbeitsvertraglich oder auch tarifvertraglich andere – also auch geringere – Stundensätze vereinbart werden.
Dabei darf aber der gesetzliche Mindestlohn nicht unterschritten werden.
Was ist der Unterschied zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst?
Vom Bereitschaftsdienst ist die Rufbereitschaft zu unterscheiden. Beide habe oft die Gemeinsamkeit der ständigen Erreichbarkeit des Mitarbeiters. Eine Rufbereitschaft liegt regelmäßig dann vor, wenn sich der Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten hat, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Häufig wird vereinbart, dass der Arbeitnehmer telefonisch (in der näheren Umgebung) erreichbar sein soll.
Der Arbeitnehmer ist bei der Wahl seines Aufenthaltsorts nur insoweit eingeschränkt, als er im Bedarfsfall die Arbeitsaufnahme gewährleisten muss.
Wichtig ist hier,dass eine Rufbereitschaft nicht zu einer unzulässigen Einschränkung des Arbeitnehmers führen darf, so dass ein bestimmter Aufenthaltsort vorgegeben wird oder eine sehr kurze Zeit für die Arbeitsaufnahme vorgeschrieben wird. In diesen Fällen liegt keine echte Rufbereitschaft vor, denn hier sind die Einschränkungen für den Arbeitnehmer vergleichbar mit dem echten Bereitschaftsdienst.
Die Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit. Es soll aber nochmals darauf hingewiesen werden, dass im Einzelfall sich die angebliche Rufbereitschaft als Bereitschaftsdienst herausstellen kann. Die Bezeichnung allein und die Tatsache, dass man nicht am Arbeitsort ist, sind nicht vollends ausschlaggebend für die Einordnung als Rufbereitschaft.
Im Fall des Abrufs ist die Zeit der tatsächlichen Inanspruchnahme einschließlich eventueller Wegezeiten dagegen als Arbeitszeit anzurechnen.
Achtung: Auf die Bezeichnung im Arbeitsvertrag durch den Arbeitgeber kommt es nicht an, sondern wie diese zusätzliche Arbeitszeit genau ausgestaltet ist. So kann eine als Rufbereitschaft bezeichnete Zeit dennoch zu vergütende Arbeitszeit sein, wenn der Arbeitnehmer hier sehr stark eingeschränkt ist.
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
Aktuell gibt es nun eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 11.11.2021 – Rs. C-214/20) zur Rufbereitschaft eines Feuerwehrmannes.
Der EuGH führt dazu aus, dass Art. 2 Nr. 1 der RL 2003/88/EG dahingehend auszulegen ist, dass Bereitschaftszeit, die ein Reserve-Feuerwehrmann in Form von Rufbereitschaft leistet und während deren dieser mit Genehmigung seines Arbeitgebers eine selbständige berufliche Tätigkeit ausübt, aber im Fall eines Notrufs innerhalb einer maximalen Frist von zehn Minuten seine Dienstwache erreichen muss, keine „Arbeitszeit“. Dabei spielte beim Fall des EuGH auch eine Rolle, dass der Feuerwehrmann noch eine anderen Tätigkeit während dieser Bereitschaftszeit ausüben durfte und auch nicht an allen von seiner Dienstwache aus durchgeführten Einsätzen teilzunehmen. Der Feuerwehrmann konnte also während der Rufbereitschaft die Zeit, in der seine beruflichen Leistungen als Feuerwehrmann nicht in Anspruch genommen wurden, frei zu gestalten. Vom Ergebnis sah der Europäische Gerichtshof keine vergütungspflichte Arbeitszeit in der Rufbereitschaft.
BAG: Keine Vergütung des ärztlichen Hintergrunddienstes!
ärztlicher Hintergrunddienst
Oberärzte leisten oft einen sogenannten Hintergrunddienst. Dabei sind sie örtlich nicht anwesend, sondern können sich Zuhause aufhalten, müssen aber im Notfall erreichbar sein und in bestimmten Fällen sogar dann ins Krankenhaus fahren. Dieser sogenannte Hintergrunddienst stellt die Frage danach, ob ein solcher Dienst, wie Arbeitszeit, zu vergüten ist.
Tarifverträge in Krankenhäusern regeln den Hintergrunddienst und dessen Vergütung
Eine Besonderheit besteht auch noch darin, dass für in Krankenhäusern beschäftigte Ärzte oft tarifvertragliche Regelungen Anwendung finden. In vielen ärztlichen Tarifverträgen wird der Dienst als Hintergrund nicht oder nur sehr gering vergütet.
Entscheidung des BAG zur Vergütung des Hintergrundes
Das Bundesarbeitsgericht hatte nun einen Fall zu entscheiden, wonach ein Oberarzt die Zeiten seines Hintergrunddienstes vergütet bekommen wollte.
> Ergebnis: > Um das Ergebnis vorwegzunehmen, das Bundesarbeitsgericht war der Meinung, dass die Hintergrunddienstzeiten des Arztes als Rufbereitschaftsdienste nicht zu vergüten sind.
> Dazu wie folgt:
Was ist Rufbereitschaft?
Rufbereitschaft ist die Verpflichtung des Arbeitnehmers sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten und die Arbeit im Bedarfsfall aufzunehmen. In Tarifverträgen werden für die Rufbereitschaft teilweise andere Bezeichnungen verwandt.
Ist Rufbereitschaft zu vergüten?
Rufbereitschaft ist in der Regel nicht zu vergüten und zählt nicht zur Arbeitszeit, sondern ist Ruhezeit. Der Arbeitnehmer kann seinen Aufenthaltsort frei bestimmen und muss nur erreichbar sein.
Was ist Bereitschaftsdienst?
Bereitschaftsdienst ist eine Sonderform der Arbeitszeit und keine Ruhezeit. Der Bereitschaftsdienst ist das Verfügbarhalten des Arbeitnehmers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort mit der Pflicht zur unverzüglichen Aufnahme der Arbeit im Bedarfsfall.
Muss der Bereitschaftsdienst vergütet werden?
Da der Bereitschaftsdienst keine Ruhezeit, sondern Arbeitszeit ist, ist dieser zu vergüten.
Was ist der Unterschied zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft?
Grundsätzlich unterscheiden sich die Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst durch die unterschiedliche Bestimmung des Aufenthaltsortes. Bei der Rufbereitschaft bestimmt der Arbeitnehmer, bei der Arbeitsbereitschaft und dem Bereitschaftsdienst der Arbeitgeber den Aufenthaltsort. Die Rufbereitschaft ist Ruhezeit und von daher nicht zu vergüten. Der Bereitschaftsdienst ist vergütungspflichtige Arbeitszeit.
Ist der ärztliche Bereitschaftsdienst zu vergüten?
Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist Bereitschaftsdienst von Ärzten, den diese in persönlicher Anwesenheit in der Gesundheitseinrichtung zu leisten haben, als Arbeitszeit anzusehen (so Urteil des EuGH vom 03.10.2000 C 303/98).
Ist die ärztliche Rufbereitschaft zu vergüten?
In der Regel nicht, aber hier können Ausnahmeregelungen in Tarifverträgen vorgesehen werden.
Sachverhalt des Bundesarbeitsgerichts zur Hintergrundzeit
Der Kläger ist Oberarzt und leistet bei der Beklagten im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses, auf das der TV-Ärzte/TdL Anwendung findet, außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit sog. Hintergrunddienste.
Während dieser Zeit ist der Kläger verpflichtet, telefonisch erreichbar zu sein. Weitere ausdrückliche Vorgaben hinsichtlich des Aufenthaltsortes oder der Zeitspanne, innerhalb derer er die Arbeit im Klinikum aufzunehmen hat, gibt es nicht. In der Regel wird er telefonisch in Anspruch genommen und berät dann die Ärzte im Klinikum. In seltenen Fällen muss er auch ins Klinikum fahren.
> Die Beklagte vergütet die Hintergrunddienste gemäß § 9 Abs. 1 TV-Ärzte/TdL als Rufbereitschaft iSd. § 7 Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL.
Der klagende Oberarzt möchte nun seine Hintergrunddienst bezahlt bekommen und forderte vor dem Arbeitsgericht insgesamt € 40.000 an Vergütung nach.
Das Landesarbeitsgericht sprach dem Kläger die geforderte Vergütung zu.
Die Beklagte ging daraufhin in Revision zum BAG und gewann dort den Rechtsstreit.
Urteilsbegründung des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht sah in der ärztlichen Hintergrunddienstzeit nur eine Rufbereitschaft, da kein Aufenthaltsort vorgegeben war, so dass eine Vergütungspflicht nicht bestand.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 25. März 2021 – 6 AZR 264/20) führt dazu in seiner Pressemitteilung vom 25.03.2021 (Nr. 6/21) folgendes aus:
> Bei dem vom Kläger geleisteten Hintergrunddienst handelt es sich um Rufbereitschaft. Ob ein vom Arbeitgeber im Anwendungsbereich des TV-Ärzte/TdL angeordneter (Hintergrund-)Dienst im vergütungsrechtlichen Sinn Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft ist, richtet sich ausschließlich nach nationalem Recht und nicht nach der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG. Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst unterscheiden sich nach den tariflichen Definitionen in § 7 Abs. 4 Satz 1 bzw. Abs. 6 Satz 1 TV-Ärzte/TdL dadurch, dass der Arbeitnehmer sich nach den Vorgaben des Arbeitgebers nicht an einem bestimmten Ort aufhalten muss, sondern seinen Aufenthaltsort frei wählen kann. Maßgeblich ist also der Umfang der vom Arbeitgeber angeordneten Aufenthaltsbeschränkung. Dabei ist der Arbeitnehmer allerdings auch bei der Rufbereitschaft in der Wahl seines Aufenthaltsortes nicht völlig frei. Er darf sich entsprechend dem Zweck der Rufbereitschaft nur so weit von dem Arbeitsort entfernt aufhalten, dass er die Arbeit dort alsbald aufnehmen kann. Das ist bei dem von der Beklagten angeordneten Hintergrunddienst noch der Fall. Mit der Verpflichtung, einen dienstlichen Telefonanruf anzunehmen und damit die Arbeit unverzüglich aufzunehmen, ist keine räumliche Aufenthaltsbeschränkung verbunden. Zeitvorgaben für die Aufnahme der Arbeit im Übrigen bestehen nicht. Dass uU nach einem Anruf zeitnah die Arbeit in der Klinik fortgesetzt werden muss, steht im Einklang mit dem Wesen der Rufbereitschaft. > > Allerdings untersagt § 7 Abs. 6 Satz 2 TV-Ärzte/TdL dem Arbeitgeber die Anordnung von Rufbereitschaft, wenn erfahrungsgemäß nicht lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt. Das trifft vorliegend zu. Der Kläger wird in etwa der Hälfte der Hintergrunddienste zur Arbeit herangezogen und leistet zu 4 % aller Rufbereitschaftsstunden tatsächliche Arbeit. Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur auf die Arbeitseinsätze an, die in der Klinik fortzusetzen sind, was in mehr als einem Viertel der Rufbereitschaften vorkommt. In der Gesamtschau dieser Umstände hätte sie die vom Kläger geleisteten Hintergrunddienste daher nicht anordnen dürfen. Gleichwohl führt dies nicht zu der vom Kläger begehrten höheren Vergütung. Ein bestimmter Arbeitsleistungsanteil ist nach dem Tarifvertrag weder dem Bereitschaftsdienst noch der Rufbereitschaft begriffsimmanent. Die Tarifvertragsparteien haben damit bewusst für den Fall einer tarifwidrigen Anordnung von Rufbereitschaft keinen höheren Vergütungsanspruch vorgesehen. Diesen Willen hat der Senat respektiert.
Anmerkung: Die Unterscheidung zwischen der nicht Vergütungspflichten Rufbereitschaft und dem zu bezahlenden Bereitschaftsdienst bestimmt sich dem Grunde nach danach, ob der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort frei bestimmen kann.
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Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin