Berechnung
Wann verjähren Urlaubsansprüche?
Die Frage nach der Verjährung von Urlaubsansprüchen spielt mittlerweile wieder eine größere Rolle. Normalerweise verjähren Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis in der Regelzeit innerhalb von drei Jahren ab ihrer Entstehung, wobei die Anspruchsverjährung am Ende des Jahres beginnt, also am 31. Dezember. Dies ist eine Besonderheit des deutschen Rechts.
Dazu regelt § 199 Abs. 1 BGB
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
1. | der Anspruch entstanden ist und | |
2. | der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. |
regelmäßige Verjährungsfrist im Arbeitsrecht
Von daher wäre die Frage eigentlich ganz einfach zu beantworten, dass Urlaubsansprüche jeweils zum Jahresende drei Jahre nach Entstehung verjähren.
Beispiel: Der Urlaub für das Jahr 2020 entsteht im Jahr 2020 und damit beginnt die Verjährung am 31.12.2020. Die Verjährung endet damit am 31.12.23.
Rechtsprechung des EuGH und neue Rechtsprechung des BAG
Ganz so einfach ist die Frage aber nicht, da mittlerweile die deutsche Urlaubsrechtsprechung sehr stark vom europäischen Recht (EG-Urlaubsrichtlinie) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof beeinflusst wird. Der EuGH hatte ja vor einiger Zeit auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht zum Verfall von Urlaubsansprüchen auf den Kopf gestellt. Das Bundesarbeitsgericht hat diesbezüglich seine Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen geändert. Diese können nun nicht mehr so einfach zum Jahresende verfallen. Zusätzliche Voraussetzungen müssen dazu vorliegen.
Verjährung jetzt wieder aktuelles Problem
Der also in der Vergangenheit viel häufiger Urlaubsansprüche einfach zum Jahresende bzw. zum 31.03. des Folgejahres (so auch die gesetzliche Regelung im Bundesurlaubsgesetz) verfallen sind, hat sich die Fragen nach der Verjährung (die ja viel länger ist) kaum gestellt. Dies ist nun aufgrund der obigen neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht zum Verfall von Urlaubsansprüchen anders. Nun es ist sogar wahrscheinlich, dass Urlaubsansprüche für die vergangenen Jahre gar nicht verfallen sind, sondern nur durch die Verjährung „erlöschen“. Zu beachten ist aber, dass die Verjährung eine Einrede ist, die die Gegenseite (also der Arbeitgeber) im Prozess erheben muss!
Tod des Arbeitnehmers und Urlaub
Im Übrigen geht der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers auch nicht mit dessen Tod unter. Die Erben können hier einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben. Auch hier spielt die Verjährung eine Rolle.
aktuelle Entscheidung des BAG zur Verjährung des Urlaubsanspruchs
Das Bundesarbeitsgericht (Beschluss vom 29. September 2020 – 9 AZR 266/20 (A)- ) hat nun in seiner Pressemitteilung vom 29.09.2020 mit der Nr. 34/20 mitgeteilt, dass er die Frage der Verjährung von Urlaubsansprüchen zur weiteren Klärung dem EuGH vorlegt. Es stellt sich nämlich die grundsätzliche Frage, ob die bezahlte Urlaubsgewährung überhaupt der Verjährung unterliegt.
der Fall des Bundesarbeitsgerichts
Eine Arbeitnehmerin verlangte in einem Arbeitsgerichtsprozess die Abgeltung von insgesamt 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren verlangt. Im Laufe des Prozesses hat die Gegenseite die Einrede der Verjährung erhoben.
die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage, ob die Verjährung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub sich nach den §§ 194 ff. richtet und ob der Anspruch überhaupt der Verjährung unterliegt in Rahmen einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Es ist hier also vor allem die Frage zu beantworten, ob der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub überhaupt verjähren kann. Davon abhängig ist dann auch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
Vorlage zum EuGH
Begründet hat das Bundesarbeitsgericht die Vorlage zum EuGH wie folgt:
Bei unionsrechtskonformer Auslegung dieser Vorschrift erlischt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann (vgl. dazu Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 9 vom 19. Februar 2019). Diese Obliegenheiten hat der Beklagte nicht erfüllt.
Vor diesem Hintergrund hat der Senat den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung über die Frage ersucht, ob es mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang steht, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bereits nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen konnte, gemäß § 194 Abs. 1, § 195 BGB der Verjährung unterliegt.
Es bleibt nun abzuwarten, wie der Europäische Gerichtshof diese Frage beurteilt.
Informationen zur Berechnung der Urlaubsabgeltung finden Sie hier.
Fachanwalt für Arbeitsrecht Andreas Martin – Berlin
Was bedeutet Kündigung mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende?

Die gesetzlichen (ordentlichen) Kündigungsfristen sind in § 622 BGB geregelt.
Diese Vorschrift findet immer dann Anwendung, wenn
– der Arbeitsvertrag darauf Bezug nimmt oder
– keine andere vorrangigen Regelungen (im Arbeitsvertrag oder in einen anwendbaren Tarifvertrag) existieren.
Dies heißt, dass bei den meisten Arbeitsverhältnissen der § 622 BGB die Kündigungsfristen regelt. Selbst, wenn es im Arbeitsvertrag eine Regelung der Kündigungsfristen gibt, entspricht diese meist der gesetzlichen Regelungen. Ein Abweichen davon durch den Arbeitsvertrag ist nicht ganz zu einfach und nicht selten unwirksam.
Wenn einmal andere Kündigungsfristen eine Rolle spielen, dann meist Regelungen über die ordentliche Kündigung aus einem Tarifvertrag, der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Die Tarifverträge haben aber meist ähnliche Kündigungsfristen.
asymmetrische Kündigungsfristen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
§ 622 BGB regelt in der Probezeit und bis zu einer Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers von 2 Jahren gleichlange Kündigungsfristen für den Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Ab 2 Jahren Beschäftigungsdauer sind die Kündigungsfristen dann für Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterschiedlich lang. Die Kündigungsfristen für den Arbeitgeber verlängern sich dann nämlich für den Arbeitgeber, abhängig von der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers.
Regelung des § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB
In § 622 II Nr.1 BGB ist geregelt
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
Kündigungsfrist 1 Monat zum Ende des Kalendermonats
Danach beträgt also für den Arbeitgeber bei einer Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers von wenigstens 2 Jahren (und noch nicht 5 Jahren) 1 Monat zum Ende des Kalendermonats.
Dies heißt, dass der zwischen dem Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer und die Ende des Arbeitsverhältnisses wenigstens 1 Monat liegen muss. Weiter kann das Arbeitsverhältnis nur zum Monatsende beendet werden. Wichtig ist, dass es auf den Zugang beim Arbeitnehmer ankommt und nicht auf das Datum der Kündigung.
Zusammenfassung zur Kündigung mit Monatsfrist zum Ende des Kalendermonats:
Die Kündigungsfrist beträgt also
– 1 Monat (zwischen Zugang und Ende des Arbeitsverhältnisses)
– das Ende des Arbeitsverhältnis ist zwingend zum Monatsende
Beispiel zur 1-monatigen Kündigungsfrist
Am besten wird die gesetzliche Regelung an einem Beispiel deutlich:
Beispiel: Der Arbeitnehmer A ist beim Arbeitgeber B seit dem 1.1.2012 beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigt das Arbeitsverhältnis am 30.09.2014 mit ordentlicher Frist. Die Kündigung geht dem A am 2.10.2014 zu (Einwurf in den Briefkasten).
Wann ist das Arbeitsverhältnis beendet worden?
Das Arbeitsverhältnis endet zum 30.11.2014. Da das Arbeitsverhältnis hier 2 Jahre bestanden hat, ist die Kündigungsfrist 1 Monat zum Monatsende. Die Kündigungsfrist beginnt am 2.10.2014 (Zugang beim Arbeitnehmer) und beträgt 1 Monat und würde von daher am 2.11.2014 ablaufen. Da die Kündigungsfrist aber nur zum Monatsende ablaufen kann, war das Ende das Arbeitsverhältnis das nächste Monatsende,also der 30.11.2014. Ein Ende zum 31.10.2014 war nicht mehr möglich, denn die Kündigungsfrist von 1 Monat reichte dazu nicht mehr aus.
Variation des obigen Beispiels: Die Kündigung wird am 30.09.2014 dem Arbeitnehmer übergeben.
Anders als im obigen Beispiel wäre es gewesen, wenn die Kündigung bereits am 30.09.2014 dem Arbeitnehmer zugegangen wäre. Hätte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kündigung am 30.09.2014 übergeben (damit Zugang der Kündigung am gleichen Tag),wäre die Monatsfrist zum 30.10.2014 abgelaufen und das nächste Monatsende wäre dann der 31.10.2014 gewesen. Von daher wäre die Kündigung wirksam zum 31.10.2014.
Fristbeginn: Zugang der Kündigung + 1 Monat + „Aufrundung“ zum Monatsende
Von daher beginnt die Frist für die Kündigung immer mit dem Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer. Sodann ist 1 Monat hinzuzurechen und dann auf den Ende des Monats „aufzurunden“.
Eine taggenaue Kündigung ist nur in der Probezeit vorgesehen, die aber vereinbart sein muss.
Rückzahlung von Ausbildungskosten und Fortbildungskosten beim Abbruch der Ausbildung bzw. bei Kündigung
Fortbildung und Weiterbildung sind in unserer schnelllebigen Zeit unumgänglich, gerade auch für Arbeitnehmer. Arbeitgeber, gerade in hochspezialisierten Arbeitsbereichen, haben häufig ein Interesse an einer längerfristigen Bindung ihrer Arbeitnehmer und an der Weiterbildung und Spezialisierung derselben. Häufig steigen die Kosten für eine Weiterbildung / Fortbildung mit dem Grad der Spezialisierung auch proportional an. Da viele Arbeitnehmer diese Kosten nicht selbst tragen können, und der Arbeitgeber einen erheblichen Vorteil von der Weiterbildung bzw. Fortbildung hat, aber nur wenn der Arbeitnehmer auch tatsächlich im Betrieb bleibt, finanzieren viele Arbeitgeber die entsprechende Weiterbildung des Arbeitnehmers.
Das gleiche gilt auch für Ausbildung-über die normale (betriebliche) Berufsausbildung hinaus-im Ausbildungsverhältnis. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, welche Möglichkeiten für den Arbeitgeber der Absicherung der Übernahme der Ausbildungskosten bestehen und wie die Arbeitsgerichte in Deutschland entsprechende Rückzahlungsklauseln (z.B. in Arbeitsverträgen) überprüfen.
Fortbildung / Weiterbildung des Arbeitnehmers – Ziel Bindung des Arbeitnehmers
Wie oben bereits ausgeführt wurde, sind die Kosten für Fortbildungen meisten nicht unerheblich. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich bereit solche Kosten in die Spezialisierung/Weiterbildung des Arbeitnehmers zu finanzieren, allerdings möchte er im Gegenzug auch, dass er eine Absicherung der Aufwendung hat, z.b. dadurch dass der Arbeitnehmer in Betrieb über einen langen Zeitraum zur Verfügung steht, also dort arbeitet und sich von daher die investierten Kosten amortisieren. Zu beachten ist dabei, dass der Arbeitgeber – ohne eine entsprechende „Absicherung“ – nämlich schlecht beeinflussen kann, wie lange der Arbeitnehmer im Betrieb bleibt, da grundsätzlich ein dauerhafter Ausschluss einer ordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nicht möglich ist.
Möglichkeiten des Arbeitgebers eine Bindung des Arbeitnehmers herbeizuführen
In der Praxis gibt es verschiedene Möglichkeiten, um eine Bindung des Arbeitnehmers -für den der Arbeitgeber in die Fortbildung bzw. Weiterbildung investiert hat – herbeizuführen.
Der Arbeitgeber hat grundsätzlich folgende (denkbare) Möglichkeiten sich entsprechend vor seiner Investitionen in die Ausbildung des Arbeitnehmers – mehr oder weniger gut – abzusichern:
- die Befristung des Arbeitsverhältnisses ohne ordentliche Kündigungsmöglichkeit
- die Vereinbarung einer langen ordentlichen Kündigungsfrist
- die Gewährung eines Darlehens
- die Vereinbarung von Vertragsstrafe- und Rückzahlungsklauseln
sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses
Sofern der Arbeitgeber die Fortbildung des Arbeitnehmers finanzieren und sich absichern möchte, kommt z.B. die sachgrundlose Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zur Dauer von zwei Jahren in Betracht. Zu beachten ist, dass es sich um eine erstmalige Befristung handeln muss ( bzw. nach dem BAG letztmalige Beschäftigung vor mehr als drei Jahren), der Arbeitgeber muss also bereits vor Beginn des Arbeitsverhältnisses wissen, dass er entsprechende Ausbildungs- bzw. Weiterbildungskosten übernehmen möchte. Sofern keine ordentliche Kündigungsmöglichkeit im befristeten Arbeitsverhältnis vereinbart ist (§ 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz), scheidet die ordentliche Kündigung für beide Seiten aus. Das Arbeitsverhältnis endet dann mit der Befristung. So kann der Arbeitgeber eine Bindung des Arbeitnehmers von zwei Jahren erreichen. Eine Befristung mit Sachgrund kann sich – wenn ein solcher Grund dann vorliegt – noch anschließen. Die Befristung muss zwingend schriftlich erfolgen.
Vereinbarung einer ordentlichen (langen) Kündigungsfrist
Eine andere Möglichkeit für den Arbeitgeber den Arbeitnehmer für eine lange Zeit zu binden und so die Kosten für Ausbildung und Fortbildung des Arbeitnehmers abzusichern, ist die Vereinbarung einer langen ordentlichen Kündigungsfrist im (unbefristeten) Arbeitsverhältnis. Der Arbeitgeber kann sich in diesem Fall sicher sein, dass der Arbeitnehmer nicht mittels einer ordentlichen Kündigung kurzfristig den Betrieb verlassen kann. Das Arbeitsgericht Heilbronn hat vor kurzem entschieden, dass eine Kündigungsfrist, die für den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber gleich lang sein muss, von 18 Monaten grundsätzlich noch zulässig ist. So kann eine entsprechend lange Bindung des Arbeitnehmers erreicht werden. Der Nachteil einer solchen Regelung ist der, dass sich zum einen der Arbeitgeber bereits im Arbeitsvertrag über die Ausbildung des Arbeitnehmers und auch über die lange Kündigungsfrist Gedanken machen muss. Häufig ist dies aber zu diesem Zeitpunkt nicht der Fall ist, denn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses weiß der Arbeitgeber noch nicht, ob der Arbeitnehmer überhaupt für die Arbeit geeignet ist (der Arbeitgeber wird den Arbeitnehmer in der im Normalfall noch „erproben“ möchten). Auch bindet sich der Arbeitgeber entsprechend lang an den Arbeitnehmer. Er kann aber eine Probezeit vereinbaren; die aber auch nicht immer zur Erprobung ausreichend ist. Später besteht die lange Bindung, was sich als Fehler herausstellen kann. Evtl. stehen dem aber auch tarifliche Regelungen entgegen.
Gewährung eines Darlehens zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Eine andere Möglichkeit für den Arbeitgeber sich entsprechend abzusichern, wenn dieser Ausbildungskosten für den Arbeitnehmer finanziert ist, dass zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart wird, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Ausbildung vorfinanziert, allerdings über einen Kredit und der Arbeitnehmer später diesen Kredit zurückzahlen muss. Auf den ersten Blick erscheint dies eine gute Möglichkeit für den Arbeitgeber zu sein sich entsprechend abzusichern, allerdings besteht der Nachteil darin, dass der Arbeitnehmer in der Regel eine große Hemmschwelle haben wird ein Darlehen für die eigene Ausbildung, deren Nutzen er wahrscheinlich gar nicht oder nicht im gleichen Umfang, wie der Arbeitgeber erkennt, aufzunehmen. Aber selbst wenn es zum Darlehensvertrag über die Finanzierung der Ausbildungskosten des Arbeitnehmers kommt, ist es häufig so, dass es dem Arbeitgeber nicht so sehr darauf ankommt, dass er vom Arbeitnehmer eine Entschädigung bzw. die Rückzahlung der Ausbildungskosten bekommt, sondern in erster Linie möchte er den Nutzen aus der Ausbildung ziehen, also erreichen, dass der besser qualifizierte Arbeitnehmer bei ihm weiter arbeitet. Auch sind solche Darlehen im Arbeitsverhältnis rechtlich nicht unproblematisch.
Vereinbarung von Rückzahlungsklauseln in Bezug auf die Ausbildungskosten/Fortbildungskosten
Eine Bindung des Arbeitnehmers kann erreicht werden, zum Beispiel durch entsprechende Vertragsvereinbarungen. In der Praxis hat sich die so genannte Rückzahlungsklauseln im Arbeitsvertrag durchgesetzt. Hier kann der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer vereinbaren, dass der Arbeitnehmer bei Kündigung beziehungsweise beim Abbruch der Ausbildung die entsprechenden Ausbildungs- beziehungsweise Weiterbildungskosten an den Arbeitgeber zurückzuzahlen muss. Dadurch soll der Arbeitnehmer motiviert bleiben beim Arbeitgeber weiterzuarbeiten.
Problematik der Ausbildungsrückzahlungsvereinbarungen
Zu beachten ist allerdings, dass in der Praxis häufig derartige Rückzahlungsklauseln problematisch sind, da diese vertraglich sorgfältig vereinbart werden müssen und dies bis heute in der Praxis nicht immer geschieht. Zu beachten ist auch, dass der Arbeitnehmer durch überlange Bindungen beim Arbeitgeber in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 Grundgesetz) eingeschränkt wird und dies entsprechend in der Rückzahlungsklausel zu berücksichtigen ist. Diesbezüglich gibt es schon diverse Entscheidung der Arbeitsgericht, auch bereits Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes. Wer solche Klauseln verwenden will, muss zwingend die Rechtsprechung des BAG dazu kennen; diese ist aber im Fluss und selbst bei Kenntnis bestehen – abhängig vom Einzelfall – immer noch Unsicherheiten.
Möglichkeit der Vereinbarung von Rückzahlungsklauseln im Rahmen der Finanzierung von Fortbildungskosten durch den Arbeitgeber
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Arbeitgeber grundsätzlich so genannte Rückzahlungsklauseln zu seiner Absicherung, wenn er zum Beispiel die Ausbildung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis finanziert, vereinbaren kann. Wie oben bereits ausgeführt wurde, sind hier aber diverse Einschränkungen zu beachten.
Berufsausbildungsverhältnis und Ausbildungskosten der betrieblichen Ausbildung
Eine Ausnahme besteht bei Ausbildungskosten und entsprechenden Rückzahlungsklauseln im Berufsausbildungsverhältnissen. Hier regelt § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BBiG, dass eine Rückforderung von Ausbildungskosten im Berufsausbildungsverhältnis, die im betrieblichen Bereich der Ausbildung angefallen sind, grundsätzlich nicht möglich ist. Damit will man verhindern, dass der Ausbildungsbetrieb dem Auszubildenden die Kosten der betrieblichen Berufsausbildung auferlegt. Dies ist nicht möglich.
AGB-Kontrolle der Rückzahlungsverpflichtung im Arbeitsvertrag durch die Arbeitsgerichte
Wenn eine Vereinbarung – wie im „normalen Arbeitsverhältnis“ grundsätzlich möglich ist, dann stellt sich die Frage, wie und ob die Rechtsprechung hier eine Überprüfung solcher Klauseln vornimmt. Vereinbart also der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer-dies geschieht fast immer im Arbeitsvertrag-so genannte Rückzahlungsklauseln für die Ausbildungskosten des Arbeitnehmers, sofern der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber innerhalb einer bestimmten Zeit kündigt, so werden diese Klauseln von der Rechtsprechung im Rahmen der AGB-Kontrolle auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft.
Überprüfung der Klauseln auch beim späterer Vereinbarung (also nach dem Arbeitsvertragsschluss)
Nichts anderes gilt auch dann, wenn zum Beispiel der Arbeitgeber nicht im Arbeitsvertrag eine entsprechende Regelung mit dem Arbeitnehmer getroffen hat, sondern erst später, also zum Beispiel nach Abschluss des Arbeitsvertrages also vor oder sogar nach Durchführung der Fortbildung. Erfolgt die Vereinbarung nach Beginn der Ausbildung muss dem Arbeitnehmer aber eine angemessene Überlegungsfrist eingeräumt werden (so das BAG).
Allgemeine Geschäftsbedingungen – Abgrenzung zur Individualvereinbarung
In der Regel wird es sich hier ebenfalls um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handeln, da der Arbeitgeber solche Vereinbarungen in der Regel nicht mit dem Arbeitnehmer aushandelt oder diese ernsthaft zur Disposition stellt. Der Arbeitnehmer hat im Normalfall hier nur die Möglichkeit zu unterschreiben oder das Angebot abzulehnen. Von daher legen auch in diesem Fall Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) vor, die von der Rechtsprechung-also von den Arbeitsgerichten-auf ihre Angemessenheit/ Rechtmäßigkeit unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechtes (§ 310 BGB) überprüft werden.
1. Stufe der Überprüfung der Rückzahlungsklauseln – angemessene Gegenleistung
In der ersten Stufe der Überprüfung der entsprechenden Rückzahlungsvorbehalte bzw. Rückzahlungsklauseln von Ausbildungs- bzw. Fortbildungskosten überprüft die Rechtsprechung, ob der Arbeitnehmer eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhalten hat (BAG, Urteil vom 14.1.2009 – 3 AZR 900/7). Denn auf der einen Seite verpflichtet sich der Arbeitnehmer ja die Ausbildungskosten zurückzuzahlen, wenn er vorzeitig das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber verlässt, so hält es die Rechtsprechung für angemessen, wenn der Arbeitnehmer, auf der anderen Seite, auch eine angemessene Gegenleistung für diese Behinderung/Verpflichtung des Arbeitnehmers erhält. Das Bundesarbeitsgericht stellt hier auf einen so genannten geldwerten Vorteil ab.
geldwerter Vorteil durch die Weiterbildung/ Fortbildung für den Arbeitnehmer
Faktisch heißt dies, dass für den Arbeitnehmer die Fortbildung bzw. Weiterbildung zu einer
- Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt,
- zur Schaffung von realistischen beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten oder zu einer
- Einstufung in eine höhere Vergütungsgruppe des Arbeitnehmers führt.
Nicht ausreichend ist, wenn lediglich bereits vorhandene Kenntnisse vertieft bzw. aufgefrischt werden, in diesem Fall liegt kein geldwerter Vorteil für den Arbeitnehmer vor. Dies gilt auch ,wenn die Weiterbildung nur den betrieblichen Interessen dient. Also nur wenn ein geldwerter Vorteil für den Arbeitnehmer durch die Weiterbildung vorliegt, sind entsprechende Rückzahlungsklauseln überhaupt zulässig. Liegt ein solcher geldwerter Vorteil nicht vor, sind solche Rückzahlungsvereinbarungen für den Arbeitnehmer ohne Gegenleistung und von daher unangemessen, mit der Folge dass diese unzulässig sind.
Zusammenfassung: Rückzahlungsklauseln sind von daher nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer als Gegenleistung für die Verpflichtung/Bindung durch die Klausel aufgrund der Weiterbildung auch einen geldwerten Vorteil, zum Beispiel bessere Chancen auf den Arbeitsmarkt erhält.
2. Stufe der Überprüfung von Rückzahlungsvereinbarungen – Angemessenheit der Vereinbarung
Erst, wenn die Voraussetzung der ersten Stufe vorliegen, prüft die Rechtsprechung weiter, ob die Rückzahlungsklauseln an sich zulässig ist. Von daher wird der Inhalt der entsprechenden Rückzahlungsklauseln von den Arbeitsgerichten überprüft. Dabei prüft die Rechtsprechung vor allem die Angemessenheit der Länge der Bindungsdauer für den Arbeitnehmer. Als Grundsatz kann man sagen, dass je länger die Ausbildungsdauer war, auch umso länger die Bindungsdauer für den Arbeitnehmer sein darf. Auch hier hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden.
Bindungsdauer für Arbeitnehmer im Verhältnis zur Fortbildungsdauer
Selbst, wenn die obigen Voraussetzungen – also für den Arbeitnehmer durch die Fortbildung/Ausbildung ein Vorteil entstanden ist (siehe Stufe 1)- vorliegen, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht “für immer” an sich binden und im Falle der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer “bis in alle Ewigkeit” eine Rückzahlung der Ausbildungskosten / Fortbildungskosten verlangen. Irgendwann hat sich ja für den Arbeitgeber die „Investition in den Arbeitnehmer“ ausgezahlt, da diese nach der Weiterbildung in der Regel ein bessere bzw. qualifiziertere Arbeitsleistung erbringt, welche sich dann für den Arbeitgeber auch letztendlich auszahlt. Von daher ist die Rückzahlung der Ausbildungskosten nur zulässig, wenn die Bindungsdauer in einem angemessenen Verhältnis zu Investitionen des Arbeitgebers (Ausbildungsdauer) steht. In der Regel wird man davon ausgehen, dass die mit Investitionen des Arbeitgebers / die Vorleistung des Arbeitgebers höher ist, je länger die Ausbildung/ Fortbildung des Arbeitnehmers gedauert hat.
Von daher macht das Bundesarbeitsgericht die Bindungsdauer in der Rückzahlungsklauseln abhängig von der (Ausbildungs-) Dauer der Fortbildung.
Hierzu hat das BAG folgende Grundsätze ausgeurteilt:
- o Fortbildungsdauer bis zu 1 Monat – Bindungsdauer bis zu 6 Monaten zulässig
- o Fortbildungsdauer bis zu 2 Monaten – Bindungsdauer bis zu 1 Jahr zulässig
- o Fortbildungsdauer von 3 bis 4 Monaten – Bindungsdauer bis zu 2 Jahren zulässig
- o Fortbildungsdauer von 6 bis 12 Monaten – Bindungsdauer bis zu 3 Jahren zulässig
- o Fortbildungsdauer von mehr als 2 Jahren – Bindungsdauer bis zu 5 Jahren zulässig
Anhand dieser Staffelung ist ein grober Überblick möglich. Je nach Einzelfall können hier auch Abweichungen denkbar sein, z.B. bei sehr hohen Fortbildungskosten und großen Vorteil für den Arbeitnehmer.
Insgesamt kommt es-wie so häufig-auf den Einzelfall an.
Angabe des Rückzahlungsgrundes in der Klausel
Der Arbeitgeber, der eine Rückzahlungsklauseln gegenüber dem Arbeitnehmer verwendet, muss noch eine weitere „Hürde“ nehmen.Die Klausel muss nachvollziehbar und verständlich sein. Aus der Klausel muss sich darüber hinaus eindeutig ergeben, wann der Arbeitnehmer geht einer Rückzahlung der Fortbildungskosten zu rechnen hat.Von daher muss in der Klausel der Rückzahlungsgrund angegeben sein.Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer immer die Möglichkeit haben der Rückzahlungsverpflichtung durch „eigene Betriebstreue“ zu entgehen.
Rückzahlungspflicht muss in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen
Dementsprechend darf die Rückzahlungspflicht nur an Gründer anknüpfen, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen.Es wäre ja unbillig, wenn der Arbeitgeber selbst die Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers schaffen könnte, indem er zum Beispiel selbst das Arbeitsverhältnis auflöst. Eine Klausel, wonach bei jeglicher Auflösung des Arbeitsverhältnis-egal ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber veranlasst-die Rückzahlung fällig wird, ist von daher unwirksam.Zulässig ist von daher aber eine Klausel, die den Arbeitnehmer zur Rückzahlung verpflichtet, sofern der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis durch eigene Kündigung beendet,sofern der Arbeitgeber seinerseits keinen Grund für die Vertragsauflösung-zum Beispiel durch eine Pflichtverletzung-geschaffen hat (Stichwort: außerordentliche Kündigungsgrund durch den Arbeitgeber geschaffen).kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ist die nach dem Kündigungsgrund zu differenzieren.
Rückzahlungspflicht und betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gegenüber dem Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen, ist eine Verpflichtung der Rückzahlung durch den Arbeitnehmer der Ausbildungskosten unzulässig.Dies ist nachvollziehbar, denn der Kündigungsgrund liegt der nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer kann in der Regel nichts dafür, wenn betriebsbedingte Gründe für eine Kündigung des Arbeitgebers vorliegen.
Rückzahlungspflicht und personenbedingte Kündigung des Arbeitgebers
Liegen personbedingte Gründe für eine Kündigung vor und kündigt der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis personenbedingten Gründen, so ist auch hier in der Regel eine Vereinbarung über die Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers unangemessen und daher unwirksam. Denn auch bei der bedingten Kündigung hat der Arbeitnehmer in der Regel keinen Einfluss auf den Kündigungsgrund, der Hauptfall der personenbedingten Kündigung, nämlich die krankheitsbedingte Kündigung liegt im Normalfall nicht am Verschulden und in der Sphäre des Arbeitnehmers.
Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers und verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers
Anders ist dies bei einer Kündigung des Arbeitgebers aus verhaltensbedingten Gründen des Arbeitnehmers. Diese Gründe liegen der gerade in der Sphäre des Arbeitnehmers und setzen eine Vertragspflichtverletzung des Arbeitnehmers voraus. Voraussetzung ist aber, dass die Kündigung auch wirksam ist und das verhaltensbedingte Gründe, die zur Kündigung berechtigen vorgelegen haben.
Höhe der Rückzahlungskosten/ Ausbildungskosten
Liegen dann letztendlich alle Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Klausel vor und hat zum Beispiel der Arbeitnehmer dann auch noch selbst das Arbeitsverhältnis-ohne außerordentlichen Kündigungsgrund-beendet, dann stellt sich die Frage, in welcher Höhe der Arbeitgeber die Fortbildungskosten/Ausbildungskosten vom Arbeitnehmer zurückverlangen kann.Maximal darf der Arbeitgeber die Kosten verlangen die er tatsächlich aufgewandt hat.Dies muss der Arbeitgeber-im Bestreitensfall-nachweisen.Von daher spielt es keine Rolle, wieviel die Ausbildung / Weiterbildung normalerweise gekostet hat, wenn der Arbeitgeber diesbezüglich einen Rabatt erhalten hat.Entscheidend ist, was der Arbeitgeber tatsächlich für die Weiterbildung gezahlt hat.
Verzinsung der Ausbildungskosten?
Grundsätzlich kann der Arbeitgeber keine Verzinsung der aufgewandten Ausbildungs-/Weiterbildungskosten vom Arbeitnehmer im Falle der Rückzahlung verlangen. Auch dies wird häufig in der Praxis von Arbeitgebern anders dargestellt.
maximal Zahlung des vereinbarten Betrages
Eine weitere Begrenzung der Höhe des Rückzahlungsanspruches besteht darin, dass der Arbeitgeber maximal den vereinbarten Betrag (also den Betrag, den der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer in der Klausel vereinbart hat) verlangen.Dies gilt selbst dann, wenn der tatsächliche Betrag, den der Arbeitgeber für die Weiterbildung aufgewendet hat, höher liegt.
Zusammenfassung:
Die Vereinbarung von Rückzahlungsklauseln für Ausbildungskosten des Arbeitnehmers kommt in der Praxis häufig vor, wird aber sehr streng von der Rechtsprechung kontrolliert. Eine Vielzahl von Klauseln in Arbeitsverträgen dürften von daher problematisch sein. Die obigen Ausführungen sind Grundsätze, die es dem Arbeitnehmer erlauben eine grobe Einschätzung der Rechtslage im Bezug auf die Rechtmäßigkeit von Fort-und Weiterbildungsklauseln vorzunehmen.Eine Beratung durch einen Spezialisten (Rechtsanwalt für Arbeitsrecht oder einen auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt) ist in jedem Fall erforderlich und anzuraten.
Wir erteilen keine kostenlose Rechtsberatung!
neue Entscheidungen zum Thema:
Rechtsanwalt Andreas Martin (Berlin-Marzahn-Hellersdorf: Zweigstelle)
Die Urlaubsabgeltung von Bruchteilen von Urlaubstagen.
Sofern der Arbeitnehmer zum Beispiel aus betrieblichen oder persönlichen Gründen-häufig nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis-seinen Urlaub nicht mehr nehmen kann, stellt sich die Frage nach der Abgeltung des Urlaubsanspruches (siehe dazu auch den Beitrag „Resturlaub bei Kündigung“).
Ermittlung des Gesamturlaubsanspruches
Zunächst ist zu ermitteln, welchen Gesamturlaubsanspruch der Arbeitnehmer hatte. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Arbeitstagen und Werktagen. Der Mindesturlaub laut dem Bundesurlaubsgesetz beträgt vier 24 Werktage (6-Tage-Woche). Dies sind 20 Arbeitstage (5-Tage-Woche). Faktisch stehen dem Arbeitnehmer nach dem Bundesurlaubsgesetz als Mindesturlaub also 4 Wochen Erholungsurlaub als Mindesturlaub (Vollzeit) zu, egal, ob er 6 Tage die Woche oder 5 Tage arbeitet. Dies ist – wie bereits ausgeführt – der Mindesturlaub. Der Arbeitgeber kann natürlich mittels Arbeitsvertrag dem Arbeitnehmer zusätzlichen Urlaub gewähren. In bestimmten Branchen ist dies auch üblich. Darüber hinaus kann sich aus einem anwendbaren Tarifvertrag ein höherer Urlaubsanspruch ergeben.
gesetzliche Regelung nach § 5 Bundesurlaubsgesetz
§ 5 Teilurlaub
(1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer
- a)
für Zeiten eines Kalenderjahrs, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt;- b)
wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet;- c)
wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.(2) Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.(3) Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.
Abgeltung eines Teils des Urlaubs oft der Fall
Häufig hat der Arbeitnehmer schon einen Teil des Urlaubs genommen oder es ist zum Beispiel Teilurlaub abzugelten, da zum Beispiel die Wartezeit noch nicht erfüllt ist. In all diesen Fällen kommt es häufig vor, dass nicht eine glatte Zahl an Urlaubstagen verbleibt, die abzugelten sind, sondern Bruchteile entstehen.
Beispiel: Der Arbeitnehmer hat 4 volle Monate – Mo – bis Fr – beim Arbeitgeber gearbeitet und im Arbeitsvertrag wurden 20 Tage an Urlaub vereinbart. Der Arbeitnehmer konnte aus persönlichen Gründen den Urlaub nicht vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nehmen. Von daher wären hier rein rechnerisch 6,66 Tage Urlaub abzugelten (20 ./. 12 x4), rechtlich erfolgt aber eine Aufrundung auf 7 Tage.
Bruchteile, die größer als 0,5 = Aufrundung
Nach § 5 Abs. 2 des Bundesurlaubsgesetzes sind Bruchteile, die mindestens 0,5 ergeben, sind aufzurunden. Von daher wäre im obigen Beispiel insgesamt 7 Tage an Urlaub abzugelten. Es erfolgt also eine Aufrundung auf den vollen Tag.
Bruchteile, die kleiner als 0,5 = Abgeltung des „unrunden Betrages“ ohne Abrundung
Manchmal kommt es auch vor, dass eben nicht Bruchteile entstehen, die größer oder gleich als 0, 5 , sondern die kleiner als 0,5 sind. Hier wird meist abgerundet, obwohl dies rechtlich so nicht richtig ist.
Die älteren Rechtsprechung nahm hier noch eine Abrundung vor. Nach dem Bundesarbeitsgericht Erfolg die aber kein Abrundung, sondern eine Auszahlung genau auf dem Bruchteil (BAG 26.1.1989 – 8 AZR 730/87 ).
Beispiel: Der Arbeitnehmer hat 5 volle Monate – Mo – bis Fr – beim Arbeitgeber gearbeitet und im Arbeitsvertrag wurden 20 Tage an Urlaub vereinbart. Der Arbeitnehmer konnte aus persönlichen Gründen den Urlaub nicht vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nehmen. Von daher sind rechnerisch 8,35 Tage Urlaub abzugelten (20 ./. 12 x5).
Hiervon erfolgt keine Aufrundung und kein Abrundung. Es sind genau 8,35 Tage an Urlaub abzugelten.
Dies wird in der Praxis sehr oft von Arbeitgebern übersehen.
Anwalt Martin
Mehrarbeit und Überstunden -was man wissen sollte!
Arbeitnehmer verwechseln häufig die Begriffe Mehrarbeit und Überstunden und darüber hinaus gibt es hier viele Irrtümer, die hier im Groben aufgezeigt werden sollen.
Begriffe: Mehrarbeit / Überstunden
Mehrarbeit ist die Arbeit, die über die allgemeine vereinbarte – regelmäßige – Arbeitszeitgrenze (regelmäßig 8 Stunden werktäglich, § 3 ArbZG) hinausgeht. Die maßgebliche Arbeitszeitgrenze kann sich aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Gesetz (Arbeitszeitgesetz) ergeben. Also im Regelfall liegt Mehrarbeit vor, wenn täglich mehr als 8 Stunden gearbeitet wird.
Beispiel: Im Arbeitsvertrag sind 40 Stunden pro Woche als regelmäßige Arbeitszeit vereinbart. Im Normalfall arbeitet der Arbeitnehmer hierzu an 5 Tagen die Woche jeweils 8 Stunden am Tag. Der Arbeitnehmer arbeitet an einem Tag 11 Stunden. Hier ist die Arbeitszeit über die 8 Stunden hinaus, also 3 Stunden sog. Mehrarbeit. Dies müssen aber nicht zwangsläufig Überstunden sein (siehe unten).
Überstunden ist die Arbeit, die der Arbeitnehmer über die für sein Beschäftigungsverhältnis individuell geltende regelmäßige Arbeitszeit hinaus leistet, wohingegen die Mehrarbeit über die allgemeinen gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen hinausgeht.
Mehrarbeit und Überstunden – Überschneidung oder Ausschluss?
Mehrarbeit und Überstunden können sich überschneiden und schließen sich nicht aus. Es kann, muss aber nicht beide zusammen vorliegen.
Beispiel: Laut Arbeitsvertrag beträgt beim A, der beim B arbeitet. Regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden pro Woche. Leistet der A mehr als 40 Stunden pro Woche (z.B. 45), dann liegen Überstunden vor. Arbeitet er an einem Tag (z.B. am Montag) 9 Stunden und dafür am Dienstag nur 7 Stunden (bei 5-Tage-Woche) und dann jeden Arbeitstag wieder 8 Stunden, dann hat er am Montag Mehrarbeit geleistet, aber kein Überstunden, denn in der Woche hat er nicht mehr als 40 Stunden gearbeitet.
Ist eine Klausel wirksam, wonach „Überstunden und Mehrarbeit mit dem Gehalt abgegolten sind“?
Eine solche Klausel im Arbeitsvertrag ist unwirksam, dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, da hier zu pauschal ohne Transparenz eine Regelung zum Nachteil des Arbeitnehmers vorliegt. Es ist eben nicht klar, wie viele Überstunden davon erfasst werden sollen und der Arbeitnehmer weiß nicht, in welchem Umfang er seine Arbeitsleistung erbringen muss.
Muss der Arbeitnehmer Überstunden leisten?
Hier muss man zwei verschiedene Fälle unterscheiden:
1. laut Arbeitsvertrag / Tarifvertrag/ BV schuldet der Arbeitnehmer die Ableistung von Überstunden
Wenn es im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zum Ableisten von Überstunden gibt, dann besteht grundsätzlich eine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden im angemessenen Umfang.
2. eine Regelung zur Leistung von Überstunden gibt es nicht
Hier kann der Arbeitgeber nicht schon aufgrund seines Direktionsrechts Überstunden einseitig anordnen. Der Arbeitnehmer muss hier zustimmen. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers gibt diesem nur ein Recht die zeitliche Lage der Arbeitszeit (also von wann bis wann) einseitig zu bestimmen, nicht aber den Umfang, denn der Umfang ist im Arbeitsvertrag ausgehandelt worden (z.B. 40 Stunden pro Woche). Von daher besteht zunächst grundsätzlich kein Anspruch auf Leistung von Überstunden des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer.
3. der sog. Notfall und die Überstunden
Wie oben bereits ausgeführt wurde, besteht keine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Leistung von Überstunden. Wenn keine Absprache mit dem Arbeitnehmers existiert, kann der Arbeitgeber im Normalfall keine Leistung von Überstunden vom Arbeitnehmer verlangen. Eine Ausnahme besteht nur für sog. Notfälle. In solche außergewöhnlichen Fällen ist der Arbeitnehmer aufgrund der arbeitsvertraglichen Treuepflicht zur Leistung von Überstunden verpflichtet. Die Betonung liegt hier auf Ausnahmefälle. Eine Ausnahmefall liegt nicht automatisch vor, wenn mehr Arbeit anfällt oder ein längerfristig geplantes Projekt aufgrund schlechter Planung nicht rechtzeitig – ohne Überstunden – beendet werden kann.
Notfall – Definition: Ein Notfall ist ein plötzliches, unvorhersehbares Ereignis.
Beispiel: eine plötzliche Naturkatastrophe
In der Praxis wird also selten ein sog. Notfall vorliegen, auch wenn dies der Arbeitgeber meint.
Überstunden und bestimmte Arbeitnehmergruppen – Schwerbehinderte/ Auszubildende
Die gleichen Grundsätze gelten auch für Schwerbehinderte und Auszubildende mit folgenden Einschränkungen:
- Schwerbehinderte sind auf Verlangen von Mehrarbeit freizustellen, § 124 SGB IX
- für minderjährige Auszubildende gelten Höchstarbeitszeiten (max 8 Stunden pro Tag; und 40 Stunden pro Woche)
- Überstunden von Auszubildenden sind immer zu vergüten bzw. auszugleichen, § 17 Abs. 3 BBiG
Wann sind Überstunden zu vergüten?
Ein sehr häufiger Irrtum vieler Arbeitnehmer ist der, dass diese glauben, dass jede Überstunde vom Arbeitgeber zu vergüten ist. Der Arbeitgeber muss nur Überstunden vergüten, die er selbst angeordnet oder geduldet hat. Wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit nicht schafft und auf eigenen Entschluss länger arbeitet (und dies auch nicht duldet), dann muss der Arbeitgeber dies grundsätzlich nicht bezahlen.
Was muss der Arbeitnehmer im Prozess vor dem Arbeitsgericht bei Klage auf Überstundenabgeltung vortragen und beweisen?
Der Arbeitnehmer muss hier relativ viel und auch genau vortragen. Es reicht nicht aus, dass er z.B. angibt, dass er z.B. im Monat Februar 2012 insgesamt 20 Überstunden geleistet hat. Dies wäre zu pauschal.
Der Arbeitnehmer muss folgende vortragen und ggfs. beweisen:
- den Umfang und die zeitliche Lage der Überstunden
- geschuldete Arbeitszeit/ Überschreitung dieser Zeit
- Anfangs- und Endzeiten
- Art der Tätigkeit
- geschuldete Arbeitszeit/ Überschreitung dieser Zeit
- Anordnung/ Duldung oder Billigung der Überstunden durch den Arbeitgeber
Dieser Vortrag ist häufig schwierig, da der Arbeitnehmer die Abgeltung von Überstunden meist nur am Ende des Arbeitsverhältnis geltend macht. Im bestehende Arbeitsverhältnis scheuen viele Arbeitnehmer die Geltendmachung der Überstunden um Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber zu vermeiden. Häufig besteht am Ende oder nach dem beendeten Arbeitsverhältnis aber keine Möglichkeit mehr die entsprechenden Dokumentationen vorzulegen. Es bleibt dann nur die Möglichkeit über Zeugen den Nachweis zu erbringen was ebenfalls möglich, aber häufig schwierig ist.
Rechtsanwalt A. Martin