§ 626 BGB
LAG Köln: Beschimpfungen des gegnerischen Anwalts im Arbeitsgerichtsprozess kann außerordentliche Kündigung rechtfertigen
Ein hochqualifizierter Arbeitnehmer rief den Rechtsanwalt seines Arbeitgebers an (es gab hier einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht wegen Eingruppierung/ Lohn) und warf diesen vor, dass er sich durch die Verbreitung von Lügen und Verleumdungen seines Arbeitgebers im Prozess lächerlich mache und seine Anwaltszulassung riskiere.
Dies reichte – was nachvollziehbar ist – dem Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer und klagte u.a. gegen die Kündigung.
Das Landesarbeitsgericht Köln (Urteil vom 23. Januar 2014 · Az. 7 Sa 97/13) sah grundsätzlich in den im Telefonat geäußerten Vorwürfen gegenüber dem Anwalt der Gegenseite und dem Arbeitgeber einen geeigneten außerordentlichen Kündigungsgrund nach § 626 BGB, allerdings habe der Rechtsanwalt das Telefonat nicht annehmen dürfen und sich nicht 20 Minuten mit der Gegenseite unterhalten dürfen (§ 12 BORA). Von daher läge hier konkret ein Mitverschulden des Anwalts vor, dass sich der Arbeitgeber zurechnen lassen müsse. Eine außerordentliche Kündigung sei von daher unverhältnismäßig.
Allerdings sah das Gericht den Auflösungsantrag des Arbeitgebers – den dieser ebenfalls gestellt hatte – als zulässig und begründet an. Aufgrund des bisherigen Geschehens im Prozess und den Vorwürfen des Arbeitnehmers seien weitere schwere Konflikte vorhersehbar und eine weitere „gedeihliche Zusammenarbeit“ sei auf Dauer nicht mehr möglich.
RA A. Martin
Wann gibt es trotz Eigenkündigung des Arbeitnehmers keine Sperrzeit vom Arbeitsamt (Agentur für Arbeit)?
Das Sozialgesetzbuch III sieht in mehreren Fällen das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld vor. Der wichtigste Fall ist in der Praxis die Verhängung einer Sperrzeit nach § 144 SGB III. Danach wird eine Sperrzeit verhängt, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhält, ohne einen wichtigen Grund dafür zu haben.
Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe
Die Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe ist der wichtigste Fall des sog. „versicherungswidrigen Verhaltens“ des Arbeitsnehmers.
Hier kann man 2 Unterfälle unterscheiden:
- die Eigenkündigung des Arbeitnehmers
- der Abschluss eines Aufhebungsvertrages zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Sonderfall: Hinnahme einer rechtswidrigen Kündigung des Arbeitgebers?
Ein weiteres Problem ist die Hinnahme einer rechtswidrigen Kündigung des Arbeitgebers, die aber in der Regel zu keiner Sperrzeit des Arbeitslosengeldes führen darf, denn rein passives Verhalten stellt eben kein versicherungswidriges Verhalten dar, da hierfür eine Aktivität des Arbeitnehmers Voraussetzung ist. Hierzu wird aber noch ein weiterer Beitrag erfolgen, da diese Fälle in der Praxis viel Unsicherheit bei Arbeitnehmern hervorrufen.
Eigenkündigung des Arbeitnehmers und Sperre vom Arbeitsamt
Die Eigenkündigung des Arbeitnehmers stellt in der Regel ein versicherungswidriges Verhalten dar. Dies allein entscheidet aber noch nicht über eine Verhängung einer Sperrzeit. Weiter ist nämlich erforderlich, dass der Arbeitnehmer für die Eigenkündigung keinen wichtigen Grund hat. Der Arbeitnehmer muss – zum Beispiel bei Vertragsverletzungen des Arbeitgebers – dies nicht bis in alle Ewigkeit hinnehmen, was nachvollziehbar ist.
Als Arbeitshilfe kann man folgende Fallgruppen, der erlaubten Eigenkündigung benennen:
- alle Gründe, die es dem Arbeitnehmer erlauben des Arbeitsverhältnis aus außerordentlichem Grund zu kündigen (§ 626 BGB)
- z.B. Eigenkündigung beim Zahlungsverzug des Arbeitgebers mit dem Arbeitslohn
- erhebliche Vertragsverletzungen des Arbeitgebers (z.B. kein gefahrensicherer Arbeitsplatz/ Beleidigungen)
- Umzug zum Ehepartner / Lebenspartner
- Mobbing (kann aber problematisch nachzuweisen sein)
- untertarifliche Bezahlung bei Tarifgebundenheit/ Zahlung eines sittenwidrigen Arbeitslohnes
- Wechsel von unbefristetem in ein befristetes Arbeitsverhältnis oder Leiharbeitsverhältnis mit Aussicht auf Weiterbeschäftigung
Der Arbeitnehmer sollte sich nicht von der Agentur für Arbeit „einschüchtern lassen“. Er muss Vertragsverletzungen des Arbeitgeber – wie vor allem Lohnrückstände – nicht ohne Weiteres hinnehmen und muss sich beim Arbeitsamt auch keine Erlaubnis für die Kündigung holen. Meistens sind die Sachbearbeiter vor Ort ohnehin überfordert und können dem Arbeitnehmer keine eindeutige Auskunft geben. Der Rat eines Rechtsanwalts, der sich auf das Arbeitsrecht spezialisiert hat, wäre in solchen Fällen angebracht.