BAT
BAG: Kündigung im öffentlichen Dienst bei außerdienstlicher Straftat
Auch im öffentlichen Dienst ist eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen möglich. In der Regel denkt man bei verhaltensbedingten Gründen um Pflichtverletzung des Arbeitnehmers während der Arbeit, wie zum Beispiel Zuspätkommen, dass Nichtbefolgen von Arbeitsanweisungen oder unter Umständen sogar Straftaten, z.B. Körperverletzung, Beleidigung, gegenüber Arbeitskollegen oder dem Arbeitgeber.
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen, wo ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst außerdienstlich, also in seiner „Freizeit“ sich als Zuhälter eine zusätzliche Einnahmequelle erschlossen hat. Aufgrund dieser Straftat und auch wegen Körperverletzung wurde er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten, ausgesetzt zu Bewährung, verurteilt. Davon erfuhr der Arbeitgeber und kündigte dann – aus verhaltensbedingten Gründen – das Arbeitsfelder zum Arbeitnehmer.
Der Arbeitnehmer wehrte sich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage. Der Arbeitnehmer verlor mit seiner Kündigungsschutzklage vor allen Instanzen und auch vor dem Bundesarbeitsgericht.
Das BAG (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 28.10.2010, 2 AZR 293/09) hielt die Kündigung für begründet und führt dazu aus:
b) § 241 Abs. 2 BGB gilt dagegen auch für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Die daraus folgende Pflicht, auf die Interessen der Beklagten Rücksicht zu nehmen, hat der Kläger durch sein außerdienstliches strafbares Verhalten erheblich verletzt.
aa) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrages zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Diese Regelung dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks (Senat 10. September 2009 – 2 AZR 257/08 – Rn. 20, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 60 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77; 23. Oktober 2008 – 2 AZR 483/07 – Rn. 44, AP BGB § 626 Nr. 218; 2. März 2006 – 2 AZR 53/05 – Rn. 21, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 14 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 16). Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann (Senat 26. März 2009 – 2 AZR 953/07 – Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 220; 2. März 2006 – 2 AZR 53/05 – Rn. 21, aaO). Er ist auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen (Senat 10. September 2009 – 2 AZR 257/08 – Rn. 20, aaO; 23. Oktober 2008 – 2 AZR 483/07 – Rn. 44, aaO). Allerdings kann ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers die berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer grundsätzlich nur beeinträchtigen, wenn es einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit hat, wenn etwa der Arbeitnehmer die Straftat unter Nutzung von Betriebsmitteln oder betrieblichen Einrichtungen begeht (Senat 10. September 2009 – 2 AZR 257/08 – Rn. 21, aaO). Ein solcher Bezug kann auch dadurch entstehen, dass sich der Arbeitgeber oder andere Arbeitnehmer staatlichen Ermittlungen ausgesetzt sehen oder in der Öffentlichkeit mit der Straftat in Verbindung gebracht werden (Senat 27. November 2008 – 2 AZR 98/07 – Rn. 21, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 90 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 4; 23. Oktober 2008 – 2 AZR 483/07 – Rn. 58, aaO). Fehlt hingegen ein solcher Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, scheidet eine Verletzung der vertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers regelmäßig aus (Senat 10. September 2009 – 2 AZR 257/08 – Rn. 21, aaO; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 690).
bb) Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass der Kläger seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten verletzt hat. Ungeachtet des Charakters der von ihm begangenen Straftat besteht der erforderliche Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Der Kläger hat die Beklagte mit seiner Tat in Beziehung gebracht. Durch seine – auch in der Presse wiedergegebenen – Äußerungen im Strafverfahren hat er eine Verbindung zwischen seiner angeblich zu geringen Vergütung durch die Beklagte und seinem Tatmotiv hergestellt. Auf diese Weise hat er die Beklagte für sein strafbares Tun „mitverantwortlich“ gemacht. Er hat damit deren Integritätsinteresse erheblich verletzt. Ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, der in besonderem Maße an Recht und Gesetz gebunden ist und in dieser Hinsicht einer besonders kritischen Beobachtung durch die Öffentlichkeit unterliegt, hat ein berechtigtes und gesteigertes Interesse daran, in keinerlei – und sei es auch abwegigen – Zusammenhang mit Straftaten seiner Bediensteten in Verbindung gebracht zu werden.
3. Einer vorherigen Abmahnung bedurfte es nicht. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass der Kläger angesichts der Schwere seiner Pflichtverletzung nicht damit rechnen durfte, die Beklagte werde diese hinnehmen (zu diesem Maßstab Senat 23. Juni 2008 – 2 AZR 103/08 – Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17; 15. November 2001 – 2 AZR 605/00 – zu II 4 der Gründe, BAGE 99, 331, 336). Die Revision greift diese Wertung nicht an.
4. Die notwendige Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat alle wesentlichen, für und gegen die Unzumutbarkeit einer dauerhaften Weiterbeschäftigung des Klägers sprechenden Aspekte berücksichtigt und vertretbar gegeneinander abgewogen. Rechtsfehlerfrei konnte es zu dem Ergebnis gelangen, dass aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung auch die persönlichen Lebensumstände des Klägers es nicht rechtfertigen, das Arbeitsverhältnis dauerhaft fortzusetzen. Einen Abwägungsfehler hat die Revision nicht aufgezeigt.
Welche Kündigungsfristen gelten für Angestellte im öffentlichen Dienst in Berlin?
Im öffentlichen Dienst in Berlin gilt der Tarifvertrag der Länder (des Landes Berlin), TVL-Berlin (früher BAT). Diese Regelungen gehen den allgemeinen Vorschriften des BGB vor. Der TVL enthält diverse Regelungen, ähnlich, wie Rahmentarifverträge außerhalb des öffentlichen Dienstes.
Kündigung nach dem TVL Berlin
Im TVL-Berlin richtet sich die Kündigung nach § 34.
Dort ist geregelt:
§ 34 Kündigung des Arbeitsverhältnisses
(1) Die Kündigungsfrist beträgt bis zum Ende des sechsten Monats seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zwei Wochen zum Monatsschluss.
Im Übrigen beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigungszeit (Absatz 3 Satz 1 und 2)
- bis zu einem Jahr ein Monat zum Monatsschluss,
- von mehr als einem Jahr 6 Wochen,
- von mindestens 5 Jahren 3 Monate,
- von mindestens 8 Jahren 4 Monate,
- von mindestens 10 Jahren 5 Monate,
- von mindestens 12 Jahren 6 Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres.
(2) Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und unter die Regelungen des Tarifgebiets West fallen, können nach einer Beschäftigungszeit (Absatz 3 Satz 1 und 2) von mehr als 15 Jahren durch den Arbeitgeber nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Soweit Beschäf- tigte nach den bis zum 31. Oktober 2006 geltenden Tarifregelungen unkündbar waren, bleiben sie unkündbar.
(3) Beschäftigungszeit ist die Zeit, die bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegt wurde, auch wenn sie unterbrochen ist. Unberücksichtigt bleibt die Zeit eines Sonderurlaubs gemäß § 28, es sei denn, der Arbeitgeber hat vor Antritt des Sonderurlaubs schriftlich ein dienstliches oder betriebliches Interesse anerkannt. Wechseln Beschäftigte zwischen Arbeitgebern, die vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfasst werden, werden die Zeiten bei dem anderen Arbeitgeber als Beschäftigungszeit anerkannt. Satz 3 gilt ent- sprechend bei einem Wechsel von einem anderen öffentlich-rechtlichen Arbeit- geber.
Protokollerklärung zu § 34 Absatz 2 Satz 1:
Absatz 2 Satz 1 findet bis zum 31. Juli 2011 im Tarifgebiet Ost keine Anwendung.
Kündigungsfristen
Die Kündigungsfristen nach dem TVL-Berlin gelten sowohl für Kündigungen des Angestellten als auch für das Land Berlin (Arbeitgeber). Dies ist außerhalb des TVL anders, denn z.B. § 622 BGB enthält sog. asymmetrische Kündigungsfristen (also unterschiedlich lang für Arbeitnehmer und Arbeitgeber).
Die Kündigungsfristen richten sich von daher nach der Dauer der Beschäftigungszeit des Angestellten:
Dauer des Arbeitsverhältnisses Kündigungsfrist zum
bis 6 Monate 2 Wochen Monatsschluss
bis 1 Jahr 1 Monat Monatsschluss
mehr als 1 Jahr 6 Wochen Kalendervierteljahr
mehr als 5 Jahren 3 Monate Kalendervierteljahr
mehr als 8 Jahren 4 Monate Kalendervierteljahr
mehr als 10 Jahren 5 Monate Kalendervierteljahr
mehr als 12 Jahren 6 Monate Kalendervierteljahr
Wichtig ist auch, dass nach 15 Jahren Beschäftigungszeit und mit dem Erreichen des 40 Lebensjahres die ordentliche Kündigung des Angestelltenverhältnis ausgeschlossen ist.
Siehe auch die Kündigungsfristen der Arbeitnehmer.
Anwalt A. Martin
BAT – Ausschlussfristen beachten!
BAT – Ausschlussfristen beachten!
Trotz des TVöD spielt der BAT (Bundesangestelltentarifvertrag) immer noch eine große Rolle. So zum Beispiel in Berlin. Scheidet der Angestellte aus und stehen noch Ansprüche aus, wie z.B. Arbeitslohn, dann kann es gefährlich werden. Der BAT beinhaltet sog. Ausschlussfristen, die man nicht mit der Verjährung verwechseln darf.
Ausschlussfristen nach dem BAT – Bundesangestelltentarifvertrag
§ 70 BAT/BAT-O:
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Leistungen unwirksam zu machen.
Bei der obigen Regelung handelt es sich um eine einstufige Ausschlussfrist, anders z.B. als beim BRTV-Bau, welcher eine zweistufige Ausschlussfrist beinhaltet.
Der Angestellte muss danach eine 6-Monatsfrist einhalten.
1. Fristbeginn nach dem BAT (Bundesangestellten Tarifvertrag)
Die Frist beginnt mit der Fälligkeit des Anspruches. Zur Fälligkeit des Arbeitslohnes hatte ich ja bereits gepostet. Da es sich häufig um die Vergütung – bei Streitigkeiten zwischen dem Angestellten und der öffentlichen Hand handelt – wird kurz auf diese eingegangen. Die Vergütung wird nach dem BAT (§ 36) am letzten Tag des Arbeitsmonats fällig. Von diesem Tag beginnt also die Frist zu laufen.
2. Dauer der Frist beim BAT (Bundesangestellten Tarifvertrag)
Die Frist für die Geltendmachung des Anspruches beträgt genau 6 Monate, ab Fälligkeit des Anspruches.
3. Form der Geltendmachung des Anspruches
Der Anspruch muss schriftlich geltend gemacht werden. Die Schriftform ist nicht durch eine E-Mail (Textform) gewahrt. Ein Fax ist aber ausreichend. Das Schreiben muss vom Angestellten unterzeichnet sein. Die Klage wahr auch die Schriftform (siehe aber den nächsten Punkt).
4. Wem gegenüber muss die Geltendmachung erfolgen
Die Einforderung muss gegenüber dem Arbeitgeber erfolgen. Wird die Klage eingereicht, ist zwar die Schriftform gewahrt, allerdings kann es Probleme bei der Wahrung der Frist geben, denn allein der Zeitpunkt der Zustellung der Klage an die Gegenseite ist maßgeblich. Es kommt also darauf an, wann der Arbeitgeber die Klage zugestellt bekommt und nicht wann die Klage bei Gericht eingeht. Dies ist wichtig. Das Gericht stellt die Klage nämlich nicht sofort dem Arbeitgeber zu. Dies dauer immer eine Weile. Wenn dann die Frist abgelaufen ist, hat der Arbeitnehmer „Pech“ gehabt, so hart dies auch klingen mag.
Welche Wirkungen haben die Ausschlussfristen des Bundesangestelltentarifvertrag?
Anders als die Verjährung muss das Gericht die Ausschlussfristen des BAT von Amts wegen beachten. Ist der Anspruch verfristet, dann hat die Klage des Angestellten eigentlich keine Chance mehr.
Es kann noch einige Ausnahmen geben, wenn nämlich es dem Arbeitgeber verwehrt ist sich auf den Ausschluss zu berufen, weil er z.B. dem Arbeitnehmer über die Dauer der Fristen getäuscht hat oder z.B. keine Lohnabrechnungen erteilte und deshalb zu spät die Geltendmachung erfolgte. Dies sind Ausnahmen, die in der Praxis nicht besonders häufig vorkommen.
Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin – A. Martin
